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2016-02 KulturFenster Nr.1 - Februar 2016

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Chorwesen<br />

Giovanni Pierluigi da Palestrina -<br />

ist er auch heute noch „Retter der<br />

Kirchenmusik“?<br />

als Vorbild für die mehrstimmige kirchliche<br />

Vokalmusik bezeichnet hatte. Auf Initiative<br />

des Chorallehrers am Regensburger Priesterseminar<br />

Franz Xaver Witt (1834-1888)<br />

erfolgte 1868 die Gründung des "Allgemeinen<br />

Deutschen Cäcilien-Vereins" und der<br />

Kirchenmusikzeitschrift "Musica sacra" als<br />

Fachorgan für die katholische Kirchenmusik.<br />

Die Patronin der Kirchenmusik "Cäcilia"<br />

wurde in der Namensgebung des ACV<br />

einbezogen, wie dies im 19. Jahrhundert<br />

bei vielen Chorvereinen gebräuchlich war.<br />

Erhaltung einer reinen<br />

Kirchenmusik<br />

Aus Anlass des I. Vatikanischen Konzils<br />

trugen im Jahre 1870 29 Bischöfe<br />

aus deutschsprachigen Ländern, an ihrer<br />

Spitze die Kardinäle von Wien und Prag,<br />

Papst Pius IX. die Bitte vor, dem Verein die<br />

päpstliche Approbation zu erteilen, damit<br />

"durch eine solche Gunstbezeugung vonseiten<br />

des Heiligen Stuhles beigetragen<br />

wird, den guten kirchlichen Geist . . . zu<br />

erhalten und jene Missbräuche, welche<br />

während der letzten Jahrhunderte sich<br />

nur allzusehr in die Kirchenmusik eingeschlichen<br />

und gegen welche Ew. Heiligkeit<br />

wiederholt die Stimme erhoben haben,<br />

ihr Ende finden".<br />

Der Papst entsprach dieser Bitte und begründete<br />

den "Allgemeinen Cäcilien-Verband<br />

für die Länder der deutschen Sprache",<br />

der direkt dem Hl. Stuhl unterstellt<br />

war. 1991 wurde der Verband in drei selbständige<br />

Landesverbände Deutschland,<br />

Österreich und Schweiz aufgeteilt. Sie arbeiten<br />

in der „Ständigen Konferenz der<br />

Allgemeinen Cäcilienverbände der Länder<br />

deutscher Sprache" zusammen.<br />

Sie bleiben, auch wenn sich die Zeiten<br />

geändert haben, dem Geist der Gründerväter<br />

treu: Seit dem Zweiten Vatikanischen<br />

Konzil werden die Kirchenchöre in die Liturgie<br />

zur Verkündung der frohen Botschaft<br />

integriert. In seiner Zielsetzung und Aufgabenstellung<br />

kann der ACV also nach wie<br />

vor das Motto seines Gründers F. X. Witt<br />

gelten lassen: "Wir wollen nichts anderes<br />

als die praktische Durchführung dessen<br />

befördern, was die Kirche über die Musik<br />

angeordnet hat".<br />

Aus Anlass der Hundertjahrfeier des Allgemeinen<br />

Cäcilienverbandes für die Länder<br />

der deutschen Sprache im Jahr 1968<br />

hat das Präsidium des ACV die Palestrina-<br />

Medaille gestiftet, welche allen Kirchenchören<br />

verliehen werden kann, die eine kirchenmusikalische<br />

Tätigkeit von mindestens<br />

einhundert Jahren nachweisen können.<br />

Warum wurde die Medaille nach<br />

Palestrina benannt?<br />

Der auch „Retter der Kirchenmusik“<br />

genannte Komponist Giovanni Pierluigi da<br />

Palestrina setzte zur Zeit des Konzils von<br />

Trient (1545–1563) in seinen Werken den<br />

mehrstimmigen Kirchengesang mit Ruhe<br />

und verständlichen Texten um. Dies führte<br />

zur Zustimmung der Konzilsväter zur Einbeziehung<br />

