E_1930_Zeitung_Nr.062
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Bern, Dienstag 22. Juli <strong>1930</strong> IV. Blatt der „Automobil-Revue""Nö. 62<br />
(Momentaufnahmen aus<br />
Die Plauderei eines England-Schweizers<br />
über den populären englischen<br />
Bus wird, nachdem der erste Artikel<br />
anerkennendes Interesse fand, hier<br />
fortgesetzt.<br />
Die Red.<br />
II.<br />
Wir Schweizer stellen uns den Engländer gern<br />
als einen verschlossenen Menschen vor. der auf<br />
eeine Mitmenschen mit Verachtung herabsieht. Das<br />
stimmt auch für diejenigen, die man bei uns antrifft.<br />
Aber ganz und gar nicht für meine Büsbekannten.<br />
Diese waren manchmal neugieriger und<br />
mitteilsamer als mir lieb war. Besonders mein<br />
Faltbootgepäck, das der Bus jeden Sonntag abend<br />
mit mir heimbeförderte, gab Anlass zu den gelungensten<br />
Fragen. «Ist das ein Zelt?» hiess es oft.<br />
Oder: «Ich hätte nie gedacht, dass ein Fischer soviel<br />
Zeug braucht.» Erklärte ich dann, dass das<br />
Ding ein faltbares Boot («a collapsible canoe») sei,<br />
dann gab's erst recht kein Ende der Fragen und<br />
Bemerkungen. Die allgemeine Busmeinung war<br />
dann gewöhnlich, es müsse doch sehr gefährlich<br />
sein, in so einer «zusammenstürzbaren» Nussschale<br />
herümzupaddeln. Ich inusste dann erklären, dass<br />
die Nussschale immerhin 5 Meter, beziehungsweise<br />
6 Yards lang sei und zwei Sitzplätze enthalte.<br />
Auch der irrigen Ansicht, das Boot kriege bei je-'<br />
dem Auffahren ein Loch, musste ich entgegentreten.<br />
Man sieht, so ein Bus ist eine richtige Volksbildungsanstalt,<br />
obwohl er keine Subvention erhält!<br />
Auch das Neueste erfährt man stets im Bus, und<br />
recht oft von einem, der «auch dabei gewesen ist».<br />
Die Resultate des eben beendeten Fussballmatches,<br />
der Name des neuen Pfarrers, die dramatische<br />
Begegnung eines zweipferdigen Karrens und einer<br />
45pferdigen Limousine, der noch nicht gelöschte<br />
Fabrikbrand, der Ausverkauf bei Simon, Nomis<br />
& Co., und noch vieles andere mehr wird im Bus<br />
erörtert. Ist man aber ein Unbekannter und sucht<br />
eine Adresse, so ist wieder der Bus die beste Auskunftsstelle,<br />
denn der Billettkontrolleur weiss alles,<br />
kennt alle.<br />
Die Busleitung ist übrigens durch und durch<br />
kaufmännisch. Wo irgend ein Verkehrbedürfnis da<br />
ist, wird sofort ein Kurs eingerichtet, und zwar je<br />
nach Bedarf mit einem grossen oder kleinen Wagen.<br />
Ja, selbst da, wo kein Bedürfnis vorhanden<br />
zu sein scheint, wird eines geschaffen. Noch vor<br />
einigen Jahren fiel es niemandem ein. mitten in<br />
der Woche das Kino in der nächsten Stadt zu besuchen.<br />
Wenn es dennoch einer tat. fuhr er mit<br />
dem Fahrrad hin. Heute gibt es täglich einen gut<br />
besetzten Kino-Bus, der kurz vor der Vorstellung<br />
ankommt und nach Ende derselben wieder<br />
wegfährt.<br />
Die Busstrecke lief parallel zu der Bahnlinie.<br />
Komischerweise lag aber zwischen Strasse und<br />
Schiene ein alter, halb zugeschütteter, mit Gras bewachsener<br />
Kanal, in dem sich bei anhaltendem<br />
