Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald- AugenBLICKE
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<strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
<strong>AugenBLICKE</strong>
<strong>Landkreis</strong> <strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong> <strong>AugenBLICKE</strong>
FRANKFURT<br />
STRASSBURG<br />
FREIBURG i. Br.<br />
STUTTGART<br />
<strong>Breisgau</strong>-Hochschwazwald<br />
FRANKREICH<br />
BASEL<br />
SCHWEIZ<br />
Vogtsburg<br />
Breisach am Rhein<br />
Gundelfingen<br />
Freiburg<br />
Kirchzarten<br />
Bad Krozingen<br />
Titisee-Neustadt<br />
Staufen im <strong>Breisgau</strong><br />
Löffingen<br />
Neuenburg am Rhein<br />
Müllheim
<strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
<strong>AugenBLICKE</strong><br />
Landratsamt <strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
in Zusammenarbeit mit der neomediaVerlag GmbH
Impressum<br />
Herausgeber<br />
Landratsamt<br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
Stadtstraße 2<br />
79104 Freiburg<br />
Tel. 0761 2187-0<br />
poststelle@lkbh.de<br />
www.breisgau-hochschwarzwald.de<br />
neomediaVerlag GmbH<br />
Industriestraße 23<br />
48653 Coesfeld<br />
Tel. 02546 9313- 0<br />
info@neomedia.de<br />
www.neomedia.de<br />
Redaktion/Lektorat<br />
Landratsamt <strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong>,<br />
Matthias Fetterer / Claudia Geisselbrecht<br />
Claudia Füßler<br />
neomediaVerlag GmbH,<br />
Brigitte Lichtenthaeler / Günter Poggemann<br />
Projektakquise<br />
Bernd Kirchdörfer<br />
Bildnachweis<br />
Daniel Schoenen / Landratsamt Breis gau-<br />
<strong>Hochschwarzwald</strong>, Matthias Fetterer /<br />
Badischer Sportbund / Friedemann Hahn /<br />
Helmut Lutz / Arno Zahlauer<br />
Porträt- und Firmenfotos stammen, soweit<br />
nicht anders vermerkt, von den jeweiligen<br />
Personen und Unternehmen.<br />
Printed in Germany 2013<br />
Das Manuskript ist Eigentum des Verlages.<br />
Alle Rechte vorbehalten. Dem Buch liegen<br />
neben den Beiträgen der Autoren Darstellungen<br />
und Bilder der Firmen und Einrichtungen<br />
zugrunde, die mit ihrer finanziellen Beteiligung<br />
das Erscheinen des Buches ermöglicht<br />
haben.<br />
Druck<br />
Poppen & Ortmann, 79115 Freiburg<br />
Buchbinderische Verarbeitung<br />
walter industriebuchbinderei GmbH,<br />
79423 Heitersheim<br />
Bibliographische Information der Deutschen<br />
Bibliothek<br />
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation<br />
in der Deutschen Nationalbibliographie;<br />
detaillierte Daten sind im Internet über<br />
www.dnb.de abrufbar.<br />
ISBN 978-3-931334-71-0
INHALT<br />
5<br />
<strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
<strong>AugenBLICKE</strong><br />
10 <strong>AugenBLICKE</strong> auf einen<br />
außergewöhnlichen <strong>Landkreis</strong><br />
Dorothea Störr-Ritter<br />
16 Ein wunderschönes Fleckchen Erde –<br />
Meine Heimat!<br />
Georg Thoma<br />
20 Bodenständig – und trotzdem<br />
ehrgeizig und erfolgreich!<br />
Natalie Lumpp<br />
24 Es war einmal...<br />
Hans Benesch<br />
26 Ferien in Seppenhofen sind<br />
kleine Auszeiten<br />
Erzabt Tutilo Burger<br />
28 Qualität und Nachhaltigkeit für<br />
Kunden, Mitarbeiter und Umwelt<br />
AHP Merkle GmbH<br />
30 Der kommunale Energiewende-Partner<br />
badenova AG & Co. KG<br />
32 Auf der Sonnenseite des südlichen<br />
Schwarzwalds<br />
Badenweiler Thermen und Touristik GmbH<br />
32 Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
– das Tor zu Deutschland<br />
Charles Buttner<br />
36 Uns zieht hier nichts mehr weg<br />
Charly und Benedikt Doll<br />
40 Der <strong>Landkreis</strong> und die Region<br />
bewegen sich<br />
Jochen Glaeser<br />
42 Das Autobahnschild zeigt es an:<br />
Bald sind wir zu Hause!<br />
Erivan Karl und Helga Haub<br />
44 Urlaubsparadies unter Palmen<br />
Badeparadies Schwarzwald TN GmbH<br />
45 Neue Energie aus Abfall<br />
EEW Energy from Waste Saarbrücken<br />
GmbH – TREA <strong>Breisgau</strong><br />
46 Menschen begleiten und unterstützen<br />
Caritasverbände Freiburg-Stadt und<br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
48 Was wären wir alle ohne den Sport!<br />
Gundolf Fleischer<br />
52 Ausgewandert – Eingewandert<br />
Karin Gündisch<br />
56 Malen im Schwarzwald<br />
Friedemann Hahn<br />
59 Partner der Getränkeindustrie weltweit<br />
Jürgen Escher Etikettier- und Anlagentechnik,<br />
Dienstleistung und Handel<br />
60 Wir sind nicht die Toskana<br />
Deutschlands<br />
Joachim Heger
6<br />
INHALT<br />
63 Ideen nehmen Formen an<br />
Heckel Präzisionsteile GmbH<br />
64 Ökologisch und regional aus Tradition<br />
Energiedienst Holding AG<br />
65 Diagnose- und Abgas-Messgeräte<br />
„made in Ihringen“<br />
Hella Gutmann Solutions GmbH<br />
66 Feldbergbahn und der Liftverbund –<br />
ein Zusammenspiel im Sommer<br />
und Winter<br />
Feldberg Touristik/Liftverbund Feldberg<br />
68 Wir haben es doch gut<br />
Fritz Keller<br />
72 Oberelsass und <strong>Breisgau</strong>-<br />
<strong>Hochschwarzwald</strong> – eine europäische<br />
Landschaft am Rhein<br />
Jean Klinkert<br />
74 Meine Heimat: mein Rückzugsgebiet<br />
und meine Oase der Kraft<br />
Joachim Löw<br />
78 Aus drei Quellen schöpfen<br />
Helmut Lutz<br />
80 Zentral, flexibel, naturnah<br />
Gewerbepark <strong>Breisgau</strong><br />
82 Innovativer Brandschutz aus dem<br />
Markgräflerland<br />
Hekatron Vertriebs GmbH<br />
84 Bad Krozingen im Markgräflerland –<br />
mit Wein und Wasser beschenkt<br />
Kur und Bäder GmbH Bad Krozingen<br />
85 Zukunft, auf Tradition gebaut<br />
Scholler Technocell GmbH & Co. KG
INHALT<br />
7<br />
<strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
<strong>AugenBLICKE</strong><br />
86 Eine dynamische Wirtschaftsregion<br />
Prof. Dr. Klaus Mangold<br />
88 Über den Tellerrand geschaut<br />
Prof. Dr. Bernd Martin<br />
92 Im Mittelpunkt steht der Mensch<br />
Peter Ohmberger<br />
96 „…dass einem fast schwindlig wird!“<br />
Stefan Pflaum<br />
100 Alles rund um das Getreide<br />
Löffel-Mühlen GmbH/Löffel-Logistik GmbH<br />
102 Mehr als nur Großhändler für Obst<br />
und Gemüse<br />
Merkur Frucht GmbH<br />
104 Vom Metallschrott zum Wertstoff<br />
Metallverwertungsgesellschaft mbH<br />
106 Den Arm in die Welt ausgestreckt<br />
Philipp Rauenbusch<br />
110 Hier bin ich gerne zu Hause!<br />
Bernd Sahner<br />
112 Wir können gar nicht anders als<br />
miteinander<br />
Dr. Dieter Salomon<br />
118 Gewachsen in Generationen<br />
Framo Morat GmbH & Co. KG / F. Morat & Co. KG<br />
119 Messbar mehr bewegen<br />
Siko GmbH
8<br />
INHALT<br />
120 Schnellkupplungssysteme für jede<br />
Anwendung<br />
A. RAYMOND GmbH & Co. KG<br />
121 Damit wird gebaut<br />
Saint-Gobain Weber GmbH<br />
122 Fair.Menschlich.Nah<br />
Sparkassen Freiburg-Nördlicher <strong>Breisgau</strong>,<br />
<strong>Hochschwarzwald</strong>, Markgräflerland,<br />
Staufen-Breisach<br />
124 Pudelwohl „unter meinen Leuten“<br />
Dr. h. c. Walter Scheel<br />
126 Lohnende Anreize für eine<br />
work & life balance<br />
Prof. Dr. Eberhard Schockenhoff<br />
128 Von der Anbetung zur Arbeit –<br />
von der Arbeit zur Anbetung<br />
Schwester Germana Ganter<br />
130 Ich habe alles, was ich brauche<br />
Ramona Straub<br />
132 herz.erfrischend.echt<br />
Hansy Vogt<br />
134 Aus der Ferne gesehen…<br />
Franz Freiherr von Mentzingen<br />
136 Innovative Reinigungssysteme<br />
aus dem Schwarzwaldhaus<br />
Wandres GmbH micro-cleaning<br />
137 Die Spezialisten für<br />
Alarmierungssysteme<br />
SWISSPHONE Telecommunications GmbH<br />
138 Alte Gemäuer mit neuem Leben gefüllt<br />
Sutter 3 KG<br />
140 Sicherheit für Geld- und Wertdienste<br />
ZIEMANN SICHERHEIT GmbH<br />
141 Ein Höhepunkt der Weinkultur<br />
Weingut Abril GbR<br />
142 Kultur und Tradition verbindet<br />
