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Journal_2018-01

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12 JOURNAL SWISSMECHANIC<br />

«1.20 Franken pro Euro<br />

sind zu wenig»<br />

Jürg Zwahlen ist seit 2003 Mehrheitsaktionär und VR-Präsident der Firma Birchmeier<br />

Sprühtechnik AG in Stetten AG, die seit 1876 erfolgreich hochwertige Sprühgeräte herstellt<br />

und in der ganzen Welt vertreibt.<br />

Der umtriebige Patron legt grossen Wert auf Qualität und Innovation. Unter seiner Leitung<br />

hat die Birchmeier AG zahlreiche Auszeichnungen gewonnen. Das <strong>Journal</strong> unterhielt sich mit<br />

ihm über die Ergebnisse der KMU-MEM-Studie der HSG.<br />

Interview: Monica Hotz<br />

Jürg Zwahlen, was sind für Sie die wichtigsten<br />

Aussagen der KMU-Studie?<br />

Es gibt in der Studie meines Erachtens zwei<br />

Hauptblöcke mit verschiedenen Quellen: den<br />

Block der bei den KMU erhobenen Daten und<br />

die Aussagen zu finanztechnischen Themen<br />

wie zum Beispiel dem Euro-Franken-Kurs. Mit<br />

letzterem bin ich nicht einverstanden und<br />

frage mich, auf welchen Daten die währungspolitischen<br />

Handlungsempfehlungen der HSG<br />

basieren.<br />

Die erhobenen KMU-Daten betrachtend, scheint<br />

mir folgendes Fazit der Studie wichtig: Ohne die<br />

Überbewertung des Frankens gegenüber dem<br />

Euro hätte die Schweizer Industrie seit 2<strong>01</strong>0 im<br />

Vergleich zu Deutschland rund 97’000 Stellen<br />

mehr geschaffen, davon allein die MEM-Branche<br />

55’000.<br />

Gegenüber dieser Zahl an guten Industrie-Arbeitsplätzen<br />

mit realer Wertschöpfung muss doch<br />

jede Rechtfertigung für den Frankenkurs in der<br />

Luft zerrissen werden.<br />

Wenn grosse Konzerne, wie zum Beispiel General<br />

Electrics, den Abbau von 1400 Arbeitsstellen bekanntgeben,<br />

geht ein Aufschrei durch die Medien<br />

und die Bevölkerung. Verschwinden KMU-Stellen<br />

schleichend, schreit niemand. Das müssen wir<br />

ändern.<br />

Eine weitere wichtige Passage: «Während<br />

Deutschland die Industrieproduktion in den letzten<br />

Jahren stark ausbauen konnte, stagnierte<br />

diejenige in der Schweiz, ja, sie ging seit Aufhebung<br />

der Euro-Franken-Kursuntergrenze sogar<br />

zurück.»<br />

In der Schweiz werden die falschen Strukturen<br />

bereinigt. Der Währungskurs ist in höchstem<br />

Masse wettbewerbsverzerrend und macht gut<br />

funktionierende Strukturen, über die sich andere<br />

Länder freuen würden, kaputt. Das ist ein Währungskurs,<br />

der keine Rechtfertigung hat, der<br />

hoffnungslos überbewertet ist. Mit jeder Aufwertung<br />

wird die Diskrepanz zwischen inländischen<br />

Löhnen, Kosten und Preisen im Vergleich nicht<br />

nur zum nahen Ausland abstruser!<br />

Wir müssen uns wieder bewusst werden, wo die<br />

wahre Wertschöpfung eigentlich herkommt – aus<br />

der Realwirtschaft nämlich, nicht vom Jonglieren<br />

mit dem Geld und mit der Währung.<br />

Welche der Massnahmen, die die Studie<br />

empfiehlt, halten Sie als Unternehmer für<br />

am dringlichsten?<br />

Der Kern des ganzen Übels ist die Währung. Man<br />

muss die Ursache angehen, und das ist der überbewertete<br />

Schweizer Franken. Alles andere ist<br />

Pflästerli-Politik. Innovation, Effizienz, gute Ausund<br />

Weiterbildung, Wissensaustausch und -transfer,<br />

Kooperation und so weiter – das sind alles<br />

Dinge, die wir KMU sowieso machen würden,<br />

egal mit welcher Währung.<br />

Es kann nicht sein, dass erzielte Innovationen,<br />

Produktivitätssteigerungen und Leistungsverbesserungen<br />

dafür herhalten müssen, durch die<br />

Währung verursachte Verluste auszugleichen. So<br />

geht unsere Industrie zugrunde.<br />

Wir müssen die Exportmärkte wettbewerbsfähig<br />

halten, denn unser Binnenmarkt ist zu klein. Der<br />

Export aber wird uns erschwert, ja verunmöglicht,<br />

weil unsere Währung permanent aufgewertet<br />

wird, gelegentliche Abschwächungen wie die<br />

aktuelle inklusive.<br />

Wichtig ist: Der zu hohe Franken betrifft auch die<br />

Zulieferer der Schweizer Exporteure. Fehlen den<br />

Exporteuren die Gewinnmargen, vergrössern sie<br />

den Kostendruck auf ihre Zulieferer. Diese müssen<br />

sich anpassen und verdienen am Ende auch weniger.<br />

Es ist ein Rattenschwanz. Auslagern ist<br />

keine echte Antwort, denn das bedeutet immer<br />

den Verlust von Wertschöpfung, von Know-how<br />

und Kompetenzen.<br />

Verlieren wir die Produktion, verlieren wir die<br />

Zulieferindustrie inklusive Gewerbe. Als Folge<br />

verschwindet auch die Entwicklung, das Engineering,<br />

dann die Forschung. Denn diese braucht<br />

zwingend die Nähe zur Produktion. Ohne umfassende<br />

Kenntnisse, ohne Wissen und Können<br />

keine Innovation. Dasselbe gilt für die Qualität.<br />

Jede Auslagerung der Produktion ins Ausland,<br />

um Kosten zu sparen, hat Konsequenzen. Zuerst<br />

werden Produktionsschritte ins Ausland ausgelagert,<br />

dann folgt die Montage, zum Schluss die<br />

Produktentwicklung und das Marketing. So wan-<br />

JOURNAL N o 1 Februar <strong>2<strong>01</strong>8</strong> | 89. Jahrgang

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