RAL 1015 taxi news Heft 2-2014
Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe
Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
W Berliner Taxivereinigung e. V.<br />
Mindestlohn: Was wir wissen, was<br />
wir vermuten und was wir hoffen<br />
Berliner Taxivereinigung e.V.<br />
Eisenacher Straße 38/39<br />
10781 Berlin<br />
Tel. 030 / 21 45 888-1<br />
Fax 030 / 21 45 888-2<br />
Vorstand:<br />
Richard Leipold<br />
(1. Vorsitzender und Schatzmeister)<br />
Bernd Stumpf<br />
(stellvertretender Vorsitzender)<br />
Norbert Geduhn<br />
(stellvertretender Vorsitzender)<br />
Ulrich Skerhut (Schriftführer)<br />
Kontakt:<br />
info@berliner-<strong>taxi</strong>-vereinigung.de<br />
Informationen, Satzung und<br />
Aufnahmeantrag finden Sie unter:<br />
www.berliner-<strong>taxi</strong>-vereinigung.de<br />
Verbandsbeiträge:<br />
Beitrag pro Taxe und Jahr: € 12,00<br />
Aufnahmegebühr: € 25,00<br />
Beratung:<br />
Richard Leipold 030/8518734<br />
(telefonische Terminvereinbarung, bitte<br />
Terminwunsch auf Anrufbeantworter)<br />
Mo, Di, Do, Fr:<br />
10:00-12:00 Uhr und 16:00-18:00 Uhr<br />
W Versicherungsberatung:<br />
Matthias Albinger, FinanceCollect<br />
Mittwoch: 14:00-16:00 Uhr<br />
Agentur Petra von Chamier<br />
Dienstag: 14:00-18:00 Uhr<br />
Presserechtlich verantwortlich:<br />
Richard Leipold<br />
Amtsgericht Charlottenburg (Berlin)<br />
Vereinsregister Nr.: VR 22433 B<br />
Berlin Finanzamt für Körperschaften I<br />
Steuernummer: 27/620/56674<br />
Die Regierung plant die Einführung eines<br />
gesetzlichen Mindestlohnes in Höhe von<br />
8,50 € pro Stunde. Dieser Mindestlohn soll<br />
für alle Gewerbe in Deutschland ab dem<br />
01.01.2015 gelten. Ausnahmen gibt es nur,<br />
wenn mit Gewerkschaften ein niedrigerer<br />
Stundenlohn vereinbart wird. Dann, und<br />
nur dann soll es eine Übergangsfrist bis zum<br />
01.01.2017 geben.<br />
Verdi hat sich für Berlin festgelegt. Auf keinen<br />
Fall soll ein Tarifvertrag mit einem Stundenlohn<br />
abgeschlossen werden, der unterhalb<br />
der Mindestlohngrenze liegt. Verhandlungen<br />
mit Verdi erübrigen sich nicht nur aus<br />
diesem Grund. Der Organisationsgrad der<br />
Gewerkschaften im Berliner Taxigewerbe<br />
ist nicht in Prozent-, sondern bestenfalls in<br />
Promillewerten zu messen. Verdi ist also kein<br />
Verhandlungspartner für tariffähige Berliner<br />
Taxiverbände.<br />
Die Festlegung von Mindestlöhnen ist eine<br />
politische Aktion. Politisches Handeln muss<br />
nicht von ökonomischer Vernunft gesteuert<br />
werden. Politiker haben schließlich auch<br />
einen Anspruch auf ihre Bezüge, wenn die<br />
Folgen ihrer Entscheidungen katastrophale<br />
Folgen für die Betroffenen haben. Wir sollten<br />
das nie vergessen. Die Ähnlichkeiten mit<br />
Bankern sind in diesem Punkt erschreckend.<br />
Unternehmer und ihre angestellten Fahrer<br />
sind allerdings von den Folgen politischer<br />
Entscheidungen unmittelbar wirtschaftlich betroffen.<br />
Firmen, die keine ökonomische Vernunft<br />
bei ihren Entscheidungen walten lassen,<br />
sind sehr schnell zahlungsunfähig. Wenn Fahrer<br />
keinen Stundenumsatz erwirtschaften, der<br />
den Mindestlohn rechtfertigt und fi nanziert,<br />
dann müssen sie entlassen werden.<br />
Wir wissen, wie hoch dieser Umsatz sein<br />
