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RAL 1015 taxi news Heft 2-2014

Freie und unabhängige Zeitschrift für das Taxigewerbe

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W RECHT & STEUERN<br />

Rechtsfolge der soeben dargestellten<br />

Schwatzhaftigkeit:<br />

Mindestens Geld-, wenn nicht Freiheitsstrafe.<br />

Aber schlimmer noch, der Betroffene hat sich<br />

als charakterlich ungeeignet zum Führen von<br />

Kraftfahrzeugen erwiesen, der Führerschein<br />

ist demzufolge einzuziehen und die Behörde<br />

darf vor Ablauf eines gewissen Zeitraumes<br />

(mindestens 6 Monaten) keine neue Fahrerlaubnis<br />

erteilen (§§ 69, 69 a StGB).<br />

Diese Rechtsfolge sieht das Gesetz zwingend<br />

immer dann vor, wenn die charakterliche Ungeeignetheit<br />

zum Führen von Kraftfahrzeugen<br />

festgestellt ist. Dies ist in einigen Fällen für<br />

das Gericht besonders einfach, da das Gesetz<br />

verschiedene Tatbestände kennt, die diese<br />

charakterliche Nichteignung – wie Juristen<br />

sich vornehm auszudrücken pfl egen – „indizieren“.<br />

Beim alkoholisierten Kraftfahrer<br />

richtet sich diese charakterliche Nichteignung<br />

zunächst einmal nach dem Grad der Alkoholisierung.<br />

Sofern der Kraftfahrer oder natürlich auch<br />

die Kraftfahrerin irgendwann einmal während<br />

der Fahrt mindestens 1,1 Promille Alkohol im<br />

Blut hatte, ist „Schicht im Schacht“. Der Kraftfahrer<br />

ist dann „absolut fahruntauglich“, die<br />

charakterliche Nichteignung zum Führen von<br />

Kraftfahrzeugen steht fest. Der Führerschein ist<br />

„weg“, der Kraftfahrer hat nach hiesigem Tiergartener<br />

Landrecht mit mindestens einem Jahr<br />

kraftfahrerischer Enthaltsamkeit zu rechnen.<br />

Hierzu gleich noch ein Einschub: Es geistern<br />

immer wieder Gerüchte durch kraftfahrende<br />

Bevölkerungsgruppen, dass man von derartigem<br />

Entzug Ausnahmen für Berufskraftfahrer<br />

zur Ausübung der Berufstätigkeit geltend machen<br />

könne, so z. B. wenn der Taxifahrer in<br />

seiner Freizeit betrunken am Steuer erwischt<br />

wurde.<br />

Guter Rat: Ganz schnell vergessen! Kein<br />

Berliner Gericht, weder das Amtsgericht<br />

Tiergarten noch das Landgericht und schon<br />

gar nicht das Kammergericht wird eine derartige<br />

Ausnahme zulassen. Was irgendwann<br />

einmal von einem Amtsgericht aus ländlicher<br />

Gegend für einen Bauern zugelassen wurde,<br />

dem trotz Entzug der Fahrerlaubnis gestattet<br />

wurde, während der Erntezeit mit dem (an<br />

sich führerscheinpfl ichtigen) Trecker zu seinem<br />

Acker zu fahren, gilt hierzulande weder<br />

für Taxifahrer noch für Fernfahrer oder andere<br />

vergleichbare Berufsgruppen. Im<br />

Gegenteil, wer so charakterschwach<br />

ist, sich alkoholisiert an das Steuer<br />

zu setzen, hat erst recht nicht die<br />

charakterliche Reife, Personen zu<br />

befördern oder große LKWs durch<br />

den Verkehr zu steuern, so zumindest<br />

die hierzulande mit derartigen<br />

Problemfällen befassten Gerichte.<br />

Facit: Werden 1,1‰ Alkohol oder<br />