der Kirchenchöre in den Messeverlauf.<br />

Damit entspricht Palestrinas Verdienst<br />

auch dem Geist der heutigen Liturgie:<br />

Chorgesang in der Kirche soll nicht nur ein<br />

„Beiwerk“ sein, sondern Teil der Liturgie.<br />

„Fürst der Musik“<br />

Giovanni Pierluigi da Palestrina, der<br />

„Fürst der Musik“, wie es auf seinem Grab<br />

steht, wurde wahrscheinlich um 1525 im<br />

italienischen Palestrina bei Rom geboren.<br />

1544 wurde er zum Organisten und Kapell-<br />

meister der Kathedrale seiner Heimatstadt<br />

ernannt. Bis 1551 dort tätig, wurde er anschließend<br />

Kapellmeister an der Cappelle<br />

Giula und später päpstlicher Sänger an der<br />

Cappella Sistina. Der Komponist erfreute<br />

sich der besonderen Gunst von Papst Julius<br />

III. Da aber dessen Nachfolger Paul IV.<br />

Anstoß daran nahm, dass Palestrina nicht<br />

dem geistlichen Stand angehörte und sogar<br />

verheiratet war, musste er seinen Posten<br />

verlassen und wurde Kapellmeister<br />

an Santa Maria Maggiore. In diese Zeit fallen<br />

seine achtstimmig für zwei Chöre geschriebenen<br />

Improprerien, die 1560 am<br />

Karfreitag zum ersten Mal aufgeführt wurden<br />

und einen so tiefen Eindruck machten,<br />

dass Papst Pius IV. eine Abschrift davon<br />

für die päpstliche Kapelle verlangte.<br />

Mit diesen Werken begann Palestrina,<br />

der sich bis dahin streng an die älteren<br />

Meister angeschlossen hatte, seinen eigenen<br />

Weg zu gehen. Seine Berufung als<br />

Reformator auf dem Gebiet der Kirchenmusik<br />

kündigte sich jetzt so deutlich an,<br />

dass das Konzil von Trient ihn von allen<br />

lebenden Komponisten für den fähigsten<br />

hielt, die Frage zu lösen, ob die polyphone<br />

Musik der kirchlichen Erbauung förderlich<br />

oder nachteilig und in letzterem Fall aus<br />

der Kirche zu verbannen sei. Palestrina<br />

schuf so die katholische Kirchenmusik<br />

im Sinne der Gegenreformation zum Lutherischen<br />

Volksgesang. Mit kunstvollster<br />

Stimmenverflechtung vereinte Palestrina<br />

Deutlichkeit der Melodie und Verständlichkeit<br />

der Textworte. 1571 wurde Palestrina<br />

zum Komponisten der päpstlichen Kapelle<br />

und später zum Kapellmeister der Peterskirche<br />

ernannt. Palestrina schuf mehr als<br />

950 Werke, darunter Motetten, Messen,<br />

Hymnen, Offertorien, Lamentatorien, Litaneien,<br />

Madrigale und Kanzonen. Der Komponist<br />

starb am 2. <strong>Februar</strong> 1594 in Rom<br />

und wurde in der Peterskirche begraben.<br />

Der Dirigent Bruno Walter sagte von Palestrina:<br />

„Sein Werk hat alle Merkmale des<br />

Unvergänglichen.“ So ist dieser Komponist,<br />

auch wenn er der Gegenreformation diente,<br />

gerade deshalb ein großer Neuerer gewesen<br />

und zugleich über alle zeitbedingten<br />

Moden erhaben. Auch deshalb trägt die<br />

Medaille wohl seinen Namen. Sie ist daher<br />

ein Ansporn für alle Chöre, jenseits von Äußerlichkeiten<br />

und Moden die Tiefe und Spiritualität<br />

der großen Kirchenmusik zu suchen,<br />

und ihre Verleihung bedeutet Stolz<br />

und Freude über eine Kirchenmusik, die<br />

sich nicht nur als „Umrahmung“ sieht.<br />

Nr. 01 | <strong>Februar</strong> <strong>2016</strong> 5

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