natur und mensch - Rheinaubund
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Lachspopulation Europas. Selbst nach der<br />
Tullaschen Rheinregulierung wurden im<br />
Durchschnitt allein im Oberrhein noch etwa<br />
70.000 Lachse pro Jahr gefangen. Wie<br />
es dem Lachs <strong>und</strong> vielen anderen ehemaligen<br />
Bewohnern durch Ausbau des Rheins<br />
zur Schifffahrtsstrasse <strong>und</strong> Umwidmung in<br />
einen Abwasserkanal erging, ist allgemein<br />
bekannt. Die letzten Lachsfänge stammen<br />
aus den frühen 1960iger Jahren <strong>und</strong> geraten<br />
langsam in Vergessenheit.<br />
Zwar ist der Lachs heute wieder in den<br />
Rhein zurückgekehrt, allerdings ist man im<br />
Rheineinzugsgebiet noch weit von dem Ziel<br />
sich selbst erhaltender Wander fisch po pu latio<br />
nen entfernt.<br />
Um das Ziel der IKSR von mindestens 7000<br />
rückkehrenden Lachsen zu erreichen sind<br />
alle! der bisher festgestellten potenziellen<br />
Lachshabitate von r<strong>und</strong> 700 ha in den Zuflüssen<br />
des Rheins zu erschliessen. Die Wie-<br />
derherstellung der Durchwanderbarkeit bis<br />
Breisach erschliesst allein mit Elz, Dreisam,<br />
Wiese, Birs, Ergolz <strong>und</strong> dem Altrhein zwischen<br />
Weil <strong>und</strong> Breisach etwa 150 ha potenzieller<br />
Lachshabitate.<br />
Bevor Lachs & Co, dass heisst Wanderfische,<br />
wie z.B. der Maifisch, wieder die Möglichkeit<br />
haben, über den Altrhein in grosser Zahl auch<br />
bis nach Basel aufzusteigen, müssen noch<br />
viele Wanderungshindernisse im Oberrhein<br />
überbrückt werden. Zwar sind die Kraft-<br />
werksanlagen in Iffezheim <strong>und</strong> Gambsheim<br />
inzwischen mit technischen Fischpässen aus-<br />
gestattet, aber bis die Wanderfische den Alt-<br />
rhein bei Breis ach erreichen können, müssen<br />
noch mindestens 4 weitere Kraft-<br />
werksanlagen mit entspre chenden Anlagen<br />
ausgerüstet werden. Und auch in den<br />
Seite 6 <strong>natur</strong> <strong>und</strong> <strong>mensch</strong> 4 / 2007<br />
Altrheinarmen (Schlin gen) verhindern vier<br />
mobile <strong>und</strong> sieben Schwellenwehre den<br />
Aufstieg der Fische. Geschätzte Kosten der<br />
genannten Mass nah men ca. 60 Mio. EUR.<br />
Um diese Kosten zu sparen hat die EDF<br />
bereits 2003 den Vorschlag gemacht, wie<br />
an der Garonne die Lachse mit dem LKW<br />
von Gambsheim bis in den Altrhein nach<br />
Breisach zu transportieren (EDF 2003). Ein<br />
aus Sicht der Um welt verbände absurder<br />
Vorschlag, zum einen, weil es nicht nur um<br />
den Lachs geht, <strong>und</strong> zum anderen weil man<br />
den wandernden Fischen nicht ansieht, ob<br />
sie in den Altrhein oder z.B. die Ill, die Kinzig<br />
oder die Dreisam wollen.<br />
Zu den technischen Möglichkeiten <strong>und</strong><br />
Kosten von Fischaufstiegs- <strong>und</strong> Abstiegsanlage<br />
liegt eine Machbarkeitsstudie im<br />
Auftrag der IKSR im Entwurf vor (IKSR 2005).<br />
(siehe hierzu auch folgenden Artikel)<br />
Ausblick<br />
Die Umweltverbände aus der Schweiz,<br />
Deutsch land <strong>und</strong> Frankreich schlagen für<br />
den freifliessenden Abschnitt des Rheins<br />
zwischen Weil <strong>und</strong> Breisach seit Jahren<br />
