Journal_2018-01
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BILDUNG JOURNAL 27<br />
Seit 11 Jahren spielt Jasmin Zanolari Klavier. Das<br />
helfe schon ein wenig bei der Konzentration,<br />
meint sie. In der Musikschule müsse sie Klassisches<br />
spielen, für die Familie Boogies, und für sich<br />
spiele sie am liebsten Pop. Das Konservatorium<br />
steht für die 19-Jährige derzeit aber nicht zur<br />
Diskussion, sie habe Spass an ihrer Arbeit, betont<br />
sie und sinniert: «Allenfalls später.» Kürzlich hat<br />
sie sich für die Vorausscheidung der SwissSkills<br />
im CNC Fräsen angemeldet. Zum Mitmachen motiviert<br />
hat sie, dass man beim Wettbewerb vieles<br />
lernt – unter anderem länger an einer Arbeit dran<br />
zu bleiben, sich besser zu konzentrieren und<br />
schneller zu werden. Das helfe in der Arbeitswelt<br />
weiter. «Wenn du im Wettbewerb gut bist und<br />
das im Lebenslauf schreibst, sehen sie, dass du<br />
keine Niete bist», lacht sie. Die NTB-Werkstatt<br />
bekommt in der Regel von den Konstrukteuren<br />
die Zeichnungen der Werkstücke und dazu den<br />
3D-Körper (Solid) für die Mastercam-Software.<br />
Der Solid muss nur noch eingebaut und nicht neu<br />
gezeichnet werden. Für die SwissSkills jedoch<br />
müssen die Kandidaten den Körper im Mastercam-Programm<br />
darstellen – sie erhalten lediglich<br />
eine Zeichnung ohne Solid. Deshalb ist für Jasmin<br />
Zanolari die grösste Herausforderung das dreidimensionale<br />
Zeichnen. Das möchte sie noch<br />
üben.<br />
hoffen, dass sie zu zweit weiterkommen. Dabei<br />
sind sie sich bewusst, dass am Ende nicht nur das<br />
Können, sondern auch das Glück mitspielt.<br />
Dass beide in die Finalrunde kommen, hofft auch<br />
Lehrmeister Ueli Tischhauser, der sichtlich stolz<br />
ist auf seine Lernenden. Jasmin Zanolaris Fraisa-<br />
Diplome zieren die Türen der Werkstatt. Zuerst<br />
habe er es sich zwar schon überlegen müssen, ob<br />
er den Lernenden von den Berufswettbewerben<br />
erzählen soll, so Lehrmeister Tischhauser. Denn<br />
vor drei Jahren hatte er bereits einen Hoffnungsträger<br />
im Rennen, der jedoch trotz bewilligtem<br />
Urlaubsgesuch beim Militär zu spät zum zweiten<br />
Teil der Vorausscheidung kam, weil ihm in der<br />
Kaserne an diesem Tag niemand den Ausgangspass<br />
ausstellen wollte. Nun steht für Ueli Tischhauser<br />
fest: Teilnehmen darf nur, wer die Rekrutenschule<br />
verschiebt.<br />
Mittlerweile hat SwissSkills das Gespräch mit der<br />
Armee gesucht. Diese steht den SwissSkills<br />
äusserst positiv gegenüber und wird die jeweiligen<br />
Urlaubsgesuche bestätigen. Die dienstpflichtigen<br />
Teilnehmenden müssen dem Urlaubsgesuch<br />
jeweils einen Brief beilegen, der von Philippe<br />
Rebord, Chef der Armee, und von Daniel Baumgartner,<br />
Kommandant Heer, unterschrieben wurde.<br />
Er ist bei Swissmechanic erhältlich.<br />
KEINE NACHTEILE ALS FRAU<br />
Nicola Huser ist deswegen bereits im Gespräch<br />
mit der Armee, und Jasmin Zanolari hat dieses<br />
Problem als Frau nicht. Gibt es denn Probleme,<br />
wenn man als Frau Polymechanikerin ist? Nein,<br />
sagt Zanolari überzeugt. Höchstens beim Befördern<br />
schwerer Teile, aber die könne man mit dem<br />
Kran anheben. Zudem helfe man sich gegenseitig.<br />
Sonst gebe es bei der Arbeit keine Unterschiede<br />
zwischen Mann und Frau, und sie werde auch<br />
nicht darauf angesprochen. «Mann oder Frau, das<br />
spielt keine Rolle, wenn du was gerne machst. Ich<br />
machs einfach gerne», sagt die Drittjüngste von<br />
insgesamt acht Geschwistern. Wäre ihr ein mindestens<br />
neunköpfiger Fanclub bei einer Finalteilnahme<br />
sicher? «Ich weiss nicht, ob all meine<br />
Geschwister Zeit hätten», lacht sie, «aber meine<br />
Eltern wären bestimmt dabei.» n<br />
MEHR MÖGLICHKEITEN BEIM FRÄSEN<br />
Das Fräsen sagt der angehenden Polymechanikerin<br />
am meisten zu. «Ich mache es lieber als<br />
Drehen», sagt sie, denkt einige Sekunden nach<br />
und erklärt: «Ich sehe beim Fräsen besser, was<br />
geschieht, weil das Werkzeug sich dreht und<br />
nicht wie beim Drehen das Werkstück, und zudem<br />
gibt es beim Fräsen einfach mehr Möglichkeiten.<br />
Es ist interessanter.» Dazu komme, dass die<br />
Werkstatt drei Fräsmaschinen habe und so das<br />
Training – für den Fall, dass sie in die Finalrunde<br />
kommt – besser an den Auftragsarbeiten vorbeikommt.<br />
Eng könnte es schon werden. Denn Jasmin<br />
Zanolari ist nicht die einzige NTB-Polymechaniker-Stiftin,<br />
die an der Vorausscheidung für die<br />
SwissSkills teilnimmt. Auch ihr Mitlernender<br />
Nicola Huser, ebenfalls im vierten Lehrjahr, hat<br />
sich angemeldet. Es gäbe keine Neidereien oder<br />
Konkurrenz untereinander, versichern beide. Im<br />
Gegenteil – sie unterstützen sich gegenseitig und<br />
Konzentration ist gefragt beim Blick in die Drehmaschine – das Kühlmittel auf der Scheibe behindert die Sicht<br />
JOURNAL N o 1 Februar <strong>2<strong>01</strong>8</strong> | 89. Jahrgang