CajoBrendelLenin
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gehegt, das schon zu Anfang seines publizistischen Wirkens in seiner<br />
Schrift "Was tun?" hervortritt, das Mißverständnis nämlich, daß es deshalb<br />
einer Parteiführung bedürfe, weil die Arbeiter niemals in hinreichendem<br />
Maße ein politisches Bewußtsein entwickeln könnten, Lenin, der folglich<br />
sich keine proletarische Revolution ohne Eingriff der politisch<br />
"Wissenden" vorstellen kann, hat keine Ahnung davon, daß ein politisches<br />
Bewußtsein ein Attribut einer wohlhabenden Klasse im allgemeinen, der<br />
bürgerlichen Klasse insbesondere ist, und daß die Arbeiterschaft desto<br />
mehr sich in nutzlosen, irrationellen Kämpfen verschwendet, je mehr<br />
politisches Verständnis in ihr vorbanden ist. Er hätte - wenn es ihm<br />
möglich gewesen wäre - sich in dieser Hinsicht von Marx belehren lassen<br />
können.[28] Was ihn jedoch daran hinderte, war eben jene "Brille", die von<br />
Gorter als eine "russische Brille" bezeichnet wurde, von uns bezeichnet<br />
wird als die "Brille", die drüben getragen werden mußte von einer<br />
Gruppierung, die beim Mangel einer selbstsicheren bürgerlichen Klasse<br />
mit einem entwickelten politischen Bewußtsein diese Lücke auszufüllen<br />
und somit das fehlende politische Bewußtsein zu ersetzen hatte.<br />
Ein Vergleich der politischen Strategie dieser Gruppierung mit einer<br />
militärischen Strategie ist unserer Meinung nach durchaus berechtigt. Für<br />
Lenin war ja, wie er 1905 bereits geschrieben hatte, "die Revolution ... ein<br />
Krieg"[29] und diese Auffassung kehrt in seiner Schrift über "die<br />
Kinderkrankheit" auf fast jeder Seite wieder. "Nehmen wir", sagte er 1915,<br />
"die moderne Armee. Sie ist eine mustergültige Organisation. Und diese<br />
Organisation ist nur deshalb gut, weil sie elastisch ist und zugleich<br />
Millionen von Menschen einen einheitlichen Willen verleihen kann".[30]<br />
Da hat man abermals, einschließlich des unentbehrlichen "einheitlichen<br />
Willens", der nur von oben, vom Olympus der politischen Götter<br />
herabsteigt, genau den Standpunkt von 1920.<br />
Bei einer solchen Analogie kommt man aber nicht daran vorbei, daß das<br />
Wesentliche jener mustergültigen Heeresorganisation: die Disziplin,<br />
unzertrennlich verbunden ist mit einer historisch und gesellschaftlich<br />
bedingten und somit beschränkten Form der Kriegskunst, und daß eine