Mein Viertel KNAPPER WOHNRAUM Prenzlberg stockt auf Mein Viertel Um Punkt zehn Uhr klingelt an es der Wohnungstür von Julia Dittmar. Kaum geöffnet, findet sie in ihrer Altbauwohnung vor allem eines: Viel Vollholz. Daraus entsteht in den nächsten Stunden eine großzügige Hochetage, die ihr und ihrer Familie mehr Platz verschaffen soll. Damit ist Familie Dittmar nicht allein: Immer mehr Berliner lassen sich Möbel anfertigen, die passgenau auf den Schnitt ihrer Wohnung zugeschnitten sind. Das ist vor allem im Prenzlauer Berg oft günstiger als ein Umzug. Text: Christiane Kürschner • Fotos: Katy Otto Quadratmeterpreise lassen Bewohner zusammenrücken Peter Gräfe und Herbert „Bert“ Podkowa machen nicht viele Worte, denn sie verstehen sich auch ohne ganz gut. Sie haben im Prenzlauer Berg schon unzählige Einbauschränke, Hochbetten und ganze Hochetagen in kleine wie große Wohnungen eingebaut. Seit 25 Jahren ist Peter Tischler, zwölf davon selbstständig. Zuvor studierte er, seine Berufung fand er jedoch im Arbeiten und Gestalten mit dem Rohstoff Holz. 1978 hat es den geborenen Weimaraner nach Berlin verschlagen, seither lebt er im Prenzlauer Berg. Seine Liebe zum Kiez ist ungebrochen, auch wenn dieser sich in einem ständigen Wandel befindet. „Es ist ganz klar ein Trend zu erkennen“, meint Peter, „in den vergangenen sieben Jahren fragen die Leute vermehrt nach Möglichkeiten, ihren Wohnraum auszureizen.“ Die Auswertungen des Wohnmarktreport Berlin <strong>2017</strong> zeigen, dass im Prenzlauer Berg eine gewisse Sättigung eingesetzt hat. Mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 12,50 gehört das Gebiet um die Prenzlauer Allee östlich der Kollwitzstraße zu den teuersten Wohngebieten Berlins. Es teilt sich den fünften Platz mit der Chausseestraße im Bezirk Mitte. Wer schon eine längere Zeit im Prenzlauer Berg lebt, profitiert teilweise von mäßigen Mietkosten. Wer eine Wohnung neu anmieten möchte, der muss in den sauren Apfel beißen. Familien überlegen sich deshalb, ob sie sich eine neue, größere Wohnung suchen, für die durch die Neuanmietung deutlich höhere Kosten entstehen. Also heißt es: Bleiben und aufstocken. Peter ist in ganz Berlin unterwegs, um durch individuelle Lösungen Wohnraum und damit Lebensqualität zu schenken. Winsviertel als Hochbetten-Burg An diesem Freitag verschafft er Familie Dittmar zu mehr Platz im Kinderzimmer. Seit zwei Jahren wohnt die vierköpfige Familie in der schicken Altbauwohnung, die mit vier Zimmern grundsätzlich viel Platz bereithält. „Jetzt scheint aber eine Phase zu beginnen, in die der Große einen Rückzugsort für sich benötigt“, so Julia. Das vierte Zimmer benötigen die berufstätigen Eltern als Arbeitszimmer, ein Umzug kommt nicht in Frage. Die mehr als acht Quadratmeter große Hochetage ist die Lösung. Über eine Leiter und durch die Luke kommen die Kinder auf die zweite Ebene, wo der Größere von beiden sein Bett und Platz zum Spielen haben soll. Immer mehr Menschen arbeiten von Zuhause und benötigen einen Arbeitsplatz, die klassische Aufteilung Wohn- und Schlafzimmer plus zwei Kinderzimmer gilt nicht mehr. Paare, die eine Familie gründen, überlegen sich zudem doppelt gut, ob sie die bezahlbare 3-Raum-Wohnung aufgeben, denn bezahlbarer Wohnraum ist Mangelware. „Der Klassiker sind Familien mit ein oder zwei Kindern, die noch einmal Nachwuchs erwarten“, erzählt Peter, „dann reichen die drei oder vier Zimmer nicht mehr aus, aber eine 5-Raum-Wohnung ist für nahezu niemanden erschwinglich, die 4-Raum-Wohnungen rar“. Die Tendenz anstatt eines Umzuges aufzustocken, beobachtet der Tischler vor 6 7