PDF-Version - Berliner Mieterverein e.V.
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de aber, so Karl Führer, kann „das<br />
amtlich verordnete Absterben der<br />
Mieterbewegung in der entstehenden<br />
DDR wohl damit erklärt werden,<br />
dass die Vereine schlicht als<br />
überflüssig galten“. Der umfassende<br />
gesetzliche Kündigungsschutz und<br />
die Reform der Justiz durch die Sozialistische<br />
Einheitspartei (SED) gaben<br />
wenig Anlass für einen organisierten<br />
Mieterkampf.<br />
Aber auch in Westdeutschland rückten<br />
eine Wohnraumbewirtschaftung<br />
und die 1945 eingerichteten Wohnungsämter<br />
zunächst die Mängelverwaltung<br />
in den kriegszerstörten<br />
Städten in den Vordergrund. Bedarf<br />
für Rechtsbeistand in der Ausein an <br />
dersetzung zwischen Mietern und<br />
Eigentümern gab es wenig. Die Neugründung<br />
des Dachverbandes, die<br />
1951 in Köln vollzogen wurde, folgte<br />
föderalen Prinzipien. Der neue<br />
„Deutsche Mieterbund“ war ein Ver <br />
band der Landesverbände: Nicht<br />
Vereine, sondern Landesverbände<br />
» Mietenpolitik<br />
unter generellem<br />
Ideologieverdacht «<br />
waren die Mitglieder. Dieser lange<br />
Zeit umstrittene Verbandsaufbau<br />
verdankt sich mehreren Faktoren:<br />
dem alliierten Bemühen um einen<br />
dezentralisierten Wiederaufbau<br />
Deutschlands, der Gründung der<br />
ersten Landesverbände, die der<br />
Struktur der Besatzungszonen folgten<br />
und schließlich dem entschiedenen<br />
Nein der süddeutschen, vor allem<br />
bayerischen Vereine gegen einen<br />
Zusammenschluss auf Basis der<br />
ört lichen Mieterorganisationen.<br />
Nicht nur der Dachverband, auch<br />
die örtlichen Zusammenschlüsse<br />
hatten wenig politischen Einfluss.<br />
„Die <strong>Mieterverein</strong>e der 1950er Jahre<br />
waren in der Regel reine ,Prozessvereine‘,<br />
die an der politischen Ar<br />
Die Kampfansagen und politischen<br />
Ausdrucks mittel der 68er-Generation<br />
schlugen sich zunehmend auch in<br />
der Aus einandersetzung um das<br />
Thema Wohnen wieder<br />
beit des Dachverbandes desinteressiert<br />
waren“, resümiert Karl Führer<br />
für die Aufbaujahre. Die weitgehende<br />
politische Enthaltsamkeit der frühen<br />
Nachkriegsbewegung in Westdeutschland<br />
geht vor allem auf den<br />
allumfassenden Ideologieverdacht<br />
zurück, der in der AdenauerÄra al <br />
len Politisierungsversuchen entgegenstand<br />
und von den Hausbesitzervereinen<br />
weidlich ausgenutzt wurde.<br />
Es herrschte Kalter Krieg. Der Kommunismusverdacht<br />
begleitete alle<br />
„linksverdächtigen“ Bemühungen<br />
um die Etablierung einer s ozialen<br />
Wohnungsmarktwirtschaft. Während<br />
die Mieterorganisationen mit<br />
Berufung auf die „Versittlichung<br />
des Eigentumsgedankens“ im neuen<br />
Grundgesetz forderten, aus dem<br />
Kündigungsschutz als Notrecht ein<br />
Dauerrecht zu machen, wehrten die<br />
Eigentümerverbände dies als Relikt<br />
kommunistischer Zwangswirtschaft<br />
ab.<br />
Die eigentliche Wiederaufbau und<br />
Politisierungshilfe lieferte Wohnungsbauminister<br />
Paul Lücke dem Deutschen<br />
Mieterbund 1959 mit dem Ver <br />
such, Mietpreisbindung und Wohnraumbewirtschaftung<br />
zu beseitigen<br />
und ein freies Kündigungsrecht ein <br />
zuführen. Erst der organisierte Kampf<br />
gegen den „LückePlan“ führte nach<br />
den Worten des Rechtsgeschichtlers<br />
Gotthold Spitz zum „Erwachen der<br />
Mieterschaft“. Der Anstieg der Mitgliederzahlen<br />
belegt dies. Der unbeabsichtigte<br />
Dornröschenkuss bewirkte<br />
eine Be fristung des geplanten<br />
Gesetzes, eine stufenweise Einführung<br />
je nach regionaler Wohnungsmarktlage<br />
in den Städten und eine<br />
Reihe weiterer Zugeständnisse. Aber<br />
die Mietenpolitik hatte von nun an<br />
wieder den Rang einer großen sozialpolitischen<br />
Frage. Die sich daran anschließenden<br />
Kämpfe und zahlreiche<br />
Der <strong>Berliner</strong> <strong>Mieterverein</strong> machte ab<br />
den 80er Jahren immer wieder mit<br />
spektakulären Aktionen von sich reden<br />
(hier: der ehemalige BMV-Geschäftsführer<br />
Hartmann Vetter und der da -<br />
malige Mieterbund-Präsident Gerhard<br />
Jahn bei einer Unterschriften-Aktion<br />
gegen den „Weißen Kreis“)<br />
politische Bündnisse zwischen Gewerkschaften,<br />
SPD und Mieterschaft<br />
gegen den „Weißen Kreis“ mündeten<br />
1975 darin, dass der gesetzliche<br />
Kün digungsschutz und damit das<br />
Verbot der Änderungskündigung<br />
zum Zweck der Mieterhöhung als<br />
Dauerrecht im BGB verankert wurde<br />
MieterMagazin 6/2011 27<br />
Foto: MieterMagazinArchiv<br />
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