E_1939_Zeitung_Nr.042
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N° 42 — Automobil-Revue<br />
III<br />
Einer der zahlreichen idyllischen Winkel, der die Vielfalt der Landesausstellung<br />
zum Ausdruck bringt. Soeben legt sich ein Boot des Schifflibachs in die Kurve. In<br />
unbeteiligter Schönheit blickt die künstlerisch hochwertige Statue von Milo Martin<br />
auf die Insassen des Bootes herab. Im Hintergrund rechts ein Teil der Fresken<br />
an der Theaterfront.<br />
Immer schneller wird nun die Fahrt, Blumenduft<br />
umfängt Ihre Sinne und phantastische Lichtstreifen,<br />
die von der Strasse her zwischen Fliederbüsche<br />
und Zypressen über das Schiffli geistern,<br />
lassen im Gesicht Ihres Mädchens einen glückhaften<br />
Ausdruck erkennen. Passen Sie auf, dass Sie<br />
von alledem nichts verlieren; es wäre sonst jammerschade<br />
I<br />
Nun beginnen Sie mit einem hübschen Spiel.<br />
Unmerkbar bringen Sie das Schiffli durch leichte<br />
Gewichtsverlegung Ihres Körpers in schaukelnde<br />
Bewegung. Das geht ganz gut, wenn Sie Gefühl<br />
für Rhythmus haben. Ihr Mädchen wird darob ein<br />
wenig ängstlich werden, denn Sie lassen es sich<br />
natürlich nicht merken, dass Sie der Urheber des<br />
Wellenganges sind. Vielleicht spielt Ihr Mädchen<br />
auch nur die Aengstliche; das weiss man bei<br />
Damen ja nie so genau. Der Effekt aber, der darin<br />
besteht, dass sich Ihr Mädchen an Ihnen festklammert,<br />
bleibt sicher nicht aus. (Dieses Experiment ist<br />
nur dann vorzunehmen, wenn Ihnen eine solche<br />
Umklammerung sympathisch erscheint.) Dass auch<br />
die übrigen beiden Paare von Ihrer Bemühung<br />
profitieren, sei nur nebenbei erwähnt.<br />
Jetzt kommt etwas Neues. Unvermittelt machi<br />
der Schifflibach eine Kurve, welcher knatternd das<br />
Boot folgt,-und mit einem Male sind Mond, Büsche<br />
und Blumen verschwunden; ein schwarzes Loch,<br />
ein richtiger Tunnel, hat Schiffli und Besatzung<br />
verschlungen. Ich weiss nicht genau, ob die Ingenieure<br />
des Schifflibaches das Wasser deshalb<br />
durch diesen Tunnel geleitet haben, damit die<br />
gondelnden Pärchen Gelegenheit finden, sich unbemerkt<br />
ein Mündschi zu geben. Zweifelhaft ist<br />
diese Vermutung deshalb, weil Ingenieure im allgemeinen<br />
als wenig romantische Naturen gelten.<br />
Es wird da schon irgend so eine technische Sache<br />
dahinter stecken.<br />
Sobald sich Ihr Mädchen wieder erholt hat (ich<br />
meine wegen des Mündschi), folgt eine neue Attraktion:<br />
das Schiffli erhält einen Stoss und fährt<br />
auf dem Trockenen weiter, so, als mache es die<br />
Metamorphose des Frosches durch, der sich vom<br />
kiemenatmenden Fischlein zum vierbeinigen Amphibium<br />
wandelt; eine sehr merkwürdige Angelegenheit,<br />
wenn man bedenkt, dass man bis heute<br />
noch in keinem Erdteil ein Boot gesehen hat, das<br />
sich solche Spässe erlaubt. Es erhebt sich also,<br />
wie gesagt, aus dem Wasser, steigt einen kleinen<br />