muss. Die Lohnkosten pro tatsächlich<br />
geleisteter Arbeitsstunde belaufen sich auf<br />
12,35 €.<br />
Stundenlohn 8,50 €<br />
Urlaub 0,79 €<br />
Krankheit 0,40 €<br />
Prämien steuerpfl. 0,00 €<br />
Summe Bruttolohn steuerpfl. 9,69 €<br />
Zulagen steuerfrei. 0,00 €<br />
Verpflegungsmehraufwand 0,00 €<br />
Bruttolohn gesamt 9,69 €<br />
SozVers AG 1,94 €<br />
Berufsgenossenschaft 0,29 €<br />
U1/U2 0,29 €<br />
Summe Sozialabgaben AG 2,52 €<br />
Abrechnungskosten 0,14 €<br />
Lohnkosten pro Stunde 12,35 €<br />
Eine Lohnkostenquote von mehr als 63 %<br />
vom Nettoerlös führt dazu, dass jeder zu-<br />
sätzliche Ausfall (von Fahrzeugen durch<br />
Unfälle, von Fahrern durch Krankheit über<br />
das kalkulierte Maß [hier 14 Tage pro Jahr]<br />
hinaus) die Firma in Konkursnähe bringt. Auf<br />
gut Deutsch: Die Firma hat keine Reserven,<br />
um unvorhersehbare Schwierigkeiten abzupuffern.<br />
Das hat zur Folge, dass jeder Fahrer<br />
im Durchschnitt einen Stundenumsatz von<br />
brutto 21,00 € erwirtschaften muss, damit der<br />
Unternehmer ihm einen Bruttostundenlohn<br />
von 8,50 € bezahlen kann.<br />
Nettostundenerlöse erforderlich 19,60 €<br />
Umsatzsteuer 7 % 1,37 €<br />
Bruttostundenerlöse erforderlich 20,97 €<br />
Bruttostundenerlöse gerundet 21,00 €<br />
Nach dem Zugriff von Sozialkassen und Finanzämtern<br />
erhält der Durchschnittsfahrer<br />
dann einen Nettostundenlohn von 6,12 €.<br />
Das ist eine Nettolohnsenkung. Sie kommt<br />
zustande, weil ein Umsatz von 21,00 € bei<br />
einem Mindestlohn von 8,50 € keine steuerfreien<br />
Zulagen mehr erlaubt.<br />
Bruttolohn 8,50 €<br />
Sozialabgaben -1,70 €<br />
Lohnsteuer -0,70 €<br />
Nettolohn 6,10 €<br />
Wie hoch muss der Umsatz sein, damit auch<br />
noch steuerfreie Zulagen, Prämien für umweltbewusstes<br />
Fahren und die Auszahlung<br />
des Verpflegungsmehraufwandes möglich<br />
sind? Ich verzichte hier auf die Darstellung<br />
der Berechnung und verrate einfach das<br />
Ergebnis: Ein Bruttoerlös von 27,00 € pro<br />
Stunde ist erforderlich, um unsere Fahrer genauso<br />
zu bezahlen wie bisher. Allerdings ist<br />
es bis zum 31.12.<strong>2014</strong> egal, wie viel tatsächliche<br />
Arbeitszeit in der Zeit geleistet wird, in<br />
der dem Fahrer die Taxe zur Verfügung steht.<br />
Nur wenn sich der erzielte Umsatz gar nicht<br />
mehr rechnet, wird nachgefragt und kontrolliert.<br />
Das wird sich ab dem 01.01.2015 ändern.<br />
Es wird nun nötig, sehr genau hinzuschauen,<br />
wie viel Zeit wirklich mit Arbeit verbracht<br />
wird: Die Kontrollen müssen sich also drastisch<br />
erhöhen.<br />
Angestellte Fahrer, die einen Umsatz von<br />
weniger als 27,00 € pro Stunde tatsächlich<br />
geleisteter Arbeitszeit erwirtschaften, werden<br />
die Verlierer der politischen Entscheidung für<br />
einen Mindestlohn in Höhe von 8,50 € sein.<br />
Wo es Verlierer gibt, da gibt es in der Regel<br />
auch Gewinner. Da bei einem Umsatz<br />
von 21,00 € keine steuer- und sozialversicherungsfreien<br />
Zulagen gezahlt werden<br />
können, hoffen die Steuer- und Sozialpolitiker<br />
auf höhere Einnahmen aus Lohnsteuern<br />
und Sozialabgaben. Es ist allerdings höchst<br />
fraglich, ob diese Rechnung aufgeht.<br />
20 <strong>taxi</strong> <strong>news</strong> 2/<strong>2014</strong>