Regenwetter grosse Tümpel bildeten, die eifrig von<br />
Enten zum herumpaddeln benützt wurden. Der<br />
Kanal war vor etwa hundert Jahren mit grossen<br />
Kosten gebaut worden. Als dann die Bahn erstellt<br />
wurde, sah man ein, dass es sich nicht rentieren<br />
würde, den Kanal weiter zu unterhalten und man<br />
legte ruhig an verschiedenen Stellen den Bahndamm<br />
hindurch. So hat die Bahn den Kanal getötet.<br />
Und nun kommt die moderne Strasse und<br />
wächst ihrerseits auf Kosten der Bahn. Vielleicht<br />
•wird es wirklich noch dazu kommen, wie das Wells<br />
in seinen Büchern voraussieht, dass die Bahnlinie<br />
zur Betonstrasse umgebaut wird.<br />
Vorderhand wehrt sich die Bahn hier wie anderswo<br />
um ihre' Existenz mit allen Mitteln. Allerdings<br />
nur mit fairen Mitteln, nicht mit behördlicher<br />
Abdrosselung des Autoverkehrs. Vor allem<br />
reduzierte sie ihre Taxen. Vor dem Erscheinen des<br />
Bus bezahlte man für eine Strecke von sechs Kilometer<br />
1 Schilling und 6 d, für die Hin- und Rückfahrt.<br />
Dann kam der Bus und verlangte dafür nur<br />
10 d. Darauf reduzierte die Bahn ihre Billette<br />
EyliSailQasthofHirsdien(amillieiD)<br />
Fischküche. — Butterküche. — Qualitätsweine.<br />
Gesellschaftssaal. — Eigenes Motorboot. —<br />
Garage. — Zivile Preise. Telephon 3.<br />
Neuer Besitzer: G. BRAENDLI.<br />
St. Gallen<br />
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Hecht<br />
Seit Mitte Mai neu eröffnet. — Erstes Haus<br />
am Platze. Gediegenes Cafe" - Restaurant.<br />
Offene Terrasse. Garage. H. Bossi, Dir.<br />
Good Old England<br />
der englischen Provinz.)<br />
ebenfalls auf 10 d. Kaum war dieser Tarif in<br />
Kraft, so setzte der Bus den seinen auf 9 d herunter.<br />
Das war vor zwei Jahren. Heut.e • kostet die<br />
Bahnfahrt noch 10 d und die Busfahrt nur noch<br />
6 d! Dafür sind aber die Bahnbeamten die Freundlichkeit<br />
selber geworden und die Eisenbahngesellschaft<br />
London-Midländ-Scotland z. B. hart für ihr<br />
ganzes Netz die Verfügung getroffen, dass sämtliche<br />
einfachen Billette zwischen Lokalstationen oder<br />
von Lokolstationen bis zur nächsten Stadt auch für<br />
die Rückfahrt gültig seien.<br />
Auch bei der Bahn ist der Dienst am Kunden<br />
kein leeres Wort mehr. Einige Beispiele: Einmal<br />
stieg ich mit viel Gepäck an einem Bahnhof aus<br />
und da ich keinen Wagen zur Verfügung hatte,<br />
liess ich es im Gepäckraum der Station liegen. Als<br />
ich dann nach fünf Tagen, dazukam, es abholen zu<br />
lassen, erfuhr ich zu meinem Erstaunen, dass ich<br />
keinen Rappen für die Aufbewahrung zu bezahlen<br />
hatte!<br />
Oder gar diese Geschichte, die mir letzten Sommer<br />
passiert ist: Ich kam an einem Sonntag abend<br />
an einer kleinen Station an, um nach Hause zu<br />
fahren. Ich wollte mit einer Pfundnote das Billett<br />
bezahlen, aber der Beamte konnte nicht wechseln.<br />
Da sagte er gemütlich: «Ach. fahren Sie nur ruhig<br />
hin und bezahlen Sie dann bei Ihrer Ankunft.»<br />
Ich fuhr also ohne Billett ab. Fragte mich ein<br />
Schaffner danach, so wies ich einfach meine Pfundnote<br />
vor; und erzählte meine Geschichte. Dann<br />
