Wandel
Lösungen für eine bessere Welt Global Investor, 01/2017 Credit Suisse
Lösungen für eine bessere Welt
Global Investor, 01/2017
Credit Suisse
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GLOBAL INVESTOR 1.17 —41<br />
Flexibles Arbeiten<br />
Arbeit im neuen<br />
Jahrtausend<br />
Zahlreiche Faktoren wie die fortschreitende Automatisierung und Robotertechnik, unsere höhere<br />
Lebenserwartung, die Unterfinanzierung der Pensionssysteme und die andersdenkenden<br />
jüngeren Generationen verändern das Angebot und die Nachfrage für Arbeit, wie wir sie kennen.<br />
INTERVIEW VON RETO HESS, Credit Suisse<br />
Reto Hess: Die Digitalisierung – speziell<br />
die Informations- und Kommunikationstechnologie<br />
(ICT) – übt einen immer grösseren<br />
Einfluss auf unser tägliches Leben aus,<br />
unser Arbeitsleben mit eingeschlossen. Von<br />
welchem Ausmass der Veränderungen<br />
sprechen wir?<br />
Jacques van den Broek Vor Kurzem<br />
haben wir unseren Bericht Flexibility@work<br />
2016 zur Zukunft der Arbeit im digitalen<br />
Zeitalter veröffentlicht, der sich gezielt mit<br />
den derzeit wahrnehmbaren Folgen der<br />
Digitalisierung auseinandersetzt. Es gibt<br />
hier zwei verschiedene Überlegungen: Nach<br />
der ersten, etwas fatalistischeren, werden<br />
rund 40 Prozent der Arbeitsplätze verschwinden.<br />
Gemäss der zweiten Überlegung,<br />
die auch die OECD in einem separaten<br />
Bericht unterstützt, würde jedoch die Hälfte<br />
der Arbeitsplätze ohnehin einen natürlichen<br />
<strong>Wandel</strong> vollziehen.<br />
Mit welchen Wünschen kommen Ihre<br />
Kunden heute zu Ihnen? Gibt es<br />
irgendwelche Besonderheiten, die Sie<br />
beobachten können?<br />
Jacques van den Broek Ich stelle fest,<br />
dass sich die Menschen gerne auf ein<br />
bestimmtes Idealprofil versteifen. Das sagt<br />
mir sofort, dass sie nicht viel über den<br />
Arbeitsmarkt wissen. Sie als Kunde könnten<br />
beispielsweise nach einem Mitarbeitenden<br />
suchen, der Mitte 30 ist, über entsprechende<br />
Kenntnisse verfügt und beim grössten<br />
Konkurrenten erfolgreich tätig war, nun aber<br />
nach einer neuen Herausforderung in<br />
Ihrem Unternehmen sucht. Diesen Mitarbeitenden<br />
werden Sie so nicht finden. Wir<br />
versuchen daher zunehmend, den Fokus der<br />
Unter nehmen weg von ihren Idealvorstellungen<br />
hin zu jüngeren Menschen, älteren<br />
Menschen oder vielleicht auch Menschen<br />
aus einem anderen Land zu lenken.<br />
Konnten Sie beobachten, dass sich infolge<br />
der wachsenden Bedeutung der ICT<br />
und der zunehmenden Automatisierung die<br />
Nachfrage von wissensbasierten Berufen<br />
auf kreativere oder stärker sozialorientierte<br />
Tätigkeiten verlagert hat?<br />
Jacques van den Broek Nein. Dafür ist<br />
es noch ein bisschen zu früh. Wenn wir<br />
beispielsweise von künstlicher Intelligenz<br />
reden, entspricht das Höchste, was unsere<br />
Jacques van den Broek<br />
Jacques van den Broek ist CEO und<br />
Vorstandsvorsitzender der Randstad<br />
Holding nv. Er absolvierte ein Jurastudium<br />
an der Universität Tilburg in den<br />
Niederlanden und hielt kurzzeitig eine<br />
Managementposition bei Vendex International<br />
inne, bevor er 1988 als Niederlassungsleiter<br />
zu Randstad wechselte.<br />
2004 wurde er in den Vorstand berufen.<br />
Branche derzeit vorweisen kann, dem<br />
Intellekt eines zweijährigen Kindes. Das<br />
heisst, in 78 Prozent der Fälle erkennt<br />
künstliche Intelligenz das Bild einer Katze<br />
als Katze. Wenn es darum geht, ein<br />
persönliches Profil auszuwählen – vor allem<br />
das eines Wissensarbeiters –, wird es<br />
noch einige Jahre dauern, bis die Technologie<br />
diese Entscheidung treffen kann.<br />
Kommen wir noch einmal auf den Bericht<br />
zurück, den Sie eingangs erwähnt haben.<br />
Darin heisst es, dass die Fortschritte<br />
in der ICT zu einer Polarisierung der Arbeit<br />
führen. Die Nachfrage für hoch bezahlte<br />
Hightech-Tätigkeiten und gering bezahlte,<br />
einfache Jobs bleibt dabei bestehen,<br />
während die Mitte verliert. Wie kommt es<br />
dazu?<br />
Jacques van den Broek Wir finden<br />
Nichtroutinearbeiten am oberen und am<br />
unteren Ende des Arbeitsmarktspektrums.<br />
Ein Gärtner etwa verrichtet eine nicht<br />
routinemässige Arbeit, die sich auch nicht<br />
automatisieren lässt. Eine Krankenschwester<br />
führt Nichtroutinearbeiten durch,<br />
die sich nur teilweise automatisieren lassen.<br />
Interessant ist, dass die bislang hoch<br />
angesehene mittlere Angestelltentätigkeit<br />
sehr schnell verschwindet. Dies ist insofern<br />
problematisch, als die meisten Sozialsysteme,<br />
die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg<br />
errichtet wurden – allen voran die Pensions-,<br />
Gesundheits- und Bildungssysteme – >