Menschen<br />
Alfred Vonarb<br />
146 Land der Gegensätze!<br />
Martin Wangler<br />
150 Kunstförderung oder <strong>Landkreis</strong><br />
mit Kunst<br />
Sybille Wermelskirchen<br />
152 Ein Leben mit der Natur Hand in Hand<br />
Heidi Wiesler<br />
154 Geschichten über Geschichten im<br />
Schwarzwaldkloster<br />
Dr. Arno Zahlauer<br />
158 Hochleistungsmedizin mit Herz –<br />
fürs Herz<br />
Universitäts-Herzzentrum Freiburg •<br />
Bad Krozingen GmbH<br />
160 Ein Hidden Champion aus dem<br />
Markgräfler Land<br />
UTP Schweissmaterial – Zweigniederlassung<br />
der Böhler Schweisstechnik Deutschland GmbH<br />
162 Schnelle Helfer in der Unfall- und<br />
Wiederherstellungschirurgie<br />
Zimmer international Logistics GmbH<br />
164 Übersicht der PR-Bildbeiträge
INHALT<br />
9<br />
<strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
<strong>AugenBLICKE</strong>
10 DOROTHEA STÖRR-RITTER<br />
DOROTHEA STÖRR-RITTER<br />
geb. 1955 in Freiburg i. Br. I verheiratet, zwei Töchter I 1974 Abitur in Waldkirch I<br />
Studium der Rechtswissenschaften in München und Konstanz I Rechtsanwältin in<br />
Waldkirch, Stuttgart, Freiburg und Todtnau I 1998 - 2002 CDU-Bundestagsabgeordnete<br />
I 2002 - 2005 Landesgeschäftsführerin der CDU Baden-Württemberg I<br />
2002 - 2008 ehrenamtliche Präsidentin des Bundes der Selbstständigen in Baden-<br />
Württemberg I seit März 2008 Landrätin des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
I seit Oktober 2011 Mitglied im Nationalen Normenkontrollrat<br />
<strong>AugenBLICKE</strong> auf einen<br />
außergewöhnlichen <strong>Landkreis</strong><br />
Zum ersten Mal die Augen geöffnet habe ich – zugegebenermaßen vor etwas mehr als<br />
40 Jahren! – in der Stadt Freiburg. Aufgewachsen bin ich im benachbarten Elztal, im<br />
<strong>Landkreis</strong> Emmendingen. Die Kreisreform im Jahr 1973 habe ich deshalb aus „sicherer“<br />
Entfernung nur beobachten können. Für das, was sich damals für die Altlandkreise Freiburg,<br />
Müllheim und <strong>Hochschwarzwald</strong> und ihre Bevölkerung geändert hat, bin ich nicht<br />
wirklich Zeitzeugin. Umso mehr kann ich aber aus heutiger Sicht bezeugen, dass sich der<br />
1973 gebildete <strong>Landkreis</strong> <strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong> in den letzten 40 Jahren trotz aller<br />
Unterschiedlichkeiten, zum Beispiel in den Klimazonen, in den Naturräumen, in der Topographie,<br />
in seinen Gemeinden und in der<br />
Mentalität seiner Bürgerinnen und Bürger<br />
zu einem stabilen, starken <strong>Landkreis</strong> entwickelt<br />
hat, für den es lohnt, sich auch in<br />
Zukunft einzusetzen.<br />
Vermutlich damals ohne „besonderen<br />
Weitblick“ haben mir meine Eltern durch<br />
das Zusammenführen ihrer Familien die<br />
ideale Voraussetzung für meine heutige<br />
Tätigkeit in diesem <strong>Landkreis</strong> mitgegeben:<br />
ein Teil der Familie stammt aus dem<br />
sonnigen <strong>Breisgau</strong>, der andere aus dem<br />
etwas kühleren <strong>Hochschwarzwald</strong>. Die<br />
Freude an den Genüssen und Schönheiten<br />
des Lebens wurde mir wohl ebenso<br />
in die Wiege gelegt wie das Durchhalten<br />
bei widrigen Verhältnissen.
DOROTHEA STÖRR-RITTER<br />
11<br />
Ausgeprägte Radtouren entlang des<br />
Rheins mit Blick zu unseren französischen<br />
Nachbarn und heitere Weinwanderungen<br />
im Kaiserstuhl, Tuniberg oder Markgräflerland<br />
liebe ich ebenso wie den anstrengenden<br />
Bergsport in subalpinem Gelände<br />
mit Blick auf die Schweizer Alpen. Die Kulturen<br />
des Oberrheins mit seiner Trinationalität<br />
faszinieren mich, aber auch die Traditionen<br />
des <strong>Hochschwarzwald</strong>es. Eine kleine<br />
Kapelle am Wegrand zieht mich in ihrer<br />
Bescheidenheit genauso an wie eine stattliche<br />
Klosteranlage.<br />
Offene Augen für das Sichtbare und innere<br />
Offenheit für das Unsichtbare sind erforderlich,<br />
um diesen einzigartig vielfältigen<br />
<strong>Landkreis</strong> und seine Menschen zu<br />
erkennen und zu verstehen.<br />
Ich maße mir nicht an zu sagen, dass mir dies vollumfänglich gelingen<br />
könnte. Aber ich habe das Gefühl, dass ich hier daheim bin,<br />
dass ich hier meine Wurzeln habe, und auch – im wirklichen Sinne<br />
des Wortes – meinen „Lebensmittelpunkt“ gefunden habe.<br />
Dass ich für diesen <strong>Landkreis</strong> im Jahr 2007 zur ersten Landrätin<br />
Baden-Württembergs gewählt worden bin, erfüllt mich mit großer<br />
Dankbarkeit. In keinem Augenblick meines „Lebens davor“ habe<br />
ich an eine solche persönliche Entwicklung gedacht. Das verantwortungsvolle<br />
Amt brachte es mit sich, dass ich seither mit noch<br />
Offene Augen für das Sichtbare und<br />
innere Offenheit für das Unsichtbare<br />
sind erforderlich, um diesen einzigartig<br />
vielfältigen <strong>Landkreis</strong> und seine Menschen<br />
zu erkennen und zu verstehen.
12 DOROTHEA STÖRR-RITTER<br />
interessierteren Augen auf diese rund 1.400 Quadratkilometer<br />
mit den rund 250.000 Menschen<br />
und 50 Städten und Gemeinden vom Rhein bis zur<br />
Baar blicke. Einiges, was ich dabei sehe, möchte ich<br />
herausgreifen.<br />
Im tourismusstärksten <strong>Landkreis</strong> Baden-Württembergs<br />
bieten zahlreiche Betriebe unterschiedlichster<br />
Art im Bereich der Dienstleistungen und der „verzehrbaren“<br />
Erzeugnisse die Gewähr dafür, dass<br />
Menschen aus dem eigenen Land, dem benachbarten<br />
Ausland und der ganzen Welt Erholung,<br />
Lebensfreude und kulinarische Genüsse erleben dürfen.<br />
Aber auch in vielen anderen Branchen sorgen<br />
stabile, vorwiegend mittelständische, oft familiengeführte<br />
Unternehmen nicht nur für eine hohe Beschäftigungsquote. Dafür, dass wir derzeit<br />
mit die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland haben, garantieren diese<br />
Unternehmen ebenso wie unsere angesehenen Schulstandorte, geprägt durch kommunale<br />
und <strong>Landkreis</strong>schulen von hoher Qualität. Für die jeweils dafür erforderliche Infrastruktur<br />
zu sorgen und diese zu gewährleisten, ist eine der größten Herausforderungen für den<br />
<strong>Landkreis</strong>, ebenso wie der Erhalt des sozialen Netzes, angefangen von der medizinischen<br />
Versorgung bis zur Pflege, von der Kinderbetreuung bis zu Präventionsmaßnahmen und<br />
den vielfältigen sozialen Leistungen dort, wo sie gebraucht werden. Vor allem in diesem<br />
Bereich, mit besonderem Blick auf die Jugendarbeit und die Versorgung der älter gewordenen<br />
Menschen, ist der Einsatz vieler ehrenamtlich Tätigen und zahlloser Vereine und<br />
Initiativen von herausragender Bedeutung. Selbst in den kleinsten Gemeinden steht die<br />
Ehrenamtlichkeit – nicht zuletzt durch die Freiwilligen Feuerwehren – für Lebensqualität<br />
und für die Sicherheit in schwierigen Lebenslagen.<br />
Durch viele Einblicke, die ich mir immer wieder selbst verschaffe, habe ich den Eindruck,<br />
dass Mitmenschlichkeit und das Vertrauen zueinander und aufeinander in den Gemeinden<br />
und Städten des <strong>Landkreis</strong>es echte Gütesiegel sind und nicht nur den Menschen vor Ort,<br />
sondern dem ganzen <strong>Landkreis</strong> zugute kommen.<br />
Diesen außergewöhnlichen <strong>Landkreis</strong> mit seiner Geschichte, seiner Gegenwart, seiner Kultur,<br />
seinen Landschaften, seinem Lebensgefühl aus unterschiedlichsten Blickwinkeln einmal<br />
beschreiben zu lassen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, war von<br />
Anfang an als Landrätin mein Wunsch.<br />
Nicht das Aneinanderreihen trockener Fakten und Daten sollte dabei im Vordergrund stehen,<br />
sondern das Zusammentragen von Gegebenheiten und persönlichen An- und Einsichten,<br />
um – wie durch ein Schlüsselloch – auch in das Innere dieses „öffentlich-rechtlichen<br />
Konstruktes“ zu blicken.
