Stolpersteine_2017_lowRES
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Biografie von Trude Marx (1909 - 1982)<br />
von Julian Dominicus, Klasse 8s<br />
Trude Frank wurde am 21.09.1909 in Bruchsal als Tochter von Simon und Rosalie Marx geboren.<br />
Sie absolvierte wie ihre Schwester zunächst die Höhere Mädchenschule und danach<br />
zwei Jahre die Handelsschule in Bruchsal, war dann über drei Jahre Lehrling bei der Süddeutschen<br />
Diskonto Gesellschaft in Bruchsal und blieb danach noch ein Jahr dort. Danach<br />
arbeitete sie als Buchhalterin bei der Tabakfabrik „Körner, Bürger & Co.“ in Bruchsal. Diese<br />
Stelle verlor sie 1937/38, als der Betrieb arisiert wurde. Mit ihrer Cousine mütterlicherseits,<br />
Ruth Mayer, wanderte sie am 01.12.1938 per Schiff von Hamburg in die USA aus. Ruth lebte<br />
bereits 1935 in Bruchsal bei Familie Marx und konnte von hier aus täglich ihre Arbeitsstelle<br />
in Karlsruhe, bei einer Bank, besser erreichen als von ihrem Heimatort Leimersheim aus.<br />
Man erzählt sich in Leimersheim, dass Ruth in Bruchsal sogar eine Liebschaft mit einem SA-<br />
Mann gehabt haben soll. Wie ihre Schwester Betty „Liesel“ Marx lebte Trude in Cincinnati,<br />
Ohio. Zunächst arbeitete sie von 1938 bis zu ihrer Eheschließung im August 1944 bei der<br />
Firma „Fashion Frocks“. Sie heiratete Berthold Frank, der 1998 starb. Nach der Eheschließung<br />
war sie Hausfrau. Woher sie sich kannten und seit wann, ist nicht bekannt, auch nicht,<br />
ob sie sich eventuell schon in Deutschland kannten. Die beiden hatten keine Kinder. Trude<br />
Frank starb am 01.07.1982 in Cincinnati. Über das Leben der beiden Schwestern in den USA<br />
ist nichts weiter bekannt. Nach Auskunft des Großcousins von Trude und Betty, Kurt Roberg,<br />
der auch in die USA auswanderte und die beiden in den 1950ern einige Male in Cincinnati<br />
besuchte, waren beide sehr hilfsbereite Menschen und kümmerten sich sehr – vor<br />
allem die unverheiratete Betty Marx – um ihre Tante Johanna, die Gurs überlebt hatte und<br />
1947 nach Cincinnati zu den beiden Nichten ausgewandert war. Auch blieb die ebenfalls<br />
kinderlose Cousine Ruth Mayer, dann verheiratete Spiegel, ebenfalls zeitlebens in Cincinnati<br />
und sicher in engem Kontakt mit Betty und Trude. Laut Kurt Roberg waren die Schwestern<br />
Besitzliste der Charlotte Mayer zum Zeitpunkt der Deportation, mit Unterschriften ihrer Neffen und Nichten:<br />
Betty Marx, Trude Frank, Ruth Spiegel, Wilhelm und Friedrich Mayer. Foto: GLA Karlsruhe, 480 Nr. 25183<br />
desillusioniert und die ganze Familie hatte nur bittere Erinnerungen an Deutschland. Auch<br />
wurden sie für die meisten Verluste ihres Vermögens nie entschädigt. Da der Wiedergutmachungsprozess<br />
voller bürokratischer Hindernisse und Verzögerungen war, wollten sie nie<br />
wieder in ein Land zurückkehren, das sie so schlecht behandelt hatte und den Tod so vieler<br />
naher Verwandter und Freunde verursacht hatte.<br />
Biografie von Charlotte „Lina“ Mayer (1880-1942)<br />
von Jonas Gerzen, Klasse 8u<br />
Charlotte, genannt „Lina“ Mayer wurde am 02.12.1880<br />
in Leimersheim geboren. Ihr Vater Moses Mayer führte<br />
ein gutgehendes Geschäft (Viehhandel und Eisenwaren)<br />
in Leimersheim, das er 1891 von seinem Vater übernommen<br />
hatte und bei seiner Schließung 1938 eine über<br />
100-jährige Familientradition hatte. Moses Mayer war in<br />
der Gemeinde wohl sehr anerkannt, da er von 1900 bis<br />
1909 Gemeinderat war und auch weitere Ämter inne hatte.<br />
Charlotte hatte vier Geschwister, mit denen sie in Leimersheim aufwuchs, darunter Rosalie<br />
verh. Marx (siehe oben). Sie erlernte keinen Beruf und blieb unverheiratet und kinderlos. Ihr<br />
Spitzname in Leimersheim war „Fules Lins“, Fules leitet sich dabei wohl von einem Namen<br />
ab. Es ist anzunehmen, dass sie zeitlebens bei ihrer Mutter, die 1931 starb, und dann bei<br />
der Familie ihres Bruders Samuel lebte. Samuel hatte das Geschäft seines Vaters übernommen,<br />
war außerdem Vorsteher der israelitischen Kulturgemeinde und im Ehrenausschuss<br />
des Krieger- und Militärvereins und konnte dank seiner Kutsche große Gewinne bei einem<br />
Ziegeleifabrikanten der Gegend machen. Die Familie und auch das Eisenwarengeschäft „J.<br />
Mayer und Sohn“ galten in Leimersheim als ehrenwert und wohlhabend. Nach Samuels<br />
Tod 1936 führte es dessen Witwe Bertha-Betty zusammen mit ihrer Tochter Sophie weiter.<br />
Nachdem die drei – Charlotte „Lina“, Bertha-Betty und Sophie Mayer – am 10.11.1938 aus<br />
Leimersheim nach Bruchsal ausgewiesen wurden, wohnten sie bei Linas Schwester Rosalie<br />
Marx. Eine Rückkehr in die Pfalz, selbst zum Verkauf des Geschäftshauses, wurde ihnen<br />
von den Behörden verweigert. In mehreren Schreiben baten die drei um die Überweisung<br />
der Pachtzinsen an die ledige und berufslose Lina, deren Äcker an mehrere Leimersheimer<br />
Bauern verpachtet waren. Ob bezahlt wurde, ist mehr als fraglich. Bertha-Betty und Sophia<br />
Mayer zogen bald weiter nach Karlsruhe, Charlotte „Lina“ und ihre Schwester Rosa Marx<br />
wohnten zunächst in der Friedrichstr. 76, direkt neben der Synagoge im Haus des Synagogendieners.<br />
Zuletzt wohnten sie in der Huttenstr. 2, bevor sie am 22.10.1940 durch die<br />
Gestapo nach Gurs deportiert wurden. Ihre gesamten Möbel und Haushaltsgeräte im Wert<br />
von 2043 RM (Reichsmark) wurden beschlagnahmt. 1941 wurde sie zusammen mit Rosa<br />
Marx von Gurs weiterverlegt nach Noe und dort interniert. 1942 kam sie kurzzeitig nach<br />
Recebedou und Drancy. Am 12.08.1942 wurde sie nach Auschwitz gebracht und dort sehr<br />
wahrscheinlich direkt nach der Ankunft ermordet.<br />
30 31<br />
Unterschriften unter einem Brief vom<br />
10.12.1938 an die NSDAP-Kreisleitung<br />
Speyer. F.: Gemeindearchiv Leimersheim