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VSAO JOURNAL Nr. 5 - Oktober 2014

Wettbewerb - Sportverletzungen/Orthopädie / Zulassungsstopp / IFAS

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weiterbildung / Arbeitsbedingungen<br />

«200 Prozent Kreativität»<br />

Vera Stucki ist Leitende Ärztin am Spital Männedorf. Zusammen mit Anouk Chuffart ist sie<br />

in Co-Leitung verantwortlich für die interdisziplinäre Notfallstation. Familienfreundliche Arbeitsbedingungen<br />

traf sie bereits als Oberärztin an. Bis heute sind diese jedoch keine Selbstverständlichkeit,<br />

deshalb setzt sich Vera Stucki für ein Umdenken und Umstrukturieren ein.<br />

Mit Dr. med. Vera Stucki, Leitende Ärztin am Spital Männedorf, sprach Simone Burkhard Schneider, Stabsjuristin <strong>VSAO</strong>.<br />

Wieso setzen Sie sich für<br />

familienfreundliche Bedingungen<br />

in Ihrem Betrieb ein?<br />

Als ich als Oberärztin auf der Inneren<br />

Medizin angefangen habe, bestand bereits<br />

ein gut funktionierendes Team mit drei<br />

Oberärztinnen, die je zu 65 bis 70 Prozent<br />

gearbeitet haben. Zusätzlich waren in der<br />

Anästhesie, Gynäkologie und Chirurgie<br />

bei Oberärzten und Leitenden Ärzten<br />

ebenfalls Teilzeitpensen von 50 bis 80<br />

Prozent etabliert. Die erweiterten Arbeitszeitmodelle,<br />

welche übrigens nicht nur<br />

von Müttern, sondern auch von Familienvätern<br />

geschätzt werden, wurden also<br />

schon vor meiner Zeit geschaffen. Auch<br />

eine betriebseigene, sehr flexible Kita für<br />

Kinder bis zum Kindergartenalter war<br />

vorhanden.<br />

Mein Engagement für familienfreundliche<br />

Bedingungen betrifft folglich weniger<br />

unseren Betrieb, sondern Spitäler, welche<br />

diesen Schritt noch vor sich haben und<br />

politische Entscheidungsträger, die für die<br />

Schaffung familienfreundlicher Rahmenbedingungen<br />

verantwortlich sind.<br />

Persönlich befasse ich mich mit medizinethischen<br />

Themen, und diese beinhalten<br />

unter anderem die Auseinandersetzung<br />

mit Chancengleichheit und Care-Ethik.<br />

Nicht zuletzt ist es aus gesundheitspolitischer<br />

und volkswirtschaftlicher Perspektive<br />

wenig sinnvoll, motivierte, gut ausgebildete<br />

und aus öffentlichen Mitteln finanzierte<br />

Arbeitskräfte unbeschäftigt zu<br />

lassen.<br />

Welches ist die grösste<br />

Herausforderung bei der Einführung<br />

familienfreundlicher<br />

Strukturen?<br />

Häufig basieren Gegenargumente auf kulturell<br />

verankerten Vorurteilen. Die Feminisierung<br />

der Medizin wird aus dieser<br />

Perspektive daher öfters eher als Übel denn<br />

als Chance betrachtet. Mir geht es darum,<br />

aufzuzeigen, dass Gegenargumente nur<br />

dann gültig sind, wenn sie fundiert begründet<br />

und objektivierbar sind, reine<br />

Vermutungen dürfen nicht wegweisend<br />

sein. Oft existieren noch alte Zöpfe, wie<br />

«eine leitende Funktion kann nicht mit<br />

einem Teilzeitpensum vereinbart werden».<br />

Solche kategorischen Aussagen beinhalten<br />

unausgesprochene Bedenken und Ängste.<br />

Der eher trockene Markt an Fachkräften<br />

erleichtert jedoch den Einstieg in die Diskussion,<br />

so dass auch Teilzeitanstellungen<br />

erwogen werden und ein Dialog überhaupt<br />

stattfinden kann.<br />

Was würden Sie Kolleginnen<br />

und Kollegen in der gleichen<br />

Situation raten?<br />

Ein hohes Mass an Engagement ist wie<br />

überall im Arztberuf selbstverständlich.<br />

Zusätzlich müssen bei einem Teilzeitpensum<br />

die Schnittstellen besonders sorgfältig<br />

gepflegt werden, d.h. es braucht zusätzliche<br />

Energie für einen lückenlosen Informationsfluss.<br />

Was es nicht braucht, ist ein<br />

chronisch schlechtes Gewissen oder<br />

Dankbarkeit, dass man in einem Teilzeitpensum<br />

arbeiten darf. Mitarbeiter, die<br />

Teilzeit arbeiten, gelten als vollwertige<br />

Mitarbeiter mit den entsprechenden Rechten<br />

und Pflichten.<br />

Bei Schwierigkeiten ist es wichtig, nicht in<br />

der Opferrolle zu verharren, sondern die<br />

Diskussion zu suchen, am besten bereits<br />

mit einem Lösungsvorschlag. Dies braucht<br />

viel Kraft und oft auch eine Portion Mut.<br />

Ein Gespräch mit Kollegen in der gleichen<br />

Situation kann helfen, konkrete, praxiserprobte<br />

Lösungsvorschläge zu sammeln.<br />

Welches sind die drei wichtigsten<br />

Punkte, welche man bei<br />

der Einführung solcher Massnahmen<br />

beachten muss?<br />

Zur Person:<br />

Verheiratet, einen 6-jährigen Sohn. Kaufmännische Lehre bei der Swissair, danach<br />

Erfahrungen in Kundenbetreuung, Marketing und Projektleitung, parallel dazu<br />

berufsbegleitend Maturitätsschule und eidgenössische Matura. Medizinstudium,<br />

Staatsexamen und Promotion an der Medizinischen Fakultät Universität Zürich.<br />

Assistenzzeit in den Bereichen Anästhesie, Innere Medizin und als Flugärztin bei der<br />

Rega. Oberärztin Klinik Innere Medizin in Männedorf und Fachärztin für Allgemeine<br />

Innere Medizin. Nachdiplomstudium und Masterabschluss in Applied Ethics<br />

(MAE) Philosophische Fakultät Zürich. Seit Februar 2013 Leitende Ärztin, zusammen<br />

mit Dr. med. Anouk Chuffart in einer Co-Leitung verantwortlich für die interdisziplinäre<br />

Notfallstation des Spitals Männedorf. Zusätzlich Mitglied der Ethikkommission<br />

des Spitals Männedorf und Dozentenauftrag der Medizinischen Fakultät Zürich<br />

für Medizinethik.<br />

14 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 5 <strong>Oktober</strong> <strong>2014</strong>

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