DOROTHEA STÖRR-RITTER<br />
13<br />
Mit diesen „<strong>AugenBLICKE</strong>N“, liebe Leserinnen und Leser, können wir Ihnen nun zeigen,<br />
was sich dabei alles offenbart. Ich lade Sie ein, mehr als nur einen Blick in dieses Werk zu<br />
werfen. Es lohnt sich!<br />
Lassen Sie sich, liebe Leserinnen und Leser, in die Welt unserer Natur, unserer Traditionen,<br />
unserer Lebenswirklichkeiten und unserer Lebenschancen entführen, dargestellt aus Sicht<br />
vieler namhafter Autorinnen und Autoren, die bereit waren, mit ihren Augen für uns alle<br />
zugänglich auf den <strong>Landkreis</strong> zu blicken.<br />
Es ist mir wichtig, allen, die ihre „<strong>AugenBLICKE</strong>“ beigesteuert haben, von Herzen Dankeschön<br />
zu sagen. Es ist sicherlich keine Selbstverständlichkeit, ganz persönliche Gedanken<br />
und Sichtweisen zu unserem <strong>Landkreis</strong> in einem solchen Werk öffentlich preiszugeben.<br />
Aber genau diese persönlichen <strong>AugenBLICKE</strong> sind es, die dieses Buch so interessant und<br />
lesenswert machen. Es macht uns <strong>Breisgau</strong>-Hochschwarzwälder auch sehr stolz, solche<br />
Persönlichkeiten in unseren Reihen zu haben.<br />
Durch viele Einblicke,<br />
habe ich den Eindruck<br />
gewonnen, dass Mitmenschlichkeit<br />
und das<br />
Vertrauen zueinander<br />
im <strong>Landkreis</strong> echte<br />
Gütesiegel sind und<br />
nicht nur den Menschen<br />
vor Ort, sondern dem<br />
ganzen <strong>Landkreis</strong><br />
zugute kommen.
14<br />
DOROTHEA STÖRR-RITTER<br />
Ich freue mich aber auch, dass sich Unternehmen und Institutionen gefunden haben, die<br />
aufzeigen, was in unserem <strong>Landkreis</strong> alles geleistet wird, was dabei herauskommt, wenn<br />
mutige Unternehmerinnen und Unternehmer, kluge Köpfe und vieler Menschen Hände<br />
und Herzen dafür sorgen, dass Familien hier in ihrer Heimat Arbeit finden und dadurch für<br />
sich und andere sorgen können oder einfach nur aufgefangen werden. Lassen Sie sich<br />
mitnehmen auf die kurzen oder weiten Reisen, die bei uns erzeugte Produkte oder Dienstleistungen<br />
in alle Himmelsrichtungen unternehmen.<br />
Ich danke deshalb sehr herzlich allen Sponsoren, die mein Anliegen aufgenommen und<br />
durch ihre Beiträge dieses Buch ermöglicht haben. Mehr als einen Augenblick hat es gebraucht,<br />
bis dieses Buch fertiggestellt war. Für die vielen Stunden zusätzlichen Einsatzes<br />
danke ich deshalb meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihr außerordentliches<br />
Engagement. Sollte draußen immer noch das Vorurteil bestehen, in einer Behörde machten<br />
die Mitarbeiter nur Dienst nach Vorschrift, dann ist dieses damit endgültig widerlegt.<br />
Bei uns läuft’s anders.<br />
Der <strong>Landkreis</strong> ist<br />
zuverlässiger Partner<br />
der Gemeinden zur<br />
Unterstützung bei der<br />
Erfüllung ihrer Aufgaben<br />
und trägt zu<br />
einem gerechten<br />
Ausgleich der Lebensbedingungen<br />
in allen<br />
Regionen bei.<br />
Und deshalb wende ich einen meiner letzten Blicke auf unser Landratsamt mit seinen nahezu<br />
1.350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hauptstandort Freiburg und den Außenstellen<br />
in Breisach, Müllheim und Titisee-Neustadt. Seit 40 Jahren machen sich viele<br />
Frauen und Männer durch ihre beruflichen Tätigkeiten bei uns die Sache des <strong>Landkreis</strong>es<br />
zu ihrer eigenen. Das heißt, seit 40 Jahren versuchen alle, die beim Landratsamt beschäftigt<br />
waren oder sind, das Beste zu geben, um allen Bürgerinnen und Bürgern, die hier<br />
wohnen, arbeiten oder nur vorbeischauen, ein angenehmes Umfeld und damit beste<br />
Voraussetzungen für hohe Arbeits- und Lebensqualität zu ermöglichen. Jede Geschichte<br />
in diesem Buch ist deshalb zumindest auf den zweiten Blick auch eine Geschichte mit<br />
Bezug zum Landratsamt. Zu solchen Geschichten möchten wir auch in Zukunft zuverlässig<br />
und kompetent beitragen!<br />
Auch meine Vorgänger und die verantwortlichen Frauen und Männer in den jeweiligen<br />
Kreistagen möchte ich erwähnen. Kluge und weitsichtige Entscheidungen in allen <strong>Landkreis</strong><br />
relevanten Bereichen bilden ein solides Fundament und lassen uns zuversichtlich in<br />
die Zukunft blicken. Dafür danke ich sehr!<br />
Und ein Wunsch zum Schluss: Der <strong>Landkreis</strong> ist zuverlässiger Partner der Gemeinden zur<br />
Unterstützung bei der Erfüllung ihrer Aufgaben und trägt zu einem gerechten Ausgleich<br />
der Lebensbedingungen in allen Regionen bei. Er ist groß in seiner Fläche und trotzdem<br />
nah an den Menschen. Seine natürlichen Gegebenheiten und die vielfältigen Lebensleistungen<br />
dieser Menschen sind seine Stärke. Mögen die künftigen Entscheidungen der<br />
jeweils politischen Ebenen auch weiterhin die Stärkung des <strong>Landkreis</strong>es und der uns nachfolgenden<br />
Generationen mehr als nur im Blick haben.