Hügel hinauf, rutscht auf der andern Seite wieder<br />
hinunter und schüttelt dabei sämtliche Insassen<br />
jämmerlich durcheinander, was jedoch in Anbetracht<br />
der paarweisen Gruppierung der Besatzung<br />
nicht zu gegenseitigen Misshelligkeiten zu führen<br />
pflegt.<br />
Nochmals nimmt das Bächli eine Kurve, um<br />
Ihnen nunmehr ein ganz seltsames Schauspiel zu<br />
eröffnen: Das Schiffli fährt in ein Haus hinein,<br />
in ein richtiges, hellerleuchtetes Haus, in dessen<br />
Innern lauter schlafende Maschinen stehen. Ich<br />
sage Ihnen; ein gespenstiger Anblick, diese schlafenden<br />
Maschinen, die an dem still dahinschleichenden<br />
Boot wie magische Giganten aus einer<br />
andern Welt vorbeischweben. Gleich darauf wird<br />
die hellerleuchtete Halle zum engen Tunnel, dann<br />
wieder zur Maschinenhalle, in der sich keine Menschenseele<br />
aufhält, dann wieder zum Tunnet und<br />
wieder zur Halle, dass Sie vor Staunen überhaupt<br />
keine Zeit mehr finden, sich Ihrem Mädchen zu<br />
widmen. Aber jetzt, da sich der Tunnel in ein Labyrinth<br />
aus Spiegelglas verwandelt hat, sehen Sie<br />
im Spiegelbild, dass Ihr Mädchen vor Aufregung<br />
ganz rote Bäcklein bekommen hat.<br />
Auf eines muss ich Sie hier noch aufmerksam<br />
machen: An der niedrigen Decke des Tunnels, der<br />
zur Halle «Aluminium» führt, sind eine Menge<br />
Kochpfannen aufgehängt. Versuchen Sie erst gar<br />
nicht, eine der Pfannen abzuhängen, um damit<br />
einen Grund zur zukünftigen Küchenaussteuer zu<br />
schaffen! Mein diesbezüglicher Versuch ist kläglich<br />
gescheitert, weil die gewitzigten Herren der Aluminiumbranche<br />
schon an eine solche Möglichkeit<br />
gedacht und die Pfannen mit geschlossenen Ringschrauben<br />
an der Decke befestigt haben.<br />
Noch einige Male gelangt das Schiffli in den<br />
Bereich des silbernen Mondes. Idyllische Winkel<br />
tauchen auf, venezianische Bogenbrückn, von dessen<br />
Geländer neidisch blickende Köpfe herunterhängen,<br />
schwingen sich über das Schiffli, und<br />
dort, an der Ecke, steht im kalten Mondlicht eine<br />
junge, unbekleidete Dame, ungefähr vier Meter<br />
gross und von Kopf zu Fuss aus Stein.<br />
Wie alles Irdische, so findet auch die Schifflifahrt<br />
ihr Ende. Beim Aussteigen werden Sie die<br />
Beobachtung machen, dass der rassigste Teil der<br />
Fahrt eigentlich erst nach dem Ziele beginnt, nämlich<br />
dann, wenn das Schiffli im Höllentempo holpernd<br />
in einen rauschenden Abgrund hinunterflitzt.<br />
Versuchen Sie aber erst gar nicht, den<br />
wachestehenden Matrosen zu überreden, dass er<br />
Sie dort hinunterfahren lasse. Es wäre vergebliche<br />
Liebesmühe.<br />
T-e<br />
So fährt man<br />
auf dem Schiff libach<br />
Natürlich kann man auch am hellichten Tage in<br />
die Schifflibahn einsteigen und damit mühelos<br />
durch das Ausstellungsareal fahren. Ich habe gehört,<br />
dass das recht viele Leute tun und dabei ungeteilte<br />
Lust und Freude finden. Ich meinerseits<br />
kenne eine weit amüsantere Art der Verwendung.<br />
