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HEINZ Magazin Essen 08-2016

HEINZ Magazin August 2016, Ausgabe für Essen

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AUSSTELLUNGEN<br />

TIPP DES MONATS<br />

Der Limes<br />

am Rhein<br />

Abgrenzung und Durchlässigkeit Leben an den<br />

Rändern Roms: Vor 2.000 Jahren markierte der Limes<br />

die Außengrenzen des Römischen Reichs. Unter dem<br />

Ausstellungstitel „Der Limes in Novaesium. Vom<br />

Leben an der römischen Grenze” erzählt das Clemens<br />

Sels Museum Neuss nun ein Kapitel aus der Geschichte<br />

dieses europäischen Bauwerks, das sowohl militärisches<br />

Bollwerk war als auch Zone des kulturellen<br />

Austauschs.<br />

F<br />

äuste fliegen durch die Luft, Zungen werden herausgestreckt,<br />

Backen aufgeblasen, wilde Parolen gebrüllt. Es wird gestampft<br />

und geklatscht, Augen werden gerollt. Der Haka, der kriegerische<br />

Ritualtanz, den die neuseeländischen Maori vor jedem Rugbyspiel<br />

aufführen, dient der Einschüchterung des Gegners. Eine wunderbare<br />

Performance, die mit viel Ernst vorgetragen wird.<br />

Ihre Gegner einschüchtern, das wollten auch die alten Römer. Ihre Reiterkrieger<br />

im Norden trugen schwarze Masken vor dem Gesicht, Kapuze<br />

dazu, gestreckter Galopp, starres Glänzen, der Spuk konnte losgehen.<br />

Es war vermutlich ein ziemlich furchteinflößendes Schauspiel, und das<br />

sollte es auch sein, es galt schließlich, die Grenzen zu sichern und heranstürmende<br />

Horden in die Flucht zu schlagen. Eine halbe Maske hatte<br />

man bei einer Grabung in Neuss gefunden, sie ist jetzt in einer Ausstellung<br />

in Neuss zu sehen. Alles andere ist Geschichte.<br />

Fragment eines tönernen Stadttormodells mit einem überdachten Seitenturm, gefunden am Gepaplatz<br />

CARL PAUSE, CLEMENS SELS MUSEUM NEUSS<br />

Von Schottland<br />

über den Nahen Osten<br />

bis nach Afrika<br />

reichten die Außengrenzen<br />

des Römischen<br />

Reiches einst.<br />

Außengrenzen? Ja<br />

schon, aber in ihrem<br />

mittleren Teil waren<br />

es wohl eher Markierungen<br />

als tatsächliche<br />

Bollwerke, die das expandierende<br />

Großreich hier errichtet<br />

hatte. Anders als in Schottland oder in Süddeutschland, wo die Grenze<br />

mit Wällen oder Palisaden gezogen war, sicherten in Niedergermanien<br />

Kastelle und Wachtürme entlang des Rheins das Reich. Der „Nasse Limes“,<br />

der bald auch Teil des Welterbes sein soll, war allerdings nicht bloß eine<br />

Barriere und Schwelle zur Abwehr und Abschottung, sondern war auch<br />

ein durchlässiges System von Austausch und Migration.<br />

Die Garnison Novaesium, das heutige Neuss, entstand in den Dreißigerjahren<br />

des ersten vorchristlichen Jahrhunderts am strategisch günstig<br />

gelegenen Zwickel zwischen Rheinufer und Erftmündung. Unter<br />

Kaiser Tiberius wurde es zum festen Standlager ausgebaut – eine Garnisonsstadt<br />

mit einer Fülle an Infrastruktur, mit Straßen und Wohngebäuden,<br />

mit Herbergen, Warenlagern, mit Hafen und einem weiten Wegenetz,<br />

mit Friedhöfen und Tavernen. In der Stadt lebten Römer und alle<br />

anderen, die gerne Römer werden wollten.<br />

Anders als die Militärcamps, die für kurzfristige Militäraktionen und<br />

Kampfhandlungen errichtet und nach erfolgreicher Mission bald wieder<br />

verlassen wurden, hatte man sich in der Garnison Novaesium häuslich<br />

eingerichtet, baute das Lager auch nach seiner Zerstörung wieder auf.<br />

In den übers Land verteilten Landgütern gelang es den Römern zudem,<br />

mithilfe intensiverer Bewirtschaftung und Düngung, neuer Kulturpflanzen,<br />

größerer Rinderrassen und effektiverer Gerätschaften die einheimischen<br />

Erträge noch zu steigern und die Versorgung der fast 6.000 Soldaten<br />

und ihrer Familien zu gewährleisten. Die hiesige Bevölkerung und<br />

die zugezogenen Römer schafften es offenbar gemeinsam, neue Standards<br />

in der Landwirtschaft zu setzen. Ein Beispiel erfolgreichen Austauschs,<br />

der sich auch auf anderen Gebieten zeigen sollte, wenn etwa<br />

reisende Handwerker der Legio XI Bauprojekte von Xanten bis zum Hadrianswall<br />

in Schottland realisierten.<br />

56 | <strong>HEINZ</strong> | <strong>08</strong>.<strong>2016</strong>

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