DOROTHEA STÖRR-RITTER<br />
15<br />
zu ersetzen mit hochaufgelöstem Bild Schoenen
16 GEORG THOMA<br />
GEORG THOMA<br />
geb. 1937 I verheiratet, Vater einer Tochter I Hütejunge, Holzfäller, Postbote,<br />
staatlich geprüfter Skilehrer, Tennislehrer, TV-Kommentator I 1960 Olympiasieger<br />
in der Nordischen Kombination in Squaw Valley I 1964 Bronzemedaillengewinner in<br />
der Nordischen Kombination in Innsbruck I 1963 - 1965 dreimal in Folge Sieger des<br />
Skispringens am Holmenkollen in Oslo I 1966 Weltmeister in der Nordischen Kombination<br />
I Sportler des Jahres 1960 I nach Ende der aktiven Karriere achtfacher<br />
Seniorenweltmeister im Skilanglauf I Initiator des 1997 eröffneten Schwarzwälder<br />
Skimuseums in Hinterzarten<br />
Ein wunderschönes Fleckchen Erde –<br />
Meine Heimat!<br />
Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong> ist ein gesegneter Landstrich, der alles hat, was<br />
man zum Leben braucht – lebenswert und liebenswert. Die Natur ist vielfältig und abwechslungsreich,<br />
die Menschen sind ebenso unterschiedlich wie interessant, mit viel Sinn<br />
für Kultur und Tradition. Es ist ein wunderschönes Fleckchen Erde und meine Heimat.<br />
Diese liebe ich als Sportler ebenso innig wie als Genussmensch.<br />
Klar, ich bin Hochschwarzwälder, durch und durch geprägt vom kargen Leben in meiner<br />
Jugend. Der Vater im Krieg, die Mutter allein mit sieben Kindern, da musste ich schon<br />
früh selbst für das Essen arbeiten. Kaum zehn Jahre alt, war ich Hütebub auf dem Wunderlehof.<br />
Da hieß es Verantwortung zu übernehmen, morgens die Kühe melken und den<br />
Stall ausmisten und dann die Milch und die Butter an den Mann bringen. Die Schule in<br />
Hinterzarten war viele Kilometer weg. Im Sommer ging’s dorthin barfuß, im Winter dann<br />
– oft fast schneller – auf Skiern. Diese waren schwer und einfach konstruiert. Aber das<br />
alles hat sicherlich auch den späteren sportlichen Erfolg beflügelt.<br />
Wir Schwarzwälder sind ein wenig mit den Skandinaviern<br />
vergleichbar. Von Natur aus ein wenig schüchtern, aber<br />
dafür umso beharrlicher. Und Beharrlichkeit brauchst du im<br />
Sport. Wir sind tüchtige und bescheidene Menschen, die<br />
sich immer daran erinnern, woher wir kommen und wer<br />
wir sind. Wir schauen uns die Menschen erst einmal mit<br />
einer gewissen Zurückhaltung an, sind aber immer interessiert.<br />
Das war immer so in unserer Geschichte. Diese hat<br />
uns geformt. Und weil wir den Skandinaviern so ähnlich<br />
sind, habe ich mich wahrscheinlich während meiner sportlichen<br />
Karriere am besten mit den Skandinaviern verstan-
GEORG THOMA<br />
17<br />
den. Die langen, dunklen und harten Winter<br />
haben dort die Menschen geprägt. Zuerst<br />
wirken sie verschlossen. Nicht abweisend,<br />
sondern voller Respekt, aber trotzdem<br />
reserviert. So waren sie, meine sportlichen<br />
Konkurrenten aus Norwegen,<br />
Schweden und Finnland. War das Eis dann<br />
aber mal gebrochen, dann waren es die<br />
besten Kumpels.<br />
Von den Skandinaviern haben sich unsere<br />
Vorfahren auch das mit den Skiern abgeschaut.<br />
Deshalb haben der Skisport und<br />
Wintertourismus in Deutschland ihre Wiege<br />
hier bei uns. Die 1887 eröffnete Höllentalbahn<br />
brachte Skilaufbegeisterte aus Freiburg<br />
in den Schwarzwald. Hier erreichte<br />
im Februar 1891 der französische Konsulatssekretär Dr. Raymond<br />
Pilet erstmals auf Skiern den Gipfel des Feldbergs. Seit 1896 gab<br />
es Lauf- und Sprungwettbewerbe. Zu dem Zeitpunkt hat in den<br />
Alpenländern noch kaum einer an so etwas gedacht. Auch den<br />
ersten Schlepplift für Skiläufer gab es hier im Schwarzwald, in<br />
Schollach. Das liegt ebenfalls im heutigen <strong>Landkreis</strong> <strong>Breisgau</strong>-<br />
<strong>Hochschwarzwald</strong>.<br />
Der <strong>Landkreis</strong> <strong>Breisgau</strong>-<br />
<strong>Hochschwarzwald</strong> ist ein<br />
gesegneter Landstrich, der<br />
alles hat, was man zum<br />
Leben braucht.
18 GEORG THOMA<br />
Der Skilauf und der Schwarzwald haben mein Leben entscheidend<br />
geprägt. Nicht zuletzt deshalb bin ich froh und<br />
stolz darauf, dass wir im Skimuseum in Hinterzarten die<br />
Entwicklung des Skisports so wunderbar darstellen können.<br />
Der <strong>Landkreis</strong> hat zu dessen Entstehung auch seinen Beitrag<br />
geleistet. So können die Menschen im wunderschönen<br />
Schwarzwaldhausambiente des Hugenhofs erleben, welche<br />
Tradition das Skilaufen hier hat, was die Ski für die Menschen<br />
hier bedeuten und was der Schwarzwald dem Skilauf<br />
gegeben hat. Und wer vor und nach mir sonst noch so alles<br />
im Skisport erfolgreich war. Was mich freut, ist die Tatsache,<br />
dass auch heute noch viel in der Region für die<br />
Unterstützung des Skisports getan wird. Den Nordic<br />
Center am Notschrei und den Olympiastützpunkt Freiburg<br />
will ich an dieser Stelle beispielhaft nennen. Gerne erinnere<br />
ich mich auch an die tollen Juniorenweltmeisterschaften<br />
im Jahr 2010.<br />
Als der <strong>Landkreis</strong> 1973 gegründet wurde, war das für mich kein großes Ding. Die Region<br />
ist halt verwaltungstechnisch neu gegliedert worden. Den alten <strong>Landkreis</strong> <strong>Hochschwarzwald</strong><br />
gab es so nicht mehr, dafür sind Gebiete im Rheintal mit dazugekommen und das<br />
Kfz-Kennzeichen hat sich geändert. Emotional hat mich das weit weniger bewegt als<br />
manch andere Leute. Privat hatte ich die Verbindung „<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong>“ so<br />
und so schon gelebt, als es den <strong>Landkreis</strong> in der heutigen Form noch gar nicht gegeben<br />
hat. Schließlich kommt meine Frau vom Kaiserstuhl und die kenne ich schon seit 1957,<br />
also sechzehn Jahre, bevor es den jetzigen <strong>Landkreis</strong> gegeben hat. Viele Freunde habe ich<br />
in der Rheinebene, am Kaiserstuhl und im Markgräflerland. Hier unten haben sie mich<br />
auch für das Radfahren begeistert. Aber, wie anfangs schon gesagt, ich bin nicht nur<br />
Sportler, sondern auch Genussmensch. Genießen, ja das können wir hier in der Region.<br />
Die hervorragende Gastronomie, das Essen, der Wein: Herz was willst Du mehr! Da<br />
haben alle Teile des <strong>Landkreis</strong>es etwas zu bieten.<br />
Mit dem Auge des Genießers sehe ich den <strong>Landkreis</strong> auch immer wieder auf meinen Touren,<br />
im Winter auf Skiern oder im Sommer auf dem Mountainbike. Da gibt es wunderschöne<br />
Orte zum Innehalten. Ich denke dabei zum Beispiel an das Panorama von Breitnau<br />
aus über Hinterzarten auf den Feldberg, oder an St. Peter, wenn im späten Frühjahr bereits<br />
die Kirschbäume blühen und oberhalb noch Schnee liegt, und natürlich auch an den<br />
Blick vom Feldberg auf den steil unterhalb liegenden tiefschwarzen Feldsee. In diesen Momenten<br />
der Ruhe ist mir die Heimat wieder ganz nah.
GEORG THOMA<br />
19<br />
Auch die Nähe des <strong>Landkreis</strong>es zu Frankreich<br />
finde ich spannend. Von der Vogesenkapelle<br />
bei Sankt Märgen reicht der<br />
Blick ins Nachbarland. Die Kapelle geht auf<br />
ein Gelübde eines Soldaten zurück, der im<br />
Ersten Weltkrieg in den Vogesen gegen<br />
die Franzosen kämpfte und von dort aus<br />
bei klarem Wetter seinen Bauernhof im<br />
Schwarzwald sehen konnte. Nach seiner<br />
Rückkehr aus dem Krieg baute er die Kapelle.<br />
Für mich ist sie ein Mahnmal, wie<br />
sich Geschichte zum Guten gewandt hat.<br />
Vor nicht einmal siebzig Jahren führten die<br />
Menschen am Rhein noch Krieg gegeneinander.<br />
Heute sind wir freundschaftlich<br />
verbunden und pflegen enge Kontakte.<br />
An was ich mich beim Blick auf die<br />
Schwarzwaldhöhen allerdings immer wieder<br />
erst von Neuem gewöhnen muss, ist an<br />
den Anblick von Windrädern. Klar sehe ich<br />
den Nutzen und die Notwendigkeit dieser<br />
Maschinen. Sie verändern aber die Landschaft<br />
und den Blick darauf gewaltig. Nun<br />
gut, wir Schwarzwälder sind ja seit jeher<br />
immer auch Tüftler und Erfinder. Vielleicht<br />
gibt es einen, der bald etwas Besseres erfindet.<br />
Dann können wir die Dinger abbauen<br />
und den Blick auf unser wunderschönes<br />
Fleckchen Erde wieder frei machen.<br />
Wir Schwarzwälder<br />
sind ein wenig mit<br />
den Skandinaviern<br />
vergleichbar. Von<br />
Natur aus ein wenig<br />
schüchtern, aber dafür<br />
umso beharrlicher.
