natur und mensch - Rheinaubund
natur und mensch - Rheinaubund
natur und mensch - Rheinaubund
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Mensch <strong>und</strong> Umwelt<br />
Dauerbrenner Zweitwohnungsbau<br />
Der noch immer boomende Zweitwohnungsbau ist ein Dauerbrenner<br />
in der Schweiz. Heute wie vor 20 Jahren stellt man sich die gleichen<br />
Fragen, die jetzt durch die Aufhebung der Lex Koller neue Aktualität<br />
erhalten.<br />
von Giovanni Danielli<br />
Der B<strong>und</strong>esrat hat am 4. Juli 2007 beschlossen,<br />
die Lex Koller (B<strong>und</strong>esgesetz über den<br />
Erwerb von Gr<strong>und</strong>stücken durch Personen<br />
im Ausland) aufzuheben. Damit wird Aus ländern<br />
künftig ermöglicht, ohne kompli ziertes<br />
Bewilligungsverfahren Gr<strong>und</strong> stücke in der<br />
Schweiz zu erwerben. Mit der noch folgenden<br />
Diskussion im Parlament wird das Problem<br />
des überbordenden Zweit wohnungsbaus in<br />
der Öffentlichkeit noch mehr an Bedeutung<br />
gewinnen. Die Proble matik ist jedoch nicht<br />
neu. Der Berner Tou rismusprofessor Jost<br />
Krippendorf hat vor mehr als 20 Jahren in der<br />
4. Auflage des Bestsellers „Die Land schaftsfresser“<br />
folgendes geschrieben: „..wie oft<br />
werde ich wohl noch aufgefordert, über die<br />
touristischen Landschaftsfresser zu schreiben<br />
<strong>und</strong> zu reden. Ist es nicht unheimlich,<br />
dass dieses Thema ein Dauerbrenner bleibt,<br />
ja in verschiedenen Feriengebieten aktueller<br />
denn je ist. Obwohl man darüber seit über<br />
einem Jahrzehnt spricht, Bücher veröffentlicht,<br />
Kongresse <strong>und</strong> Ro<strong>und</strong>table-Gespräche<br />
durchführt <strong>und</strong> politische Bekenntnisse abgibt.<br />
Obwohl die Zusammenhänge längst<br />
jedermann klar geworden sein müssten.<br />
Obwohl es kaum noch Forschungslücken gibt<br />
<strong>und</strong> man eigentlich genau weiss, wie dem<br />
Ganzen beizukommen wäre, damit es endlich<br />
aufhört.“<br />
Zwei Jahrzehnte nach dieser Feststellung<br />
konnten weder die Raumplanung noch<br />
andere Instrumente den Zweitwohnungsboom<br />
bremsen. Vor allem die attraktiv en<br />
Feriengebiete sind bevorzugte Standorte<br />
für Zweitwohnungen. Die starke Nachfrage<br />
hat dazu geführt, dass gesamtschweizerisch<br />
heute mehr Betten in dieser Unterkunftsform<br />
zu finden sind als in der Hotellerie.<br />
Aktuell werden gesamtschweizerisch<br />
r<strong>und</strong> 12 Prozent aller Wohnungen als Zweitwohnungen<br />
genutzt. Dieser Anteil beträgt in<br />
den Tourismuskantonen Wallis, Graubünden<br />
Seite 10 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 4 / 2007<br />
<strong>und</strong> Tessin örtlich über 60 Prozent des Gesamtwohnungsbestandes.<br />
Der Zweitwohnungsbau bietet neben den<br />
Gefahren auch Chancen. Hier sind insbesondere<br />
zu nennen die daraus resultierende<br />
Wertschöpfung, die Schaffung von<br />
Arbeitsplätzen, die Stärkung der Gemeindehaushalte<br />
durch Steuern, die verbesserten<br />
Ge meindeinfrastrukturen, die Attraktivität<br />
der Destination <strong>und</strong> die Auslastung der<br />
Bergbahnen. Gefahren sind hingegen insbesondere<br />
die Zersiedelung der Landschaft,<br />
die Bodenpreissteigerung, die saisonal tiefen<br />
Auslastungen, die „Kannibalisierung der<br />
Hotellerie“ sowie die hohen Infrastrukturkosten.<br />
Vielfältige Steuerungs-<br />
instrumente<br />
In unserem Nachbarland Österreich bestehen<br />
regional sehr einschränkende Regelun<br />
gen. Gemäss § 12 ff. Tiroler Raumordnungsgesetz<br />
besteht ein gr<strong>und</strong>sätzliches<br />
Zweitwohnungsverbot für Personen mit<br />
Wohnsitz ausserhalb der Gemeinde, wenn<br />
der Ferienwohnungsanteil über 8 Prozent<br />
beträgt. Ortsansässige dürfen in ihrem<br />
Wohnhaus oder in angrenzenden Gebäuden<br />
bis zu drei Ferienwohnungen zur Vermietung<br />
erstellen. Der Hauptzweck dieser Regelung<br />
ist die Vermeidung von „kalten Betten“ <strong>und</strong><br />
der Schutz der Hotellerie. In der Schweiz<br />
würde eine solche Regelung mit dem Verf<br />
assungsrecht der Wirtschaftsfreiheit <strong>und</strong><br />
mit dem Binnenmarktgesetz kollidieren<br />
(keine Diskriminierung ortsfremder Marktteilnehmer).<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich bestehen in der Schweiz drei<br />
Hauptsteuerungsinstrumente zur Lenkung<br />
des Zweitwohnungsbaus, nämlich raumpla-<br />
Der Anteil der Zweit wohnun<br />
gen beträgt in den<br />
Tourismuskantonen Wallis,<br />
Graubünden <strong>und</strong> Tessin<br />
örtlich über 60 Prozent des<br />
Gesamtwohnungsbestandes.<br />
Im Bild Ascona (links) <strong>und</strong><br />
St. Moritz.<br />
nerische Instrumente, abgabenrechtliche<br />
Massnahmen <strong>und</strong> Eingriffe ins Privatrecht.<br />
Raumplanerische Massnahmen<br />
Das Bauland sollte für die Bevölke rungsentwicklung<br />
der nächsten 15 Jahre genügend<br />
Raum bieten. Hat die Gemeinde zu<br />
viel Land als Bauland eingezont, besteht die<br />
Möglichkeit, einzelne noch nicht erschlossene<br />
Gebiete wieder der Landwirtschafts-<br />
zone oder einer Reservebauzone zuzuführen.<br />
Durch eine differenzierte Zonierung<br />
kann der Zweitwohnungsbau eingeschränkt<br />
oder an bestimmten Standorten<br />
wie der Kernzone beschränkt werden. Für<br />
den Bau oder den Erhalt von Hotels können<br />
Hotelzonen geschaffen werden. In der entsprechenden<br />
Zone wären Umwandlungen<br />
von Hotels in Zweitwohnungen untersagt.<br />
Weiter können auch „Zonen für Einhei mische“<br />
geschaffen werden. Die Gemein de<br />
Falera GR hat eine so genannte Einheimischenbauzone<br />
ausgeschieden. Gemäss Art.<br />
40 bis des Baugesetzes ist diese Zone für<br />
die Erstellung von Wohnbauten für die ortsansässige<br />
Bevölkerung bestimmt.<br />
In den Wohnzonen können auch Anteile<br />
für Erstwohnungen oder Zweitwohnungen