sagte dieser: All right! und verlor kein Wort mehr<br />
darüber. An meiner Station angekommen, ging ich<br />
an den Schalter und löste ein Billett für die befahrene<br />
Strecke, das dann gleich vernichtet wurde.<br />
Oder diese wahre Anekdote, die mir zwischen London<br />
und Dover passierte: Ich hatte ein Billett dritter<br />
Klasse nach Dover, kam aber so spät auf den<br />
Victoria-Bahnhof, dass ich vom Schaffner in den<br />
ersten besten Wagen einkomplimentiert wurde, da<br />
der Zug abfuhr. Es war zufälligerweise, ein Pullmanwagen,<br />
also mit dem grössten Reiseluxus ausgestattet,<br />
den es gibt. Natürlich wollte ich nach<br />
vorn meinen Drittklasswagen aufsuchen (die bekanntlich<br />
so gut sind wde bei uns die zweite<br />
Klasse), aber die Türe war. verschlossen. AK der<br />
Schaffner die Billette verlangte, erzählte ich ihm<br />
die Geschichte. Darin sagte er: «Haben Sie hier<br />
einen Platz?» Ich bejahte^ schüchtern. «Dann bleiben<br />
Sie ruhig sitzen,» war die gemütliche Antwort!<br />
Der Grundtarif der englischen Bahnen ist etwas<br />
höher als derjenige, der Bundesbahnen. Wenn man<br />
aber in Betracht zieht, dass dort die dritte Klasse!<br />
unserer zweiten entspricht, dass keine Schnellzugs-,<br />
zuschlage bestehen (weil die Bahn §e'lbstverStänd-'' ~ Natürlich. Wenn mir. mal was zustösst<br />
lieh ein Interesse hat, dass möglichst viele den'<br />
Schnellzug benützen), dass die Retourbillette in den<br />
meisten Fällen zur einfachen Taxe verrechnet wer-'<br />
den, dass es Wochenendbillette, ferner Exkursionsbillette<br />
mit dreiwöchiger Gültigkeitsdauer zu stark<br />
reduzierten Taxen gibt und dass weiter wöchentlich<br />
Züge verkehren, für die nur ein Dritel der gewöhnlichen<br />
Taxe verlangt wird, wenn man ferner<br />
daran denkt, dass man etwa 60 kg Freigepäck aufgeben<br />
darf, dann sind die englischen Taxen bedeutend<br />
niedriger als bei. uns.<br />
Letztes Jahr sah ganz England mit echt sportlichem<br />
Interesse dem Duell Strasse gegen Schiene<br />
zu. The rail versus road controversv hiess der<br />
Kampf, der in allen <strong>Zeitung</strong>en lebhaft besprochen<br />
wurde. Die Eisenbahngesellschaften machten auf<br />
den Sommer hin, nicht zuletzt auf dem Wege durch<br />
die Reklame^ gewaltige Anstrengungen, den Toutistenstrom<br />
auf ihre Mühle zu lenken. Neue Vergünstigungen<br />
wurden ersonnen, Kollektivbillette für<br />
acht Personen eingeführt, Sportbillette und Exkursionskarten<br />
zu ermässigtem Preise für alle Züge<br />
ausgegeben usw. Jede neue Vergünstigung waT ein<br />
neues Reklameargument, das nach allen Regeln der<br />
Kunst ausgenützt wurde.<br />
Da hiess es in grossen Inseraten in allen Tageszeitungen:<br />
«Ein vorteilhafter Gelegenheitskauf: ein<br />
Welsstingen<br />
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Auto-Garage. Tel. 429. Geschw. Zimmermann.<br />
Exkursionsbillett», oder: «Sie machen ein gutes Geschäft,<br />
wenn Sie mit der Eisenbahn in die Ferien<br />
fahren» und darauf folgte dann eine Aufzählung<br />
der zahllosen Vergünstigungen.<br />
Die Autobusgesellschaften merkten ihrerseits die<br />
