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Credit Suisse bulletin, 2002/03
Credit Suisse bulletin, 2002/03
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WEALTH MANAGEMENT PLANNING<br />
Wohin steuert die Autoindustrie?<br />
Das Automobil bewegt die Menschheit – geographisch, emotional, aber auch wirtschaftlich.<br />
Nun droht der Motor der weltweit grössten Industrie ins Stottern zu geraten. Die Analysten Markus<br />
Mächler und Ulrich Kaiser sprechen über die Hintergründe und darüber, wo das Auto in Zukunft<br />
hinsteuert. Interview: Daniel Huber, Redaktion Bulletin<br />
Fotos: Mathias Hofstetter/Touring Garage AG,Oberweningen; Martin Stollenwerk<br />
Daniel Huber Zurzeit spricht in der Autobranche<br />
alles vom Ende der prosperierenden<br />
Phase. Sehen Sie das auch so?<br />
Markus Mächler Tatsächlich haben wir in den<br />
USA und Europa einen hohen Sättigungsgrad<br />
erreicht. Autos werden in erster Linie<br />
ersetzt und nicht neu dazu gekauft. Reelles<br />
Wachstum gibt es höchstens noch in einigen<br />
osteuropäischen Märkten. Wobei auch<br />
das nicht konkret greifbar ist. Andererseits<br />
ist der durchschnittliche Lebenszyklus<br />
eines Autos von 22 Jahren in den Siebzigerjahren<br />
auf heute etwas mehr als zwölf<br />
Jahre zurückgegangen. Dadurch steigt der<br />
Ersatzbedarf.<br />
Lange galten die Märkte Südamerikas als<br />
vielversprechend. Diese Hoffnungen wurden<br />
nun durch die Argentinien-Krise zerschlagen.<br />
Wie sieht es in Asien aus?<br />
Ulrich Kaiser In den meisten asiatischen<br />
Ländern wird das automobile Wachstum vor<br />
allem durch fehlende Infrastrukturen ausgebremst.<br />
Die Mobilisierung erfolgt in<br />
einem ersten Schritt über zwei Räder und<br />
dann über kleine Autos, die wenig Rendite<br />
abwerfen. Zudem sind diese Märkte fest in<br />
der Hand von asiatischen Herstellern, wobei<br />
ich da weniger an die eher teuren japanischen<br />
als viel mehr an die koreanischen<br />
Autos denke.<br />
Wann erwacht endlich der schlafende Riese<br />
China? M.M. Zurzeit ist der chinesische<br />
Neuwagen-Markt stückzahlenmässig<br />
noch völlig unbedeutend. Doch bereits die<br />
kleinste Verbesserung der Infrastruktur<br />
könnte ungeheure Stückzahlen generieren.<br />
«Reelles Wachstum gibt es<br />
höchstens noch in einigen<br />
osteuropäischen Ländern.»<br />
Markus Mächler, Equity Research<br />
Entsprechend versuchen auch alle grossen<br />
Hersteller über Joint-Ventures mit der<br />
Regierung in China Fuss zu fassen. U.K. In<br />
pulsierenden Städten wie Shanghai herrscht<br />
schon heute ein unglaubliches Verkehrschaos.<br />
Doch nur wenige Kilometer ausserhalb<br />
haben Autos bereits wieder Seltenheitswert.<br />
Wer ist in der Autobranche zurzeit auf der<br />
Überholspur? M.M. Klar auf dem Vormarsch<br />
sind die Japaner. Allerdings erwirtschaften<br />
sie rund 80 bis 90 Prozent ihres Gewinns in<br />
den USA, wo sie auch produzieren. U.K. Vorbei<br />
sind die Tage, als ganze Flotten von<br />
japanischen Autoschiffen auf den Meeren<br />
kreuzten. Praktisch alle grossen japanischen<br />
Hersteller produzieren direkt vor Ort – sei<br />
dies in den USA, Kanada oder auch Mexiko.<br />
Gleichzeitig können die Japaner in Amerika<br />
angesichts der schwachen Konkurrenz tun<br />
und lassen, was sie wollen.<br />
Wie kommt das? U.K. Japanische Autos sind<br />
sehr beliebt und haben ein gutes Image.<br />
Sie weisen eine bessere Qualität auf als die<br />
amerikanischen, verfügen über einen<br />
höheren Wiederverkaufswert und werden in<br />
Sachen Verbrauch durch die steigenden<br />
Benzinpreise auch für die Amerikaner wieder<br />
interessanter. Auch treffen die Designer<br />
häufig den amerikanischen Geschmack. Das<br />
gilt insbesondere für die Light Trucks, also<br />
die leichten Geländewagen und Pickups,<br />
die in den USA mittlerweile rund die Hälfte<br />
des Marktes ausmachen. Kommt dazu,<br />
dass die japanischen Modelle in den USA<br />
vergleichsweise günstig sind. M.M. Abgesehen<br />
von den USA tun sich die japanischen<br />
Hersteller ebenfalls schwer – sogar im<br />
eigenen Land, bedingt durch die Rezession.<br />
U.K. So viel ich weiss schreibt einzig Suzuki<br />
in Europa Gewinne.<br />
Ist dafür nicht vor allem auch der tiefe Yen-<br />
Kurs verantwortlich? U.K. Mit Sicherheit.<br />
Um die Abhängigkeit von Wechselkursschwankungen<br />
zu reduzieren, ist es von<br />
Vorteil, Zulieferer-Teile vor Ort zu beziehen.<br />
M.M. Daneben gibt es noch einen ganz<br />
anderen wichtigen Grund. Die Japaner beschäftigen<br />
in ihren amerikanischen Fabriken<br />
vorwiegend so genannte Time Worker,<br />
die je nach Bedarf eingestellt oder entlassen<br />
werden können. Dagegen verfügen die<br />
Credit Suisse Bulletin 3-<strong>02</strong> 67