E_1931_Zeitung_Nr.060
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N° 60 - <strong>1931</strong> AUTOMOBIL-REVUE 19<br />
Die Verfolgung<br />
Er wusste nicht, von welchem Momente<br />
an er bei seinem Gange durch die nächtliche<br />
Stadt an eine Verfolgung gedacht hatte. Sein<br />
Tun ekelte ihn an, und doch ging er durch<br />
alle die vielen Gassen hindurch, an den<br />
Menschen vorbei, der schlanken Frau nach,<br />
die vor ihm war, nah und zugleich fern. Sein<br />
Beginnen war töricht und unklug, er war<br />
sich dessen bewusst, und es schien ihm, als<br />
ob alle Vorübergehenden in seiner hastigen<br />
Verfolgung das Geständnis eines furchtbar<br />
zerrissenen gehetzten Menschen erkennen<br />
würden.<br />
Er war so froh, nun hatte sein Irrweg, den<br />
er planlos antrat, wenigstens ein Ziel bekommen,<br />
und es war gut, nicht mehr durch<br />
die Strassen schlendern zu müssen, ohne ein<br />
inneres Interesse und doch zu allen Menschen<br />
hingezogen.<br />
Ihr Schritt hatte viel Beherrschtheit, doch<br />
war er nicht schrankenlos, sie ging mit einem<br />
leisen Wippen des Oberkörpers, das ihr viel<br />
an rhythmischer Bewegtheit des Körpers nahm<br />
und eine frauenhafte Zartheit durchschimmern<br />
Hess. Vielleicht hing er deshalb an<br />
diesem Menschen vor ihm. Er bewunderte<br />
sie, wde rasch und einsam sie durch die<br />
Menschen glitt, bald war sie seinen Augen<br />
entschwunden, dann stand er unvermütelt<br />
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vor ihr, und er musste rasch eine Bewegung<br />
vortäuschen, die ihn wieder in Distanz von<br />
ihr brachte.<br />
Die Stadt hing in tausend hellen Lichtern,<br />
die Strassen waren feucht und schimmerten<br />
glitschig, wenn ein Lichtstrahl darauf fiel, in<br />
Schaufenstern brannten vielfarbene Lampen.<br />
Die Häuser ruhten gross und schwer, sie<br />
wuchsen in die Dunkelheit hinauf, oben verloren<br />
sich die Umrisse, und sie verirrten sich<br />
in die Nacht. Aus Fenstern klang Musik, eine<br />
zarte beherrschte Folge von Tönen, die in<br />
das feuchte Halbdunkel fielen und zerrannen.<br />
Autos sprühten vorbei, rasselnd bogen Tramwagen<br />
um die Ecke. Gesichter kamen, die<br />
die Ruhe des Abends trugen, halbwüchsige<br />
Jugend stürmte vorbei. Der Rhythmus des<br />
Lebens löste sich, verebbte ...<br />
Er zog den Kragen am Mantel hoch und<br />
schob die Hände in die Taschen. Die Welt<br />
glitt wesenlos an ihm vorüber, er stiess Leute<br />
an, strauchelte über kleine Hindernisse, verachtete<br />
das flimmernde Licht in den Auslagen,<br />
ganz von ihr beherrscht, die er nicht<br />
kannte, von der er nichts wusste, als dass sie<br />
wundervoll zart sein musste. Er nahm dies<br />
als Tatsache hin.<br />
Und dann bog sie über einen grossen Platz<br />
hinweg vom geraden Wege ab, sie lenkte<br />
Bademodenschau auf der Strasse. Zum grössten Erstaunen der Passanten ging kürzlich eine Damengesellschaft<br />
— alle in modernen. Strandanzüigen — lustig plaudernd auf einer verkehrsreichen Strasse<br />
Londons spazieren. Es stellte sich bald heraus, dass es Mannequins eines Londoner Modehauses<br />
waren, die auf diese originelle Art die neuesten Modelle von Strandanzügen vorführten.<br />
ihre Schritte auf eine dunklere Strasse, und verstand, in den eingebildeten Trost hinein<br />
dann verschwand sie seinen Augen in der den diese Frau ihm spenden würde, und<br />
nassen Dunkelheit. Er ging ihr eilend nach wusste von Anfang an, dass dieses Beginnen<br />
und sah sie unter einer Laterne vorüber- sinnlos war und gleich enden musste, und<br />
gehen. Er legte alle seine Qualen, die er nie doch empfand er Ruhe.<br />
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