Industrielle Automation 4/2017
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SZENE I INTERVIEW<br />
Networking und Interaktion<br />
re:work <strong>2017</strong> – Smart Requirements Engineering in Berlin, der Networking-Hub des Jahres<br />
Das sogenannte Anforderungsmanagement (Requirements Engineering)<br />
ist heute integraler Bestandteil in der Produktentwicklung und im<br />
Produktentwicklungszyklus. Nur wer die Anforderungen kennt, kann<br />
Kundenbedürfnisse effektiv und nachhaltig erfüllen. Der Kongress<br />
re:work stellt genau das in den Mittelpunkt und gibt die Möglichkeit,<br />
sich mit führenden Experten auszutauschen.<br />
Im Vorfeld zur Veranstaltung re:work <strong>2017</strong> –<br />
Smart Requirements Engineering, die vom<br />
28. bis 29. September <strong>2017</strong> in Berlin stattfindet,<br />
hat sich we.Conect mit Katrin Grothues,<br />
Senior Product Owner Connected Drive von<br />
BMW Group zu einem Interview getroffen.<br />
Katrin Grothues arbeitet seit fünf Jahren als<br />
Product Owner in agilen Entwicklungsteams.<br />
Bei AutoScout24 hat sie Entwicklungsmethoden<br />
kennen und lieben gelernt. Nach<br />
einem Zwischenstopp bei HolidayCheck<br />
widmet sie sich nun bei BMW der Entwicklung<br />
von Digitalen Services im Auto. Getrieben<br />
wird sie vor allem von der Frage wie es<br />
gelingt, den theoretischen Discover-Build-<br />
Measure-Learn-Ansatz auch außerhalb der<br />
idealen Welt eines Start-ups in einem etablierten<br />
und großen Unternehmen zu leben.<br />
Vor welchen Herausforderungen stehen<br />
Unternehmen beim Anforderungsmanagement<br />
im Bereich physischer Produkte?<br />
Aus meiner Sicht besteht die größte<br />
Herausforderung in der langen Vorlaufzeit.<br />
Physische Produkte zu erstellen hat<br />
längere Planungszyklen, als digitale. Das<br />
erfordert eine Anforderungssammlung<br />
schon teilweise mehrere Jahre vor „Go<br />
Live“ vor Kunde und stellt damit Produktmanager<br />
vor die Herausforderung jetzt<br />
schon wissen zu müssen, was Kunden in<br />
mehreren Jahren benötigen. Das ist vor<br />
allem deshalb eine Herausforderung, da<br />
sich die Kundenbedürfnisse und Marktgegebenheiten<br />
viel schneller entwickeln<br />
als noch vor einigen Jahren.<br />
Wie kann die Integration von Anforderungen<br />
in Produktentwicklungsprozesse<br />
gelingen? Welche Voraussetzungen sind<br />
hierfür notwendig?<br />
Natürlich benötigt man Tools, um Anforderungsaufnahme<br />
und –management<br />
halbwegs geordnet und vor allem transparent<br />
abzuwickeln. Hier gibt es genug<br />
Lösungen am Markt – z. B. die Produkte<br />
von Atlassian. Entscheidend sind jedoch<br />
nicht die Tools, sondern das Mindset der<br />
Mitarbeiter und die Flexibilität der<br />
Organisation. Es braucht viel Offenheit<br />
für neue Methoden der Problem- und<br />
Lösungs validierung, die aus meiner Sicht<br />
zwingend notwendig sind, um Anforderungen<br />
kundenzentriert formulieren<br />
zu können. Und die Organisation muss<br />
lernen, mit Unsicherheit und Veränderung<br />
umgehen zu können.<br />
Wo liegen Ihrer Meinung nach die größten<br />
Unterschiede zwischen den Methoden<br />
des Requirements Engineering in der<br />
Softwareentwicklung sowie in der<br />
Entwicklung von physischen Produkten?<br />
Aus meiner Sicht sind es Vorlaufzeit und<br />
Flexibilität nach „Go Live“. Vorlaufzeit bei<br />
physischen Produkten muss länger sein,<br />
da es einfach länger dauert, Hardware<br />
herzustellen oder einzukaufen, als<br />
Codezeilen zu schreiben. Auch in der<br />
Phase der Discovery kann ich schneller<br />
Softwareprototypen bauen, als<br />
Hardwareprototypen (auch wenn es<br />
heutzutage mit 3-D Druck auch schon<br />
schneller geht).<br />
Dann die Flexibilität nach „Go Live“:<br />
Software verteile ich in der Regel über das<br />
Netz – sowohl B2C Produkte (Software,<br />
Web-Anwendungen, Apps) als auch B2B<br />
(die meisten B2B Anwendungen sind<br />
heute Standard, die meist als SaaS<br />
angeboten und dann auch zentral in der<br />
Cloud gehostet werden) Produkte. Somit<br />
kann ich leicht auf Kundenfeedback<br />
reagieren und Anpassungen an der<br />
Software machen.<br />
Das fällt bei Hardware schwerer: zum<br />
einen erfolgt die Distribution oft über die<br />
kleinteilige Vertriebsorganisation, zum<br />
anderen bekomme ich zu Hardware nur<br />
schlechter Feedback von Kunden und<br />
zum letzten kann ich Anpassungen an<br />
den schon ausgelieferten Produkten nicht<br />
einfach über ein Softwareupdate machen.<br />
Entweder rufe ich Produkte zurück oder<br />
ich statte die nächste Serie mit den<br />
angepassten Features aus. Dann haben<br />
aber die Kunden mit Serie 1 nichts mehr<br />
von den Verbesserungen.<br />
10 INDUSTRIELLE AUTOMATION 4/<strong>2017</strong>