E_1928_Zeitung_Nr.080
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wird, passieren doch verhältnismässig bedeutend w©-<br />
nigor Unfälle als bei uns. Es weiss eben jeder, wio<br />
und wo er zu fahren resp. zu gehen hat.<br />
Die Gendarmerie mobile, die Polizei im Auto, leistet<br />
dem Automobilisten und Touristen unbezahlbare<br />
Dienste. Anstatt hinter einem Hag zu liegen und<br />
zu kontrollieren, fahren diese 3 bis 4 Mann die<br />
Strassen entlang und machen Fahrzeuge auf Unkorrektheiten<br />
aufmerksam. Hauptsächlich des aachts<br />
wird jedes Vehikel das ohne Licht fährt, angehalten<br />
und darauf aufmerksam gemacht. Schon der Anblick<br />
der Polizei und dann hauptsächlich die sachliche<br />
und höfliche Art und Weise, bewirkt, dass sozusagen<br />
jeder, das nächste Mal die Sache richtig<br />
macht. Auch bei Unfällen oder Pannen ist diese<br />
Gendarmerie mobile stets hilfsbereit, holt oder telephoniert<br />
Hilfe herbei und ist selbst dabei tätig, wenn<br />
es not tut.<br />
Man sieht daraus, dass es der Polizei nicht<br />
darum zu tun ist, recht viel Geld aus dem Strassanbenützer<br />
herauiszuholen, sondern erstens die Sicherheit<br />
auf der Strasse zu erhöhen und zweitens, und<br />
was auch für unser Land von grösstem Interesse<br />
ist, den Fremden anzuziehen, ihn an die Disziplin<br />
zu gewöhnen und nötigenfalls auf etwaige Uebertretungen<br />
aufmerksam zu machen, aber nicht mit<br />
Bussen und unfreundlichen Antworten, sondern mit<br />
Courtoisie und Höflichkeit. Dies bringt dem Auto-<br />
Tourismus den grössten Nutzen. L.<br />
jp 80 — 1!CT<br />
Was denken Sie darüber?<br />
In einer Polemik, die jüngst in einer Automobilzeitung<br />
über die Frage der Rechts-oder<br />
Linkssteuerung geführt wurde, schrieb ein<br />
Einsender zur Begründung seiner Ansicht :<br />
«Die Dame sitzt bekanntlich immer rechts.»<br />
Stimmt das wirklich? Ich möchte es bestreiten.<br />
Ich glaube, dass in dem Auto-Knigge,<br />
dem Handbuch für das gute Benehmen im<br />
Auto, das noch nicht geschrieben ist, aber<br />
einmal geschrieben werden muss, das Gesetz<br />
stehen wird: Die Dame sitzt im Auto<br />
immer links.<br />
Immer links ? Indem ich dies niederschreibe,<br />
stockt meine Feder schon. Es gibt<br />
nämlich auch Fälle — aber ich muss die Geschichte<br />
vom richtigen Sitz der Dame im<br />
Auto ab ovo anfangen, sonst kann ich mich<br />
nicht verständlich machen. Die Geschichte<br />
beginnt damit, dass wir erst feststellen müssen,<br />
warum in allen Ländern, wo rechts gefahren<br />
wird, der Chauffeur links sitzt. Das<br />
kommt daher, weil in dem übergalanten<br />
Amerika, dem Lande, wo die Rücksicht auf<br />
die Frau oberstes Gesetz ist, der Besitzer,<br />
der selbst seinen Wagen lenkt, der Dame den<br />
rechten Sitz als Ehrenplatz einräumt. In<br />
Amerika dominiert ja der Herrenfahrer und<br />
der Chauffeur spielt so gut wie gar keine<br />
Rolle. Weil aber der amerikanische Herrenfahrer<br />
galant ist, hat der amerikanische<br />
Wagen den Chauffeursitz links und dieses<br />
Beispiel hat die ganze Industrie beeinflusst.<br />
Logisch wäre es natürlich, wenn in allen Ländern,<br />
wo rechts gefahren wird, der Chauffeur<br />
rechts sitzen würde und in allen Ländern,<br />
wo links gefahren wird, links. Linksländer<br />
sind nur Oesterreich, England, Schweden<br />
und Ungarn.<br />
Wir betrachten aber heute nur die Sitzverhältnisse<br />
bei dem üblichen Wagen, der —<br />
ob zu Recht oder zu Unrecht, sei hier nicht<br />
untersucht — den Chauffeursitz links hat,<br />
und nehmen an, dass wir uns in einem rechtsfahrenden<br />
Lande befinden. Wir nehmen ferner<br />
an, dass ein Herr, der die Dame zum<br />
Mitfahren einlädt, sei es nun seine Frau oder<br />