vor, die „Gestaltbildung“ von grossen Hochwässern<br />
kontrolliert zuzulassen (ALSACE<br />
NATURE 2003). Das Ergebnis wäre ein abwechslungsreiches<br />
Mosaik aus Kiesbänken,<br />
Auewaldbereichen <strong>und</strong> Gerin nen, das eine<br />
hohe ökologische Wertigkeit aufweist. Im<br />
Vorschlag der Umweltverbände würde der<br />
revitalisierte „Altrhein“ nicht nur für viele<br />
Wanderfische zu einem den Rhein seitenkanal<br />
umgehenden Gewässer, sondern<br />
auch zu einem attraktiven, in Mittel europa<br />
so selten gewordenen <strong>natur</strong>nahen Flusslebens<br />
raum.<br />
Mensch <strong>und</strong> mehr Natur am<br />
Althrein: kein Gegensatz.<br />
Foto: J. Lange<br />
Allein es fehlt an den politischen Sig nalen<br />
<strong>und</strong> der Freigabe der entsprechen den Mit-<br />
tel, um die lange formulierten Ziele auch<br />
endlich zeitnah umzu setzen. Die Rhein-Mi-<br />
nisterkonferenz am 18. Okto ber 2007 in<br />
Bonn könnte ein solches Zeichen setzen.<br />
Angesichts des finan ziellen Mehrwer tes, die<br />
der Mensch aus Schifffahrt <strong>und</strong> Stromgewinnung<br />
(ca. 9 Mrd. Kilowatt st<strong>und</strong>en) zieht,<br />
kann die Durchgängigkeit des Oberrheins<br />
nicht an finanziellen Mitteln scheitern. Sie<br />
ist eine ökologische Ver pflichtung gegenüber<br />
nachfolgenden Generationen.<br />
Weiterführende <strong>und</strong> zitierte Literatur<br />
AN – ALSACE NATURE, BASNU, BUND, BBU,<br />
REGIOWASSER (2003): « La seconde jeunesse du<br />
viecus-rhin – Die zweite Jugend des Restrheins »<br />
A4, 15 Seiten. http://www.restrhein.de/pdfs/<br />
broschuere.pdf<br />
EDF – ELECTRICITÉ DE FRANCE (2003): « Die<br />
nachhaltige Entwicklung am deutsch-französischen<br />
Rhein – Die Position der EDF ».<br />
HONSELL, MAX (1885): Die Korrektion des<br />
Oberrheins von der Schweizer Grenze unterhalb<br />
Basel bis zur Grossh. Hessischen Grenze<br />
unterhalb Mannheim insbesondere der Badische<br />
Antheil an dem Unternehmen mit einem Atlas<br />
enthaltend eine Karte des Rheinlaufes von<br />
Basel bis zur Grossh. Hess. Grenze <strong>und</strong> 9 Tafeln,<br />
Karlsruhe 1885.<br />
IKSR (2001): Rhein 2020 – Programm zur nach-<br />
haltigen Entwicklung des Rheins. (www.iksr.org)<br />
IKSR (2003): Begleitbericht zur Rheinstrukturkarte<br />
des Rheins (www.iksr.org)<br />
IKSR (2005) Machbarkeitsstudie für die Wiederherstellung<br />
der ökologischen Durchgängigkeit<br />
des Oberrheins für die Fischfauna – Abschlussbericht<br />
[Bearb. Büro Stucky] – unveröffentlicht.<br />
NICHTAWITZ, A. & P. GRAFENBERGER, VA TECH<br />
HYDRO (2006): Fish-friendly turbine technology:<br />
107–115; in: DWA-Themenheft: Durchgängigkeit<br />
von Gewässern für die aquatische Fauna.<br />
RP – REGIERUNGSPRÄSIDIUM FREIBURG (2003):<br />
„Raumordnerische Beurteilung Rückhalteraum<br />
Weil-Breisach – Tieferlegung von Vorlandflächen“,<br />
Freiburg, Oktober 2002, 144 S. plus Anhänge.<br />
Tulla, Johann Gottfried (1825): Über die<br />
Rectification des Rheins von seinem Austritt<br />
aus der Schweiz bis zu seinem Eintritt in das<br />
Grossherzogthum Hessen, Karlsruhe 1825.<br />
Dr. Jörg Lange (Limnologe)<br />
regioWASSER e.V.<br />
Walter-Gropius-Strasse 22<br />
79100 Freiburg i./Br.<br />
E-Mail: lange@vauban.de