Year Book

Lernen an anderen Orten
Lernen in Küchen, Tälern und Wüsten
Man kann überall lernen. Man kann mit allen Sinnen lernen. Jeder weiß das und jeder Lehrer weiß zudem: nur
10% lernt ein Schüler beim Lesen, 20% lernt er, wenn er etwas hört, 50%, wenn er gleichzeitig etwas sieht und
hört, 70% wenn er einen Text schreibt, 90% wenn er im Austausch mit anderen etwas organisiert und dabei neue
Erfahrungen in neuen Situationen macht.
Doch halten wir uns meist acht Stunden täglich im altvertrauten Klassenzimmer auf und sind oft mit sich wiederholenden,
wenn auch möglichst vielfältigen Aufgaben befasst. Meist. Aber eben nicht immer. Die Schüler der 10d
haben in den letzten zwei Semestern die Routine des Schulalltages mehrfach auf eigene Initiative verlassen.
In der Küche
Die Küche des Community Colleges bot den Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, eine gemeinsame Mahlzeit
selbst zuzubereiten. Nach Entscheidung der Schüler sollte es zuerst Musakhan und anschließend russische
Blini geben. In Zweier-Teams wurden Zutaten gewogen, gewaschen, geschnitten, gewürzt, mariniert, gekocht,
gebraten. Geduldig und mit vielen Tipps und Tricks stand ihnen der Koch zur Seite. Alle Zutaten brauchten deutsche
Namen, auch die Absprachen sollten auf Deutsch erfolgen. Natürlich gab es zeitweise Chaos, Teams gerieten
in Konkurrenz, einiges roch unerhört gut, anderes unglaublich seltsam, manche Hühnchen waren angebrannt,
die Blini wurden direkt aus der Pfanne gegessen, sodass die Esskultur zu kurz kam. Ein kurzes Video im Format
einer Koch-Show entstand spontan. Am Ende gab es leckeres, selbstgekochtes Essen für zu Hause mit, denn die
Müdigkeit und das Aufräumen machten ein gemeinsames Essen in der Schulzeit unmöglich. Was wurde - vielleicht
- gelernt?
Kochen braucht handwerkliches Geschick, Kenntnisse über die Zutaten, Zeit und Koordination. Es schmeckt gut
und man ist stolz, wenn man alles selbst gemacht hat. Schließlich weiß man es auch neu zu schätzen, wenn andere
Menschen (oft Mütter!) für einen kochen und sich all die Mühe machen.
Einige Zeit später haben die Schüler als Hausaufgabe dann einen deutschen Dr. Oetker-Vanille-Pudding gekocht.
Eine Dokumentation durch Text und Fotos zeigte ganz unterschiedliche Ergebnisse: Obwohl - angeblich - alle
Schüler dasselbe Rezept auf der Packung angewendet hatten, sah genau genommen nur ein Pudding so ähnlich
wie der auf der Packung aus. Ein Schüler hat dabei das Kochen von Süßspeisen für sich entdeckt und versorgt die
10 D nun regelmäßig mit leckerem Nachtisch.
Im Tal
Das Vorhaben, die Natur im Spätsommer zu genießen, und deshalb nach Battir zu wandern, dort zu grillen und
zurückzuwandern, schien als Idee schon sehr ambitioniert. Die Organisation von Ausrüstung (Sonnenschutz, Wasser),
Proviant (Fleisch, Saucen, Salat, Brot, Süßigkeiten) und Grillgerät waren am Tag der Unternehmung nicht
vollständig abgeschlossen, dennoch brachen wir auf. Es gab auf dem Weg eine Menge zu entdecken (wo genau
ist der Weg, Greifvögel, Insekten, Blumen, Stechgewächse), Felsen und Höhlen zu erklimmen und natürlich die
Hitze auszuhalten, sodass nach halbem Weg und einiger Diskussion eine Planänderung beschlossen wurde. Wir
kehrten nach Al Makhrour zurück, ohne Battir erreicht zu haben. Unter Olivenbäumen wurden routiniert Fleischbällchen
bereitet, der Grill angezündet und zu Klängen aus dem Smartphone traditionell getanzt.
Wir können rückblickend vielleicht sagen, dass es in der Natur überraschend viel zu tun und zu sehen gibt, sodass
man eventuell seinen Plan ändern und diskutieren muss. Das darf einem nichts ausmachen. Uns hat dies nichts
ausgemacht.
In der Wüste
Zwei Tage in der Wüste zu wandern, den Sonnenuntergang und Sonnenaufgang über dem Toten Meer zu erleben
und in der Beduinen-Unterkunft von Abu Ismail zu übernachten, waren sicherlich
besondere Erlebnisse außerhalb des Lehrplanes; die Wüste mit ihrer Stille, Dunkelheit
2017
18
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