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natur und mensch - Rheinaubund

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in den Wald fahren müssen <strong>und</strong> die Polizei<br />

für Kontrollen zuwenig Personal habe. Von<br />

einem Rekurs rät Wäckerli ab, ich solle doch<br />

froh sein, dass nicht noch mehr Plätze eingeführt<br />

würden.<br />

3. Akt: Nachhilfe in Raumplanung<br />

Anfangs Dezember reiche ich gegen die<br />

Verkehrsanordnung beim Stadthalteramt<br />

Rekurs ein. Ausdrücklich nicht gegen das<br />

Parkverbot, sondern gegen die Festlegung<br />

von Parkplätzen im Waldareal <strong>und</strong> in der<br />

kantonalen Freihaltezone. Die zwei zentralen<br />

Argumente: Das Befahren des Waldareals<br />

(<strong>und</strong> damit das Parkieren) ist per<br />

eidgenössischem Waldgesetz (Artikel 15)<br />

verboten. Ausnahmen müssten – wenn<br />

überhaupt – beim Kanton beantragt <strong>und</strong><br />

bewilligt werden. Ausser eines Eintrages<br />

beim Wildpark (kantonale Freihaltezone)<br />

sind keine Parkplätze im regionalen Verkehrs<br />

richtplan eingetragen. Das müssten<br />

sie aber, denn just diese behördenverbindliche<br />

Planung regelt <strong>und</strong> koordiniert das<br />

Parkplatzangebot für Erholungszonen. Im<br />

regionalen Richtplan heisst es sogar explizit,<br />

die Zahl der Parkplätze sei gering zu<br />

halten, um Erholungsgebiete vom Verkehr<br />

zu entlasten. Da ich unsicher bin, ob mir<br />

als Privatperson nicht die Legitimation<br />

zum Rekurs abgesprochen wird, informiere<br />

ich noch den Zürcher Vogelschutz <strong>und</strong><br />

Pro Natura Zürich. Der lokale Natur- <strong>und</strong><br />

Vogelschutzverein sowie Pro Natura Zürich<br />

legen darauf ähnlich lautende Rekurse ein.<br />

4. Akt: Druck der Politik<br />

Auf den Rekurs folgt Stille. Drei Mal(!) bewilligt<br />

der Statthalter dem juristischen Berater<br />

des Polizeivorstandes eine Verlängerung<br />

der Frist zur Stellungnahme auf meine<br />

Argumente, zuletzt bis Ende Mai 2007. Im<br />

April kommt Druck von anderer Seite: Im<br />

Gemeindeparlament wird eine schriftliche<br />

Anfrage zu den Parkplätzen im Wald eingereicht.<br />

Bei der Debatte um die Folgekosten<br />

für das Wolfsgehege muss der Stadtrat ein<br />

Verkehrskonzept versprechen, da selbst<br />

von bürgerlicher Seite eingeräumt wird, die<br />

Attraktivierung werde wohl Mehrverkehr<br />

generieren. Kurz vor Ablauf der dritten<br />

Fristverlängerung widerruft der Stadtrat<br />

dann seinen eigenen Beschluss vollständig<br />

<strong>und</strong> bittet den Statthalter, das Verfahren einzustellen.<br />

Das erstaunte Gemeindeparlament<br />

überweist eine dringliche Interpellation zum<br />

Thema. Die Medien berichten. Der in die<br />

Enge getriebene Stadtrat verspricht erneut,<br />

bis im Frühling 2008(!) ein Gesamtkonzept<br />

anzupacken. In diesem Rahmen soll unter<br />

anderem geprüft werden, welche <strong>und</strong> wie<br />

viele Parkplätze im Erholungsgebiet legal<br />

sind <strong>und</strong> ob Parkgebühren eingeführt werden.<br />

Beigetragen zur Kehrtwende auf kommunaler<br />

Ebene hat sicher auch der Zürcher<br />

Regierungsrat: Dieser hat nämlich in der<br />

Zwischenzeit einen anderen Rekurs von<br />

Pro Natura gutgeheissen <strong>und</strong> der Stadt eine<br />

Ausnahmebewilligung für neue Parkplätze<br />

im Lindbergwald beim Museum Oskar<br />

Reinhart „Am Römerholz“ verweigert.<br />

5. Akt: Lokale Komödie<br />

oder grössere Tragweite?<br />

Ob ein einzelnes, am Rand einer Waldstrasse<br />

abgestelltes Fahrzeug wirklich eine Tragödie<br />

ist – darüber kann man getrost getrennter<br />

Ansicht sein. Wenn aber über Jahre systematisch<br />

verbreiterte Wegeinmündungen sowie<br />

ehemalige Holzlagerplätze im Dutzend zu<br />

Parkplätzen umfunktioniert <strong>und</strong> geduldet<br />

werden, spitzt sich das Problem zu. Wenn<br />

dies von der Exekutive als „pragmatische<br />

Lösung“ verkauft wird <strong>und</strong>, wie im vorliegenden<br />

Fall, sogar während eines laufenden<br />

Verfahrens munter neue Plätze im Waldareal<br />

An jedem schönen<br />

Wochenende das gleiche<br />

Bild: zahllose Autos<br />

parken auf den Wegen<br />

des Erholungsgebietes.<br />

Foto: A. Bryner<br />

<strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 4 / 2007<br />

geschaffen werden – ohne Publikation <strong>und</strong><br />

ohne Bewilligung des Kantons – dann muss<br />

irgendwann ein Strich gezogen werden.<br />

Zu Fuss oder mit dem Velo ins Gebiet gelangte<br />

Erholungssuchende werden ansonsten<br />

vergrämt, Natur <strong>und</strong> Landschaft leiden<br />

<strong>und</strong> im vorliegenden Fall wird erst noch völlig<br />

unnötig ein öffentliches Verkehrsmittel<br />

konkurrenziert <strong>und</strong> behindert. Insofern<br />

hat der Winterthurer Fall vielleicht sogar<br />

Pilotcharakter für andere Gemeinden, die<br />

dem überbordenden Motorfahrzeugverkehr<br />

im Wald <strong>und</strong> in Erholungsgebieten auch<br />

zu lange bloss zugeschaut haben. Die Erfah<br />

rung mit restriktiven Konzepten – beschränktes<br />

Parkplatzangebot am Rand des<br />

Erholungsgebietes <strong>und</strong> in der Regel Fahrverbot<br />

im Gebiet selbst – sind nämlich nach<br />

anfänglichen Widerständen überall positiv.<br />

Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser, kann ich<br />

nur raten, künftige „Verkehrsanordnungen“<br />

ihrer Gemeinde mit ges<strong>und</strong>er Hartnäckigkeit<br />

unter die Lupe zu nehmen <strong>und</strong> bei Richtplanänderungen<br />

darauf zu achten, dass im Wald<br />

<strong>und</strong> in Erholungszonen keine Parkplätze<br />

eingetragen werden.<br />

Andri Bryner<br />

Möttelistrasse 47<br />

8400 Winterthur<br />

abryner@swissonline.ch<br />

Seite 13

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