E_1930_Zeitung_Nr.062
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Erstaunliche Fälle von<br />
Langlebigkeit<br />
Berichte über Menschen, die ein Alter von<br />
weit über hundert Jahre erreichten, pflegen<br />
stets einem gewissen Misstrauen zu begegnen.<br />
Kein Wunder, denn diese Angaben<br />
lassen sich nur in den seltensten Fällen wirklich<br />
nachprüfen.<br />
Immerhin ergibt die Wahrscheinlichkeitsrechnung,<br />
dass unter zwei Millionen Menschen<br />
drei über hundert Jahre alt werden. So<br />
scheint die Statistik diese Wunder zu bestätigen;<br />
zumindest müsste man rein statistisch<br />
annehmen, dass unter denn zwei Milliarden<br />
Menschen der Jetztzeit dreitausend Individuen<br />
ein so unglaubliches Alter beschieden<br />
ist.. Interessant sind Fälle dieser Art aus der<br />
älteren Zeit, die eine französische Chronik<br />
beschreibt. 1825 lebte im Kirchenstaat ein<br />
gewisser Josef Bondo, 119 Jahre alt, der zu<br />
lachen, zu trinken liebte und eine merkwürdige<br />
Heiterkeit besass. Dieser Mann hatte<br />
damals noch den Gebrauch seiner Verstandskräfte<br />
und seiner Beine. La Haie, welcher<br />
einen Teil seines Lebens damit zubrachte, zu<br />
Fuss Indien, China, Persien und Aegypten zu<br />
durchwandern, war erst im Alter von 45<br />
Jahren geschlechtsreif geworden; 70 Jahre<br />
alt, verheiratete er sich, bekam fünf Kinder<br />
und starb im 121. Jahre. Im Jahre 1772 lebte<br />
in Däeppe eine 150 Jahre alte Frau namens<br />
Anne Cauchie. Ihr Vater hatte anderthalb<br />
Jahrhunderte gelebt und ihr Oheim ging in<br />
sein 173. Jahr. Haller führt in seiner Physiologie<br />
einen gewissen Henri Jenkins an, welcher-am<br />
6. Dezember 1670, 169 Jahre alt,<br />
starb. Sein schweres Gewerbe (Fischerei)<br />
hatte ihn nicht kränklich gemacht; 100 Jahre<br />
alt, durchschwamm er noch die Flüsse. Er<br />
wurde als Zeuge vorgeladen wegen einer<br />
Sache, die sich vor 140 Jahren ereignet hat,<br />
und erschien vor Gericht mit seinen beiden<br />
Söhnen, von denen der eine 100, der andere<br />
102 Jahre alt war. Luisia Truxo aus Südamerika<br />
war ihrem 175. Jahre nahe, da starb<br />
sie durch einen Unglücksfall. Neanovias,<br />
Professor in Danzig, erwähnt einen 184- und<br />
190jährigen Greis.<br />
Einer der seltensten Fälle von Langlebigkeit<br />
ist der, den die «Petersburger Französische<br />
<strong>Zeitung</strong>» vom 8. Juni 1825 berichtet. Sie<br />
gibt den Namen und einige Einzelheiten aus<br />
dem Leben eines Greises, der sich noch sehr<br />
gut, des Todes Gustav Adolfs, Königs von<br />
Schweden, der in der Schlacht bei Lützen,<br />
1632, fiel, erinnerte. Er war 86 Jahre alt zur<br />
Zeii der Schlacht bei Pultawa (1709). Von<br />
da i-bis 1825 besteht ein Zeitraum von 116<br />
Jahren, welcher, zu 86 gezählt, für die Gesamtlebensdauer<br />
dieses Patriarchen die Zahl<br />
202! Jahre ergeben würde. Ebenso wie die anderen<br />
(physiologischen oder psychologischen)<br />
Eigenschaften ist auch die Langlebigkeit in<br />
gewissen Familien erblich. Die «Geschichtlichen<br />
Neujahrsanmeldungen» Gesseys erwähnen<br />
folgendes: «Am 31. Juli 1554 bemerkte<br />
der Kardinal d'Armagnac, zu Fuss durch eine<br />
der Pariser Strassen gehend, einen 81jährigen<br />
Greis, der vor seinem Hause weinend stand.<br />
Der Kardinal fragte ihn nach dem Grunde<br />
seiner Tränen; der 81jährige Greis antwortete<br />
ihm, dass sein Vater ihn geschlagen<br />
hab*. Heber diese Antwort erstaunt, wünschte,<br />