52 KARIN GÜNDISCH<br />
KARIN GÜNDISCH<br />
geb. 1948 in Heltau /Rumänien I Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache I arbeitete<br />
für die Presse und das Fernsehen und schrieb Kinderbücher I 1984 Auswanderung<br />
mit ihrer Familie nach Deutschland I wohnt als freischaffende Schriftstellerin in Bad<br />
Krozingen I ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen (Französisch, Englisch, Japanisch,<br />
Koreanisch, Slowenisch, Kroatisch, Rumänisch) übersetzt I Auszeichnung mit vielen<br />
Literaturpreisen: Peter-Härtling-Preis für Kinderliteratur, Stipendium des Ministeriums<br />
für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Baden-Württemberg; Mildred L. Batchelder<br />
Award in den USA, Stipendium des Kulturministeriums in Luxemburg<br />
Ausgewandert – Eingewandert<br />
Am Abend des 11. November 1984 ist meine Familie in<br />
Deutschland eingewandert. Wir hatten ein finsteres Land<br />
verlassen und standen nun ziemlich verloren auf dem Bahnhof<br />
in Nürnberg: unsere siebenjährige Tochter mit ihrer<br />
neuen Schultasche auf dem Rücken und der Puppe im Arm,<br />
unser fast zehnjähriger Sohn mit der Schultasche und seinem<br />
Kissen, mein Mann und ich, jeder einen Koffer mit<br />
dem Allernotwendigsten in der Hand.<br />
Die vorhergehenden Wochen waren schwierig gewesen.<br />
Wir hatten unseren Hausstand aufgelöst, Kisten mit Hausrat<br />
für die Reise gepackt und die Wohnung für einen Spottpreis<br />
an den Staat verkaufen müssen. Wir hatten von vielen<br />
lieben Menschen Abschied nehmen müssen, ohne zu wissen,<br />
ob wir sie jemals wiedersehen würden.<br />
Während der langen Zugreise waren wir in Aufbruchstimmung,<br />
aber schon im Übergangswohnheim in Nürnberg<br />
kamen uns erste Zweifel, ob wir mit dem Weggehen von zu Hause gut getan hatten. Wir<br />
standen an der Haltestelle der Straßenbahn, überlegten, was eine Fahrt für vier Personen<br />
kostete und kamen zu dem Schluss, dass wir zu Fuß gehen mussten. So arm waren wir<br />
noch nie gewesen. Als wir nach einem langen Fußmarsch in der Stadtmitte ankamen, waren<br />
wir von der weihnachtlich geschmückten Stadt, von dem vielen Licht, verzaubert. Der<br />
Heimweg war dann wieder sehr lang und mühselig, besonders für die Kinder. Um die Zeit<br />
zu verkürzen, haben wir uns überlegt, was sich ein jeder in Deutschland als Erstes kaufen<br />
würde. Wenn man nichts besitzt, ist das ein guter Zeitvertreib. Ingrid wünschte sich ein<br />
Märchenbuch und Malstifte, Uwe einen echten Fußball und ein Fahrrad, mein Mann ein<br />
Auto und ich? Ich erinnere mich nicht mehr daran, was ich mir gewünscht habe, aber der
KARIN GÜNDISCH<br />
53<br />
vergessene Wunsch ist wie die anderen<br />
Wünsche bestimmt auch in Erfüllung<br />
gegangen.<br />
Dieses Wechselbad von Hoffnung und<br />
Zweifel hielt sich über längere Zeit. Dann<br />
aber fing es an, uns richtig gut zu gehen.<br />
Mein Mann hatte eine Arbeit in Bad Krozingen<br />
gefunden und wir zogen in den<br />
Ort. Wir hatten wieder eine feste Bleibe<br />
und konnten Wurzeln schlagen. Das ist<br />
nun bald dreißig Jahre her und wir sind<br />
noch immer in Bad Krozingen. Mein Mann<br />
Unser Lebensmittelpunkt ist<br />
aber hier in Bad Krozingen und<br />
hier wollen wir auch bleiben.<br />
ist inzwischen als Stadtbaumeister in Rente gegangen, hat sich<br />
aber noch weiter um die Wasserversorgung gekümmert. Er hat<br />
von Anfang an gegen die Privatisierung des Wassers gekämpft,<br />
weil das Wasser uns allen gehört und von der Stadt in unserem<br />
Interesse bewirtschaftet werden muss. Wir dürfen das Erbe der<br />
nächsten Generationen wegen kurzfristiger Profite nicht aufs Spiel<br />
setzen.
54 KARIN GÜNDISCH<br />
Auch ich gehe demnächst in Rente. In Rumänien<br />
war ich Lehrerin gewesen, hatte<br />
Deutsch als Fremdsprache unterrichtet,<br />
hatte Lehrbücher und Kinderbücher geschrieben.<br />
Nach der Auswanderung konnte<br />
ich durch einen glücklichen Zufall mein<br />
drittes Kinderbuch im Beltz Verlag in Weinheim<br />
a. B. veröffentlichen: Peter Härtling<br />
war im Jahr unserer Auswanderung zu<br />
einer Lesung ins Bukarester Goethe-Institut<br />
gekommen. Ich saß im Publikum. Später<br />
schickte ich ihm das Manuskript von meinen<br />
„Geschichten über Astrid“. Er leitete<br />
es an seinen Verleger Jochen Gelberg weiter,<br />
der dann später auch mein Verleger<br />
wurde.<br />
Den Lehrerberuf musste ich aufgeben. Ich<br />
hätte noch einmal ein paar Jahre lang studieren<br />
müssen, um nachher möglicherweise<br />
arbeitslose Lehrerin zu sein. Das wollte<br />
ich nicht. Die Umstände haben mich gezwungen,<br />
das zu tun, was ich schon immer<br />
am liebsten getan hätte, nämlich zu<br />
schreiben, also Schriftstellerin zu werden.<br />
In dieser Eigenschaft bin ich unzählige<br />
Male zum Vorlesen in Schulen im In- und<br />
Ausland gewesen. So ging mir die Schule<br />
nicht verloren und ich hatte oder habe<br />
einen ständigen Kontakt zu meinen Lesern.<br />
Unsere eigenen Kinder sind natürlich<br />
längst aus dem Haus: Ingrid arbeitet als<br />
Theaterregisseurin in vielen Städten. Sie ist<br />
ihrem Mann, der aus Norddeutschland<br />
stammt, nach Hamburg gefolgt und ist<br />
von der Stadt begeistert. Uwe, der wie<br />
auch sein Vater Ingenieur geworden ist,<br />
lebt mit seiner französischen Frau und den<br />
Kindern in Süddeutschland, in München. Unsere frühen Vorfahren<br />
sind aus der Mosel-Rhein-Gegend ins Ungarland gezogen und haben<br />
dort ein neues, freieres Leben begonnen. Als Händler kamen<br />
sie bis in den Orient, von wo sie kostbare Teppiche mitbrachten<br />
und sie als Dank nach gelungener Heimkehr ihren Kirchen in<br />
Siebenbürgen spendeten. Die Teppiche erinnern auch heute noch<br />
an jene Auswanderer und Handelsreisenden.<br />
Wir reihen uns mit unseren Biographien in die Scharen von Millionen<br />
Menschen ein, die im Laufe der Zeit auf der Suche nach<br />
einem besseren Leben erst zu Auswanderern und danach zu Einwanderern<br />
wurden. Haben wir in Bad Krozingen, im <strong>Landkreis</strong>, in<br />
Deutschland eine Heimat gefunden? Ja, gewiss. Das Land ist<br />
schön und es erinnert uns an die Gegend, in der wir unsere Kindheit<br />
in Siebenbürgen verbracht haben.<br />
Wenn wir aus dem Sommerurlaub in Rumänien kommen, bringen<br />
wir manchmal die Orte durcheinander. Einer von uns sagt: Lass<br />
uns nach Hermannstadt fahren und gemeint ist Freiburg. Oder:<br />
Lass uns nach Michelsberg gehen und gemeint ist Staufen. In Rumänien<br />
hingegen sagen wir: Lass uns nach Freiburg fahren oder<br />
nach Staufen und wir meinen Hermannstadt und Michelsberg<br />
damit. Wir wollen die Orte gar nicht miteinander vergleichen, es<br />
handelt sich um Versprecher, aber auch um eine Verbindung<br />
durch die Zeit von den wichtigsten Orten, an denen sich unser<br />
Leben abspielt.<br />
Der 11. November ist für unsere Familie der persönliche Befreiungstag<br />
aus der Diktatur. An diesem Tag feiern wir miteinander<br />
ein kleines Fest oder wir rufen einander an, ganz egal wo auf der<br />
Welt wir dann gerade sind, und bestätigen uns aufs Neue, dass es<br />
gut war, damals auszuwandern. Rumänien gehört heute zur EU<br />
und ist unser bevorzugtes Urlaubsland geworden. Die Wege zwischen<br />
den Ländern sind kürzer geworden, die Grenzen durchlässig.<br />
Vor fast dreißig Jahren hätten wir uns das nicht einmal in<br />
unseren kühnsten Träumen vorstellen können.<br />
Unser Lebensmittelpunkt ist aber hier in Bad Krozingen und hier<br />
wollen wir auch bleiben.