Also, hören Sie zu und machen Sie's nach.<br />
So zwischen 10 und 12 Uhr nachts ist die beste<br />
Zeit für die Fahrt. Wenn immer möglich soll der<br />
Mond scheinen. Sie schlendern also zur Einsteigestelle<br />
mit ihrem Mädchen am Arm, versteht sich,<br />
und sagen so nebenher: «Eine Mondscheinfahrt<br />
gefällig?! Mondscheinfahrten auf dem Wasser haben<br />
alle netten Mädchen gem. (Ein Trost für diejenigen,<br />
die befürchten, einen Korb zu erhalten.)<br />
Sie werden zu Ihrer Freude finden, dass der Publikumsaridrang<br />
erheblich nachgelassen hat; ich<br />
möchte wetten, dass höchstens zwei Pärchen auf<br />
ankommende Boote warten, denn das Aufregende<br />
einer solchen nächtlichen Bootfahrt haben ausser<br />
mir noch nicht viele entdeckt. Mit einem dezenten<br />
und doch ein wenig verschmitzten Lächeln hilft<br />
Ihnen der Condoliere ins Boot; aber aufgepasst:<br />
belegen Sie die beiden hintersten Plätze; Sie werden<br />
später schon sehen, warum.<br />
Nun stösst der Matrose ab und überlässt Schiff<br />
und Besatzung den leise glucksenden Fluten. Hinter<br />
Ihnen verlöschen die Lichter des Einsteigesteges,<br />
und Sie schweben, mit Ihrem Mädchen an der<br />
Seite, durch die Nacht. Und was für eine<br />
NachtI Der Mond giesst sein silbernes Licht über<br />
eine liebreizende Landschaft, wie sie nur ganz<br />
romantisch veranlagte Künstler in gebundener<br />
Rede oder auf der Leinwand zu gestalten vermögen.<br />
Blumenübersäte Rasen, blühende Büsche<br />
und idyllische Winkel aus den Schäferszenen<br />
eines Watteau bilden die Ufer des glitzernden<br />
Bächleins. Einzig an Nymphen und Faunen fehlt's<br />
im Revier, sonst wäre Shakespeares Sommernachtstraum<br />
Wirklichkeit.<br />
Jetzt fassen Sie sich ein Herz, strecken den<br />
Arm aus und pflücken vom vorüberhuschenden<br />
Blumenflor eine Blüte, die Sie Ihrem Mädchen verehren.<br />
(Die Verwaltung der Landi bestraft Sie für<br />
diese Missetat nicht, solange Sie dabei nicht in<br />
flagranti ertappt werden, und^das ist in diesem<br />
vom Mond stiefmütterlich erhellten Idyll ausgeschlossen.)<br />
Zum Dank für diese Aufmerksamkeit<br />
dürfen Sie Ihrem Mädchen etwas näherrücken,<br />
soweit dies im Hinblick auf die ohnehin schmale<br />
Sitzgelegenheit möglich ist.<br />
KISSINGER<br />
SCHON<br />
von Jeher war der sportlich<br />
durchtrainierte Körper<br />
das Ideal. Achten<br />
Sie darauf, dass Ihr Körper<br />
durch vieles Sitzen<br />
und Fahren nicht formlos<br />
wird. Nehmen Sie<br />
ENTF ETT UNG<br />
T A B L ET T E S-<br />
Der Gast tobte: «Entlassen Sie den Ober sofort!»<br />
«Aber mein Herr», beschwichtigte der Wirt,<br />
«er kann doch nichts dafür, dass Ihr Frühstücksei<br />
angebrütet war!»<br />
«Deswegen nicht, aber als ich es ihm sagte,<br />
nahm er den Eierlöffel weg und legte mir Gabel<br />
und Messer hin!»<br />
Der Glockenturm kündet die Zeit mit melodiösen Schlägen an.<br />
IHRE<br />
GESCHENKE<br />
von<br />
THEODOR MEYER<br />
BERN Marktgasse 32