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natur und mensch - Rheinaubund

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Natürlich gestaltete<br />

Friedhöfe können<br />

Naturoasen inmit-<br />

ten der Städte sein.<br />

Im Bild ein Segelfalter.<br />

de das Gemeinschaftsgrab noch zu 5%<br />

gewählt, heute sind es bereits über 30%<br />

<strong>und</strong> die Zunahme hält weiter an. Ob diese<br />

Entwicklung wohl eine Parallele zeigt<br />

zum gesellschaftlichen Wandel, der bezüglich<br />

der Auseinandersetzung mit dem Tod,<br />

dem Abschied <strong>und</strong> der Trauer in den letzten<br />

Jahrzehnten stattgef<strong>und</strong>en hat? Mit den<br />

Fortschritten der Medizin, der Lockerung<br />

der familiären Banden sowie dem isolierten<br />

Leben der alten Menschen in Altersheimen<br />

ist das Bewusstsein um die Endlichkeit unseres<br />

Lebens kleiner geworden <strong>und</strong> in<br />

der Hektik <strong>und</strong> Schnelllebigkeit bleibt für<br />

die Trauer kaum noch Raum <strong>und</strong> Zeit. Die<br />

Beziehung zum Tod scheint sich in der Wahl<br />

des Gemeinschaftsgrabes sinnbildlich auszudrücken.<br />

Wie in unseren Köpfen erhält der<br />

Tod auch auf dem Friedhof immer weniger<br />

Platz. Im Gemeinschaftsgrab wird die Asche<br />

des Verstorbenen unter einem Flecken<br />

Rasen, nicht grösser als ein paar Füsse bei-<br />

gesetzt. Mit dem Wegfall einer Grabbepflanzung<br />

<strong>und</strong> eines persönlichen Grabmals<br />

bleibt kaum Raum für eine individuelle<br />

Trauer. Dies wird von den Angehörigen jedoch<br />

oft erst nach der Beisetzung wahrgenommen.<br />

Die vielen mitgebrachten Blumen,<br />

die nicht auf dem vorgesehenen gemeinschaftlichen<br />

Blumenplatz, sondern sorgfältig<br />

an der mutmasslichen Beisetzungsstelle<br />

platziert werden, weisen auf das Bedürfnis<br />

der Angehörigen hin, dem anonymen Flecken<br />

Rasen trotz allem eine Identität zu geben<br />

<strong>und</strong> darin einen Trauerort zu finden, der<br />

eine Verbindung zum Verstorbenen schafft.<br />

Der Trend zum Gemeinschaftsgrab<br />

verändert die Friedhöfe<br />

Eine Beisetzung im Gemeinschaftsgrab<br />

braucht r<strong>und</strong> zehnmal weniger Platz als die-<br />

Seite 16 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 4 / 2007<br />

Im Friedhof Witikon<br />

säumen Wildstauden<br />

die Grabfelder <strong>und</strong> bilden<br />

einen Lebensraum für<br />

Tiere <strong>und</strong> Pflanzen.<br />

jenige in einem Urnen-Reihengrab. Mit dem<br />

Trend zum Gemeinschaftsgrab nehmen somit<br />

die Grabfelder, die früher das Bild des<br />

Friedhofs prägten, stetig ab. Auf den still gelegten<br />

Grabfeldern entstehen Rasen, Wiesen<br />

<strong>und</strong> Buntbrachen. Die Friedhöfe wandeln<br />

sich dadurch mehr <strong>und</strong> mehr zu grosszügigen<br />

Parkanlagen, die zum Flanieren <strong>und</strong><br />

Ruhe geniessen einladen. Gerade in einer<br />

Stadt sind die Grünflächen zur ruhigen<br />

Erholung sehr gefragt. Die Friedhöfe bilden<br />

einen wohltuenden Kontrast zu den immer<br />

intensiver belebten Grünanlagen, wie zum<br />

