Wandern und Genießen 2017
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Weit her geholt? –<br />
Jürgen Seibold<br />
Anton Maurus –<br />
der echte Allgäu-Krimi<br />
Dieser Fall ist wirklich passiert – <strong>und</strong> in<br />
»Meuchelmord im Kemptener Wald« sehr<br />
spannend erzählt: Am 9. Oktober 1872 wird<br />
der Söldner Anton Maurus umgebracht. Es<br />
war ein fast perfektes Verbrechen, fast perfekt,<br />
weil die Bluttat in den 1920er-Jahren<br />
vom Kemptener Kriminalbeamten Xaver<br />
Gschwend noch einmal aufgerollt wird. Wie<br />
Gschwend das macht, ist auch knapp 100<br />
Jahre nach der Ermittlungsarbeit noch sehr<br />
spannend <strong>und</strong> aktuell, was auch daran liegt,<br />
dass Autor Maurus genau recherchiert, sich<br />
um die Hintergr<strong>und</strong>informationen bemüht<br />
<strong>und</strong> sowohl Zeitgeist als auch das Allgäu<br />
sehr gut beschreibt. Hier wird Kriminalgeschichte<br />
wirklich lebendig. Maurus musste<br />
halt einfach nicht etwas konstruieren, er<br />
brauchte nur den Zufall. Denn er stieß auf<br />
den Mord, weil das Opfer auf denselben<br />
nicht sehr geläufigen Namen hörte. Dieses<br />
sehr spezielle Buch ist nicht nur für Leser<br />
der Zeitschri »stern crime« interessant.<br />
Als Taschenbuch bei der Edition Allgäu<br />
erschienen<br />
Spannung: <br />
Unterhaltung: <br />
Plausibilität: <br />
Eine Frau kriegt es<br />
auf die Reihen – Nicola Förg<br />
Nicola Förg wurde in Kempten geboren <strong>und</strong><br />
lebt in Oberstaufen. Deshalb würde es nicht<br />
w<strong>und</strong>ern, wenn die Autorin mit dem Hang<br />
zu Krimis ihre Fälle im Allgäu ansiedeln<br />
würde. Die meisten von Förgs Bücher, etwa<br />
die Reihe um die Kommissarin Mangold<br />
oder die um den Kommissar Weinzierl spielen<br />
in Oberbayern. Der Herr Weinzierl begann<br />
seine literarisch blutgetränkte Arbeit<br />
aber tatsächlich im Allgäu – die ersten drei<br />
Fälle »Schussfahrt«, »Funkensonntag« <strong>und</strong><br />
»Kuhhandel« spielen hier. In »Kuhhandel«<br />
findet der Ermittler, der mit Vornamen Gerhard<br />
heißt, eine Bekannte tot vor der Burgruine<br />
Eisenberg bei Pfronten. Dass sich die<br />
Tierärztin umgebracht hat, glaubt er nicht –<br />
<strong>und</strong> der Leser weiß auch, dass das nicht sein<br />
kann. Denn der arg konstruierte Fall wäre ja<br />
an dieser Stelle schon zu Ende. Auch das<br />
»Funkenfeuer« von Eckarts spielt bei Nicola<br />
Förg eine Hauptrolle, weil dort eine Leiche<br />
aus der Glut gezogen wird. Dass zufällig die<br />
Presse dabei ist, verw<strong>und</strong>ert nicht, die wollte<br />
ja vom Funkenfeuer lokal berichten. Das Regionalkolorit<br />
bekommt Nicola Förg wirklich<br />
gut hin, das Allgäu »lebt« in ihren Büchern.<br />
Auch die Dialoge von Weinzierl <strong>und</strong> seiner<br />
Kollegin Kennerknecht sind witzig <strong>und</strong> inspiriert.<br />
Aber beim Auau der Fälle merkt<br />
man, dass Förg »am Fließband« schreibt.<br />
Die drei Allgäu-Bände sind bei Goldmann<br />
als Taschenbuch erschienen <strong>und</strong><br />
auch für E-Reader erhältlich<br />
Spannung: <br />
Unterhaltung: <br />
Plausibilität: <br />
Foto <strong>und</strong> Cover: Random House, Piper Verlag, Emons Verlag, Edition Allgäu<br />
Zunächst einmal: Jürgen Seibold ist Stuttgarter<br />
<strong>und</strong> lebt auch nicht im Allgäu. Das muss<br />
nicht unbedingt ein Manko sein, aber es<br />
düre die Recherche <strong>und</strong> das Einfühlen in<br />
Land <strong>und</strong> Leute doch etwas erschwert<br />
haben. Deshalb ist es auch kein W<strong>und</strong>er,<br />
dass der – wie Kluinger – von Kempten aus<br />
agierende Kommissar Hansen heißt, aus<br />
Niedersachsen stammt <strong>und</strong> in Füssen lebt.<br />
Seibold, der mit Musikbüchern unter anderem<br />
über Rod Stewart <strong>und</strong> Prince begann,<br />
ist sehr routiniert, aber eben weit weg vom<br />
Allgäu. Sprich: Seine Fälle könnten sonst wo<br />
spielen. Bislang sind vier Romane um den<br />
Ermittler Hansen erschienen. Diese heißen<br />
»Rosskur«, »Gnadenhof«, »Landpartie« <strong>und</strong><br />
»Pferdefuß«. Die Crux der Fälle, wie etwa<br />
dem um den nicht sehr authentisch beschriebenen<br />
Ex-Bauern <strong>und</strong> Einzelgänger<br />
Manfred Garzinger aus Obergassen ist nicht<br />
nur, dass es das vom Autor in die Nähe von<br />
Sulzberg in die Landscha gesetzte Örtchen<br />
im Allgäu gar nicht gibt. Auch die Beschreibungen<br />
der Charaktere bleiben sehr vage.<br />
Die Menschen sind einfach austauschbar.<br />
Wahrscheinlich hat der Piper Verlag nach<br />
dem Verlust seiner Starautoren Klüpfel/Kobr<br />
einfach Ersatz gesucht – aber bei der Fahndung<br />
das Allgäu außen vorgelassen.<br />
Alle vier Bände sind bei Piper als Taschenbuch<br />
erschienen <strong>und</strong> auch für E-Reader<br />
verfügbar<br />
Spannung: <br />
Unterhaltung: <br />
Plausibilität: <br />
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