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24 Im Blickpunkt<br />

diabeteszeitung · 2. Jahrgang · Nr. <strong>10</strong> · 25. Oktober <strong>2017</strong><br />

Fahrplan für den Übergang<br />

Per Transitionspfad von der Jugend- zur Erwachsenenmedizin wechseln<br />

Erwachsenwerden<br />

heißt<br />

auch, zum<br />

Erwachsenenarzt<br />

zu wechseln.<br />

Foto: fotolia/Halfpoint<br />

BERLIN. In Deutschland leben rund 30 000 Kinder und<br />

Jugendliche, die an Diabetes Typ 1 erkrankt sind. In der Regel<br />

kümmern sich die Familie und der Kinderarzt darum, dass der<br />

junge Patient seinen Diabetes gut in den Griff bekommt.<br />

Wird aus dem Kind aber ein junger Erwachsener, fällt es<br />

ihm oft schwer, die Erkrankung im Blick zu behalten.<br />

Das TransitionsProgramm hilft.<br />

Entwickelt wurde das Programm<br />

von den Berliner DRK Kliniken<br />

Westend im Rahmen des Projektes<br />

Versorgung von Menschen mit<br />

„besonderem Bedarf an Gesundheitsversorgung<br />

und Gesundheitsförderung“.<br />

Im Fokus stehen aktuell<br />

»Der<br />

Arztwechsel<br />

ist oft sehr<br />

schwierig«<br />

Indikationen wie Typ-1-Diabetes,<br />

Epilepsie, chronische Nierenerkrankung<br />

und ADHS.<br />

Hintergrund ist, wie Dr. Silvia<br />

Müther, Mitinitiatorin des Berliner<br />

TransitionsProgramm e.V., erklärt,<br />

dass sich die Transition – der Übergang<br />

von der spezialisierten Kinder-<br />

und Jugendmedizin in ein spezialisiertes<br />

erwachsenenorientiertes<br />

Versorgungssystem – für 30 bis 40 %<br />

der chronisch kranken Jugendlichen<br />

schwierig gestaltet und oft auch nur<br />

sehr verzögert geschieht. Viele Patienten<br />

kommen erst dann in der für<br />

ihre Erkrankung qualifizierten Erwachsenenmedizin<br />

an, wenn für sie<br />

selbst spürbare – oft vermeidbare –<br />

Voraussetzungen für die Teilnahme<br />

Die Jugendlichen müssen sich im Alter zwischen<br />

16 und 21 Jahren befinden. Sie sind noch in ambulanter<br />

Betreuung beim Kinder- und Jugendspezialisten.<br />

Der Transfer in die Erwachsenenmedizin ist<br />

innerhalb der nächsten 12 Monate geplant.<br />

Die Jugendlichen erklären ihre Teilnahme am Programm<br />

durch Unterzeichnung der Teilnahmeerklärung.<br />

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten<br />

des Programms.<br />

Folgeschädigungen aufgetreten sind.<br />

Berufliche Ausbildung, Ortswechsel,<br />

der Auszug aus dem Elterhaus, neue<br />

Freundschaften, neue Beziehungen –<br />

das alles erschwert auf dem Weg<br />

ins Erwachsenwerden nicht nur die<br />

Therapie, es lässt diese auch nicht<br />

mehr so wichtig erscheinen. Umso<br />

wichtiger ist eine kontinuierliche<br />

Begleitung beim Übergang.<br />

Integrierter Versorgungspfad<br />

hilft zwei Jahre lang<br />

Das TransitionsProgramm sieht<br />

hierfür ein Fallmanagement vor, dass<br />

den jungen Menschen unterstützt –<br />

sofern er das möchte. Es basiert auf<br />

einem integrierten Versorgungspfad,<br />

der in der Regel zwei Jahre Übergang<br />

abdeckt, bis maximal zum 19. Geburtstag<br />

des Jugendlichen.<br />

Am Anfang steht die Information<br />

des spezialisierten Kinderarztes über<br />

das Projekt und die Übergabe einer<br />

Kontaktkarte, die – sofern ausgefüllt<br />

– später einer der Fallmanager des<br />

Projekts erhält, der weiteres Informationsmaterial<br />

zuschickt. Möglich<br />

ist auch der Kontakt über die<br />

Webseite des Programms. Auftakt<br />

des begleiteten Übergangs bildet<br />

schließlich ein 15- bis 20-minütiges<br />

Transitionsgespräch zwischen Pädiater<br />

und jungem Patienten, bei dem<br />

analog zu den U-Untersuchungen<br />

in der Kinderheilkunde der Entwicklungsstand<br />

und<br />

der Unterstützungsbedarf<br />

des Patienten<br />

eingeschätzt und notwendige<br />

Maßnahmen<br />

herausgearbeitet werden.<br />

Erfordernisse können<br />

sich aber auch aus den<br />

Lebensumständen wie<br />

der Umzug in eine andere<br />

Stadt oder Berufs-<br />

wünschen ergeben. Dr.<br />

Müther nennt es „einen<br />

Fahrplan für die Zeit der<br />

Transition erstellen“.<br />

Aufgabe des gers ist es weiterhin, die Kostenüber-<br />

Fallmananahme<br />

für transitionsspezifische<br />

Leistungen durch die gesetzlichen<br />

Krankenkassen zu klären, sofern<br />

diese Leistungen nicht in der Regelversorgung<br />

enthalten sind. Er<br />

unterstützt auch Jugendliche beim<br />

Kontaktieren des von ihnen gewünschten<br />

Erwachsenenspezialisten<br />

und hinsichtlich eines Probetermins<br />

beim Arzt. Wird der Patient 18 Jahre<br />

alt, übernimmt der Spezialist,<br />

