VSAO JOURNAL Nr. 5 - Oktober 2014
Wettbewerb - Sportverletzungen/Orthopädie / Zulassungsstopp / IFAS
Wettbewerb - Sportverletzungen/Orthopädie / Zulassungsstopp / IFAS
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Politik<br />
Auf den PUNKT gebracht<br />
Selber schuld – selber zahlen?<br />
Das Schweizer Gesundheitswesen ist ordentlich<br />
komplex; ganze Lehrbücher werden<br />
gefüllt mit den entsprechenden Entscheidungsmechanismen<br />
und nur wenige<br />
Menschen haben wirklich den Überblick.<br />
Kompliziert sind auch die entsprechenden<br />
Finanzströme: Bund, Kantone, Gemeinden,<br />
Krankenkassen und Patienten finanzieren<br />
in unterschiedlichster Zusammensetzung<br />
die verschiedenen Leistungen des<br />
Gesundheitswesens.<br />
Als Patient habe ich definitiv keine Ahnung,<br />
wer jetzt genau was bezahlt. Das<br />
interessiert mich eigentlich auch herzlich<br />
wenig. Mich interessiert die monatliche<br />
Krankenkassenprämie. Trotzdem fehlt<br />
mir ehrlicherweise die Zeit, jedes Jahr die<br />
Krankenkassenprämien zu vergleichen<br />
und die Grundversicherung zu wechseln.<br />
Und wozu brauche ich eigentlich diese<br />
Versicherung, obwohl ich momentan ja<br />
gar keine Leistungen von ihr beziehe?<br />
Muss ich doch einmal pro Jahr zum Arzt,<br />
dann bezahle ich die Rechnung ja trotzdem<br />
selbst, weil ich als «gutes Risiko»<br />
eine hohe Franchise gewählt habe. Die<br />
Antwort ist einfach: Es ist eine Versicherung!<br />
Sollte ich einmal ein ernsthaftes<br />
gesundheitliches Problem haben, dann<br />
weiss ich, dass mir eine hervorragende<br />
medizinische Behandlung zu Gute kommen<br />
wird, die ich mir aus meinem Ersparten<br />
niemals leisten könnte. Für diese<br />
Sicherheit, im Falle eines Falles wohl<br />
versorgt zu sein, bezahle ich gerne!<br />
In diesem Zusammenhang macht mir ein<br />
Vorschlag der Kommission für soziale Sicherheit<br />
und Gesundheit des Nationalrates<br />
Bauchweh: Sie möchte, dass jugendliche<br />
Rauschtrinker künftig die Kosten ihres<br />
Spitalaufenthalts selber bezahlen<br />
müssten. Diese Idee erscheint auf den<br />
ersten Blick verlockend und entspricht<br />
einem verständlichen Wunsch der Bevölkerung,<br />
nämlich etwas gegen die Alkoholexzesse<br />
Jugendlicher zu unternehmen.<br />
Und natürlich drängt sich die Frage auf,<br />
weshalb die Allgemeinheit für jemanden<br />
bezahlen soll, der bewusst so viel trinkt,<br />
dass er anschliessend hospitalisiert werden<br />
muss.<br />
Auf den zweiten Blick jedoch entpuppt sich<br />
der nationalrätliche Vorschlag als radikale<br />
Abkehr vom Solidaritätsprinzip in der<br />
medizinischen Grundversorgung. Je nach<br />
Verschulden soll man neu nicht mehr<br />
versichert sein für die beanspruchten medizinischen<br />
Leistungen. Damit beschreitet<br />
man einen gefährlichen Weg: Der Schritt<br />
wäre klein, auch von Rauchern, Base-<br />
Jumpern, Übergewichtigen usw. die Übernahme<br />
der Behandlungskosten zu verlangen,<br />
denn irgendwie sind die ja auch selber<br />
schuld an ihren medizinischen Problemen.<br />
Man kann den Gedanken noch<br />
weiter spinnen und sich fragen, ob plötzlich<br />
auch Träger von gewissen Erbkrankheiten<br />
ins Visier geraten könnten oder<br />
Eltern, die sich entscheiden, ein behindertes<br />
Kind zur Welt zu bringen. Mit der Aufhebung<br />
des Solidaritätsprinzips auch nur<br />
in einem Fall würde eine Barriere angehoben,<br />
die bislang ein gefährliches Territorium<br />
abgrenzte. Deshalb bin ich sehr<br />
froh, dass der <strong>VSAO</strong> gemeinsam mit vielen<br />
Akteuren des Gesundheitswesens diesen<br />
unsinnigen Vorschlag ablehnt! ■<br />
Nico van der Heiden,<br />
stv. Geschäftsführer/Leiter Politik<br />
und Kommunikation <strong>VSAO</strong><br />
8 <strong>VSAO</strong> <strong>JOURNAL</strong> ASMAC <strong>Nr</strong>. 5 <strong>Oktober</strong> <strong>2014</strong>