COLUMBA Magazin 3-2017
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Am Ende spielt Wagners Götterdämmerung, während ihr Sarg<br />
hinabgelassen wird. Den Musiker aus Bayreuth hatte Elisabeth<br />
ein Leben lang vergöttert, seine Klänge begleiten sie nun in den<br />
Tod. Roland Friedrich weiß: seine Frau ist schon vor zwei Wochen<br />
gestorben, nicht erst jetzt. Trotzdem: „Es ist etwas anderes, den<br />
Körper in der Erde versinken zu sehen. Bis jetzt hat ein Teil von<br />
mir geglaubt, dass sie nur lange schläft“, sagt er und wischt sich<br />
mit der linken Hand über die Augen. Dann hält er inne. Streckt<br />
seine Hand von sich und betrachtet sie, als hätte er gerade etwas<br />
wiederentdeckt, das er zu lange vergessen hatte. Dreimal dreht<br />
er den goldenen Ehering an seinem Finger, dann versteckt er sein<br />
Gesicht in den Handflächen. Er weint.<br />
Von Manuel Stark<br />
Es ist Frühjahr, März <strong>2017</strong>, als Elisabeth Hahn und Roland<br />
Friedrich sich entschließen, zu ihrem letzten gemeinsamen<br />
Urlaub aufzubrechen. Sie sitzen nebeneinander auf<br />
dem Polster ihrer Schaukelbank, drei Decken sind über Beine<br />
und Oberkörper geschlungen. Noch liegt der Nebel kalt und<br />
feucht über dem Tal, so dick, dass sie nicht einmal die nur ein<br />
paar Schritte entfernte Haustür sehen können. Roland hat vor<br />
der Schaukel auf der Grasnarbe eine Gummimatte ausgebreitet,<br />
damit die Füße nicht nass werden vom Tau. Elisabeth hat neben<br />
der Schaukel auf einem Plastiktisch Tee angerichtet, damit<br />
die Körper nicht frieren müssen vor Kälte. „Weißt du was? Wir<br />
sollten nach Spanien fliegen“, sagt Elisabeth zu ihrem Roland.<br />
„Noch einmal Urlaub. Das haben wir verdient. Lange halten wir<br />
zwei Knacker es doch sowieso nicht mehr aus.“ Roland ist 78 und<br />
hat eine Herzschwäche, Elisabeth ist 72 und hat Lungenkrebs.<br />
Geraucht hat sie zuletzt, als sie 17 war, an dem Tag, als sie und<br />
Roland ein Paar wurden. Roland mochte das Rauchen nicht.<br />
Die Geschichte von Roland und Elisabeth ist die Geschichte<br />
einer Liebe, die auf das Leben traf, in der nichts vollkommen<br />
ist, alles seine Fehler hat. Und die zeigt, dass Unvollkommenheit<br />
zwei Menschen näher zueinander führt. Mit 19 zog<br />
Elisabeth in Rolands Wohnung, eine Traumwohnung, wie beide<br />
erzählen, wenige Jahre später wurde der Mietvertrag gekündigt.<br />
Als sie 25 war, kauften die beiden sich ein kleines Haus, sie kannten<br />
es nur von außen und zahlten zu viel. Roland arbeitete Monate<br />
daran, es zu renovieren. Mit 26 war das erste Kind auf dem<br />
Weg, Michael wurde tot geboren. Mit 28 kam Florian. Der brach<br />
drei Studiengänge ab und als er 26 war, wurde er Azubi zum Feinwerkzeugmechaniker.<br />
Bis dahin wohnte er Zuhause.<br />
Letzte Götterdämmerung<br />
Elisabeth und Roland Friedrich waren ein Leben lang ein Paar.<br />
Geheiratet haben sie erst ganz zum Schluss. Über die letzte<br />
Spurensuche einer Liebe<br />
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