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Credit Suisse bulletin, 2002/01
Credit Suisse bulletin, 2002/01
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ECONOMICS & FINANCE<br />
Foto: Peter Tillessen<br />
zweiten Halbjahr stärker als erwartet<br />
anziehen. Die Kursrallye der Technologieaktien<br />
im vierten Quartal 20<strong>01</strong> setzte<br />
bereits auf eine starke konjunkturelle<br />
Erholung. Die Rezessionsrisiken blieben<br />
ausser Acht. Der etwas zögerliche Start in<br />
das Jahr 20<strong>02</strong> ist daher nur verständlich.<br />
Die in der Vergangenheit an den Börsen<br />
beobachteten Mechanismen sprechen<br />
aber für ein «Aktienjahr». Die Rahmenbedingungen<br />
für Unternehmen, Gewinne<br />
zu erzielen, verbessern sich. Die festverzinsliche<br />
Anlage als Alternative wird<br />
aufgrund der gesunkenen Zinsen unattraktiver.<br />
Technologieaktien sind in den weltweiten<br />
Aktienindizes mit einer Gewichtung<br />
von gut 30 Prozent vertreten. Sie spielen<br />
daher eine gewichtige Rolle. Für die Auswahl<br />
der Sektoren hilft ein branchenspezifischer<br />
Ausblick aufs Jahr 20<strong>02</strong>.<br />
Telekom hat Boden gefunden<br />
Eine zentrale Rolle für die Entwicklung der<br />
TMT-Branche spielen die Telekom-Dienstleister.<br />
Der Sektor besitzt relativ konjunkturunabhängige<br />
Wachstumsaussichten.<br />
Seit Mitte des vergangenen Jahres steigt<br />
die Profitabilität im Festnetz- und Mobilfunkgeschäft<br />
wieder an. Für dieses Jahr<br />
ist insbesondere bei den europäischen<br />
Unternehmen mit einer Ertragserholung zu<br />
rechnen. Das Thema Verschuldung hat<br />
sich angesichts der unpopulären, aber<br />
wirksamen Kapitalerhöhungen der Sorgenkinder<br />
British Telecom, KPN oder<br />
Sonera etwas entschärft. Der Anleger<br />
sollte im kommenden Jahr sein Augenmerk<br />
auf die Ex-Monopolisten wie Telefonica<br />
oder Deutsche Telekom richten. Auch<br />
die reinen Mobilfunkgesellschaften wie<br />
Vodafone, Orange oder MMO2 haben gute<br />
Perspektiven.<br />
Geht es den Telekom-Dienstleistern<br />
besser, so sollten auch die Telekom-Ausrüster<br />
profitieren. Diese Folgerung trifft<br />
aber nur zum Teil zu, denn die Entwicklung<br />
im Endgerätegeschäft läuft nicht parallel<br />
mit der im Netzwerkgeschäft. Während<br />
die Telekom-Dienstleister deutlich rückläufige<br />
Investitionen bei ihren Festnetzen<br />
budgetieren, erhöhen sich die Ausgaben<br />
für die Infrastruktur im Mobilfunk. Das Geschäft<br />
mit Mobiltelefonen hingegen leidet<br />
generell unter einer stark gestiegenen<br />
Marktdurchdringung und muss gegen den<br />
Trend kämpfen, der die Produkte zum<br />
reinen Gebrauchs- und Verbrauchsartikel<br />
macht. Die Unternehmen haben auf das<br />
geänderte Umfeld reagiert. Angesichts der<br />
Restrukturierungen und Kostensenkungsmassnahmen<br />
sind positive Effekte bezüglich<br />
der Gewinnentwicklung zu erwarten.<br />
Die organischen Wachstumsraten liegen<br />
aber nicht mehr auf dem Niveau der vergangenen<br />
Jahre. Die Bewertungen sind<br />
gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis<br />
vergleichsweise hoch. Das Risiko für<br />
Kursrückschläge im Jahr 20<strong>02</strong> ist in diesem<br />
Sektor wohl am höchsten. Zukunftsträchtige<br />
Favoriten innerhalb der Branche<br />
sind Motorola, Nokia und Ericsson.<br />
Am stärksten erholt haben sich Halbleiteraktien.<br />
Trotzdem sind die Aussichten<br />
der Halbleiterindustrie verhalten. Die<br />
Nachfrage wird sich – wenn überhaupt –<br />
nur moderat erholen. Auf der Angebotsseite<br />
wurde das Problem der Überkapazitäten<br />
durch selbst auferlegte Produktionsbeschränkungen<br />
nur temporär gelöst.<br />
Erfolge in der Lagerreduktion müssen<br />
unter dem saisonalen Einfluss betrachtet<br />
werden. Die jüngsten Indikatoren deuten<br />
zwar eine Stabilisierung der Industrie an –<br />
mehr allerdings (noch) nicht. In diesem<br />
Umfeld empfiehlt es sich, auf Marktführer<br />
zu setzen, die, wie Samsung Electronics<br />
oder TSMC, einen längeren Preiskampf<br />
durchstehen können und sich mit ihrem<br />
Produktemix und der Qualität ihrer Kunden<br />
von der Konkurrenz abheben.<br />
Der Einfluss einer konjunkturellen Erholung<br />
ist im Hardware-Elektronik-Sektor<br />
am stärksten. Wenn die «Mengen» anziehen,<br />
steigen in der Regel die Gewinne.<br />
Sondertrends sind die steigende Nachfrage<br />
nach Digitalkameras und Spielkonsolen.<br />
Die IT-Dienstleister beziehen rund 40<br />
Prozent ihres Auftragsvolumens von Finanzund<br />
Telekommunikationsanbietern. Die<br />
Budgets für IT-Ausgaben dürften bei dieser<br />
Kundengruppe im Jahr 20<strong>02</strong> mager<br />
ausfallen. Insgesamt kann der Sektor als<br />
spätzyklisch eingestuft werden. Die bisher<br />
erfolgten Gewinnkorrekturen sind aller<br />
Voraussicht nach nicht ausreichend. Unternehmen<br />
wie SAP und Microsoft werden<br />
aber in dieser schwierigen Situation ihre<br />
Kundenbasis vermutlich dennoch stärken<br />
und langfristig zweistellige Wachstumsraten<br />
ausweisen können.<br />
Qualität ist ausschlaggebend<br />
Fazit: Die Technologiebranche war im<br />
vergangenen Jahr einem massiven Anpassungsprozess<br />
ausgesetzt. Drastische<br />
Kostensenkungs- und Restrukturierungsmassnahmen<br />
wurden fast überall notwendig.<br />
Daraus resultieren positive Basiseffekte<br />
für die Unternehmensgewinne im<br />
Jahr 20<strong>02</strong>.<br />
Technologieaktien gehören in jedes<br />
ausgewogene Aktienportefeuille. In einem<br />
Umfeld, das zwischen Rezessionsrisiken<br />
und Erholungserwartungen liegt, kommt<br />
es aber mehr denn je auf die richtige<br />
Dosierung und die Qualität der Anlagen<br />
an. Das Jahr 20<strong>02</strong> ist das «chinesische<br />
Jahr des Pferdes»: Es könnte sprunghaft<br />
werden.<br />
Uwe Neumann, Telefon <strong>01</strong> 334 56 45<br />
uwe.neumann@cspb.com<br />
Uwe Neumann, Equities Europe<br />
«Technologieaktien gehören in jedes<br />
ausgewogene Portefeuille. Doch<br />
kommt es auf die Qualität an.»<br />
Credit Suisse<br />
Bulletin 1|<strong>02</strong><br />
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