Einsatz von Statinen in der Primärprävention - DIMDI
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Der <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> <strong>Stat<strong>in</strong>en</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Primärprävention</strong><br />
3.7 Zusammenfassende Diskussion aller Ergebnisse<br />
Stat<strong>in</strong>e haben sich unter Versuchsbed<strong>in</strong>gungen als ausgesprochen nützliche Medikamente sowohl <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> Primär- als auch <strong>der</strong> Sekundärprävention <strong>von</strong> KHK erwiesen. Der erfolgreiche <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong><br />
<strong>Stat<strong>in</strong>en</strong>, im S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Realisierung <strong>der</strong> <strong>in</strong> den Studien aufgezeigten Präventionspotentiale, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Primärprävention</strong> <strong>von</strong> KHK ist aber nur dann gegeben, wenn <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis die gleiche Compliance<br />
angestrebt und erreicht wird, die <strong>in</strong> den randomisierten und kontrollierten Studien besteht. Compliance<br />
(„Leitl<strong>in</strong>ien- und Therapietreue“ <strong>von</strong> Seiten <strong>der</strong> Ärzte wie auch <strong>der</strong> Patienten) ist e<strong>in</strong>e unabd<strong>in</strong>gbare<br />
Voraussetzung für das Gel<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>er primärpräventiven Intervention.<br />
Es fehlen aktuelle Studien mit relevanten Alternativen zur Stat<strong>in</strong>therapie, etwa Berechnungen <strong>von</strong><br />
Kosten pro LYG aufgrund e<strong>in</strong>er medikamentösen Therapie verglichen mit e<strong>in</strong>er Therapie, die<br />
Beratung / Aufklärung und Ernährungsumstellung be<strong>in</strong>haltet. Die analysierten Studien liefern nicht<br />
ausreichend Informations- und Datengrundlagen, um ihre Ergebnisse verallgeme<strong>in</strong>ern zu können. Um<br />
die Kostenwirksamkeit des Stat<strong>in</strong>e<strong>in</strong>satzes <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Primärprävention</strong> für Deutschland genau abschätzen<br />
zu können, wäre e<strong>in</strong> eigenes ökonomisches Modell unter Zugrundelegung <strong>der</strong> aktuellen Preise <strong>der</strong><br />
Stat<strong>in</strong>e und validen epidemiologischen und ökonomischen Daten s<strong>in</strong>nvoll.<br />
Insgesamt rücken drei Punkte zur ethischen Betrachtung <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>grund: Für welche Patientengruppen<br />
sollen Stat<strong>in</strong>e empfohlen werden? Wie weit stehen Ärzte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entscheidungsdilemma<br />
zwischen dem „Wohl <strong>der</strong> Patienten“ und <strong>der</strong> „Kostenm<strong>in</strong>imierung“? Muss mangelnde Compliance als<br />
systemimmanent h<strong>in</strong>genommen werden? Patienten, die erblich bed<strong>in</strong>gt ke<strong>in</strong>e Risikofaktoren für<br />
kardiovaskuläre Erkrankungen mitbr<strong>in</strong>gen, könnten durch entsprechende Lebens- und Verhaltensweisen<br />
auf lipidsenkende Medikation verzichten. Die Bee<strong>in</strong>flussung <strong>von</strong> Fettleibigkeit und Bewegungsmangel<br />
stellt gegenüber e<strong>in</strong>er Stat<strong>in</strong>therapie e<strong>in</strong>e deutlich kostengünstigere Prävention bzw. Therapie<br />
<strong>der</strong> „Hochrisikofaktoren“ metabolisches Syndrom und DM dar. S<strong>in</strong>d Stat<strong>in</strong>e daher Lebensstilmedikamente?<br />
Berücksichtigt man, dass alle genannten Risikofaktoren gehäuft <strong>in</strong> sozial benachteiligten<br />
Schichten auftreten und Verhaltensmodifikationen <strong>in</strong> den seltensten Fällen nachhaltige<br />
