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PDF-Version - Berliner Mieterverein e.V.

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glieder im Verein der <strong>Berliner</strong> Wohnungsmieter.<br />

Das Ende des Ersten Weltkriegs mit<br />

der Novemberrevolution 1918 und<br />

dem Aus für den Kaiser gilt als die<br />

eigentliche Blütezeit der organisierten<br />

Mieterbewegung. Rund 1300<br />

Vereine waren dem Dachverband<br />

1919 schon angeschlossen, der damit<br />

rund 800 000 Beitragszahler repräsentierte.<br />

Die Verankerung eines<br />

allgemeinen Wahlrechts und das Er ­<br />

starken der Linksparteien führten zu<br />

einer Politisierung der Wohnungsfrage,<br />

in deren Folge auch die Mieterbewegung<br />

wuchs. Die Verankerung<br />

sozialer Schutzrechte wurde<br />

zusätzlich, wenn auch nur vorübergehend,<br />

durch eine klassenübergreifend<br />

empfundene Solidaritäts­<br />

und Fürsorgepflicht gegenüber den<br />

Kriegsheimkehrern befördert. Eine<br />

zunehmende Wohnungsnot tat das<br />

ihre, um der Mieterbewegung zum<br />

Aufschwung zu verhelfen.<br />

Fast flächendeckend waren in den<br />

Jahren 1918 und 1919 Mieteinigungs ­<br />

ämter eingerichtet worden und weit e<br />

Bereiche des Mietverhältnisses standen<br />

nun unter öffentlicher Kontrol le.<br />

Von der „Politik“ hielten sich die ersten<br />

Mieteraktivisten geflissentlich fern<br />

Foto: Landesbildstelle Berlin<br />

In den Mieterorganisationen um 1900<br />

gaben bürgerliche Kreise den Ton an<br />

(hier: die Dresdener Straße in Berlin<br />

um die Jahrhundertwende)<br />

Mieterhöhungen wurden durch Verordnungen<br />

begrenzt und mit der<br />

„Bekanntmachung zum Schutze der<br />

Mieter“ von 1917 konnten Mieter<br />

Vertragskündigungen von den Mieteinigungsämtern<br />

auf Zulässigkeit<br />

überprüfen lassen. Bis zur gesetzlichen<br />

Verankerung eines generellen<br />

Kündigungsschutzes lag jedoch noch<br />

ein weiter Weg.<br />

Nicht nur die Zahl der Mitglieder,<br />

auch deren Zusammensetzung veränderte<br />

sich in den folgenden Jahren.<br />

Der mächtige Dachverband der<br />

freien Gewerkschaften ADGB mit<br />

seinen 8,4 Millionen Mitgliedern<br />

warb öffentlich für den Beitritt und<br />

sorgte für eine Mitgliederzufuhr aus<br />

sozialen Gruppen, die den <strong>Mieterverein</strong>en<br />

vorher ferngestanden hatten.<br />

In der Folge erweiterten nun<br />

auch Arbeiter das von Beamten und<br />

Selbstständigen dominierte Erscheinungsbild<br />

der Vereine. Die Sozialstruktur<br />

der Funktionsträger und<br />

Aktiven unter dem Dach des Mieterbundes<br />

blieb hinge gen weitgehend<br />

homogen. Noch 1928 beklagte ein<br />

Teilnehmer des Mietertags das Erscheinungsbild<br />

der Dachorganisation<br />

als „Beamtenbund“: Von 202 Vertretern<br />

waren 190 Beamte!<br />

Die politischen Themen jedoch betrafen<br />

mit der Verbreiterung des<br />

Wohnens zur Miete in den Großstädten<br />

des Reichs zunehmend alle<br />

soziale Schichten. Der Versuch, die<br />

kriegsbedingten Schutzverordnungen<br />

in einen dauerhaften gesetzli­<br />

chen Schutz für das ganze Deutsche<br />

Reich zu überführen, begleitete die<br />

Vereinsarbeit in der Weimarer Republik.<br />

Die angestrebten reichseinheitlichen<br />

Regelungen werteten die<br />

Dachorganisation als Verhandlungspartner<br />

der Reichsregierung auf. Der<br />

Mieterschutz wurde nicht nur politisiert,<br />

der Kampf um dieses sozialpolitische<br />

Ziel wurde nun auch zentralisiert.<br />

Das Reichsmietengesetz, das die<br />

kriegsbedingten Notverordnungen<br />

in eine Vorform des uns heute bekannten<br />

gesetzlichen Mieterschut ­<br />

» In den 20ern wird<br />

der Kampf politisch,<br />

das Ziel einheitlich «<br />

zes überführte, wurde 1922 erlassen,<br />

aber gleichzeitig befristet. Dieses<br />

Gesetz hatte, wie der Bundesvorsitzende<br />

des Bundes Deutscher <strong>Mieterverein</strong>e,<br />

Johannes Herrmann,<br />

1925 anmerkte, „wie kaum ein anderes<br />

wirtschaftliches Gesetz die<br />

Leidenschaft der Volksgenossen<br />

wachgerufen.“ Es war ein Etappensieg<br />

hin zu Kündigungsschutz und<br />

Mietpreisbegrenzung als Dauerrecht.<br />

Der Preis für die Politisierung und<br />

das rasche Wachstum der Mieterbewegung<br />

waren politische Konflikte<br />

und organisatorische Abspaltungen,<br />

die vor allem die Dachorganisation<br />

betrafen und sich dem kritischen<br />

Chronisten vor allem als „Machtkämpfe<br />

des Führungspersonals“<br />

(Führer) zwischen Berlin und Dresden<br />

präsentieren. Die galoppierende<br />

Inflation um 1923 führte in den<br />

<strong>Mieterverein</strong>en und in der Dach­<br />

Die Autoren dieses<br />

Mieter Magazin-<br />

Extras sind Armin<br />

Hentschel, Leiter<br />

des Potsdamer<br />

Instituts für Soziale<br />

Stadtentwicklung<br />

und Jens Sethmann,<br />

<strong>Berliner</strong><br />

Journalist<br />

MieterMagazin 6/2011 25

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