MTD_DDG_2017_10
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<strong>10</strong> Kongress aktuell<br />
diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. <strong>10</strong> · 25. Oktober <strong>2017</strong><br />
Der nächste<br />
GLP1-Rezeptoragonist<br />
im Sicherheitstest<br />
Ergebnisse der EXSCEL-Studie vorgestellt<br />
LISSABON. Nach den positiven Ergebnissen der LEADER- und<br />
SUSTAIN-6-Studie im vergangenen Jahr sind die Erwartungen<br />
an Studien zu kardiovaskulären Endpunkten bei der Diabetestherapie<br />
mit GLP1-Rezeptoragonisten hoch. Primär sollen solche<br />
Studien aber nicht kardioprotektive Effekte zeigen, sondern erst<br />
einmal die kardiovaskuläre Sicherheit der jeweiligen<br />
Therapeutika belegen.<br />
Der lang wirksame GLP1-Rezeptoragonist<br />
Exenatid führte<br />
in der Phase-III/IV-Studie<br />
EXSCEL 1 bei Patienten mit Typ-2-<br />
Dia betes zu keiner Erhöhung des<br />
Risikos für kardiovaskuläre Mortalität,<br />
nicht-tödlichen Myokardinfarkt<br />
oder Schlaganfall bzw. instabile<br />
Angina (major acute cardiac event;<br />
MACE) gegenüber Placebo. Damit<br />
hat die Studie ihren primären Sicherheitsendpunkt<br />
erreicht.<br />
Drei von vier Patienten mit<br />
kardiovaskulärer Geschichte<br />
Wie Professor Dr. Rury Holman,<br />
University of Oxford, betonte, war<br />
die Studie eine der größten, die je<br />
bei Patienten mit Typ-2-Diabetes<br />
durchgeführt wurde: Sie schloss<br />
weltweit 14 752 Patienten mit erhöhtem<br />
kardiovaskulärem Risiko<br />
(73 % mit bereits bestehender<br />
kardiovaskulärer Erkrankung)<br />
in einem medianen Alter von<br />
62 Jahren und mit einem medianen<br />
HbA 1c von 8,0 % ein.<br />
Die Teilnehmer erhielten randomisiert<br />
zusätzlich zu einer<br />
Standarddiabetestherapie<br />
einmal wöchentlich subkutane<br />
Injektionen von Exenatid (2 mg)<br />
oder Placebo. Die Diabetestherapie<br />
durfte während der Studie analog<br />
der Situa tion im klinischen Alltag<br />
in beiden Armen angepasst werden.<br />
Die Nicht-Unterlegenheit<br />
konnte gezeigt werden<br />
Nach einer medianen Beobachtungszeit<br />
von 3,2 Jahren hatten<br />
11,4 % der Patienten im Exenatid-<br />
Arm und 12,2 % der Patienten im<br />
Placebo-Arm ein MACE erlitten.<br />
Das entsprach einer Ereignisrate von<br />
3,7 und 4,0 pro <strong>10</strong>0 Patientenjahre<br />
in den beiden Gruppen.<br />
EXSCEL-Studie:<br />
Risiko-Check<br />
bestanden –<br />
aber Erwartung<br />
enttäuscht.<br />
Foto: fotolia/ jolygon<br />
Die Nicht-Unterlegenheit war damit<br />
gezeigt, nicht allerdings, wie von den<br />
Autoren erhofft, die Überlegenheit<br />
im Sinne einer signifikanten Reduktion<br />
von MACE durch die Exenatid-<br />
Therapie. Eine im Vorhinein definierte<br />
Subgruppenanalyse wies aber<br />
zumindest auf eine etwas geringere<br />
Gesamtmortalität im Arm mit dem<br />
Inkretinmimetikum hin.<br />
Keine Steigerung<br />
unerwünschter Ereignisse<br />
Nicht nur hinsichtlich kardiovaskulärer<br />
Endpunkte war Exenatid in<br />
dieser Studie sicher, auch kam<br />
es im Exenatid-Arm zu keiner<br />
Steigerung anderer unerwünschter<br />
Ereignisse wie<br />
Hypoglykämien, akute Pankreatitiden,<br />
Pankreaskarzinome<br />
oder medulläre<br />
Schilddrüsenkarzinome.<br />
Eine leichte Er-<br />
KOMMENTAR von Prof. Dr. Michael Nauck, Bochum<br />
EXSCEL: Knapp daneben<br />
ist auch vorbei<br />
Die Ergebnisse der EXSCEL-<br />
Studie mit Exenatid einmal<br />
wöchentlich, die vierte<br />
kardiovaskuläre „Outcome“-<br />
Studie mit einem GLP1-<br />
Rezeptor-Agonisten, haben<br />
im Hinblick auf die entscheidenden<br />
kardiovaskulären<br />
Endpunkte die Sicherheit<br />
der Behandlung in einer<br />
Population von Hochrisiko-<br />
Patienten bestätigt.<br />
