Medical Tribune 37/2017
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<strong>Medical</strong> <strong>Tribune</strong> j Nr. <strong>37</strong> j 13. September <strong>2017</strong><br />
9<br />
▶ HERZ-KREISLAUF<br />
■ MELDUNGEN<br />
pAVK: Marker<br />
verrät Herzrisiko<br />
Der Rezeptor EMMPRIN könnte bei<br />
pAVK-Patienten Informationen über<br />
das Herzinfarktrisiko liefern. Das zeigt<br />
eine am ESC präsentierte Studie einer<br />
Arbeitsgruppe der MedUni Wien. Laut<br />
Studien-Erstautor Bernhard Zierfuss<br />
könnten erhöhte EMMPRIN-Werte als<br />
Marker für die generelle atherosklerotische<br />
Last oder auch als Indikator für<br />
instabile Gefäßablagerungen interpretiert<br />
werden.<br />
DGK/RED<br />
Kaffee schützt<br />
über 45-Jährige<br />
Aus einer spanischen Langzeitstudie<br />
geht hervor, dass es sich lohnt, ab<br />
dem 45. Geburtstag den Kaffeekonsum<br />
zu erhöhen. Wer vier oder mehr<br />
Tassen am Tag trank, hatte ein um 30<br />
Prozent geringeres Risiko, während<br />
des Studienzeitraumes von zehn Jahren<br />
zu versterben.<br />
DGK/RED<br />
FOTO: WIKIMEDIA / MME MIM<br />
So präsentiert sich eine hochgradige Stenose der Arteria carotis interna im farbcodierten Doppler-Ultraschall.<br />
Karotisstenose nicht immer weiten<br />
ESC ■ Die druckfrische ESC-Leitlinie zu peripheren arteriellen Erkrankungen geht ausführlich auf antithrombotische<br />
Medikation ein und bringt eine Abkehr von der pauschalen Empfehlung zur Revaskularisierung bei Karotisstenose.<br />
RENO BARTH<br />
Erstmals hat die Europäische Kardiologengesellschaft<br />
ESC ihre Empfehlungen<br />
zum Management peripherer arterieller<br />
Erkrankungen gemeinsam mit<br />
den Gefäßchirurgen der European Society<br />
for Vascular Surgery (ESVS) erstellt.<br />
Eine wichtige Neuerung liegt bereits im<br />
Titel. Aus der Leitlinie zur „Peripheral<br />
Artery Disease“ sind „Guidelines on the<br />
Diagnosis and Treatment of Peripheral<br />
Arterial Diseases“ geworden.<br />
PAD umfasst mehr<br />
als nur die pAVK<br />
„Das bedeutet, dass wir uns auf alle<br />
Arterien mit Ausnahme der Koronarien<br />
beziehen“, erläutert Univ.-Prof.<br />
Dr. Petr Widimsky von der Karlsuniversität<br />
Prag. Dementsprechend werden<br />
in der Leitlinie auch Empfehlungen<br />
beispielsweise zur Karotis oder<br />
den Nierenarterien separat aufgelistet.<br />
Insgesamt schätzt man die Zahl<br />
der von diesen Erkrankungen Betroffenen<br />
allein in Europa auf mehr als 40<br />
Millionen. Die periphere arterielle Verschlusskrankheit<br />
pAVK (also PAD der<br />
unteren Extremitäten) ist ein Teil dieser<br />
Gruppe von Erkrankungen.<br />
Als generelle Maßnahmen bei allen<br />
Formen von PAD empfiehlt die Leitlinie<br />
den Nikotin-Stopp, gesunde Ernährung<br />
und Bewegung sowie medikamentöse<br />
Lipidsenkung mit Statinen<br />
mit einem LDL-Ziel von weniger als<br />
70 mg/dL. Bei Diabetikern wird strikte<br />
glykämische Kontrolle empfohlen, der<br />
Blutdruck sollte bei allen Betroffenen<br />
unter 140/90 mm Hg gehalten werden.<br />
Bei Patienten mit PAD und Hypertonie<br />
sind ACE-Inhibitoren oder<br />
Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten<br />
die Antihypertensiva der Wahl. Widimsky:<br />
„Das betrifft die große Mehrheit<br />
der PAD-Patienten.“<br />
„Die Studiendaten,<br />
die Vorteile durch die<br />
Revaskularisierung<br />
zeigen, stammen aus<br />
den 90er Jahren.“<br />
Prof. Dr. Victor Aboyans<br />
Erstmals enthält die Leitlinie ein eigenes<br />
Kapitel zum Thema antithrombotische<br />
Medikation. Hier werden detaillierte<br />
Empfehlungen für jeden potenziell<br />
betroffenen Körperteil und<br />
die einsetzbaren Plättcheninhibitoren<br />
und Antikoagulanzien gegeben.<br />
So hält die Guideline fest, dass antithrombotische<br />
Therapie für alle Patienten<br />
mit Karotisstenose indiziert<br />
ist – und zwar unabhängig von klinischen<br />
Symptomen oder einer möglichen<br />
Revaskularisierung.<br />
Nach einer Intervention an der Karotis<br />
sollte für mindestens ein Monat<br />
duale Anti-Plättchen-Therapie gegeben<br />
werden. Bei Patienten mit arterieller<br />
Erkrankung der unteren Extremitäten<br />
ist eine einfache antithrombotische<br />
Therapie indiziert, wenn die Patienten<br />
symptomatisch sind oder sich<br />
einer Revaskularisierung unterziehen.<br />
