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Grundschule aktuell 135

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Editorial Diesmal<br />

Schul-Räume (um)gestalten<br />

»Unsere Leidenschaft ist es, Schulentwicklung an der<br />

Schnittstelle zum Räumlich-Dinglichen zu unterstützen<br />

und zu begleiten. Schlüssel für die Nachhaltigkeit<br />

ist unser ›analoger‹ Kontakt zur Schule, zu den jungen<br />

und erwachsenen Menschen, die ihre Zeit hier verbringen,<br />

und unser Kontakt zu den Räumlichkeiten.« So<br />

umschreibt die Architektin Katharina Sütterlin ihre Berufung.<br />

Unsere Beispiele im Praxisteil zeigen, wie das<br />

gelingen kann. »Praxis« ab S. 21<br />

»Finanzierung und Ausstattung<br />

der deutschen <strong>Grundschule</strong>n«<br />

ist der Titel eines Gutachtens,<br />

das Prof. Dr. Klaus Klemm für<br />

den Grundschulverband erstellt<br />

hat. Anfang Juli stellte<br />

er die Studie auf einer Pressekonferenz<br />

in Frankfurt a. M.<br />

vor. Die Ergebnisse fanden<br />

in den Medien starke Beachtung.<br />

Der Autor der Studie<br />

Klaus Klemm ist Erziehungswissenschaftler<br />

und emeritierter<br />

Professor für Bildungsforschung<br />

und Bildungsplanung an der Universität<br />

Duisburg-Essen in Essen.<br />

S. 35 ff.<br />

Traumatisierte Flüchtlingskinder<br />

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband geht<br />

davon aus, dass 40 Prozent aller Flüchtlingskinder<br />

unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden.<br />

In diesem Heft setzt Yvette Karro ihren Beitrag zur<br />

Situation von Flüchtlingskindern fort. S. 38 f.<br />

Bitte beachten: Unser Plus im Netz<br />

Unter www. www.grundschule-<strong>aktuell</strong>.info finden<br />

Sie Informationen zu »<strong>Grundschule</strong> <strong>aktuell</strong>« sowie<br />

Zusatz materialien zu den Beiträgen in der Print-<br />

Ausgabe der Zeitschrift des Grundschulverbandes.<br />

Sprache zum Anfassen<br />

In der <strong>Grundschule</strong> auf dem Süsteresch,<br />

im Frühsommer mit dem<br />

Deutschen Schulpreis ausgezeichnet<br />

(s. S. 21), arbeitet als eines der zahlreichen<br />

»Lernateliers« eine Schuldruckerei.<br />

Papiere, Farben, Werkzeuge,<br />

Kästen mit Lettern aus Metall.<br />

Ein weiterer Lichtblick, dieses<br />

inzwischen selten gewordene, eigentlich<br />

aber so fundamental wichtige Werkzeug kindgemäßer<br />

Pädagogik.<br />

»Beim Drucken«, schrieb der französische Reformpädagoge<br />

Célestin Freinet, »wird die Sprache von den Händen<br />

der Kinder auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt,<br />

sie ist keine anonyme Formulierung mehr, sondern<br />

wird ihre eigene Schöpfung.« Und weiter: »Die Kinder, die<br />

über die technischen Mittel ihrer Arbeit verfügen, können<br />

von nun an der traditionellen Passivität des Unterrichteten<br />

den Rücken kehren und machen sich zum Subjekt ihrer Erziehung,<br />

die nicht als einsames Abenteuer, sondern als kollektive<br />

Selbstschöpfung in der Druckerei aufgefasst wird.«<br />

Die Schuldruckerei ist ein Paradebeispiel einer »Pädagogik<br />

der Arbeit«: Die eigenen Texte der Kinder sind der Ausgangspunkt.<br />

Die Druckerei ist eine tat-sächliche Werkstatt:<br />

Kopfarbeit, Handarbeit, Zusammenarbeit fließen im Arbeitsprozess<br />

und in den entstehenden Werken zusammen.<br />

Lernen als produzieren: denken – schreiben – drucken –<br />

veröffentlichen.<br />

Die Schuldruckerei eröffnet Kindern einen handelnden<br />

und sinnlichen Umgang mit Buchstaben und Schrift. Sie<br />

bietet die Verknüpfung von manueller und intellektueller<br />

Tätigkeit und fördert in natürlicher Weise die Kooperation<br />

der Kinder untereinander. Sie ermöglicht die Arbeit an<br />

einem gemeinsamen Produkt und stellt das Erlernen von<br />

Schreiben und Lesen in einen praktischen und sinnvollen<br />

Zusammenhang. Die Arbeit mit »Kopf und Hand« wird<br />

beim Setzen eines jeden einzelnen Buchstaben vollzogen<br />

und die Schriftsprache mit ihren Regeln auf diese Weise im<br />

wahrsten Sinne des Wortes »be-greifbar« gemacht.<br />

Die Schuldruckerei ist mehr als nur ein Arbeitsmittel, das<br />

den Unterricht auflockern und eine attraktive Abwechslung<br />

im Deutschunterricht darstellen kann. Mit ihrer Hilfe<br />

lassen sich die Grundprinzipien vom natürlichen, selbsttätigen<br />

und praktischen Lernen in der Schule in besonderem<br />

Maße verwirklichen. Sie bietet Möglichkeiten zu sozialem<br />

Lernen und leistet einen Beitrag zur Persönlichkeitsbildung<br />

der Kinder, indem sie »Kindern das Wort gibt« (Freinet).<br />

So erhält das Schreiben einen Sinn, da die Texte nun für ein<br />

breiteres Publikum bestimmt sind und von diesem wahrund<br />

ernstgenommen werden.<br />

»… dieser Text, dem der Druck Ewigkeit verleiht; dieses Gedicht,<br />

das der Gesang der Seele ist – das ist es, wovon euer<br />

Kind lebt, das ist es, was es wachsen und vollkommener werden<br />

lässt, was sein Herz und seinen Geist öffnet.« (Freinet)<br />

Die Schuldruckerei. Bald 100 Jahre alt. Ein altes und doch<br />

so modernes, zeit-gemäßes Medium.<br />

Ulrich Hecker<br />

GS <strong>aktuell</strong> <strong>135</strong> • September 2016<br />

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