planet toys 2/17
Fachmagazin für den Spielwarenhandel und Industrie
Fachmagazin für den Spielwarenhandel und Industrie
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
24<br />
FOKUS SCHWEIZ<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong><br />
»DIE MARKE SIND WIR!«<br />
Selbstbewusst geben sich die Spielzeugfachhändler<br />
der Spielkiste und Amsler Spielwaren, wenn es um ihre Läden geht.<br />
Wir sprachen mit Marcel Amsler, Beat und Patrick Lutz.<br />
Meine Herren, wir treffen uns an einem<br />
historischen Ort. 1916 entstand<br />
im Club Voltaire in Zürich der Dadaismus.<br />
Ist die Schweiz nach wie vor ein<br />
bisschen Dada?<br />
Beat Lutz: Die Schweiz ist sehr konservativ,<br />
aber auch sehr überlegt. Die Innovationen<br />
kommen schön langsam in<br />
verdaubaren Häppchen.<br />
Marcel Amsler: Das sehe ich genauso.<br />
Die Schweiz ist manchmal ein bisschen<br />
langsam, aber am Schluss geht es vorwärts.<br />
Patrick Lutz: In der Schweiz gibt es noch<br />
Dinge, die zählen. Bezogen auf unsere<br />
Branche sind das Qualitätsbewusstsein,<br />
Beratung und Service. Es geht nicht nur<br />
um den Preis, das Gesamtpaket muss<br />
stimmen. Das ist unsere Chance.<br />
Heute Morgen habe ich im Hotel in der<br />
NZZ gelesen, dass die Schweiz Visionen<br />
braucht. Haben Sie Visionen?<br />
M.A.: Vor zwei Jahren habe ich begonnen,<br />
stationär mit online zu verknüpfen.<br />
Das mag keine bahnbrechende Vision<br />
sein, aber es heißt, wir orientieren uns<br />
immer nach vorne.<br />
B.L.: Ja, unsere Vision ist es, dass der<br />
klassische Fachhandel, wie wir ihn verstehen,<br />
eine Zukunft hat, sonst hätten<br />
wir diesen Weg der Expansion nicht beschritten.<br />
Max Frisch glaubte, dass das Grundgefühl<br />
des Schweizers eher die Angst<br />
vor der Zukunft sei. Wie fühlen Sie sich<br />
momentan?<br />
M.A.: Angst vor der Zukunft? Nein, immer<br />
einen gewissen Respekt, das ja. Die<br />
Herausforderungen der Zukunft sind<br />
doch spannend.<br />
P.L.: Was soll an der Zukunft schlecht<br />
sein? Ich habe eine Riesenfreude<br />
an der Arbeit, weil ich es<br />
bis zu einem gewissen<br />
Grad<br />
selbst in<br />
der<br />
„Alles bieten zu wollen ist<br />
meiner Meinung nach der<br />
falsche Weg.“<br />
BEAT LUTZ,<br />
Inhaber Spielkiste<br />
Hand habe, ob die Zukunft gut wird.<br />
B.L.: Angst ist nicht einfach vorhanden,<br />
sondern sie wird gemacht! In Deutschland<br />
nehme ich aber immer eine gewisse<br />
Angst als Grundgefühl wahr. Das ist<br />
manchmal extrem. Die Schweiz ist anders<br />
und für die Spielkiste kann ich sagen,<br />
dass wir bereit sind, um mit Freude<br />
die Zukunft zu gestalten. Es gibt keinen<br />
Grund in der Schweiz, vor irgendetwas<br />
Angst zu haben.<br />
Ist der Schweizer ein Handwerker, der<br />
vor allem eins will: bewahren, ausbessern<br />
und perfektionieren?<br />
Alle: Genau!<br />
B.L.: Das stimmt vorbehaltlos.<br />
Stimmt es, dass sich die Schweiz als<br />
neutrales Land inzwischen gegen alle<br />
Seiten wehren muss, aber seit dem<br />
Internet zunehmend auf verlorenem<br />
Posten steht?<br />
P.L.: Was heißt denn hier auf verlorenem<br />
Posten! Die Welt entwickelt sich<br />
und das Internet gehört dazu. Man muss<br />
sich darauf einstellen, es nicht schlecht<br />
reden und sich vielleicht verändern.<br />
Wie stellt man sich darauf ein, wenn<br />
man Deutschland vor der Tür hat?<br />
M.A.: Wir haben in der Schweiz die gleichen<br />
Hürden. Dazu haben wir einfach<br />
höhere Kosten für Miete, Elektrizität und<br />
Energie. Es gelten andere Spielregeln<br />
und nur günstig geht nicht. In der Spielware<br />
sehe ich weniger ein Problem.<br />
B.L.: Die deutschen Firmen, die wirklich<br />
erfolgreich sind, haben sich geradezu<br />
bewunderungswürdig dem speziellen<br />
Schweizer Markt angepasst und<br />
ein ganz anderes Niveau erreicht als in<br />
Deutschland.<br />
Sind die Schweizer die Erfinder der<br />
Hochpreislage?<br />
P.L.: Ich glaube nicht. Gute Handwerker<br />
kosten eben Geld.<br />
B.L.: Was heißt Erfinder? Die Ressourcen<br />
in der Schweiz sind knapp und<br />
knappe Güter sind immer teuer.<br />
Im Cicero konnten wir lesen, dass die<br />
Schweiz das deutschfeindlichste Land<br />
Europas ist. Leidet der Schweizer unter<br />
einer akuten Identitätsstörung?<br />
B. L.: Was hat der Redakteur denn für<br />
eine Brille auf? Ich kann mir das eigentlich<br />
nicht vorstellen, aber es ist<br />
klar, dass diese schnelle, hart getackte<br />
Sprechweise der Deutschen natürlich<br />
nicht unserem Hör- und Sprechverhalten<br />
entspricht.<br />
P.L.: Man darf eines nicht vergessen,<br />
Deutsch ist nach wie vor eine Fremdsprache.<br />
Vielleicht fehlt es daran genau<br />
zu hören, wie etwas gesagt wurde. Der<br />
Empfänger bestimmt, was gesagt wurde,<br />
nicht der Sender.<br />
B.L.: Ein bisschen Ablehnung ist wohl<br />
da, denn im Moment haben wir eine Situation,<br />
in der man in kein Spital in der<br />
ganzen Schweiz gehen kann, bevor man<br />
nicht zuerst mit deutschsprechenden<br />
Pflegern und Ärzten gesprochen hat.<br />
Das gefällt nicht jedem.<br />
Kommen wir zum Markt. Der Umsatz<br />
von Spielwaren blieb 2016 in der<br />
Schweiz mit 460 Mio. Franken auf dem