<strong>Peter</strong> <strong>Doig</strong> Ich bin wahrscheinlich ein Romantiker, und daraus folgt, dass die Gemälde wahrscheinlich auch romantisch sind. Ich glaube, in gewisser Weise muss man Romantiker sein, um Bilder zu malen und um soviel Zeit dafür zu investieren, wie ich es getan habe, besonders mit der Art von Bildern und von Sujets, wie ich sie male.«
Erinnerung als Phantasie Gerhard Mack Die Malerei <strong>Peter</strong> <strong>Doig</strong>s wird weitherum mit dem Begriff des Romantischen belegt. Das hat zunächst einmal mit den Sujets der Bilder zu tun. Boote gleiten still über das Wasser, ein Truck wirft seine Lichtkegel in eine leere Landschaft. Ein endloser Sternenhimmel spiegelt sich in einem See. Menschen und Häuser sind winzig klein in der weiten Natur. Die Räume auf den teilweise riesigen Bildformaten zeigen zwar menschliche Spuren, aber fast immer liegt über den Szenerien eine schwer erklärbare Magie. Hinzu kommt, dass der Künstler selbst auf den Bezug zum Romantischen verweist: „Ich bin wahrscheinlich ein Romantiker, und daraus folgt, dass die Gemälde wahrscheinlich auch romantisch sind. Ich glaube, in gewisser Weise muss man Romantiker sein, um Bilder zu malen und um soviel Zeit dafür zu investieren, wie ich es getan habe, besonders mit der Art von Bildern und von Sujets, wie ich sie male.“ 1 Verschiedene Ausstellungen haben <strong>Doig</strong>s Werk denn auch mit jüngsten Annäherungen an die Romantik in Verbindung gebracht 2 . Gegen eine vorschnelle Vereinnahmung als Maler sentimentaler Sehnsuchtsbilder hat <strong>Doig</strong> jedoch in einem anderen Interview hervorgehoben, er wolle dem Romantischen „eine gewisse Schärfe verleihen, ohne vor Überempfindsamkeit zu zerbrechen“ 3 . Diese „Schärfe“ zeigt sich zunächst einmal, wenn man den Gestus des Romantischen vor der Epoche der Romantik präzisiert. Diese beruhte auf dem Bewusstsein eines Bruchs: Die Einheit mit der Natur, wie sie für die vorbildhafte Antike reklamiert wurde, war unwiederbringlich verloren. Dem Verlust liess sich jedoch mit einer neuen Reflexivität begegnen, wie Friedrich Schiller in seiner Epoche begründenden Schrift „Über naive und sentimentalische Dichtung“ ausführte 4 . Dieses reflexive Vermögen war in einem hohen Masse spekulativ und setzte der Aufklärung mit ihrem Vertrauen in die rationale Ordnung und in die technische Aneignung der Welt die Warnung entgegen, die Grenzen nicht zu übersehen, hinter denen das Subjekt mit seinen Emotionen und seiner Vorstellungskraft sowie diejenigen Kräfte wirken, die sich der Vernunft nicht einfach fügen. Die Diagnose einer Entzweiung ist durch die Moderne eher bestätigt als überwunden, sie hat in ihrer langen Geschichte aber auch entscheidende Veränderungen erfahren. In <strong>Peter</strong> <strong>Doig</strong>s Malerei lässt sich 2 eine Mélange aus Berührungspunkten und Distanznahmen beobachten. Das Bild der Aussenwelt So zeigt ein Blick auf Caspar David Friedrich bereits in der Machart eine Parallelität. Der Dresdner Maler hat seine stimmungsgesättigten Bilder mit kühlem Kopf aus zahllosen Detailstudien collagiert 5 , nicht allzu verschieden davon, wie <strong>Doig</strong> seine Arbeit mit Postkarten, Fotos, Filmstills, Magazinabbildungen und vielem anderen Bildmaterial beschreibt, das er verwendet. Und Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ kann einem einfallen, wenn man <strong>Doig</strong>s Figure in Mountain Landscape sieht. Gleichwohl zeigt sich in der Nähe auch Distanz. Friedrichs Bildfiguren schauen in eine Ferne, die Landschaft spiegelt eine offene, aber doch grosse Zukunft, Mensch und Natur halten Zwiesprache und sind von einer Einheit umfangen und gehalten. Da gibt es noch ein schützendes All, bei <strong>Doig</strong> dagegen finden wir nicht einmal mehr All- Verlorenheit. Sein Maler sitzt auf einer verschneiten Bergkuppe im Gras und hat einen grün schimmernden Hügelzug unter zartblauem Himmel gegenüber. Er steht nicht frei in der Natur, sondern kauert, gegen einen Schneesturm fest vermummt in einem Kapuzenmantel vor einer Leinwand. Weniger die Aussenwelt als das Bild von ihr ist das Gegenüber des Malers. Eine Unmittelbarkeit, wie die Bild-Atmosphäre Caspar David Friedrichs sie suggeriert, ist auf das intime Zwiegespräch zwischen Maler und Gemälde begrenzt. Fremdheit ist nicht eine existentielle Grundbedingung, sondern eine Folge davon, dass wir uns Bilder machen und diese Bilder zwischen uns und die äussere Welt treten. Solche Brüchigkeit im Dialog mit der Welt, das Zurückgeworfensein auf sich selbst, schliesst eine Unsicherheit ein, die <strong>Peter</strong> <strong>Doig</strong> auf wiederum andere Weise an eine Sensibilität der Romantik für das Irrationale, Traumverhangene, Märchenhafte annähert. Der Maler schafft bereits durch die hellen, oft komplementären Farben eine aufgeladene, manchmal ans Psychedelische grenzende Atmosphäre. Ein Bild wie Gasthof zur Muldentalsperre kultiviert eine märchenhaft-surreale Szenerie bis hin zu der in vielen bunten Steinen leuchtenden Staumauer und den beiden Figuren in Theaterkostümen aus dem Ballett Petruschka, in dem <strong>Doig</strong> und ein Kollege einmal als Statisten für Nurejew mitwirkten. Häufig irrealisieren