sein Gast, einen Chauffeur besitzt. In diesem<br />
Fale muss die Dame links sitzen und<br />
der Herr rechts. Und zwar aus folgenden<br />
sehr klaren und einleuchtenden Gründen.<br />
Selbstverständlich lässt der Herr die Dame<br />
zuerst einsteigen. Es ist also ebenso setbstvertändlich,<br />
dass die Dame sich in »den Fond<br />
a*«<br />
Zu verkaufen<br />
ein 2—2^-Tonnenlinks<br />
setzt. Würde sie sich rechts setzen,<br />
so müsste der Herr, um auf seinen Sitz zu<br />
gelangen, über sie hinwegsteigen, was nicht<br />
nur sehr unschicklich wäre, sondern auch<br />
sehr unschön und unbequem, denn der Zwischenraum<br />
zwischen den Vorder- und Hintersitzen<br />
ist meist nicht allzu gross. Beim<br />
Aussteigen steigt der Herr zuerst aus, um<br />
der Dame behilflich zu sein. Es ist also klar<br />
dass er rechts sitzen muss, um als Erster<br />
aussteigen zu können. Der Rechtssitz des<br />
Herrn hat aber noch einen anderen Vorteil:<br />
Die Aussicht wird nicht durch den Chauffeur<br />
verdeckt, der Besitzer des Wagens übersieht<br />
also die Strasse und kontrolliert die<br />
Fahrt.<br />
-'m*<br />
Natürlich liegen die Verhältnisse anders<br />
bei den Linksländern. Um zuerst einsteigen<br />
und zuletzt aussteigen zu können, muss die<br />
Dame rechts sitzen. Die Etikette des richtigen<br />
Damensitzes richtet sich also nach der<br />
Fahrvorschrift des Landes. In allen Rechtsländern<br />
sitzt sie links, in allen Linksländern<br />
rechts.<br />
Das gilt für die Stadt. Die Frage, wo die<br />
Dame bei einer Ueberlandfahrt sitzen muss,<br />
ist meines Wissens noch niemals erörtert<br />
worden. Ich glaube, dass die Dame dort<br />
sitzen sollte, wo sie es am bequemsten und<br />
schönsten hat. Und der bequemste und schönste<br />
Sitz im Wagen ist unbedingt der Sitz<br />
neben dem Chauffeur. Dieser Sitz ist viel<br />
weniger Erschütterungen ausgesetzt als der<br />
Sitz im Fond. Der Unterschied in dieser<br />
Beziehung ist so gross, dass er nach einer<br />
mehrstündigen Fahrt auf der Landstrase sehr<br />
stark empfunden wird. Der Herr aber sitzt<br />
hinter der Dame rechts.<br />
Ich habe auf der Landstrasse schon viele<br />
AUTOMOBIL-REVUE<br />
Sitzt Dame links ode» vechls !<br />
Wagen fahren gesehen, in denen, einer missverstandenen<br />
Etikette zuliebe, Herr und<br />
Dame im Hintergrund Sassen, der Sitz neben<br />
dem Chauffeur aber leer blieb.<br />
Ist der Wagen sehr gross, so dass mehr<br />
als zwei Personen im Hintergrund sitzen<br />
können, so sitzen Herr und Frau, die Besitzer<br />
des Wagens, in, der Mitte, die Gäste aber<br />
rechts und links. Lenkt der Besitzer selbst<br />
den Wagen, so ist der Sitz neben ihm immer<br />
der Ehrenplatz. Sind im Hintergrund<br />
nur drei Plätze und haben ,äki Besitzer des<br />
Wagens ein Ehepaar eingeladen oder einen<br />
Herrn und eine ÖamePsosrfct der Besitzer<br />
vorn neben dem Chauffeur und der eingeladene<br />
Herr zwischen den beiden Damen.<br />
Immer und unter allen Umständen muss der<br />
Besitzer, also der Gastgeber, als* Erster aus<br />
dem Wagen steigen, um seinem Gast oder<br />
seinen Gästen beim Aussteigen behilflich<br />
sein zu können.<br />
Das sind die primitivsten Grundbegriffe des<br />
Auto-Knigge. Natürlich gibt es noch ein© Unzahl<br />
Autoetikettefragen, die der Lösung harren.<br />
Man wende ja nicht ein, dass die Etikette<br />
etwas Veraltetes und Ueberlebtes ist.<br />
Das Wort mag veraltet sein, der Begriff gehört<br />
zur Kultur. Denn das gute und richtige<br />
Benehmen ist ein Haupterfordernis der gesellschaftlich<br />
lebenden Menschen. Das gute Benehmen<br />
muss aber auf Logik begründet sein.<br />
Richtige Etikette ist immer logpsch und<br />
zweckmässig. Das glaube ich in meinen<br />
Ausführungen bewiesen zu haben. Etikette,<br />