der Kardinal sofort den Vater zu sehen.<br />
Man wies ihn an einen Greis von 113 Jahren,<br />
der sehr gut erhalten war. Nach einigen<br />
Fragen erkundigte er sich bei diesem Hochbetagten,<br />
was denn sein Sohn verbrochen<br />
hätte, um eine Züchtigung zu verdienen: «Er<br />
ist vor seinem Grossvater vorübergegangen,<br />
ohne ihn zu grüssen.» Noch erstaunter als<br />
vorhin, bat Seine Eminenz den Greis, ihn vor<br />
den Grossvater zu führen. In ein ziemlich<br />
sauberes Zimmer geführt, sah der Kardinal<br />
d'Armagnac einen 143 Jahre alten Greis;<br />
nachdem er einige wohlwollende Worte an<br />
ihn gerichtet, erteilte er ihm seinen Segen.<br />
Das sind die merkwürdigsten Fälle hohen<br />
Alters, zu denen der Mensch etwa gelangen<br />
kann. Wie schon gesagt, sind jedoch Hundert-<br />
und Mehrjährige Ausnahmen. Eine<br />
Menge Dinge zehren das Leben auf, verkürzen<br />
dessen Dauer und im allgemeinen tritt.<br />
der Sechzigjährige in die letzte Lebensphase,<br />
das Greisenalter. Von da ab bis zu seinem<br />
Tode, der gewöhnlich zwischen 65 und 80<br />
Jahren eintritt, drücken die Zeichen des Verfalls<br />
jährlich mehr seinen ermüdeten Körper.<br />
Die Lebenskraft wird schwach, das Blut wird<br />
arm, der Blutlauf wird langsamer, die Organe<br />
werden schwach und träge in ihren Funktionen.<br />
Alle physischen und psychischen Vermögen<br />
nehmen immer mehr ab,, einige entschwinden;<br />
die Wärme erlischt allmählich,<br />
das Grab öffnet sich.<br />
Wiedereinführung der Prügelstrafe.<br />
Ein amerikanisches Gericht in Baltimore<br />
hat über einen Mann, der nachweislich seine<br />
Frau geschlagen hatte, die Prügelstrafe verhängt<br />
und praktisch vollziehen lassen. Der<br />
Staatsanwalt erklärte, es sei ein Gesetz wünschenswert,<br />
wonach bei solchen Rohheitsdelikten<br />
auf eine Prügelstrafe erkannt werden<br />
sollte...<br />
Das Werk eines Amerikaners: ein Monument zeitungen belagern stundenlang die Hotelhalle,<br />
um sich auf neu angekommene" Gäste<br />
der japanischen Seele als Treffpunkt Internationaler<br />
Gesellschaft. — Nervöse Welsse, aus der Welt, in der man sich nicht langweilt,<br />
zu stürzen. Viel könnte sie erzählen,<br />
miauende Tänzerinnen, japanische Familientage.<br />
die Imperial-Halle des verrücktesten Hotels<br />
Im fernen Osten gibt es drei Stätten, wo der Welt, jedoch sie schweigt...<br />
sich wenigstens einmal im Leben die verwöhntesten<br />
Globetrotter unfehlbar begegnen: nennen, wenn das Hotel einem<br />
Wie anders als absonderlich soll man es<br />
Labyrinth<br />
der Johnsohn's Pier in Singapore, der gleicht, in dem sich einigermassen zurecht<br />
Schanghai-Club mit der grössten Bar der zu finden fast unmöglich erscheint. Alle<br />
Welt und das Imperial Hotel in Tokio. Die Gäste, die eine Nacht in ihm verbrachten,<br />
letztgenannte geniesst den merkwürdigen sind sich darüber einig. Man findet keine<br />
Ruf, zwar hinsichtlich ihrer architektonischen Tür im ganzen Imperiai, dort wo sie ein<br />
Anlage das seltsamste Hotel der Welt, aber logisch geschulter Abendländer vermutet. Ein<br />
auch ein Treffpunkt der besten internationalen<br />
Gesellschaft zu sein.<br />
Wochen im Hotel aufhielt, gestand beschämt,<br />
skandinavischer Journalist, der sich mehrere<br />
Ein ebenso smarter wie phantastischer sich immer noch nicht zurecht zu finden. Das<br />
amerikanischer Architekt erbaute dieses Zimmer Nr. 335 liegt beispielsweise von Nr.<br />
Hotel. Er glaubte damit einerseits der dem 336 unendlich weit durch mehrere Korridore<br />