Erfolge zeitigen, erhält die Frage <strong>der</strong> Patientenauswahl für die Stat<strong>in</strong>therapie e<strong>in</strong>e gesellschaftspolitische<br />
Dimension.<br />
Die Kostennutzenabwägung e<strong>in</strong>er Stat<strong>in</strong>therapie obliegt nach wie vor dem verschreibenden Arzt, <strong>der</strong><br />
im Spannungsfeld <strong>von</strong> ökonomischen Zwängen und hippokratischem Eid agieren muss.<br />
<strong>Primärprävention</strong>spatienten <strong>in</strong> Stat<strong>in</strong>behandlung bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Langzeittherapie. Hier gilt es<br />
zu überlegen, ob e<strong>in</strong>er verhältnismäßig „gesunden“ Person e<strong>in</strong>e medikamentöse Langzeittherapie<br />
zugemutet werden soll (auch mit H<strong>in</strong>blick auf das Risiko unerwünschter Nebenwirkungen) bzw. wie<br />
sehr diese Therapie vom Patienten akzeptiert wird. Compliance ist gleichwohl e<strong>in</strong> Problem <strong>von</strong><br />
Menschen, die ständig Medikamente e<strong>in</strong>nehmen und solchen, die ihre Ess- und Bewegungsmuster<br />
langfristig än<strong>der</strong>n müssen.<br />
Folgeerkrankungen <strong>der</strong> Atherosklerose aufgrund niedriger Compliance können zu hohen Kosten<br />
führen und zu e<strong>in</strong>em <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> <strong>Stat<strong>in</strong>en</strong> als sekundärpräventive Maßnahme.<br />
3.8 Schlussfolgerungen<br />
Da die positiven Effekte auf KHK als bewiesen gelten, ist nach heutigem Erkenntnisstand e<strong>in</strong>e den<br />
Leitl<strong>in</strong>ien entsprechende Anwendung <strong>von</strong> <strong>Stat<strong>in</strong>en</strong> zur spezifischen KHK-<strong>Primärprävention</strong> zu<br />
empfehlen.<br />
Die <strong>Primärprävention</strong> <strong>von</strong> Schlaganfall mithilfe <strong>von</strong> <strong>Stat<strong>in</strong>en</strong> ist aktuell nicht ableitbar. Ebenso wenig<br />
ist e<strong>in</strong>e Empfehlung für die Stat<strong>in</strong>therapie <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Primärprävention</strong> <strong>der</strong> Alzheimer-Demenz und <strong>der</strong><br />
Osteoporose möglich.<br />
Von Bedeutung ist die Compliance aller beteiligten Akteure im Gesundheitswesen. Um „wilde“<br />
Verschreibungspraktiken zu m<strong>in</strong>imieren und den <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> <strong>Stat<strong>in</strong>en</strong> weitestgehend erfolgreich zu<br />
gestalten, muss e<strong>in</strong> systematischer Zugang gewählt werden. Dabei ist beson<strong>der</strong>s wichtig, dass die<br />
„richtige“ (Risiko)Person auch die adäquate Medikation / Therapie bekommt.<br />
Aus ökonomischer Sicht zeigen die publizierten Kosteneffektivitätsanalysen e<strong>in</strong> heterogenes Bild. Die<br />
starke Bandbreite an unterschiedlichen Annahmen und methodischen Ansätzen und nationale<br />
Beson<strong>der</strong>heiten schränken die Vergleichbarkeit sehr e<strong>in</strong>. Zur genauen Abschätzung des Kostenwirksamkeitsverhältnisses<br />
beim <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>von</strong> <strong>Stat<strong>in</strong>en</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Primärprävention</strong> <strong>in</strong> Deutschland wäre<br />
e<strong>in</strong>e Modellrechnung unter Berücksichtigung <strong>der</strong> relevanten Parameter s<strong>in</strong>nvoll. Aus ökonomischer<br />
Sicht sche<strong>in</strong>t jedenfalls e<strong>in</strong>e Überprüfung des zielgerichteten <strong>E<strong>in</strong>satz</strong>es <strong>von</strong> <strong>Stat<strong>in</strong>en</strong> vor e<strong>in</strong>er<br />
Ausweitung des Bezieherkreises vorrangig zu se<strong>in</strong>.<br />
DAHTA@<strong>DIMDI</strong> 6