Substanz der Wahl ist Clopidogrel.<br />
Dauerhafte Antikoagulation wird<br />
nur für Patienten empfohlen, bei denen<br />
aus anderen Gründen Indikation<br />
besteht. Eine Kombination mit einfacher<br />
antithrombotischer Therapie ist<br />
möglich und kann nach einer Revaskularisierung<br />
sinnvoll sein. Antithrombotische<br />
Therapie ist Teil des Managements<br />
des symptomatischen PAD.<br />
Wenn zur PAD noch eine<br />
Herzerkrankung kommt<br />
Ebenfalls neu ist ein Kapitel zum Management<br />
kardialer Erkrankungen<br />
bei Patienten mit PAD. Dies sind neben<br />
der koronaren Herzkrankheit beispielsweise<br />
Herzinsuffizienz, Vorhofflimmern<br />
und Klappenerkrankungen.<br />
„Patienten mit peripheren arteriellen<br />
Erkrankungen leiden häufig auch unter<br />
Herzkrankheiten. Leider gibt es<br />
dazu sehr wenig spezifische Evidenz<br />
aus klinischen Studien. Wir haben<br />
daher größtenteils auf Basis von Expertenmeinungen<br />
Empfehlungen für<br />
diese Krankheitsbilder produziert“,<br />
kommentiert Prof. Dr. Victor Aboyans<br />
vom Centre Hospitalier Universitaire<br />
de Limoges, der Leiter der Task Force.<br />
Bei einigen spezifischen arteriellen<br />
Erkrankungen gibt es im Vergleich zur<br />
Leitlinie von 2011 wichtige Änderungen.<br />
Diese betreffen beispielsweise Patienten<br />
mit Karotisstenose. Während<br />
in der bisherigen Leitlinie für diese<br />
Patienten grundsätzlich eine Revaskularisierung<br />
gefordert wurde, empfiehlt<br />
die neue Guideline Revaskularisierung<br />
bei asymptomatischer Stenose<br />
jetzt nur noch bei hohem Schlaganfallrisiko.<br />
Schlaganfallraten haben<br />
sich deutlich verändert<br />
Die Empfehlung für den Einsatz eines<br />
Device zum Schutz gegen Embolien<br />
während des Stentings wurden<br />
auf IIa hochgestuft. Aboyans: „Diese<br />
Änderung ist wichtig. Die Studiendaten,<br />
die Vorteile durch die Revaskularisierung<br />
zeigen, stammen aus<br />
den 90er Jahren. Seitdem sind jedoch<br />
die Schlaganfallraten für alle Patienten<br />
mit asymptomatischer Karotisstenose<br />
deutlich gesunken – und zwar<br />
unabhängig von der Therapie. Es ist<br />
also sehr fraglich, wie viel Gültigkeit<br />
diese Studienresultate heute noch haben.“<br />
Im Falle der Nierenarterien gibt<br />
es nun sogar eine starke Empfehlung<br />
gegen die systematische Revaskularisierung,<br />
während diese in der Guideline<br />
von 2011 noch als Therapieoption<br />
angeführt wurde.<br />
ESC-Kongress; Barcelona, August <strong>2017</strong><br />
Webtipp<br />
Die Leitlinie steht auf der Webseite der<br />
Europäischen Kardiologengesellschaft<br />
ESC zum Download bereit:<br />
www.escardio.org (unter „Guidelines“)<br />
Eisenmangel ist<br />
riskant bei ACS<br />
Wenn Patienten mit einem akuten Koronarsyndrom<br />
unter einem Eisenmangel<br />
leiden, haben sie ein um 70 Prozent<br />
erhöhtes Risiko, innerhalb von vier<br />
Jahren einen Herz-Kreislauf-bedingten<br />
Tod oder einen nicht-tödlichen Herzinfarkt<br />
zu erleiden. Die Autoren der<br />
ebenfalls am ESC präsentierten Studie<br />
sehen daher den Eisenmangel als starken<br />
unabhängigen negativen prognostischen<br />
Faktor für Patienten mit akutem<br />
Koronarsyndrom. DGK/RED<br />
Bei Kälte mehr<br />
Myokardinfarkte<br />
Niedrige Außentemperaturen dürften<br />
ein Trigger für das vermehrte Auftreten<br />
von Myokardinfarkten sein. Das<br />
geht aus einer über 16 Jahre laufenden<br />
schwedischen Studie an mehr als<br />
280.000 Patienten hervor, die am Kongress<br />
der Europäischen Kardiologengesellschaft<br />
ESC Ende August in Barcelona<br />
präsentiert wurde. Ob das vermehrte<br />
Auftreten von Myokardinfarkten<br />
bei Kälte wirklich durch die<br />
niedrigen Temperaturen verursacht<br />
oder durch Verhaltensänderungen ausgelöst<br />
wird, sei allerdings noch unklar,<br />
so die Studienautoren. Auch Atemwegsinfekte<br />
und die Grippe könnten<br />
eine Rolle spielen.<br />
DGK/RED<br />
proBNP sagt den<br />
Herztod voraus<br />
Bei Hochrisikopatienten mit Diabetes<br />
und KHK korreliert die Höhe des<br />
proBNP mit der kardiovaskulären Mortalität.<br />
Damit ist proBNP ein Marker<br />
für das individuelle Risiko. Welchen<br />
Einfluss die proBNP-Werte auf Behandlungsentscheidungen<br />
haben sollten, ist<br />
allerdings noch unklar. DGK/RED