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MTD_DDG_2017_10

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34 Forum Literatur<br />

diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. <strong>10</strong> · 25. Oktober <strong>2017</strong><br />

Weg vom Schnitzel<br />

Langzeitdaten belegen verringerte Sterblichkeit bei Ernährungsumstellung<br />

BOSTON. Die Umstellung auf eine gesunde Ernährung wird<br />

langfristig mit einer höheren Lebenserwartung belohnt.<br />

Das hat eine entsprechende Auswertung u.a. der „Nurses<br />

Health Study“ ergeben, die unlängst von der New York Times<br />

als „schier unerschöpflicher Wissensquell“ bezeichnet wurde.<br />

Der Zugewinn an Lebenszeit betrug in der Spitze 17 %.<br />

Punkte für gesunde Zutaten<br />

Um die Qualität verschiedener Ernährungsweisen<br />

unter Gesundheitsaspekten abzuschätzen, wurde<br />

eine Vielzahl unterschiedlicher Scores entwickelt.<br />

Allein diese Vielfalt macht klar: Was genau eine gesunde<br />

Ernährung ausmacht, dazu ist das letzte Wort<br />

noch nicht gesprochen. Je nach Bewertungssystem<br />

werden unterschiedliche Aspekte der Nährstoffzufuhr<br />

und/oder des Lebensmittelverzehrs bepunktet mit<br />

der Maßgabe, anhand der Gesamtpunktzahl eine<br />

Aussage über die Ernährungsqualität treffen zu können.<br />

In der Studie von Sotos-Prieto et al. kam u.a. der<br />

„Alternate Mediterranean Diet Score“ zur Anwendung.<br />

Dieser basiert auf Empfehlungen, die sich an<br />

der klassischen Mittelmeerküche orientieren. Für den<br />

täglichen Verzehr von frischem Gemüse und Obst<br />

gibt es satte Punkte, wobei Hülsenfrüchte und Nüsse<br />

noch extra gerechnet werden. Auch frischer Fisch<br />

mindestens zweimal in der Woche schlägt positiv<br />

zu Buche, und dasselbe gilt für seltenen Verzehr von<br />

rotem Fleisch. Last but not least tragen die Verwendung<br />

von reichlich Olivenöl sowie der Konsum von<br />

Alkohol in Maßen bei diesem Score zu einem hohen<br />

Punktekonto bei.<br />

In die Analyse gingen die Daten<br />

von fast 50 000 Teilnehmerinnen<br />

der „Nurses Health Study“ sowie<br />

von mehr als 25 000 Teilnehmern<br />

der „Health Professionals Follow-up<br />

Study“ ein. Drei verschiedene Scores<br />

wurden herangezogen, um eine gesündere<br />

Ernährung zu identifizieren<br />

und den Einfluss einer Ernährungsumstellung<br />

auf die Gesamtmortalität<br />

sowie auf ursachenspezifische<br />

Mortalitäten innerhalb eines Zeitraums<br />

von 12 Jahren zu überprüfen.<br />

Als Kontrolle dienten Studienteilnehmer,<br />

die ihre Ernährung über<br />

den kompletten Zeitraum mehr<br />

oder weniger beibehielten<br />

(Score-Zuwächse zwischen<br />

0 und 3 %).<br />

Im Vergleich zu<br />

dieser Kontrollgruppe hatten diejenigen<br />

Studienteilnehmer, die ihre<br />

Ernährungsqualität auf Basis der<br />

Scores am stärksten (um 13–33 %)<br />

verbesserten, eine höhere Lebenserwartung:<br />

Wurde der „Alternate<br />

Healthy Eating Index Score“ zugrunde<br />

gelegt, ergab sich in 12 Jahren<br />

für die Gesamtmortalität eine<br />

Hazard Ratio (HR) von 0,91. Das<br />

heißt, die Mortalität war gegenüber<br />

den Kontrollen um 9 % vermindert.<br />

Gemessen am „Alternate Mediterranian<br />

Diet Score“ betrug die HR 0,84<br />

»Schon geringe<br />

Umstellung hilft«<br />

und gemessen am DASH Score 0,89.<br />

Insgesamt war eine relevante Verbesserung<br />

der Ernährungsqualität<br />

(per 20-Perzentile) innerhalb des<br />

Zeitraums mit einer Abnahme der<br />

Gesamtmortalität um 8–17 % verbunden.<br />

Der protektive Effekt war<br />

umso größer, je stärker sich das<br />

Ernährungsverhalten in<br />

Richtung der scorespezifischen<br />

Empfeh-<br />

Je gesünder die<br />

Ernährung,<br />

desto stärker der<br />

Effekt auf die<br />

Mortalität.<br />

Foto: iStock/gbh007<br />

lungen änderte. Umgekehrt war ein<br />

Mortalitätsanstieg um 6–12 % zu<br />

verzeichnen, wenn sich die Ernährungsqualität<br />

im Beobachtungszeitraum<br />

verschlechterte. Der Rückgang<br />

der kardiovaskulären Mortalität<br />

lag bei Anwendung des „Alternate<br />

Healthy Eating Index Score“ und<br />

des „Alternate Mediterranean Diet<br />

Score“ bei 7–15 %.<br />

Eine Portion Gemüse<br />

und ein paar Nüsse pro Tag<br />

Erstautorin Dr. Mercedes Sotos-<br />

Prieto von der Harvard Medical<br />

School in Boston und ihre Kollegen<br />

betonen, dass sich bereits eine<br />

moderate Ernährungsumstellung<br />