der sich – wie der zuvor involvierte<br />

Pädiater – an den Vorgaben des<br />

Behandlungpfades orientiert und<br />

entsprechend dokumentiert.<br />

Das TransitionsProgramm begann<br />

2009 als eine Kooperation zwischen<br />

den DRK Kliniken und den „Pionierkassen“<br />

AOK Nordost, BKK<br />

VBU und Techniker Krankenkasse.<br />

Die Barmer hat sich später angeschlossen.<br />

Andere Krankenversicherer<br />

genehmigen Kostenübernahmen<br />

per Einzelfallentscheidung.<br />

Unterstützt werden inzwischen –<br />

organisiert von den drei Berliner<br />

Fallmanagern – junge Patienten aus<br />

Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern,<br />

Niedersachsen<br />

und Schleswig-Holstein. Die im<br />

Mai <strong>2017</strong> gegründete zweite Transitionsstelle<br />

Rhein-Main an den<br />

Darmstädter Kinderkliniken Prinzessin<br />

Margaret befindet sich derzeit<br />

im Akkreditierungsverfahren durch<br />

den BTP e.V.<br />

Über 400 Teilnehmer zählt das<br />

TransitionsProgramm bisher<br />

Im Rahmen des TransitionsProgramms<br />

kooperieren <strong>10</strong>4 ambulant<br />

versorgende Behandlungszentren<br />

an Krankenhäusern und in Facharztpraxen.<br />

Die Ärzte erhalten für<br />

ihre Arbeit Honorarpauschalen,<br />

beispielsweise gibt es 35 Euro für<br />

das Transitionsgespräch. Auch Fallkonferenzen<br />

und gemeinsame ärztliche<br />

Sprechstunden für die Patienten<br />

werden extra honoriert.<br />

4<strong>10</strong> Jugendliche nahmen laut Dr.<br />

Müther seit 2009 am Programm teil,<br />

168 davon mit Diabetes Typ 1. Über<br />

zwei Jahre begleitet wurden 178 Teilnehmer,<br />

von diesen hatten 93 Diabetes<br />

Typ 1. Cornelia Kolbeck<br />

http://bit.ly/2uYKAj8<br />

Dr. Silvia Müther<br />

Mitinitiatorin<br />

des Berliner<br />

TransitionsProgramm<br />

e.V.<br />

Foto: privat<br />

Strategie plus Wettbewerb<br />

Positionen der Diagnostica-Industrie zur Diabetesversorgung<br />

BERLIN. In einem Fünf-Punkte-Papier<br />

plädiert der Verband der Diagnostica-<br />

Industrie (VDGH) dafür, dass die<br />

Bundesregierung der Volkskrankheit<br />

Diabetes einen höheren Stellenwert<br />

einräumt und in ihrem Programm eine<br />

nationale Diabetesstrategie verankert.<br />

Die Forderungen an die Politik<br />

wurden vom Ausschuss Diabetes-Selbstmanagement<br />

des VDGH<br />

zusammengetragen. Der Verband<br />

vertritt die Interessen von <strong>10</strong>0 Unternehmen,<br />

die Untersuchungssysteme<br />

und Reagenzien zur Diagnostik<br />

anbieten. Kurzgefasst heißt es:<br />

1. „Wir brauchen eine nationale Diabetesstrategie.“<br />

Die Festlegung<br />

von Versorgungszielen sollte mit<br />

einem regelmäßigen Monitoring<br />

über den Grad der Zielerreichung<br />

verbunden werden. Hierfür sind<br />

die Versorgungsforschung zu intensivieren<br />

und systematische Berichtssysteme<br />

zu etablieren.<br />

2. In den bestehenden Früherkennungsprogrammen<br />

sollten Blutzuckerwerte<br />

und das individuelle<br />

Diabetesrisiko mit geeigneten<br />

labordiagnostischen Verfahren<br />

regelmäßig bestimmt werden.<br />

„Die heutige Ausgestaltung der<br />

Früherkennung entspricht nicht<br />

mehr dem Stand der medizinischen<br />

Erkenntnisse und bedarf<br />

der Weiterentwicklung.“<br />

3. Selbstmessung als unverzichtbarer<br />

Bestandteil des Diabetesmanagements.<br />

Der Patient muss<br />

zusammen mit seinem Arzt ausreichende<br />

Wahlmöglichkeiten für<br />

das passende Messsystem haben.<br />

„Eigenverantwortung benötigt<br />

Entscheidungsfreiheit.“<br />

4. Kosteneinsparungen in der Hilfsmittelversorgung<br />

dürfen nicht<br />

zulasten der Versorgungsqualität<br />

gehen. Messsysteme müssen für<br />

den Patienten gut handhabbar<br />

und mit Schulungs- und Serviceprogrammen<br />

verknüpft sein. Die<br />

stetige Verfügbarkeit von Geräten<br />

und Zubehör ist sicherzustellen.<br />

„Der Fokus auf den niedrigsten<br />

Preis greift zu kurz.“<br />

»Diabetes<br />

braucht<br />

Digitalisierung«<br />

5. „Diabetes braucht Digitalisierung.“<br />

Die Möglichkeiten der Digitalisierung<br />

(eHealth, mHealth)<br />

bieten Patienten und Ärzten<br />

enorme Chancen und können die<br />

Qualität der Diabetesbehandlung<br />

steigern. Die Industrie entwickelt<br />

hier neue Lösungen, die die Kommunikation<br />

zwischen Arzt und<br />

Patient verbessern. Der Zugang<br />

zu digitalen Anwendungen ist zu<br />

fördern, ihre Erstattung im Leistungskatalog<br />

der GKV ist sicherzustellen.<br />

REI<br />

Quelle: www.vdgh.de/stellungnahmen-positionen/positionen

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