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06-07/2017

Fritz + Fränzi

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gehend bis zum Ende der obligatorischen<br />

Schulzeit erteilt wird. Zu<br />

den Details des Englischunterrichts<br />

äussert sich das bundesrätliche<br />

Modell nicht. Dafür wären weiterhin<br />

die Kantone zuständig. Viele be ­<br />

fürchten aber ein Referendum gegen<br />

diese vorgesehene Verschärfung des<br />

Sprachengesetzes, was letztlich in<br />

eine eidgenössische Volksabstimmung<br />

münden würde.<br />

Ob die Landessprachen aus einer<br />

solchen Abstimmung gestärkt hervorgehen<br />

würden, ist fraglich. Zu ­<br />

dem besteht die Gefahr, dass die<br />

sprachliche Mehrheit die sprachlichen<br />

Minderheiten überstimmen<br />

würde – mit nachhaltig negativen<br />

Folgen für den nationalen Zusammenhalt,<br />

wie man in anderen mehrsprachigen<br />

Ländern sehen kann, in<br />

denen ein Sprachenstreit tobt.<br />

Es könnte aber auch sein, dass die<br />

Willensnation Schweiz Stärke be ­<br />

weist und den Landessprachen im<br />

Schulunterricht einen prioritären<br />

Platz einräumt. Denn Englisch<br />

kommt heute auf allen Kanälen zu<br />

den Schülerinnen und Schülern: via<br />

Handy, Musik, Games, soziale<br />

Me dien und Videokanäle im Internet.<br />

Bessere Unterrichtsbedingungen<br />

Die Gretchenfrage lautet daher: Wer<br />

hat die besseren Argumente und<br />

kann diese durch Fakten belegen? In<br />

den Parlamentsdebatten und Abstimmungsargumentarien<br />

tobt ein<br />

richtiger Kampf der Studien. Sind<br />

die Schülerinnen und Schüler nun<br />

über- oder unterfordert? Lernt man<br />

Fremdsprachen besser, wenn man<br />

früher damit beginnt, oder doch<br />

effizienter auf der Oberstufe? Welche<br />

Gruppengrösse ist ideal, um auch die<br />

mündlichen Sprech- und Hörkompetenzen<br />

zu schulen, die heute gleich<br />

wichtig sind wie etwa die korrekte<br />

Schreibweise und das Passé simple?<br />

Auf all diese Fragen hat die evidenzgestützte<br />

Bildungsforschung<br />

keine eindeutigen Antworten. Aber<br />

eine Erkenntnis läuft wie ein roter<br />

Faden durch alle Studien und Evaluationen:<br />

Für das schulische<br />

Fremdsprachenlernen gilt nicht<br />

«weniger ist mehr», sondern «mehr<br />

ist mehr». Das heisst, je mehr Lektionen<br />

im Unterricht zur Verfügung<br />

stehen und je mehr Schuljahre dieser<br />

Unterricht dauert, desto besser<br />

sind die Resultate.<br />

Guter Unterricht hat eine positive<br />

Wirkung auf die Lernleistungen der<br />

Schülerinnen und Schüler in den<br />

Fremdsprachen, kurz: Teaching<br />

matters. Daher verlangt der LCH<br />

seit dem Beginn der Fremdsprachendebatte<br />

bessere Unterrichtsbedingungen,<br />

damit möglichst viele<br />

Lernende davon profitieren können.<br />

Dazu gehören mindestens drei<br />

Wochenlektionen, mehr Halbklassenunterricht<br />

und spezielle Förderungen<br />

für sprachschwache Schülerinnen<br />

und Schüler. Mit direkten<br />

Begegnungen und Austauschprojekten<br />

zwischen den Sprachregionen<br />

kann die Motivation zum Erlernen<br />

einer zweiten Landessprache zudem<br />

deutlich verbessert werden.<br />

Wer bezahlt die private<br />

Nachschulung?<br />

Wer früher mit schulpflichtigen Kindern<br />

von einem Kanton in einen<br />

anderen umziehen musste, weiss,<br />

was es bedeutet, Bekanntschaft mit<br />

einem anderen Schulsystem zu<br />

machen und dann auch noch mit<br />

unterschiedlichen Fremdsprachenkonzepten<br />

konfrontiert zu werden.<br />

Was tun, wenn zwei, drei oder gar<br />

vier Jahre Unterricht in einer Fremdoder<br />

Landessprache fehlen? Wer<br />

bezahlt die private Nachschulung?<br />

Und wie schafft mein Kind den be ­<br />

vorstehenden Stufenübertritt trotzdem<br />

noch? Nicht von ungefähr<br />

haben im Mai 20<strong>06</strong> 85 Prozent aller<br />

Stimmenden für den schulischen<br />

Harmonisierungsartikel in der Bundesverfassung<br />

gestimmt. Man hatte<br />

damals den Kantönligeist definitiv<br />

satt.<br />

Die Pflicht der Kantone, die schulischen<br />

Strukturen und die Ziele der<br />

Es ist die Pflicht der<br />

Kantone, die schulischen<br />

Strukturen und die<br />

Ziele der Bildungstufen<br />

zu harmonisieren.<br />

Bildungsstufen zu harmonisieren,<br />

ist seit dieser Abstimmung ein verbindlicher<br />

Auftrag an alle Kantone.<br />

Diese sind auch nicht untätig geblieben:<br />

23 von 26 Kantonen haben das<br />

Fremdsprachenmodell 3/5 der EDK<br />

weitgehend umgesetzt. Nur die Kantone<br />

Aargau, Appenzell-Innerrhoden<br />

und Uri haben noch abweichende<br />

Modelle.<br />

Statt den Rückwärtsgang einzulegen<br />

und die erreichte Harmonisierung<br />

wieder zu zerstören, ist es<br />

daher viel gescheiter, die Koordination<br />

im Fremdsprachenbereich zu<br />

Ende zu führen, aber auch die<br />

Unterrichtsbedingungen endlich zu<br />

verbessern und den Fremdsprachenunterricht<br />

von der Selektion für<br />

die Oberstufe zu entkoppeln. Dann<br />

können möglichst viele Kinder mit<br />

Freude ausrufen: Frühenglisch –<br />

«yes, I can», und Frühfranzösisch<br />

– «mais oui!».<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />

Juni/Juli <strong>2017</strong>49

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