KARIN GÜNDISCH<br />
55
134 FRANZ FREIHERR VON MENTZINGEN<br />
FRANZ FREIHERR VON MENTZINGEN<br />
geb. 1932 I verheiratet, vier Kinder, 13 Enkel I 1951 Abitur in St. Blasien, dann<br />
Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in München und Heidelberg I 1956<br />
Eintritt in den höheren Dienst des Auswärtigen Amts, Auslandseinsätze in Ägypten,<br />
Kolumbien, England, Indien und der Schweiz I seit 1996 Botschafter a. D. und Ruhestand<br />
im <strong>Breisgau</strong> I 2000 bis 2009 Diözesanleiter Malteser Hilfsdienst e.V.<br />
Aus der Ferne gesehen…<br />
Wenn ich über die Heimat nachsinne, in der ich weniger Jahre zugebracht habe als anderswo,<br />
bewegen mich Zweifel, ob ich sie scharf und kenntnisreich, ob ich sie mit Distanz<br />
und Kritik sehe oder ob mein Herz bewegt in Erinnerungen und Vorstellungen schwelgt,<br />
die die Konturen überhöht und verschwimmen lässt. Vielleicht lohnt es dennoch, ein Bild<br />
zu zeichnen, das nicht nackte, alltägliche Realität wiedergibt, sondern impressionistisch<br />
ein Gemälde aus sanften Farben und Erinnerungen.<br />
Der <strong>Breisgau</strong> und der <strong>Hochschwarzwald</strong> sind zugleich Kontrast und Ergänzung. Aus der<br />
Ferne gesehen erscheinen sie als ein harmonisches Ganzes, als ein reizvoller Mikrokosmos.<br />
Wenn man über genug Lokalpatriotismus verfügt, sieht man in Deutschland den Mittelpunkt<br />
der Welt; in der Landschaft um den Freiburger Münsterturm jedoch das Herzstück.<br />
Im Alter zurückgekehrt in diese Welt kann man sich den Luxus leisten, auf strenge Objektivität,<br />
auf Vollständigkeit und auf penible Korrektheit zu verzichten. Die Erinnerung ruft nicht<br />
ein geschlossenes Bild konsequenter Abläufe ab. Es sind Fetzen und Momentaufnahmen.<br />
Über allem stehen zu Beginn der Krieg und das vom Totalitarismus geprägte tägliche<br />
Leben. Das Schild am Rathaus, das zugleich das Parteilokal beherbergte, bot dem Bürger,<br />
der Volksgenosse war, die Fürsorge der gegen Ende des Krieges längst unglaubwürdig<br />
gewordenen Partei an: „Volksgenosse, brauchst Du Rat und Hilfe, wende Dich an die<br />
NSDAP.“ In Wirklichkeit war es die Partei, die den Volksgenossen beanspruchte: als Soldat,<br />
als Arbeitsmann oder Arbeitsmaid, als Hitlerjunge oder BDM-Mädchen. Wir Badener<br />
können uns nicht von der allgemeinen Verblendung jener Zeit ausnehmen.<br />
Nach dem Krieg, den der heutige <strong>Landkreis</strong> besser überstand als die schwer getroffene<br />
Stadt Freiburg und erst recht das östliche Deutschland, konnten wir das kurzlebige Land<br />
Südbaden mit Regierungssitz Freiburg erleben. Sein Präsident, der unvergessene Leo<br />
Wohleb, war ein rechter Vertreter seines Landes: geistreich, gebildet, mit feinem Humor,
FRANZ FREIHERR VON MENTZINGEN<br />
135<br />
Der Reiz des Kontrastes<br />
zwischen dem Gastland<br />
und der bei längerer<br />
Abwesenheit und Entfernung<br />
zunehmend<br />
verklärten Heimat<br />
ergab einen anregenden<br />
Spannungsbogen.<br />
authentischer Volksnähe und erfrischender<br />
Selbstironie begabt. Später, als er Boschafter<br />
der Bundesrepublik Deutschland in Portugal<br />
war, soll er auf die Frage, welche Aufgaben<br />
auf ihn in Lissabon zukämen, geantwortet<br />
haben: „Ich sitz als so im Garte und<br />
lueg zu, wie d´Palme wackele.“<br />
Mit leichter Verspätung gegenüber den<br />
anderen Besatzungszonen, außer der Sowjetzone,<br />
begann auch für uns der wirtschaftliche<br />
Aufstieg. Uns Jungen öffnete<br />
sich die Welt. Hungrig suchten wir erst das<br />
übrige Deutschland, dann die weite Welt.<br />
Den Schreiber dieser Zeilen verschlug es in<br />
den Außendienst der aufstrebenden Bundesrepublik.<br />
Die Heimat wurde zur Etappe,<br />
zum bevorzugten Ziel bei den Heimaturlauben.<br />
Hier fand man die an manchen<br />
Dienstorten vermissten kontrastreichen<br />
Jahreszeiten mit frischem Grün, flammenden<br />
Herbstwäldern, verschneiten Buchen<br />
auf dem Schauinsland oder Sonnenglast<br />
über dem Sanddorn am Rhein, wo es nach<br />
gemahlenem Sand roch. Mit den verschiedenen<br />
Jahreszeiten verband sich der oft<br />
lange entbehrte Genuss von Federweißem<br />
mit Zwiebelkuchen, Bibbelsekäs mit frischen<br />
Kartoffeln, auf dem Schwarzwald gepflückten Heidelbeeren<br />
oder Himbeeren oder einer zünftigen Versperplatte mit stark geräuchertem<br />
Schwarzwälder Schinken als Mittelpunkt. Versuche, Bibbeleskäs<br />
aus Büffelmilch herzustellen, vermochten nicht die rechte Erinnerung<br />
an das Original zu wecken.<br />
Der Reiz des Kontrastes zwischen dem Gastland und der bei längerer<br />
Abwesenheit und Entfernung zunehmend verklärten Heimat ergab<br />
einen anregenden Spannungsbogen. Hier war es das ständige Wiederentdecken<br />
des sich weiterentwickelnden Vertrauten und dort der Reiz<br />
des oft exotischen Anderen, der sich nicht selten mit zunehmendem<br />
Verständnis und Zuneigung verband. Im Gastland sah man sich natürlich<br />
als Vertreter Deutschlands, aber auch als Bote aus Baden, dem<br />
<strong>Breisgau</strong> und dem Schwarzwald. Wie könnte man dieser Funktion<br />
besser gerecht sein, als seinen Gästen Wein vom Kaiserstuhl oder vom<br />
Markgräfler Land zu servieren? Dieser reiste, was wir erst nicht mit<br />
Bestimmtheit sagen konnten, sehr gut – auch über den Äquator.<br />
Die Verbindung zum <strong>Breisgau</strong> und <strong>Hochschwarzwald</strong> blieb für den<br />
Exilbadener in beide Richtungen bestehen – durch Besuche aus der<br />
Heimat und durch regelmäßigen Aufenthalt in der Heimat im Heimaturlaub.<br />
So stellte sich bei der Pensionierung die Frage nach dem Ort<br />
der Verbringung des Ruhestandes nicht. Der <strong>Landkreis</strong>, der <strong>Breisgau</strong><br />
und <strong>Hochschwarzwald</strong> verbindet, war dafür ideal geeignet und ließ<br />
Gedanken an die große, weite Welt zwar nicht ganz verschwinden,<br />
aber nicht zur Obsession werden. Der Beobachter wünscht sich, dass<br />
bei aller Modernität und allem Fortschrittsglauben altbadische Tugenden,<br />
wie Bedächtigkeit, erhalten bleiben. Nume nit hudele!
