E_1936_Zeitung_Nr.030
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20 äufcmoBH-Sevne = N° 30<br />
Vor ein paar Jahren waren die hellsten Sandund<br />
Beigetöne in der Schuhmode vorherrschend,<br />
sie passten zu der in gleicher, feiner Abtönung<br />
gehaltenen Toilette. Es gab auch Variationen in<br />
Grau; dieses Abtönen, das Aufbauen einer Toilette<br />
auf einem Grundton war herrschend. Braun,<br />
Grün und Marine oder Schwarz wurden ähnlich<br />
Oben:<br />
Hocheleganter Pumps mit hübscher Masche. Renntierbraun.<br />
Mitte :<br />
Apartes Schnürmodell in feinem, braunem Chevreau.<br />
Unten: •<br />
Leichte, offene Sandale in Garreform. Chevreau<br />
blau.<br />
(Modelle Bally.)<br />
behandelt, vielleicht gab es mattglänzende Effekte,<br />
oder auch Farbflecken als Blume, Halskette<br />
oder hellen Handschuh. Aber es fehlte das virtuose,<br />
übrigens viel schwierigere Handhaben<br />
mehrerer ausgesprochener Farben, nicht bloss das<br />
Hinzufügen einer einzelnen farbigen Geste, die<br />
schon als kühn empfunden worden ist. Doch<br />
musste diese Uebung einmal praktisch werden;<br />
denn vor dem Assorti — jede Frau weiss heute,<br />
was das ist und kann es — herrschte eine bedenkliche<br />
Unkultur in der Hinzunahme verschiedener<br />
Farben. Das Assortieren hat das Auge für Nuancen<br />
erzogen, die harmonierenden Töne dem Menschen<br />
nahe gebracht.<br />
Sxhafuitade<br />
Es kam aber nach und nach wieder das Bedürfnis<br />
nach mehr Lebendigkeit auf. Wir brauchen<br />
zur Erfrischung einmal einen Wechsel, eine Ortsveränderung.<br />
Und so trug uns die Schuhmode<br />
ins Farbenreich. Sie kann dies heute viel besser<br />
als früher, weil ihr die Färbereien so herrliche<br />
Farbtöne in grosser Zahl liefern, die wir in ihrer<br />
Abstufung früher nicht kannten. Zudem versteht<br />
die Technik nicht bloss Seide und Wolle, sondern<br />
auch andere Materialien kunstgerecht und haltbar<br />
zu färben, womit erst eine konsequent farbig aufgebaute<br />
Toilette möglich geworden ist.<br />
So weiche Lederfarben gibt es noch nicht<br />
lange, doch nun besitzen wir sie und können damit<br />
von den traditionsgemässen Ledertönen abschweifen,<br />
die zwar weiterleben, aber sich die<br />
Gesellschaft von schönem Blau, Rot, Fraise, ja Rost<br />
gefallen lassen. Diese Bereicherung dient vor allem<br />
der angestrebten Kontrastwirkung in der Toilette,<br />
an der der Schuh eifrig mitwirkt, da er nun auch<br />
durch eigene Zweifarbigkeit selbst öfter hervortritt.<br />
Aus dem Anzug wird ein farbiges Stilleben<br />
geschaffen; es ist ein der Tätigkeit des Malers verwandtes<br />
Aufbauen. Viel mehr Farbsinn wird da<br />
nötig sein als Assortieren, dem gelegentlichen Aufhellen<br />
durch ein Detail wie bisher.<br />
Die Schuhmode bringt uns vor allem farbenfrohe,<br />
sportliche Modelle, markige Halbschuhe<br />
mit und ohne Gummisohle, die sich als Kitzbühelmode<br />
mit kräftiger, ausgefranster Lasche vorstellt,<br />
wobei farbige Ränder, Troddeln, aber auch Laschen<br />
wie Lederriemen zum schwarzen, braunen<br />
oder auch hellen Briarproof-Schuh kräftige Kontraste<br />
bilden, die sich in andern modischen Zutaten<br />
wie Gürteln, Hutgarnituren, Handtaschen, sogar in<br />
Verzierungen an Handschuhen wiederholen.<br />
Neben den Laschen sind es vor allem die sehr<br />
bevorzugten, aufstrebenden Lederlappen, die gerade<br />
am Sportschuh gerne mit einer offenen Ghillieschnürung<br />
verbunden werden und dem gezähnten,<br />
meist gelochten Schild seine volle, farbige<br />
Wirkung lässt. Hier haben wir ebenfalls einen<br />
Carreschuhspitz, der jedoch weniger stark<br />
hervortritt als am Kitzbühelmodell. Er mahnt an den<br />
Skistiefel, doch lenkt er unsere Aufmerksamkeit<br />
auch auf Pariser (ursprünglich amerikanische) Anregungen.<br />
In Schuhsachen hat Amerika besonders<br />
viel zu bedeuten, soviel wie der heute noch immer<br />
wieder Neues ersinnende Bottier von Paris.<br />
Alle diese Einflüsse wirken zusammen, um den eben<br />
herausgehenden Frühlingsschuh zu verjüngen<br />
und angenehm im Tragen zu machen. Er ist im<br />
allgemeinen nicht mehr spitz, vielmehr gerundet<br />
oder leicht carre geformt und hat eine auffällige<br />
Freundschaft mit dem niedrigen Absatz geschlossen,<br />
