planet toys 6/17
Fachmagazin für den Spielwarenfachhandel
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HIN UND HER: Ein großer Ring, ein<br />
Glöckchen, klappernde Scheiben –<br />
mehr braucht es nicht, um für Abwechslung<br />
zu sorgen. Klappadu<br />
lässt sich leicht und sicher am<br />
Babyschalenbügel befestigen.<br />
TITELSTORY<br />
<strong>planet</strong> <strong>toys</strong> 15<br />
Das 1968 gegründete Unternehmen Selecta zählte noch Anfang des Jahrtausends zu den<br />
ganz großen Marken im Segment Holzspielzeug. An diese klangvolle Vergangenheit<br />
will Schmidt Spiele nach der Selecta-Insolvenz und dem Kauf der Marke und der<br />
Produktion anknüpfen.<br />
Branchenexperten<br />
sind sich einig.<br />
Der Name<br />
Selecta ist der Inbegriff<br />
für qualitativ hochwertiges<br />
Holzspielzeug „Made in Germany“.<br />
Manche betrachten Selecta sogar als<br />
die einst führende Marke in diesem<br />
Segment, wenn es um pädagogisch<br />
wertvolles, kindgerechtes Holzspielzeug<br />
ging – noch vor den heutigen<br />
marktprägenden Anbietern. Selecta<br />
steht für „typisch-deutsches“ Holzspielzeug,<br />
das modern, aber nicht altbacken<br />
ist und erstklassiges Design<br />
mit perfekter Umsetzung kombiniert.<br />
Zahlreiche Produkte, ob Greiflinge wie<br />
„Rondello“ und „Girali“, Steckkästen<br />
wie „Varianato“ oder Schiebespielzeug<br />
wie „Trotto“, sind moderne Klassiker,<br />
die seit Jahren im Sortiment des Fachhandels<br />
zu finden sind.<br />
Motor des Erfolgs war Firmengründer<br />
Günther Menzel, der „das Ausgesuchte“<br />
(Selecta) regelrecht lebte und mit<br />
Tilmann Förtsch das Unternehmen<br />
1968 gründete. Daneben verhalfen vor<br />
allem renommierte Designer, den Ruf<br />
des Unternehmens zu steigern. Falk<br />
Dorbands „Autopino“ etwa, 2001 zum<br />
Deutschen Designpreis Holzspielzeug<br />
nominiert, dreht immer noch seine<br />
Runden im Sortiment. Eine kaum<br />
zu überschauende Zahl von „Spiel<br />
Gut-Auszeichnungen“ stehen auf der<br />
Referenzliste. 2016 schriebt das Unternehmen<br />
zur Spielwarenmesse:<br />
„Sicherheit, Gesundheit sowie die Anregung<br />
von Kreativität, Fantasie und<br />
Motorik sind die entscheidenden Faktoren<br />
bei der Entwicklung ihrer Spielzeuge.“<br />
Wenn einzelne Produkte in einer Branche,<br />
die jedes Jahr mehr als die Hälfte<br />
des Sortiments erneuert, zu Longsellern<br />
werden, muss man trotz der wirtschaftlichen<br />
Turbulenzen dennoch einiges<br />
richtig in der Produktentwicklung<br />
gemacht haben. An der design- und<br />
qualitätsorientierten Strategie will der<br />
neue Eigentümer, Schmidt Spiele, festhalten.<br />
Alle Verträge mit externen Designern<br />
wurden erneuert, wie Nils Jokisch<br />
betont. Der Marketing Manager<br />
hofft, auf der Spielwarenmesse bis zu<br />
10 Neuheiten präsentieren zu können.<br />
Selecta wird nächstes Jahr 50 Jahre.<br />
STANDORT BLEIBT UNANGE-<br />
TASTET<br />
Auf einen Punkt der zukünftigen Ausrichtung<br />
legen die Berliner besonderen<br />
Wert. Um die besondere Qualität<br />
des Spielzeugs auch zukünftig zu<br />
garantieren, will Schmidt Spiele am<br />
Standort Edling nicht rütteln. Von der<br />
Produktentwicklung über den Protypenbau<br />
bis hin zur Serienfertigung setzen<br />
die Berliner auf Made in Germany.<br />
Bleiben sollen kurze Wege, regionale<br />
Hölzer, gesundheitlich unbedenkliche<br />
Farben aus Deutschland, Verpackungsmaterialien<br />
aus der Umgebung<br />
und das langjährige technische Knowhow,<br />
um die Marke wieder dahin zu<br />