Allerdings wurde eine signifikante<br />
Überlegenheit<br />
zu Placebo in Hinsicht auf<br />
„MACE“-Ereignisse sehr, sehr knapp verpasst<br />
(Risikoreduktion um 9 %; Hazard<br />
Ratio: 0,91, 95%-KI: 0,83–1,00; p = 0,06).<br />
Im Vergleich war die Risikoreduktion in<br />
der LEADER-Studie mit -13 % signifikant<br />
(HR: 0,87, 95%-KI: 0,78–0,97).<br />
Gibt es Gründe für<br />
diesen Unterschied?<br />
Wahrscheinlich ja, und sie liegen wohl<br />
in der Sorgfalt, mit der die optimale<br />
Dosis für Exenatid einmal wöchentlich<br />
bzw. Liraglutid (einmal täglich) für die<br />
Therapie des Diabetes mellitus Typ 2<br />
ermittelt wurde. Während für Liraglutid<br />
eine zweite Phase-II-Studie aufgelegt<br />
wurde, weil man mit der Dosisfindung<br />
aus den ersten Phase-II-Studien nicht<br />
zufrieden war, gab es für Exenatid einmal<br />
wöchentlich nur eine rudimentäre<br />
Phase-II-Studie mit zwei Dosen, die sich<br />
im Effekt auf glykämische Kontrolle und<br />
Körpergewicht deutlich unterschieden.<br />
höhung der Herzrate ging nicht mit<br />
mehr stationären Aufnahmen wegen<br />
einer Herzinsuffizienz einher.<br />
Prof. Holman warnte davor, aus den<br />
unterschiedlichen Studienergebnissen<br />
bei GLP1-Rezeptoragonisten<br />
hinsichtlich der kardiovaskulären<br />
Endpunkte auf deutliche Unterschiede<br />
der Wirkstoffe im klinischen<br />
Alltag zurückzuschließen. Aus seiner<br />
Sicht waren Studienpopulationen,<br />
Endpunkte, Basisdiabetestherapie,<br />
»Hinweis auf<br />
etwas geringere<br />
Mortalität«<br />
Prof. Dr.<br />
Michael Nauck<br />
Universitätsklinik<br />
Bochum<br />
Foto: zVg<br />
Eine höhere Dosis, die wahrscheinlich<br />
besser das Potenzial<br />
ausschöpfen würde,<br />
wurde nie getestet.<br />
Das Ergebnis:<br />
In einer unmittelbaren Vergleichsstudie<br />
war Liraglutid<br />
besser in der Senkung von<br />
HbA 1c und Körpergewicht,<br />
hatte aber auch mehr unerwünschte<br />
Arzneimittelwirkungen:<br />
Ein weiterer Hinweis<br />
für eine nicht gegebene<br />
Dosis-Äquivalenz.<br />
Außerdem war die Exposition gegenüber<br />
der Studienmedikation in der<br />
LEADER- höher als in der EXSCEL-Studie,<br />
möglicherweise als Konsequenz von<br />
Unterschieden in der Handlichkeit der<br />
Dosiervorrichtungen für die subkutane<br />
Gabe oder auftrendender Spritzstellen-<br />
Veränderungen. Beide Aspekte könnten<br />
aber wesentlichen Einfluss auf den Therapieerfolg<br />
nehmen.<br />
Stellt man die Frage, ob das (qualitative)<br />
Muster der Effekte in der EXSCEL-Studie<br />
nahelegt, dass hier ein GLP1-Rezeptor-Agonist<br />
gewirkt hat, so lautet die<br />
Antwort wohl: Ja. Stellt man darüber<br />
hinaus aber die Frage, ob Exenatid einmal<br />
wöchentlich gleichermaßen wie<br />
Liraglutid geeignet ist, kardiovaskuläre<br />
Ereignisse und Todesfälle zu verhindern,<br />
erkennt man deutliche (quantitative)<br />
Unterschiede, die bei der Auswahl des<br />
Medikamentes für einzelne Patienten<br />
in der Regel eine Rolle spielen sollten.<br />
Studien- und Expositionsdauer zu<br />
verschieden.<br />
Effekte für die ganze<br />
Substanzklasse vermutet<br />
Für ihn ist aber klar, dass die GLP1-<br />
basierten Therapien hinsichtlich<br />
kardiovaskulärer Ereignisse sowie<br />
anderer Nebenwirkungen sicher<br />
sind und auch bei kardiovaskulären<br />
Erkrankungen verabreicht werden<br />
können. Und er geht nach einer Zusammenschau<br />
der Daten aus ELIXA,<br />
LEADER, SUSTAIN-6 und EXSCEL<br />
für die ganze Substanzklasse von einem<br />
Potenzial für eine Reduktion<br />
von MACE und Gesamtmortalität<br />
aus.<br />
Friederike Klein<br />
1. RR Holman et al. N Engl J Med <strong>2017</strong>; DOI:<br />
<strong>10</strong>.<strong>10</strong>56/NEJMoa1612917<br />
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