nicht bloss in tirolisch-bayrischer Sportvariante,<br />
sondern auch als schöner Strossen- und<br />
Nachmittagsschuh. Ist ihm doch die Abendsandale<br />
diesen Winter eifrig damit vorangegangen sie lebt<br />
weiter neben dem hochgestellten Modell, das sich<br />
ebenfalls der Sandale bemächtigt hat oder im Pumps<br />
Eleganz verbreitet. Dort leben Gold- und Silberchevreau<br />
auf, Kombinationen von stumpfem,<br />
schwarzem Crepe mit Satin samtschimmernden<br />
Brokaten, die sich zuweilen mit metallisierten Ledern<br />
verbinden. Doch besitzt im Sommer der<br />
Abendschuh weniger praktische Bedeutung.<br />
Wenn die ersten schonen Tage locken, schlüpfen<br />
wir gerne in einen neuen Laufschuh; er<br />
erscheint noch schneller als der frische Hut. Längst<br />
hat uns die Mode begehrenswerte Modelle hingehalten,<br />
anschliessend an die erwähnten Sport-<br />
Carreabsatz, tut — den ganzen Tag mit diesen<br />
Schuhen auszugehen, wozu die leichten Trotteurkleidchen<br />
die legeren Phantasietailleurs und Ensembles<br />
Veranlassung geben. Hier tauchen dünne Leder<br />
auf, vor allem Chevreau und Chamois, plis-<br />
typen geht die farbige Mode weiter auf densierte Leder — etwas Neues — und feine Dessins<br />
daran. Lederverbindungen von eigenem Reiz gehören<br />
hierher, auch Farbenkontraste, beispielsweise<br />
Weiss-Marine und andere koloristische Effekte.<br />
Belebend wirken Schnallen, Schmetterlingsschleifen,<br />
seitlich aufstrebende Plisses, Lederpatten<br />
und Riemen mit. Lochungen kommen dazu, Steppereien,<br />
die abstechen, ferner gibt es Besätze von<br />
Zellophan, Nervüren und raupenartige kleine<br />
Wülstchen bis neue Garnitur. Soweit der eigentliche<br />
Frühlingsschuh. Bald wird er ergänzt durch<br />
all jene in Vorbereitung stehenden Leinenmodelle<br />
mit und ohne Lederzutat. Einzelne werden schon<br />
gezeigt, auch sie nehmen gerne Sandalenfoif*<br />
an, sind wie andere Sommerschuhe oft zehenfrei<br />
und mitunter ohne Fersen. Aber es gibt auch<br />
Strassentrotteur über. Auch da sehen wir öfters<br />
die Carreform. Es zeigen sich die verschiedenen<br />
Schnürtypen, worunter die offene Schnürung, die<br />
indessen schon klassisch ist, wie der Lamballe^mir<br />
Schnalle und aufstrebender Platte. Doch geben<br />
all diese Schuhe Gelegenheit, Zweifarbigkeit auszuprobieren,<br />
wie einfarbige, kräftige Modelle zu<br />
zeigen, die mit ihren erlesenen Farben glückliche<br />
Kontraste erzielen können. Materialkombinationen<br />
von Reptilledern, von körnigen und gerauhten mit<br />
glatten Ledern tragen weiter zur Bereicherung des<br />
Strassenschuhs bei. Auch da erscheinen die hellen<br />
Briarproof allein oder mit einer Farbe verbunden.<br />
Es gibt hier schon die nach offener Form strebende<br />
Sandale, die überall in der Schuhmode zu Hause<br />
ist. Rahmengenähte und durchgenähte, leichtere<br />
Schuhe, einmal mit niedrigem bis mittelhohem Absatz,<br />
dann mit geradem Louis XV ringen um Geltung,<br />
dienen verschiedenen Zwecken. Es werden<br />
überdies sogenannte Mönchsschuhe gezeigt, auch<br />
mit Riemen, vielleicht einmal Rot zu Schwarz, was<br />
ganz heiter aussieht.<br />
*<br />
Phantasie herrscht noch stärker am Nachmittag.<br />
Hier leben die Schleifen, die Schmetterlingsformen<br />
von Verzierungen, die stehenden Plisses<br />
auf. Es gibt auch wieder viel Riemen und<br />
seitliche Schnallen, es kommen die aufstrebenden<br />
Lappen, die Verbindungen verschiedener Leder,<br />
nur dass die Schnitte zierlicher, die ausgeschnittenen<br />
Formen viel tonangebender sind. Deshalb die<br />
vielen Pumps, oft mit aufstrebender gesteppter<br />
oder passepoilierter Ledermasche, darum die<br />
Sandale vor allem, die sich hier gerne mit der<br />
aufstrebenden Ristpatte an Stelle des früher<br />
schmalen Riemens wirkungsvoll befreundet. Es gibt<br />
sehr ausgeschnittene Sandalen, die nur aus leichten<br />
lederbändern bestehen, selbst zehenfrei werden<br />
oder die Ferse zeigen. Am Nachmittag kommt<br />
nun ein stabiler, gerader Louis-XV-Absatz auf, der<br />
die Möglichkeit bietet — wie es sein Partner, der<br />
Weggie im Zauber des Frühlings.<br />
Pumps, und eigentliche Trotteurmodelle. Davon erzählen<br />
wir einst im Mai.<br />
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