mehr im Blut festgestellt, gilt somit<br />

allein schon durch die Menge des<br />

genossenen Alkohols als erwiesen,<br />

dass der Straftatbestand der §§ 315,<br />

316, 69, 69 a StGB mit den erörterten<br />

Rechtsfolgen erfüllt ist.<br />

Komplizierter wird es, wenn der festgestellte<br />

Alkoholgehalt unter 1,1‰ liegt. Man<br />

spricht dann von der sogenannten „relativen<br />

Fahruntauglichkeit“, und zwar immer dann,<br />

wenn der festgestellte Alkoholgrad zwischen<br />

0,5‰ und 1,099‰ liegt.<br />

Ist beim Kraftfahrer, der in dieser Menge Alkohol<br />

zu sich genommen hat, kein Fahrfehler<br />

festzustellen, muss der Kraftfahrer „lediglich“<br />

mit einem Bußgeldbescheid rechnen, der neben<br />

der Geldbuße mit derzeit noch 4 Punkten<br />

(bei maximal 18 Punkten), ab Mai <strong>2014</strong><br />

mit 2 Punkten (bei maximal 8 Punkten) und<br />

mit einem Fahrverbot „geziert“ wird.<br />

Der Unterschied zwischen einem Fahrverbot<br />

und einem Entzug der Fahrerlaubnis ist<br />

einfach: Ein Fahrverbot kann für maximal 3<br />

Monate ausgesprochen werden; der Führerschein<br />

wird diesenfalls automatisch an den<br />

Inhaber nach Ablauf der Fahrverbotszeit zurückgegeben.<br />

Der Entzug der Fahrerlaubnis<br />

hingegen darf nicht unter 6 Monaten festgesetzt<br />

werden und hat den unangenehmen<br />

Nebeneffekt, dass der Führerschein eingezogen,<br />

das heißt vernichtet wird, und man<br />

sich bei der entsprechenden Behörde um<br />

einen neuen Führerschein bemühen muss,<br />

will sagen, man muss einen Antrag stellen,<br />

Gebühren bezahlen, einen Sehtest beibringen,<br />

einen Erste-Hilfe-Kursus nachweisen<br />

und möglicherweise sogar die für den Führerschein<br />

erforderliche Charakterfestigkeit<br />

durch Beibringung des gefürchteten Medizinisch-Psychologischen<br />

Gutachtens, im Volksmund<br />

„Mackentest“ genannt, nachweisen.<br />

Eine Fahrprüfung wird allerdings entgegen<br />

vielerlei anderslautender Gerüchte in der<br />

Regel nicht fällig.<br />

Wird nun allerdings bei einer Alkoholisierung<br />

von unter 1,1‰ ein Fahrfehler festgestellt, ist<br />

zu prüfen, ob dieser Fahrfehler „alkoholbedingt“<br />

gewesen ist. Die Anforderungen an<br />

dieses Kriterium werden von Gericht und<br />

Staatsanwaltschaft denkbar niedrig angesetzt.<br />

Hat man erst einmal Alkohol im Blut, wird<br />

praktisch jeder Fahrfehler, sei er auch noch<br />

so klein, zum „alkoholbedingten“ Fahrfehler<br />

mit der Rechtsfolge, dass der betreffende<br />

Kraftfahrer genauso behandelt wird, als hätte<br />

er über 1,1‰ Alkohol im Blut gehabt. Dies<br />

gilt natürlich ganz besonders dann, wenn aufgrund<br />

dieses Fahrfehlers ein Unfall passiert ist.<br />

Dann hat der alkoholisierte Kraftfahrer noch<br />

schlechte Karten.<br />

Andreas Just<br />

Rechtsanwälte und Notarin<br />

Berlin<br />

Beratung in der Persiusstraße 7:<br />

Donnerstag von 15.00 - 16.00 Uhr<br />

oder nach Vereinbarung<br />

Tel. 217 78 68 oder 20 20 21 312<br />

Man hüte sich im Übrigen in diesem Zusammenhang<br />