in einer höheren Lebenserwartung<br />

niederschlägt. Zum Beispiel könne<br />

es sich schon „auszahlen“, wenn man<br />

jeden Tag eine Portion Gemüse und<br />

ein paar Nüsse zu sich nimmt.<br />

Offenbar ist es nicht so relevant, welcher<br />

der empfohlenen Ernährungsstrategien<br />

man folge, vielmehr die<br />

Richtung müsse stimmen. Die<br />

drei Bewertungssysteme, die<br />

in der Studie zur Anwendung<br />

kamen, scheinen alle die<br />

„Basics“ einer gesundheitsförderlichen<br />

Ernährung<br />

abzugreifen, zu denen der<br />

Verzehr von Vollkornprodukten,<br />

viel frischem<br />

Obst und Gemüse zählt<br />

sowie eine ausreichende<br />

Versorgung mit Omega-<br />

3-Fettsäuren aus Fisch<br />

oder sonstigen Quellen.<br />

Im DASH-Score wird der<br />

letzte Aspekt nicht berücksichtigt,<br />

was eine Erklärung<br />

dafür sein könnte, dass sich<br />

bei Anwendung dieses Scores<br />

kein Rückgang der kardiovaskulären<br />

Mortalität nachweisen<br />

ließ.<br />

Ulrike Viegener<br />

M Sotos-Prieto et al. N Engl J Med <strong>2017</strong>;<br />

377:143-153<br />

Zweimal Lachs pro Woche geht ins Auge<br />

Offenbar dramatische Reduktion des Retinopathierisikos durch Omega-3-Fettsäuren<br />

BARCELONA/BETHESDA. Die<br />

tägliche Einnahme von mindestens<br />

500 mg Omega-3-Fettsäuren scheint<br />

das Risiko einer behandlungsbedürftigen<br />

diabetischen Retinopathie um<br />

fast 50 % zu reduzieren. Das hat eine<br />

Detailauswertung der PREDIMED-<br />

Studie ergeben.<br />

Die PREDIMED-Daten von insgesamt<br />

3482 Männern und<br />

Frauen mit Typ-2-Diabetes im Alter<br />

zwischen 55 und 80 Jahren wurden<br />

in der Analyse 1 erfasst. Die spanischen<br />

Wissenschaftler überprüften,<br />

ob sich durch Aufnahme von täglich<br />

mindestens 500 mg Omega-3-Fettsäuren<br />

das Risiko schwerer Formen<br />

der diabetischen Retinopathie beeinflussen<br />

lässt. „Gewertet“ wurden<br />

Retinopathien, die eine Laserkoagulation,<br />

eine Vitrektomie oder eine<br />

Anti-VEGF-Therapie erforderlich<br />

machten.<br />

Im gesamten Studienkollektiv konnte<br />

innerhalb des Beobachtungszeitraums<br />

von im Mittel sechs Jahren<br />

bei 69 Patienten eine fortgeschrittene<br />

Retinopathie neu festgestellt werden.<br />

2611 Studienteilnehmer erfüllten<br />

das Kriterium der geforderten<br />

»Vorsicht bei der<br />

Bewertung«<br />

Tagesmenge an Omega-3-Fettsäuren.<br />

Bei diesen Typ-2-Diabetespatienten<br />

war das Risiko einer schweren<br />

Retinopathie um 48 % reduziert im<br />

Vergleich zu Patienten, die nicht auf<br />

500 mg Omega-3-Fettsäuren pro<br />

Tag kamen.<br />

Die empfohlene Zufuhr an Omega-<br />

3-Fettsäuren lässt sich laut Autoren<br />

leicht realisieren, indem man zweimal<br />

pro Woche eine Mahlzeit mit<br />

fettreichem Salzwasserfisch zu sich<br />

nimmt. Zu den Fischen, die besonders<br />

reich an Omega-3-Fettsäuren<br />

sind, zählen neben Lachs auch<br />

Thunfisch, Hering und Makrele.<br />

Die Daten dieser Beobachtungsstudie<br />

könnten die Perspektive einer<br />

ebenso einfachen wie effektiven<br />

Prävention der diabetischen Retinopathie<br />

eröffnen. Dennoch ist bei der<br />

Bewertung der Daten Vorsicht geboten,<br />

da ebenso andere Lebensstilfaktoren<br />

das Ergebnis beeinflusst haben<br />

können, schreibt Dr. Emily Y. Chew,<br />

National Eye Institute, Bethesda. 2<br />

Zudem sollte die Augengesundheit<br />

nicht der einzige Grund bleiben,<br />

zu einem regelmäßigen Vezehr von<br />

Fisch zu raten.<br />

vi<br />

1. Sala-Vila A et al., JAMA Ophthalmol 2016; 134:<br />

1142-1149<br />

2. Chew EY. JAMA <strong>2017</strong>; 317: 2226-2227<br />

Das passt zum Tiermodell<br />

Der in der PREDIMED-Studie dokumentierte dramatische präventive Effekt von Omega-<br />

3-Fettsäuren auf das Retinopathierisiko passt zu Ergebnissen aus tierexperimentellen<br />

Studien. Die Anreicherung des Futters mit LCω- 3PUFA (Long Chain Omega-3 Polyunsaturated<br />

Fatty Acids) senkt im Tiermodell das Retinopathierisiko und verlangsamt die<br />

Progression der Retinopathie. Wurde im Futter von Mäusen der Gehalt an LCω- 3PUFA um<br />

nur 2% erhöht, stieg die Konzentration von LCω- 3PUFA in der Retina auf das Doppelte<br />

an. Die Retina ist reich an LCω- 3PUFA, die zu Oxilipinen mit antiinflammatorischen und<br />

antiangiogenen Eigenschaften verstoffwechselt werden.

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