abendländischen Geiste rätselhaft erscheinenden<br />
japanischen Seele ein — nach seinen muss man gewärtig sein, ein amerikanisches<br />
getrennt. Sucht man eine Toilette auf, so<br />
Begriffen — würdiges Denkmal gesetzt zu Hochzeitspärchen in Nr. 337 aufzuscheuchen.<br />
haben, indem er alles an seinem Bauwerk Denn Türschildchen gibt es hier nicht. Gänge<br />
möglichst komplizierte und verworren gestaltete,<br />
und andererseits durch diese betonte<br />
Eigenart gerade die zivilisatorischer Normen<br />
überdrüssigen Teile der internationalen Gesellschaft<br />
anzulocken. Letzteres scheint ihm<br />
gelungen zu sein. Im wallenden weissen Gewände<br />
wandelte im vergangenen Sommer<br />
der bärtige Rabindranath Tagore sinnend<br />
durch die Lotusblumenpracht des Hotelparks.<br />
Braungebrannt von der tibetanischen Sonne<br />
sass Teddy Roosevelts Sohn Kermit im Vestibül<br />
und erzählte einem jungen englischen<br />
Ingenieur, dem Sohn Lloyd Georges, wie er<br />
zusammen mit seinem Bruder Theodor junior<br />
in der Provinz Szechuan seltsame Tiere<br />
gejagt hatte. Ja, und Sven Hedin Hess sich<br />
im Imperial von seinem Leibarzt Dr. Hummel<br />
seine Neuralgie kurieren. Graf Aloisi,<br />
der italienische Gesandte am japanischen<br />
Kaiserhof, schritt elegant und lachend über<br />
die jeden Schritt dämpfenden Teppiche der<br />
Empfangsräume. Auch die Originale fehlen<br />
nicht. Philantropen und Weltverbesserer<br />
vom Schlage des steinreichen Winifred Hol-<br />
Mather, der sich in den Kopf gesetzt hat,<br />
eine Weltbewegung zur Bekämpfung der<br />
Blindheit zu organisieren. Und dann der<br />
übliche Tross von Journalisten, Welt- und<br />
Honigmondreisenden aus aller Herren Länder.<br />
Reporter grosser japanischer Tages-<br />
gehen auf und nieder. Gewundene Treppen<br />
und surrende Fahrstühle vermehren noch<br />
den allgemeinen Wirrwarr. Sämtliche Lampen<br />
verbreiten ein so gedämpftes Licht, wie<br />
es gemeinhin in Opiumhöhlen zu herrschen<br />
pflegt. Nachts stolpern stöhnende Gestalten<br />
in Pyjamas über die halbdunklen Gänge und<br />
verfluchen die Abwesenheit eines handfesten<br />
Verkehrsschutzmannes. Die luxuriösen Parkanlagen<br />
des Imperial mit ihrem Blumenreichtum,<br />
ihren Goldfischkanälen, lauschigen Grotten<br />
und geschwungenen Brückenbogen wirken<br />
asiatisch, dennoch haftet der ganzen<br />
Anlage der Charakter des Nurdekorativen,<br />
Kulissenhaften an, der schlitzäugigen Asiaten<br />
ein malitiöses Lächeln entlockt.<br />
Aber wenn miauende Stimmen aus irgendeinem<br />
Gesellschaftsraum das lauschende Ohr<br />
eines Abendländers erreichen und er beherzt<br />
und heimlich diesen Stimmen nachgeht, so<br />
findet er überrascht einen Ausschnitt echt<br />
japanischen Lebens. Dort übt ein Tanzmeister<br />
hoheitsvoll klassisch-religiöse Tänze mit<br />
den Schönen der Tokioter Gesellschaft. Im<br />
Speisesaal nebenan sitzt eine japanische<br />
Sippe vollzählig versammelt beim Mittagsmahl.<br />
Europäisches Essen, das die Japaner<br />
sehr schätzen, und dennoch ein japanischer<br />
Familientag! Dunkle Haori-Mäntel bedecken<br />
hier die Buntheit der Kimonos. Es geht un-<br />
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Der Nachfolger von Jackie Coogan, der kleine<br />
Davey Lee, bekannt aus dem tränenreichen Film,<br />
«Singing Fool>, spielt mit AI Jolson die Hauptrolle<br />
in einem neuen Film, der bereits in Europa<br />
rollt. Die Sage vom Tode des kleinen Jungens hat<br />
