bpdigital_2_2017
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KAPITEL 1 GESCHICHTE<br />
UND GESCHICHTLICHES<br />
Als »Cosveld« seine<br />
Münzen prägte<br />
Könnte heute jede Stadt, jede Kommune ihr eigenes<br />
Geld drucken, wären vermutlich kurzfristig<br />
alle Haushalte saniert – nur können sie es eben nicht.<br />
Doch blicken wir in die Vergangenheit zurück, so gab<br />
es immer wieder mal Zeiten, in denen die Städte in<br />
unserer Region dies taten – mit oder ohne Erlaubnis<br />
des Landesfürsten. Und schon damals konnte dies<br />
unwillkommene Folgen haben.<br />
Vom Ursprung und Sinn des Münzwesens<br />
Stellen Sie sich vor, Sie gehen an einem schönen, sonnigen<br />
Morgen über den Wochenmarkt in Coesfeld<br />
oder in Borken. Sie brauchen ganz dringend etwas,<br />
das ihren Hunger stillt – vielleicht ein großes Stück<br />
eines schmackhaften Käses. Sie schlendern also<br />
hungrig über den Wochenmarkt, sehen den Stand<br />
mit dem Käse und ordern ein gutes Kilo. Nun jedoch<br />
haben Sie nicht nur kein Geld – nein, es gibt grundsätzlich<br />
kein Geld in der Gesellschaft. Um den<br />
schmackhaften Käse zu bekommen, müssen Sie also<br />
irgendeine Gegenleistung anbieten. Stellen Sie sich<br />
vor, sie hätten fünf Eier dabei und würden nun dem<br />
Käseverkäufer diesen Tausch vorschlagen. Der jedoch<br />
lehnt ab, weil er gerade keine Eier benötigt. Er könnte<br />
jedoch sehr gut etwas Salz gebrauchen und das dann<br />
eintauschen. Ihr Problem nun: Woher bekommen Sie<br />
Salz zum Tausch? Und wer sagt<br />
Ihnen, dass der derjenige, der Salz<br />
besitzt, es gegen Ihre frischen<br />
Hühnereier eintauschen würde? Im<br />
schlimmsten Fall gingen Sie also<br />
mit hungrigem Magen vom Markt<br />
zurück nach Hause.<br />
Tauschen kann sehr kompliziert<br />
sein. Es ist also sinnvoll, ein Tauschmedium<br />
zu haben, das allgemein<br />
anerkannt und akzeptiert ist. Das<br />
Geld ist ein solches Symbol ökonomischen<br />
Tauschwerts von Waren<br />
und Leistungen, und es befreit das<br />
wirtschaftliche Handeln von der<br />
Umständlichkeit der Einzelabstimmung.<br />
Anstelle der frischen Eier<br />
können Sie nun bei dem Käsehändler<br />
die von ihm verlangte Höhe an<br />
Geld gegen den Käse eintauschen,<br />
und er kann sich mit dem Geld<br />
das Salz selbst besorgen. Geld ist<br />
also Tausch auf abstraktem Niveau.<br />
Heute kennt unsere Volkswirtschaft<br />
eine Währung in ganz verschiedenen<br />
Formen. Die Münze ist<br />
so eine Form. Sie blickt zurück auf<br />
eine lange Historie. Ihr erstes Vorkommen<br />
ist im Lydien des 7. Jahrhunderts<br />
vor Christus dokumentiert.<br />
Die Prägung und der Münzstempel<br />
garantierten schon damals<br />
ein bestimmtes Gewicht und damit<br />
auch einen bestimmten Wert.<br />
Als Münzmaterial wurden zumeist<br />
Silber und Gold verwendet. Langsam<br />
breitete sich die Nutzung von<br />
Münzen im Mittelmeerraum aus,<br />
und sie gelangten nach Griechenland<br />
und etwas später ins Römische<br />
Reich. Während bei den Griechen<br />
im Münzbild Götter sowie<br />
Geräte und Landesprodukte als<br />
Kernbilder der Städte vorherrschten,<br />
sind bei den Römern Kaiserporträts<br />
häufiger. Diese Tradition<br />
griffen viele europäische Landesfürsten<br />
in späterer Zeit auf – vor<br />
allem in den Zeitaltern der Renaissance<br />
und des Absolutismus.<br />
Das Münzrecht<br />
Es macht folglich Sinn, dass das<br />
Recht, Münzen zu prägen, nicht<br />
willkürlich von jeder Person oder<br />
Stadt wahrgenommen werden<br />
sollte. Unter den Karolingern im<br />
frühen Mittelalter war die Münzprägung<br />
ein fast ausschließlich<br />
kaiserliches Monopol. Das Münzrecht<br />
gehörte zu den sogenannten<br />
Regalien – also zu den königlichen<br />
Hoheitsrechten. Es umfasste<br />
unter anderem die Ausgabe von<br />
Münzen und die Festsetzung ihres<br />
Kurses, die Bestimmung von Bild,<br />
Nennwert und Münzfuß, worunter<br />
der Edelmetallgehalt der eigenen<br />
Münzen zu verstehen ist, sowie die<br />
Festlegung der Münzstätten und<br />
schließlich das Treffen von Regelungen<br />
über den Münzumlauf und<br />
Strafandrohung bei Zuwiderhandlung.<br />
Die Aushöhlung des Rechts<br />
Dieses Münzregal wurde jedoch im<br />
Verlauf des 9. Jahrhunderts langsam<br />
ausgehöhlt, denn immer häufiger<br />
ging das Recht nun auch auf<br />
geistliche und weltliche Fürsten<br />
über – und dies nicht nur aufgrund<br />
der Verleihung eines königlichen<br />
Privilegs, sondern auch durch faktische<br />
Aneignung.<br />
So kam es dazu, dass im Spätmittelalter<br />
das Münzwesen im<br />
Deutschen Reich zersplittert war –<br />
was im Übrigen auch einen Zerfall<br />
der Königsmacht bedingte.<br />
In den Städten des Westmünsterlandes<br />
begann das Prägen eigener<br />
Münzen in der zweiten Hälfte<br />
des 16. Jahrhunderts. Schon vorher<br />
hatte das Domkapitel zu Münster<br />
mit dem Prägen kupferner Kleinst-<br />
Münzprägung im<br />
Mittelalter<br />
(Abb. linke Seite)<br />
Bleistreifen mit den<br />
Abschlägen für verschiedene<br />
Coesfelder<br />
Münzen – unter anderem<br />
der 2-, 3- und<br />
4-Pfennig-Münze und<br />
der 1-Heller-Münze<br />
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