die nicht wirklich den Zweck erfüllt, das Zusammenleben<br />
der Menschen möglichst angenehm<br />
zu gestalten, so schreibt Rudolph<br />
Lothar im «Neuen Wiener Journal», mag<br />
man getrost zum alten Eisen werfen.<br />
Die Courtoisie der franz. Polizei<br />
Man schreibt uns:<br />
Ich machte krüzlich eine Reise nach Paris und<br />
Nordfrankreich und habe dabei reichliche Erfahrungen<br />
gemacht.<br />
Den ersten Eindruck, den man in diesem automobilfreundlichen<br />
Lande erhält, ist der grosser Verkehrs-Disziplin,<br />
seitens der Automobilisten sowie der<br />
Fuhrwerke und der Pussgänger. Es kommt kaum<br />
vor, dass einmal 2—3 Radfahrer nebeneinander weiter<br />
fahren, sobald sie Signal zum Vorfahren gegeben<br />
haben. Die Fussgänger begeben sich sogar von<br />
der Landstrasse ganz hinweg.<br />
Den stärksten Eindruck aber hinterliess Paris.<br />
Man fährt in Paris sicherer und besser durch die<br />
Strassen, als wie man dies in Zürich oder Bern<br />
tun kann. Das Publikum ist sehr verkehrssicher<br />
und hat sich längst dem Automobil angepasst.<br />
Sollte es vorkommen, dass man einmal in einen<br />
«Sens' Interdit» gerät, so wird von einem Polizisten<br />
mit grösster Höflichkeit darauf aufmerksam gemacht,<br />
der auch sofort den Weg angibt, wie man<br />
wieder in die nächste Einbahnstrecke gelangt. Ich<br />
fuhr z. B. absichtlich einige Male die verkehrte Richtung<br />
und wurde selbstverständlich jedes Mal von<br />
einem Polizisten angehalten. Sobald er die ausländische<br />
Nummer bemerkte, bat er mich sehr höflich,<br />
die richtige Strasse zu benützen und bemerkte<br />
dazu, dass ich wahrscheinlich das Verbotsschild<br />
übersehen habe. Also quasi eine Entschuldigung<br />
seinerseits, dass er mich anhalten mnsste. Ausserdom<br />
wurde ich eines Nachts um 2 Uhr angehalten.<br />
Zwei Radfahrer-Polizisten bemerkten mir, dass man<br />
ab 1 Uhr nachts überhaupt kein Signal mehr<br />
dürfe. Dies zur Erweiterung der Nachtruhe. Nun.<br />
ist ja gerade 1 Uhr morgens die Zeit, wo eigentlich<br />
der grösste Nachtverkehr stattfindet. Man denkt<br />
über diese Verordnung lange nach und vergleicht eio<br />
mit unseren schweizerischen Verhältnissen. In einer<br />
Stadt, wie Paris, ist es also möglich, ab 1 Uhr morgens<br />
ohne jedwelches Signal zu fahren, während<br />
man bei uns zuerst mit dem Nachtfahrverbot kommt,<br />
bevor man sich einmal überlegt, ob es nicht möglich,<br />
wäre, die manchmal lästige Tuterei in den Städten<br />
ab 23 Uhr zu verbieten.<br />
Das bedeutend wirksame Lichtsignal (Abblenden<br />
bei Strassenkreuzungen), findet bei uns leider noch<br />
viel zu wenig Liebhaber, doch ist es bestimmt sicherer<br />
als das Signalgeben, zumal man im geschlossenen<br />
Wagen solche gerne überhört.<br />
Trotzdem in Frankreich und hauptsächlich in<br />
der nahen Umgebung von Paris sehr rasch gefahren<br />
Wo liegt das Recht? Man schreibt uns:<br />
«Wir fuhren im April an einem Regentag<br />
nach Luzern, von da über WiEisau nach Münster<br />
(Kanton Lasern). In Willisau fuhren wir<br />
mit höchstens 25—28 km, da kein Mensch auf<br />
der Strasse war, auch wurden wir im Dorf<br />
von zwei Luzerner Automobilisten überholt.<br />
Die andere Woche bekamen wir einen Bussenzettel<br />
von Fr. 25.— mit der Begründung,<br />
wir seien mit 35,6 km durch das Dorf gefahren,<br />
was wir aber bestritten. Nach bald<br />
einem halben Jahr, also im September, erhalten<br />
wir nun eine Vorladung vor die Bezirksanwaltschaft.<br />
Eine Kontrolle aber haben wir<br />
keine gesehen. Zwei Polizisten mit Stoppuhr<br />
haben versteckte Kontrolle ausgeübt<br />
Jetzt heisst es also, entweder Willisau meiden<br />
oder das Auto stossen!><br />
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