führen, wo sie einst stand. Dass das<br />
kein Zuckerschlecken im Hochlohnland<br />
Deutschland wird, darüber ist<br />
man sich bei Schmidt Spiele bewusst.<br />
Nicht umsonst führte Selecta 2015 die<br />
deutlich günstigere Zweitmarke „me by<br />
Selecta“ ein, um junge Familien anzusprechen,<br />
die preissensibler einkaufen.<br />
Ob mit einer Konzentration auf die<br />
Kernkompetenz, dem weiteren Ausbau<br />
der Zweitmarke oder der Wiederaufnahme<br />
von Kinderspielen – auch hier<br />
genoss Selecta einen exzellenten Ruf<br />
unter Experten wie beim Fachhandel<br />
und heimste zahlreiche Preise und<br />
Nominierungen beim Kinderspiel des<br />
Jahres ein, bis man 2013 das Geschäft<br />
aufgab – ob also das Comeback gelingen<br />
wird, steht derzeit noch in den<br />
Sternen. Mit dem neuen Eigentümer<br />
ist die Achterbahnfahrt der letzten<br />
Jahre vorbei. Mit der Finanzkraft der<br />
Good Time Holding sowie dem Wissen,<br />
unterschiedliche Marken, auch der<br />
Premiumkategorie, führen zu können,<br />
dürfte dem Newcomern bei Schnullerketten,<br />
Greifspielzeug und Motorikspielzeug<br />
einiges zuzutrauen sein.<br />
EHRGEIZIGE ZIELE<br />
In Berlin will man jedenfalls nichts<br />
ausschließen, nicht einmal eine Wiederbelebung<br />
von Kinderspielen, von<br />
denen einige der schönsten den Weg<br />
ins Exil gefunden haben. „Selecta<br />
steht für Tradition, höchste<br />
Qualitätsansprüche, Nachhaltigkeit,<br />
Umweltbewusstsein und<br />
Spielzeug, das Kinder fördert,<br />
fordert und gleichzeitig Freude<br />
bereitet – Werte, die Schmidt Spiele<br />
uneingeschränkt teilt. Unser Ziel ist<br />
es, den Fortbestand und langfristig das<br />
Wachstum dieser starken Marke zu<br />
sichern“, zeigt sich Axel Kaldenhoven,<br />
Geschäftsführer Schmidt Spiele GmbH,<br />
überzeugt, mit der Traditionsmarke<br />
wieder ein gewichtiges Wort bei Holzspielzeug<br />
mitreden zu können.<br />
Die Integration fordert den Berliner<br />
Spiele-Experten einiges ab, darüber<br />
ist man sich bewusst. Auch in punkto<br />
„Netzwerken“ muss man sich ins Zeug<br />
legen, um die Marke wieder im Handel<br />
präsent zu machen und finanziell den<br />
Turnaround zu schaffen. Die Fokussierung<br />
auf reine „Premiumhändler“, wie<br />
es mal zu Beginn dieses Jahrzehnts<br />
angedacht war, als man sich vom Geschäft<br />
mit Kinderspielen verabschiedete,<br />
dürfte wohl nicht reichen. Regalplatz<br />
bedeutet eben auch Marktmacht.<br />
Im Geschäftsjahr 2007/2008 stiegen<br />
die Umsatzerlöse noch um 4,8 % auf<br />
9,1 Mio. €. Binnen sieben Jahren halbierte<br />
sich fast der Umsatz auf 4,2 Mio.<br />
€. Das kommt einem Sinkflug gleich,<br />
den auch Axel Kaldenhoven nicht wegdiskutieren<br />
will. „Das Unternehmen“,<br />
sagt er, „hat es in den letzten Jahren<br />
nicht einfach gehabt (s. Interview).“<br />
Kaldenhoven glaubt aber an das Potenzial<br />
der Marke. Vielleicht stehen die<br />
Zeichen für ein Comeback nicht einmal<br />
schlecht, denn die Zahl derjenigen,<br />
die qualitativ hochwertiges Kleinkindspielzeug<br />
aus Holz anbieten, nahm in<br />
den letzten anderthalb Jahrzehnten<br />
kontinuierlich ab. Zugleich präsentiert<br />
sich der Markt für Holzspielzeug sehr<br />
stabil. Da könnte ein Unternehmen mit<br />
Geschichte, Klassikern im Gepäck und<br />
dem Anspruch, dass nur das Beste gerade<br />
gut genug ist für Kinder, gerade<br />
recht kommen.<br />
TRAINING: Sieht nicht nur so aus, das<br />
Memo heißt auch Kunterbunt. Wie immer,<br />
so stellt sich auch bei diesem Memo die<br />
Frage: Wer hat das beste Gedächtnis?