sich als eine <strong>Zeitung</strong>sente entpuppt!<br />
endlich feierlich zu. Es kommt auch vor, dass<br />
ein Shinto-Priester mit gedämpftem Gemurmel<br />
einem von ihm getrauten Paare in<br />
einem Hotelzimmer den Segen ihrer Ahnen<br />
erfleht und dass nebenan eine grausam<br />
nüchterne Generalversammlung britischer<br />
Exporteure oder eine Billiardpartie einiger<br />
dollarschwerer Herren vom Broadway stattfindet.<br />
Das Imperial Hotel ist stillos wie so vieles<br />
unserer Zeit. Es hat ihr Tempo und ihre<br />
Sucht nach Weltverlorenheit in seinem verschnörkelten<br />
Leibe 'ind den Atem dreier Erdteile.<br />
Sonderbar närrisch wirkt alles an ihm,<br />
verrückt und verschroben. Es ist nichts<br />
Halbes und nichts Ganzes, es steht zwischen<br />
Orient und Okzident Man bestaunt und bemängelt<br />
es, aber man sucht es immer wieder<br />
auf.<br />
Gackloch<br />
Lautsprecher statt Kirchenglocken.<br />
Da der Pfarrer der Kirche in Cornwall<br />
(England) trotz eifriger Bemühungen nicht<br />
die Summe aufbringen konnte, die die Reparatur<br />
zur Instandsetzung der Kirchenglocken<br />
erforderte, hat er jetzt in den Kirchturm<br />
mächtige elektro-dynamische Lautsprecher<br />
einbauen lassen.<br />
Eine Grammophonplattengesellschaft hat<br />
das Glockengeläute der Westminster-Abbey<br />
aufnehmen lassen und diese Platte dem Pfarrer<br />
von Cornwall zur Verfügung gestellt, so<br />
dass jetzt die Cornwaller durch das übertragen©<br />
Geläut der berühmtesten Kirche Englands<br />
zum Gottesdienst gerufen werden.<br />
Ein eltler Dichter.<br />
Die Post in Rom erhielt einen Brief mit<br />
der Aufschrift « An den grössten Dichter Italiens<br />
». Ein schlauer Postbeamter spedierte<br />
daraufhin diesen Brief kurzerhand an Gabriele<br />
d'Annunzio. Aber der Dichter refusierte<br />
ihn. « Dieser Brief ist nicht für mich >,<br />
sagte er. De'r erstaunte Postbeamte gab zur<br />
Antwort: «Herr, diese Bescheidenheit..., es<br />
kann doch gar niemand anders als Sie damit<br />
gemeint sein ! » — Trotzdem wehrte der<br />
Dichter mit entschiedener Geste ab : « Mann!<br />
Wenn dieser Brief für mich bestimmt wäre,<br />
dann würden die Worte darauf stehen: An<br />
den grössten Dichter der Welt! »<br />
Die Künstlerlocke im Kontrakt.<br />
Ein Chicagoer Konzertmeister schloss einen<br />
Kontrakt mit einem der grössten Kinotheater<br />
der Stadt auf 5 Jahre gegen ein Honorar<br />
von einer Million Dollars. Die Hauptbedingung<br />
des Kontraktes ist, dass der Konzertmeister,<br />
der ein besonderer Liebling der<br />
Chicagoer Frauenwelt ist, während dieser<br />
seine Künstlerlocken nicht abschneiden darf,<br />
noch sonstwie Aenderungen im Gesicht herbeiführen,<br />
die sein äusseres Bild entstellen.<br />
Kommt ein Vöglein geflogen...<br />
Aus Liverpool wurden dieser Tage 400<br />
grosse Schiffskisten mit Kanarienvögeln nach<br />
New York verfrachtet. Die Kanarienvögel<br />
werden dieses Jahr in Amerika grosse Mode<br />
werden.. Die New Yorker Warenhäuser bringen<br />
schon jetzt Miniaturkäfige heraus, die in<br />
allen möglichen Formen von Geschenkartikeln<br />
gearbeitet sind, und die mit dem Kanarienvogel<br />
zusammen ein beliebtes Geschenk<br />
sein werden.<br />
Der Kampf gegen den Lautsprecher.<br />
Die Anti-Lärm-Schutzbewegung in Brüssel<br />
hat einen Erfolg zu verzeichnen. Die Brüsseler<br />
Stadtverwaltung hat eine Verordnung erlassen,<br />
nach der der generelle Betrieb von<br />
Lautsprechern nach 11 Uhr abends grund?<br />
sätzlich verboten ist.