vor der Argumentation, man sei<br />

schon ewig und drei Tage unfallfrei gefahren<br />

und schließlich ein ganz besonders erfahrener<br />

und umsichtiger Kraftfahrer. Die mit der<br />

Wahrheitsfindung in derartigen Fällen betrauten<br />

Juristen und Juristinnen drehen nämlich<br />

dann sofort den Spieß um und argumentieren,<br />

dass somit ja erst recht erwiesen sei, dass<br />

der Fahrfehler alkoholbedingt zu begründen<br />

ist, denn sonst hätte dieser untadlige, erfahrene,<br />

umsichtige und unfallfreie Kraftfahrer<br />

ja schließlich den Fahrfehler gar nicht erst<br />

begangen.<br />

Wird der Fahrfehler festgestellt, kann die<br />

Beschlagnahme der Fahrerlaubnis und eine<br />

entsprechende Verurteilung schon erfolgen,<br />

wenn der Alkoholgrad denkbar niedrig – also<br />

auch noch unter 0,5‰ – liegt; die niedrigste<br />

hier bekannte Alkoholkonzentration, die zu<br />

einer entsprechenden Verurteilung führte, lag<br />

bei 0,38‰, eine Alkoholmenge, die je nach<br />

Köpergewicht und Geschlecht schon mit wenigen<br />

Glas Alkohol erreicht werden kann.<br />

An dieser Stelle ein gut gemeinter Hinweis<br />

an die kraftfahrende und gelegentlich Alkohol<br />

konsumierende Damenwelt:<br />

Frauen sollten sich mit Alkohol im Straßenverkehr<br />

noch mehr zurückhalten, als Männer.<br />

Dies hat nichts mit Frauenfeindlichkeit<br />

des Verfassers oder dessen bekannt machohaftem<br />

Gehabe zu tun. Das Problem hängt<br />

vielmehr an physiologischen Gegebenheiten.<br />

Die Alkoholkonzentration im Blut ist nämlich<br />

direkt abhängig von der Menge des Blutes<br />

in dem mit Alkohol versorgten Körper.<br />

Die Menge des Blutes ist wiederum direkt<br />

abhängig von den Körpermaßen, also dem<br />

Körpergewicht. Mehr Körpergewicht geht mit<br />

mehr Blut im Körper einher. Man denke am<br />

besten mit der Stärke eines „Cuba Libre“. Sind<br />

0,4 cl an Rum zugegossenen worden, hängt<br />

die „Stärke“ des Getränks davon ab, ob mehr<br />

oder weniger Cola im Glas vorhanden ist.<br />

Es braucht demzufolge bei einer Person von<br />

50 Kilogramm Lebendgewicht deutlich weniger<br />

Alkohol als bei einer Person mit 90 Kilogramm<br />

Lebendgewicht, um ein und dieselbe<br />

Blutalkoholkonzentration zu erreichen.<br />

Da Frauen nun einmal auch in Zeiten von<br />

Gleichstellungsbemühungen im Durchschnitt<br />

deutlich leichter sind als „vergleichbare“<br />

Männer, benötigt es auch entsprechend<br />

weniger konsumierten<br />

Alkohol, um den kritischen Promillewert<br />

zu erreichen. Hinzu kommt,<br />

dass Frauen – naturbedingt – andere<br />

Resorptionswerte als Männer<br />

aufweisen.<br />

Dies hat dann den fatalen Effekt,<br />

dass eine Frau mit beispielsweise<br />

60 kg Körpergewicht bei gleicher<br />

Alkoholzufuhr wie ein Mann mit 60<br />

kg Körpergewicht eine circa um 1/3<br />

höhere Blut-Alkoholkonzentration<br />

aufweist als der entsprechende „Vergleichsmann“.<br />

6 <strong>taxi</strong> <strong>news</strong> 2/<strong>2014</strong>

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