Beispiel am See. So werden sie auch immer<br />

mehr zur Freizeitnutzung entdeckt, was in<br />

einzelnen Fällen auch zu Nutzungskonflikten<br />

führen kann. Ein an die Situation angepasstes<br />

Verhalten muss von der Bevölkerung<br />

erwartet werden. Schwitzende Jogger, die<br />

um die Grabfelder keuchen oder Velofahrer<br />

die quer durch den Friedhof flitzen, stören<br />

die Pietät genauso, wie wenig bekleidete<br />

Sonnenhungrige, die sich auf den Wiesen räkeln.<br />

Hier die richtigen Kompromisse zu finden<br />

wird in den nächsten Jahren ein wichtiges<br />

Thema sein.<br />

Friedhöfe als Ökoflächen<br />

Mit der <strong>natur</strong>nahen Bewirtschaftung, die<br />

die Stadt Zürich 1995 mit einer Verwaltungsverordnung<br />

verbindlich einführte, werden<br />

auf allen städtischen Grünflächen die Ziele<br />

verfolgt, die natürlichen Kreisläufe zu schlies-<br />

sen, Hilfsstoffe sparsam einzusetzen <strong>und</strong><br />

Lebensräume für Tiere <strong>und</strong> Pflanzen zu fördern.<br />

Gerade die Friedhöfe weisen durch ihr<br />

oft beachtliches Alter <strong>und</strong> ihre Ausdehnung<br />

eine hohe Artenvielfalt auf. Die geringe<br />

Nutzung sowie die vermehrt frei werdenden<br />

Grabfelder bieten geeigneten Raum um<br />

ökologisch wertvolle Flächen zu schaffen. So<br />

Im Friedhof Nordheim<br />

blühen auf still-<br />

gelegten Grabfeldern<br />

Buntbrachen.<br />

Fotos: Grün Stadt Zürich<br />

gedeihen auf den Friedhöfen immer mehr<br />

Blumenwiesen <strong>und</strong> sogar Buntbrachen. Sie<br />

bereichern das Bild <strong>und</strong> locken mit ihrer<br />

reichen Blütenvielfalt Insekten, Vögel <strong>und</strong><br />

Schmetterlinge an. Die Akzeptanz für diese<br />

ökologischen Akzente ist bisher sehr gut.<br />

Zukunftsplanung<br />

für die Zürcher Friedhöfe<br />

Um die Friedhöfe auch in Zukunft attraktiv<br />

halten <strong>und</strong> auf die sich wandelnden<br />

Bedürfnisse ausrichten zu können, erarbeitet<br />

die Stadt Zürich in den nächsten zwei<br />

Jahren ein Friedhofskonzept. Mit statistischen<br />

Auswertungen <strong>und</strong> demografischen<br />

Berechnungen, aber auch durch Abwägen<br />

der heutigen Trends <strong>und</strong> Hinterfragen der<br />

aktuellen Angebote sollen die Friedhöfe auf<br />

die zukünftigen Anforderungen ausgerichtet<br />

werden. Die Rahmenbedingungen sind<br />

in den strategischen Zielen des „Grünbuchs<br />

der Stadt Zürich“ festgelegt: die Vielfalt<br />

der quartierbezogenen Friedhöfe soll beibehalten<br />

<strong>und</strong> deren Wert als historisches<br />

Kulturgut gepflegt <strong>und</strong> weiter entwickelt<br />

werden. Die Friedhöfe sollen bedarfs-<br />

gerechte Bestattungsformen, pietätvolle <strong>und</strong><br />

besinnliche Umgebung für Trauernde bieten,<br />

aber auch als öffentliche Grünräume für rücksichtsvolle<br />

Nutzung zur Verfügung stehen.<br />

Yvonne Aellen<br />

Grün Stadt Zürich<br />

Produkteverantwortliche für<br />

Parkanlagen <strong>und</strong> Friedhöfe<br />

Beatenplatz 2<br />

8023 Zürich<br />

Tel. 044 412 27 68

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