Gefahr, sie gruppierten sich und machten ebenfalls<br />
einen Reklamefeldzug. Dann gaben sie auch einen<br />
Fahrplan für sämtliche Autobuslinien Grossbritanniens<br />
heraus (ein dickes Büchlein), kauften noch<br />
bessere, noch bequemere Autobusse, darunter richtige<br />
Schlafwagen, kurz, das Publikum wurde umworben<br />
wie eine schöne, reiche Prinzessin. Das Ergebnis<br />
war verblüffend: die. Reisendenzahl bei den<br />
Eisenbahnen nahm gegenüber dem Vorjahre stark<br />
zu, aber die Einnahmen gingen leicht zurück! Bei<br />
den Autobusbetrieben nahm die Zahl der Reisenden<br />
ebenfalls zu, aber auch hier war das finanzielle<br />
Ergebnis nicht ganz befriedigend. Die beiden mächtigen<br />
Reklamefeldzüge hatten also im Grunde genommen<br />
die Reiselust stark angefacht, doch hatten<br />
die Ausgaben noch stärker zugenommen als die Einnahmen.<br />
Am Ende des Jahres erklärten beide Parteien,<br />
gesiegt zu haben, weil beide eine starke Zunahme<br />
der Reisendenzahl zu verzeichnen hatten!<br />
Nun, dieses Jahr kann's wieder losgehen. Die Engländer<br />
freuen sich schon seit langem auf die Wiederaufnahme<br />
dieses sportlichen Zweikampfes;<br />
Andreas K.<br />
Das Testament<br />
Vor Gerhard Frank.<br />
Sie haben einen ausgezeichneten Tresor.<br />
Vierfach gesichert — das ist staunenswert.<br />
Haben Sie Doppelschlüssel ?<br />
Ich habe immer einen Schlüssel bei mir.<br />
Hat Ihr© Frau den andern Schlüssel ? ,<br />
Nein, es ist nur" der eine Schlüssel im Gebrauch.<br />
• •-...• .,<br />
Wenn nun aber mal was passiert, wenn<br />
Si© den Schlüssel verlieren ?<br />
Für den Fall ist vorgesorgt, da gibt es<br />
einen zweiten Schlüssel, bei dem sich auch<br />
das Kennwort findet.<br />
Ah so — und wer hat den Schlüssel ?<br />
Unter uns gesagt, er liegt in meinem Testament.<br />
Si© haben ein Testament gemacht ? Das<br />
halte ich für sehr vernünftig.<br />
Heutzutage muss man das schon tun !<br />
Und Ihr© Frau weiss, wo das Testament<br />
liest?<br />
; '. V .<br />
oder wenn ich sterbe, dann öffnet sie das<br />
Testament, nimmt den Tresorschlüssel und<br />
das Kennwort heraus und alles ist geregelt.<br />
Sie sind ein wirklich praktischer Mann!<br />
Di© Zeiten machen ©inen gewitzigt!<br />
Natürlich, Sie haben ganz recht ! Aber<br />
haben Sie niemals Angst, dass Ihnen jemand<br />
das Testament mit dem Schlüssel stiehlt und<br />
dann in Ihren Tresor einbricht ?<br />
Kein Gedanke daran, das Testament ist<br />
doch gut verwahrt!<br />
Aha — ein Geheimfach im Schreibtisch ? *<br />
Bewahre — es liegt im Tresor \<br />
40 Jähre im Bett.<br />
Di© Witwe Mary Wickham in Brooklyn<br />
hat ein seltsames Gelübde abgelegt: sie will<br />
nicht weniger als 40 Jahr© ununterbrochen<br />
im Bett zubringen. Ihr ganzes Vermögen in<br />
Höhe von 400,000 Dollar hat si© einer Bibelund<br />
Traktat-Gesellschaft in Brooklyn vermacht.<br />
.' ' ••'.•'<br />
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Bahnhotstrasse Z (I RIC H Peterstrasse<br />
Bündnerstube - Spezialitätenküche<br />
Rheinau<br />
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Selienswttrdtgkeit Kloster Rheinau. — Zivile<br />
Preisa — Telephon 3.