146 MARTIN WANGLER<br />
MARTIN WANGLER<br />
geb. 1969 in Breitnau I studierte Schauspiel an der Hochschule für Musik und<br />
Darstellende Kunst „Mozarteum“ in Salzburg I danach folgten Festengagements<br />
am Staatstheater Oldenburg und am Stadttheater Ingolstadt I seit 2003 arbeitet<br />
er im Film und Fernsehen, zu sehen u. a. in der SWR Serie „die Fallers“ als Gestütsbesitzer<br />
und Stammtischbruder `Bernd Clemens` I seit 2005 als Kabarettist unterwegs<br />
mit seinen Programmen: „Breitnau calling“ ein kabarettistischer Heimatabend und<br />
„Ein Wilderer Abend“ ein musikalisches Kabarett I Gewinner des Kleinkunstpreises<br />
Baden-Württemberg 2009<br />
Land der Gegensätze!<br />
„Wen hät da was geritten?!“ Vor vierzig Jahren den<br />
<strong>Breisgau</strong> und den <strong>Hochschwarzwald</strong> zu einer Hochzeit zu<br />
zwingen – das frag ich mich!<br />
Der <strong>Breisgau</strong>, oft auch als Toskana Deutschlands bezeichnet,<br />
wo Kiwis und andere exotische Früchte wachsen,<br />
und der <strong>Hochschwarzwald</strong>, das höchste deutsche Mittelgebirge<br />
nördlich der Alpen, wo man Eisgletscher zu züchten<br />
versucht, könnten doch gegensätzlicher nicht sein!<br />
Ein <strong>Landkreis</strong> zum Beispiel, in dem man immer falsch angezogen<br />
ist. Fährt man vom einen Eck ins andere, nur ein<br />
paar wenige Kilometer, hat man entweder einen „Kittel“<br />
zu viel oder einen zu wenig an. Wie soll ich als Wälder im<br />
Frühjahr eine Kirschblütenwanderung machen, ohne dass<br />
ich mich mit fünf Jacken abschleppe. Morgens früh,<br />
wenn ich aus dem Haus gehe, hat es bei uns oben im<br />
<strong>Hochschwarzwald</strong> mindestens einstellige Minusgrade.<br />
Spätestens wenn die Sonne im Zenit steht, brauch´ ich<br />
einen Sherpa, der mir meine Kleidung trägt, damit ich nicht explodiere. Zudem ist mein<br />
blasser Bauch die stechenden Sonnenstrahlen nicht gewohnt. Am Hauptbahnhof in Freiburg<br />
werden wir sofort als Wälder identifiziert. Aufgrund unserer massenhaften wärmespendenden<br />
Kleidung. Diese mitleidigen Blicke und diese Frage: Habt ihr noch Schnee???<br />
Ja, natürlich haben wir noch Schnee!!! Sommer ist bei uns aber erst, wenn wir zwei frostfreie<br />
Monate haben. Juli und August. Eine Frechheit, uns das im April zu fragen.<br />
Ich räche mich im Herbst und Winter, wenn in den Niederungen des <strong>Landkreis</strong>es die<br />
Nebelsuppe schwappt. Habt ihr Nebel??? Oder auch schön, wenn die „Täler“ frierend und
MARTIN WANGLER<br />
147<br />
schlotternd, ohne Wollsocken und lange Unterhosen, am Wegrand stehen. Bereitwillig<br />
gebe ich Tipps, welche atmungsaktive super moderne Hightech-Outdoorkleidung jetzt<br />
angebracht wäre.<br />
Hier mein Vorschlag an die Landrätin: veranlassen Sie doch, dass an jedem Bahnhof im<br />
<strong>Landkreis</strong> eine Garderobe angebracht wird, in der man seine Kleidung abgeben oder<br />
gegebenenfalls auch die Passende leihen kann. Damit sich jeder Einwohner dem Klima<br />
entsprechend kleiden kann.<br />
Und so unterschiedlich ist auch die Sprache im <strong>Landkreis</strong>. Ähnlich den Tierlauten: Guuh,<br />
stuuh liege luuh!“ – „Gauh, stauh, liege lauh!“ – „Gooh, stooh lieg looh!“ Es handelt<br />
sich nicht um den Gesang einer Nachteule oder das Bellen eines Rehbockes, sondern um<br />
die wunderschönen Töne der hiesigen Landbevölkerung. Diese schönen Laute entschleunigen<br />
die Landmenschen!
148 MARTIN WANGLER<br />
Machen wir doch ein Fest zum vierzigjährigen Bestehen<br />
vom <strong>Landkreis</strong>! Denn Reibung erzeugt Wärme und diese<br />
Gegensätze könnten Energien freisetzen.<br />
Im Landratsamt – mitten in der Stadt – bringen diese musikalischen Klänge nur Kopfschütteln,<br />
Schulterzucken und Unverständnis hervor. „Gehen, stehen, liegen lassen“ – dieser<br />
Satz ergibt in den Ohren der Stadtmenschen keinen Sinn. Aber auf dem Land ist es oft<br />
ein zentrales Lebensmotto. Die Städter können dieses Lebensgefühl überhaupt nicht nachvollzeihen.<br />
Das städtische Gemüt ist einfach ein anderes!<br />
Das „südliche Temperament“ ergreift jeden im <strong>Landkreis</strong>. Hochschwarzwälder Dickkopf<br />
unterscheidet sich kaum von einem <strong>Breisgau</strong>er Sturschädel. Aber im Gemüt gibt’s einen<br />
entscheidenden Unterschied: Wir „Wälder“ sind glücklich, wenn wir von morgens bis<br />
abends schaffen dürfen. „Die Täler“ aber sind in ihrem Element, wenn sie in Ruhe „nah<br />
hucke“ und ein Viertele „pfätzen“ dürfen.<br />
Machen wir doch ein Fest zum vierzigjährigen Bestehen vom <strong>Landkreis</strong>! Denn Reibung<br />
erzeugt Wärme und diese Gegensätze könnten Energien freisetzen – wie heißt ´s uff nei<br />
deitsch: eine „Win-win Situation“. Die Wälder bauen die Bühne auf, stellen Verkaufsstände<br />
hin, backen Kuchen, servieren und dürfen natürlich auch kassieren. Die Täler<br />
„hucke nah und län sich bedienä“, trinken und essen bis „spoot in d´Nacht“. Der geeignete<br />
Ort dafür ist das Himmelreich. Da wird es uns Wäldern durch den Höllentäler nicht<br />
zu warm und für die Täler ist es nicht zu kalt (es liegt auf 455 m). So könnte ein gelungenes<br />
„Hochzeitsfest“ zum vierzigsten Geburtstag aussehen, das die liebenswerten<br />
Seiten von Tälern und Wäldern vereint.
MARTIN WANGLER<br />
149
154 DR. ARNO ZAHLAUER<br />
DR. ARNO ZAHLAUER<br />
geb. 1964 in Schopfheim I 1983 - 1988 Studium der Philosophie und katholischen<br />
Theologie in Freiburg und Innsbruck I Priesterweihe 1990 I Dr. theol. mit einer Arbeit<br />
über Karl Rahner und dessen Prägung durch Ignatius von Loyola I nach der Kaplans- und<br />
Promotionszeit Privatsekretär von Erzbischof Dr. Oskar Saier, Dozent und Gefängnisseelsorger<br />
in Freiburg I Ausbildungen im Bereich der Exerzitienarbeit I seit 2006 Direktor<br />
des Geistlichen Zentrums der Erzdiözese Freiburg in St. Peter auf dem Schwarzwald<br />
Geschichten über Geschichten<br />
im Schwarzwaldkloster<br />
Die Verantwortung für das Geistliche Zentrum der Erzdiözese<br />
Freiburg zu haben, bedeutet so ganz „nebenbei“, in den Räumen<br />
der früheren Benediktinerabtei St. Peter zu arbeiten, zu wohnen<br />
und zu leben. Ihre Wurzeln reichen zurück ins elfte Jahrhundert,<br />
und hineinverwoben in die alten Mauern sind Geschichten über<br />
Geschichten. Und sie alle erzählen von Menschen, die mit unserer<br />
Gegend zu tun hatten und bisweilen mit der halben Welt.<br />
Am Anfang steht eine starke Frau, eine, ohne die das Kloster gar<br />
nicht hätte Tritt fassen können. Die „Männergeschichte“ ist bekannt:<br />
Berthold II., Herzog von Zähringen, verlegt 1093 aus dem<br />
Schwäbischen mitten in den Wald ein Kloster, in dem er und<br />
seine Familie begraben werden sollen. Mönche der Hirsauer<br />
Reform beginnen hier zu leben. Agnes von Rheinfelden, die<br />
Frau von Berthold, bringt das Erbe ihres Vaters mit ein, Güter<br />
im heutigen Oberaargau, die das Kloster droben im noch unwirtlichen<br />
<strong>Hochschwarzwald</strong> unbedingt braucht, um überhaupt<br />
Tritt fassen zu können. Dann plötzlich: Berthold nimmt dem Kloster diese Güter weg und<br />
will sie einsetzen in einem politischen Geschacher. Ein kleines Bild, das sich im Kloster erhalten<br />
hat, berichtet heute noch von dem veritablen Ehekrach, den dieses Verhalten zur<br />
Folge hatte. Agnes setzt sich durch, Berthold macht einen Rückzieher und unser Bild zeigt<br />
die stolze Herzogin, wie sie nach St. Peter kommt und den Mönchen die Botschaft überbringt,<br />
