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E_1930_Zeitung_Nr.105

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16 AUTOMOBIL-REVUE <strong>1930</strong> — 105<br />

Abschied an Weihnachten<br />

Es duftete weihnachtlich. Wenn ein<br />

Wagen auf der Strasse vorbeifuhr, erzitterten<br />

die Zweige der grossen Tanne, die<br />

in einer Ecke des Salons stand. Sie trug<br />

nur grosse weisse Kerzen und Silberflitter,<br />

diese hochragende Tanne, die fast bis<br />

an die Decke reichte und gerade dadurch<br />

seltsam ernst-feierlich wirkte, weil ihr jeder<br />

bunte, fröhliche Schmuck fehlte.<br />

« Wieder einmal Weihnachten, » sagte<br />

Egon Harting nachdenklich und sah hinüber<br />

zu dem Baume, um den sich nun<br />

langsam die Dämmerung des frühen<br />

Nachmittags dunkel zusammenballte. « Im<br />

vergangenen Jahre war ich in Paris! Vor<br />

zwei Jahren in Alexandrien — aber die<br />

dumme Sehnsucht nach den heimischen<br />

Weihnachtsfreuden, die sitzt uns nordischen<br />

Menschen doch eigentlich im Blut!»<br />

«Weihnachtssehnsucht! Ein Wort, das<br />

keine Erfüllung findet!» Marianne sprach<br />

langsam und schleppend; auch ihre Blicke<br />

hingen an dem Baum.<br />

«Sollte das nicht daran liegen, dass<br />

für diese Erfüllung ein wenig Mut aufgebracht<br />

werden müsste — vielleicht Mut<br />

zum Glücklichsein, Marianne? » Er sprach<br />

scharf akzentuiert, mit besonderer Betonung<br />

und suchte in dem schattenden<br />

Grau, das sie langsam einhüllte, ihre<br />

Augen.<br />

«Und wenn man den Mut nicht findet?»<br />

« Dann ist die Sehnsucht nicht echt —<br />

nicht stark genug! »<br />

Die Frau hob den feinen Kopf und sah<br />

ihn an. Lautlos still war es. Grosse weisse<br />

Flocken wirbelten langsam herab an den<br />

hohen Spiegelscheiben der Fenster, sichtbar,<br />

trotz der kostbaren Tüllvorhänge. Der<br />

leise Waldesduft umspielte schmeichelnd<br />

die beiden Menschen, deren Blicke sich<br />

jetzt aneinander festsaugten.<br />

Diese hellen, durchdringenden Männeraugen<br />

hielten sie im Bann; wehrlos fühlte<br />

sie sich ihnen gegenüber. Wie ein leises<br />

Spotten lag es in ihrem Blick: « Warum<br />

sträubst du dich? Ich weiss doch, wie es<br />

um dich steht, weiss, dass du sprichst und<br />

sprichst, um deine Gedanken zu verbergen,<br />

um zu übertönen, was sich laut und<br />

lauter in dir regt, nach Ausdruck ringt.<br />

Warum Quälst du dich — und mich!<br />

Sprich doch endlich das erlösende Wort! »<br />

Und in den ihren lag es wie Trauer.<br />

«Ich bin, wie ich bin! Ich kann nicht anders<br />

sein! Ich quäle dich — vielleicht<br />

mich aber viel, viel mehr! »<br />

« Halten Sie Treue wirklich für einen<br />

gänzlich überwundenen Standpunkt, Harting?<br />

» fragte sie plötzlich, und Hess den<br />

Kopf wieder sinken. Sie hatte das konventionelle<br />

«Herr» weggelassen. Und<br />

dann streiften ihre Augen mit einem<br />

scheuen Blick sein intelligentes, etwas<br />

blasiert aussehendes Gesicht.<br />

« Treue, Frau Marianne? » Seine langfingrige<br />

Hand, die Hand eines nervösen<br />

Menschen, legte sich einen Augenblick auf<br />

die ihre; dabei näherte er sein Gesicht<br />

dem ihren. Nur einen Augenblick streifte<br />

sie sein warmer Atem — dann sass er wieder<br />

ganz korrekt ihr gegenüber.<br />

« Was ist Treue, Frau Marianne? Doch<br />

nicht etwas, was der landläufige Begriff<br />

fordert! Treue — Moral und so manches<br />

andere sind nicht mehr allgemeine, sondern<br />

rein individuell gewordene Begriffe.»<br />

Sie sah ihn verständnislos an.<br />

Er lachte leicht auf. « Das verstehen<br />

Sie nicht? Für Ihr Gefühl ist treu — treu,<br />

und Moral — Moral, so etwa, wie zweimal<br />

zwei vier ist und bleibt — nicht wahr? »<br />

« Gewiss! Wie denn sonst? »<br />

«Anders! Was für Sie dureh Erziehung,<br />

Veranlagung, wenn Sie wollen:<br />

Vererbung, Moral ist, kann für einen anderen<br />

schon Unmoral sein — zum Beispiel,<br />

dass wir beide jetzt allein hier sitzen und<br />

Murren im<br />

Winterglanz<br />

tiefsinnige Gespräche mit sorgfältig verhängtem<br />

Hintergrunde führen...»<br />

Sie lachte nun auch. «Das lasse ich<br />

gelten — Moral mag «heutzutage wandelbar<br />

sein; aber Treue, Harting? Wollen<br />

Sie vielleicht behaupten, dass die Treue<br />

des einen wie Untreue für den anderen<br />

wirken kann? »<br />

«Wie Untreue gegen sich selbst und<br />

gegen das Beste in uns — gewiss! »<br />

!'• ••••• • •'• • }<br />

« Aber es gibt doch Pflichten — »<br />

«Auch gegen sich selbst und gegen<br />

das, was sich oft gegen unser Wollen in<br />

uns regt und gerade darum vielleicht das<br />

Stärkere sein sollte.» Er sah sie an und<br />

ergriff plötzlich ihre Hand mit einem harten,<br />

fast schmerzhaften Druck. «Warum<br />

Frau Marianne? Warum? »<br />

« Weil ich muss! Weil icht schwerfällig<br />

bin, so gar nicht .zeitgemäss' einge-<br />

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