dass sie alles im Griff hat. St. Peter hat ihr das nie vergessen!<br />
Überhaupt Agnes von Rheinfelden, die „nachhaltige“ Gründerin von St. Peter – unglaublich<br />
wie vernetzt sie war in Europa und darüber hinaus: Ihre Schwester Adelheid heiratete<br />
einen ungarischen Prinzen, der kurz nach der Hochzeit als Lazlo I. den ungarischen<br />
Thron bestieg. Die Tochter der beiden, sie hieß wirklich gut ungarisch Piroschka, sollte es<br />
weit bringen! Man verheiratete sie mit einem byzantinischen Prinzen aus der Familie der
DR. ARNO ZAHLAUER<br />
155<br />
Komnenen. Unerwartet wurde der wenige<br />
Jahre später oströmischer Kaiser, Johannes<br />
II. Komnenos. Piroschka nannte sich Irene.<br />
Und noch heute können wir sie in Istanbul<br />
bewundern, dargestellt in der Hagia Sophia<br />
in einem herrlichen Mosaik, zusammen<br />
mit ihrem Mann. Die Nichte der<br />
Gründerin von St. Peter, die vorne links auf<br />
dem Grab in der Kirche zu sehen ist, sie war<br />
Kaiserin von Ostrom. Eine Schwarzwälder<br />
Familie mitten drin! Doch nicht genug:<br />
Irene gilt heute den orthodoxen Christen als Heilige. Und ihren Vater<br />
Lazlo, den hat der katholische Papst in Rom heilig gesprochen<br />
– ökumenische Perspektiven weit vor unserer Zeit.<br />
Bleiben wir noch ein wenig bei Agnes und ihrem Erbe: Die Besitzungen,<br />
die sie dem Kloster übergab, sollten bis zur Reformationszeit<br />
bei St. Peter bleiben. Dort war Michel Sattler der St. Peterner<br />
Mönch, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts den Abt zu vertreten<br />
hatte. Das Zentrum dieser Ländereien war das Priorat in Herzogenbuchsee,<br />
einem Ort, der nahe genug an Zürich lag, um mit dem<br />
Reformator Huldrich Zwingli näheren Kontakt zu bekommen. Das
156 DR. ARNO ZAHLAUER<br />
nun hatte zur Folge, dass Sattler, als er nach St. Peter zurückgerufen wurde, um dort Prior,<br />
also der zweite Mann im Kloster zu werden, die Reformation einführen wollte. Das gelang<br />
ihm jedoch nicht! Er wurde vertrieben und floh zu Zwingli, mit dem er sich dann allerdings<br />
wegen dessen zu großer Nähe zu den politisch Mächtigen zerstritt.<br />
Die Erinnerung an diese Geschichte wurde im Kloster verdrängt. Von Michael Sattler<br />
wüssten wir nichts mehr, wenn nicht in den 1990er-Jahren Gäste aus den USA gekommen<br />
wären. Angehörige der amerikanischen Mennoniten, denen auch die bekannten<br />
Amischen zuzurechnen sind. Und sie begannen zu erzählen: Nach der Trennung von<br />
Zwingli floh Sattler über Straßburg ins Schwäbische und wurde in dieser Zeit zu einer der<br />
führenden Figuren der Täufer. Er heiratete und verfasste das Schleitheimer Bekenntnis, bis<br />
heute ein Grunddokument der Mennoniten. Wenige Jahre später aber wurde er zusammen<br />
mit seiner Frau in Rottenburg verbrannt.<br />
Die Gäste aus den USA berichteten, wie wichtig für die Mennoniten und die Amischen<br />
das Gemeinschaftsleben ist, das sei über alle Brüche hinweg ein Erbe der benediktinischen<br />
Tradition. Aus der Erfahrung der ihnen angetanen Gewalt sind die Mennoniten radikale<br />
Pazifisten geworden. Die deutschen Mennoniten verleihen deshalb etwa alle drei Jahre<br />
den „Michael-Sattler Friedenspreis“. Am Pfingstmontag 2013 bekam ihn Judy da Silva,<br />
eine Vertreterin der kanadischen „First Nations“, als eine Ureinwohnerin – und verliehen
DR. ARNO ZAHLAUER<br />
157<br />
Die orthodoxe Heilige Kaiserin Irene, Nichte der Klostergründerin<br />
von St. Peter, Michael Sattler, der frühere Prior<br />
und Gründerfigur der Mennoniten, das sind nur zwei der<br />
Geschichten, die die Mauern von St. Peter erzählen …<br />
wurde er zum ersten Mal in St. Peter, im alten Kloster, an dem Ort, von dem Michael<br />
Sattler im frühen 16. Jahrhundert fliehen musste. Im Menno-Hof, dem großen Zentrum<br />
der Mennoniten und Amischen in Shipshewana, Indiana, findet man mehrfach den Hinweis,<br />
dass einer der wichtigsten Ausgangspunkte der Täuferbewegung das Kloster<br />
St. Peter auf dem Schwarzwald war. Bei den amerikanischen Mennoniten und Amischen<br />
blickt man heute, wenn man die Wurzeln der eigenen Glaubensgemeinschaft betrachtet,<br />
versöhnt auf St. Peter. Und nahe bei der katholischen St. Johns Abbey im Bundesstaat<br />
Minnesota findet man ein nach Michael Sattler benanntes Gästehaus, das dem Benediktinerkloster<br />
eng verbunden ist.<br />
Die orthodoxe Heilige Kaiserin Irene, Nichte der Klostergründerin von St. Peter, Michael<br />
Sattler, der frühere Prior und Gründerfigur der Mennoniten, das sind nur zwei der Geschichten,<br />
die die Mauern von St. Peter erzählen …
164<br />
Übersicht der PR-Bildbeiträge<br />
Wir danken den folgenden Firmen und Einrichtungen, die mit ihren Beiträgen<br />
das Zustandekommen des Buches möglich gemacht haben.<br />
Weingut Abril GbR<br />
www.weingut-abril.de 141<br />
AHP Merkle GmbH<br />
www.ahp.de 28<br />
badenova AG & Co. KG<br />
www.badenova.de 30<br />
Badenweiler Thermen<br />
und Touristik GmbH<br />
www.badenweiler.de 32<br />
Badeparadies Schwarzwald<br />
TN GmbH<br />
www.badeparadies-schwarzwald.de 44<br />
Caritasverband Freiburg-Stadt<br />
www.caritas-freiburg.de 46<br />
Caritasverband<br />
<strong>Breisgau</strong>-<strong>Hochschwarzwald</strong><br />
www.caritas-breisgauhochschwarzwald.de<br />
46<br />
EEW Energy from Waste<br />
Saarbrücken GmbH –<br />
TREA <strong>Breisgau</strong><br />
www.eew-energyfromwaste.com 45<br />
Energiedienst Holding AG<br />
www.energiedienst.de 64<br />
Jürgen Escher Etikettierund<br />
Anlagentechnik,<br />
Dienstleistung und Handel<br />
www.juergen-escher.de 59<br />
Feldberg Touristik<br />
www.feldbergbahn.de 66<br />
Gewerbepark <strong>Breisgau</strong><br />
www.gewerbepark-breisgau.de 80<br />
Heckel Präzisionsteile GmbH<br />
www.heckel-gmbh.de 63<br />
Hekatron Vertriebs GmbH<br />
www.hekatron.de 82<br />
Hella Gutmann Solutions GmbH<br />
www.hella-gutmann.com 65<br />
Kur und Bäder GmbH<br />
Bad Krozingen<br />
www.www.bad-krozingen.info 84<br />
Liftverbund Feldberg<br />
www.liftverbund-feldberg.de 66<br />
Löffel-Logistik GmbH<br />
www.loeffellogistik.de 100<br />
Löffel-Mühlen GmbH<br />
www.loeffelmuehlen.de 100<br />
Merkur Frucht GmbH 102<br />
Metallverwertungsgesellschaft<br />
mbH<br />
www.mvgottenheim.de 104<br />
Framo Morat GmbH & Co. KG<br />
www.framo-morat.com 118<br />
F. Morat & Co. KG<br />
www.f-morat.de 118<br />
A.RAYMOND GmbH & Co. KG<br />
www.araymond.de 120<br />
Saint-Gobain Weber GmbH<br />
www.sg-weber.de 121<br />
Scholler Technocell<br />
GmbH & Co. KG<br />
www.felix-schoeller.com 85<br />
Siko GmbH<br />
www.siko.de 119<br />
Sparkasse<br />
Freiburg-Nördlicher <strong>Breisgau</strong><br />
www.sparkasse-freiburg.de 122<br />
Sparkasse <strong>Hochschwarzwald</strong><br />
www.sparkasse-hochschwarzwald.de 122<br />
Sparkasse Markgräflerland<br />
www.sparkasse-markgraeflerland.de 122<br />
Sparkasse Staufen-Breisach<br />
www.sparkasse-staufen-breisach.de 122<br />
Sutter 3 KG<br />
www.sutter3kg.de 139<br />
SWISSPHONE<br />
Telecommunications GmbH<br />
www.swissphone.de 137<br />
Universitäts-Herzzentrum<br />
Freiburg • Bad Krozingen<br />
GmbH<br />
www.universitäts-herzzentrum.de 158<br />
UTP Schweissmaterial –<br />
Zweigniederlassung der<br />
Böhler Schweisstechnik<br />
Deutschland GmbH<br />
www.bsdg.de 160<br />
Wandres GmbH micro-cleaning<br />
www.wandres.com 136<br />
ZIEMANN SICHERHEIT GmbH<br />
www.ziemann-sicherheit.de 140<br />
Zimmer international Logistics<br />
GmbH<br />
www.zil@zimmer.com 162