E_1939_Zeitung_Nr.066
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N° 66 — DIENSTAG, 15. August <strong>1939</strong> AUTOMOBIL-REVUE 21<br />
Fahrer öfter zum Reifenwechsel gezwungen Bind.<br />
Jede Rennbahn fordert deshalb andere Laufdecken,<br />
die der Rennleiter nach eingehender Messung der<br />
Bodenwärme, der Höchstgeschwindigkeiten und der<br />
Abnutzung bestimmt. Ebenso ist zu erwägen, ob die<br />
Reifen eventuell mit Querrillen zur Verminderung<br />
der Rutschgefahr versehen werden müssen, weil<br />
vielleicht die Bahn sehr glatt oder das Wetter regnerisch<br />
ist, und nach welcher Rundenzahl das Reifenprofil<br />
voraussichtlich so weit abgenutzt sein<br />
wird, dass zum Wechseln der Pneus geschritten<br />
werden muss.<br />
So hat der Rennleiter mit seinen treuen Helfern<br />
beim Training alle Hände voll zu tun, wenn er<br />
sämtliche Möglichkeiten der Formverbesserung berücksichtigen<br />
will. Rennwagen sind eigensinnige<br />
Kinder: hat man sie für Sonnenschein hergestellt,<br />
dann cbummeln» sie, wenn es regnet; hat man sie<br />
für nasses Wetter fertiggemacht, dann geben sie<br />
nicht ihre volle Leistung her, wenn die Sonne<br />
scheint. Die geringste Veränderung der Temperatur,<br />
der Luftdichte und -feuchtigkeit wirkt sich sofort<br />
auf die Leistung des Motors aus, und die Reifenabnutzung<br />
erfährt eine unerwartete Beschleunigung.<br />
Tritt dagegen am Starttage kalte, nasse Witterung<br />
ein, so ändert sich das Bild nach der entgegengesetzten<br />
Seite; wieder müssen Kerzen, Düsen und<br />
Reifen verändert werden, wenn der Wagen seine<br />
Höchstleistung erreichen soll.<br />
Nach den ersten Proberunden ist die Geschwindigkeit<br />
immer höher gestiegen, denn von den Trainingsergebnissen<br />
hängt ja in der Regel der Startplatz<br />
des Fahrers ab. Ausser auf die eigenen<br />
Schützlinge hat der Rennleiter auch auf die Rundenzeiten<br />
der Konkurrenz ein wachsames Auge.<br />
Ist er endlich zufrieden und bricht er das Training<br />
ab, so nur, um morgen wieder mit der gleichen<br />
Gewissenhaftigkeit an die Arbeit zu gehen, um von<br />
neuem zu trainieren, zu bauen, zu messen, bis alles<br />
aufs i-Tüpfelchen ausprobiert ist.<br />
Dann kommt der Tag, an dem es um die Lorbeeren<br />
des Sieges geht! Schon lange vor Beginn des<br />
Rennens ist der Rennleiter mit seinem Stab, den<br />
Fahrern, dem Konstrukteur, dem Rennarzt und den<br />
Mechanikern in sein «Hauptquartier> an der Rennstrecke,<br />
die Boxe, eingezogen. Eine Stunde vor dem<br />
Start ist alles in bester Ordnung, die Depots sind<br />
aufgefüllt, die Werkzeuge und Ersatzteile sind zurechtgelegt.<br />
Die Motoren laufen vorsichtig warm,<br />
noch ein letzter Kerzenwechsel — Startzeichen —<br />
los! Unter dem Gedröhn der Motoren schiesst das<br />
Feld davon.<br />
Jetzt tritt die Regie des Rennleiters ins entscheidende<br />
Stadium, nun muss er sich als fähiger Stratege<br />
beweisen. Schnell überschaut er noch einmal<br />
das Lager, schenkt auch den Kleinigkeiten Beachtung<br />
und lässt die Tafeln mit den Geheimzeichen<br />
zurechtlegen. Stoppuhren ticken, dann widmet er<br />
sich seiner Buchführung, die die Grundlage für<br />
seinen Plan abgibt.<br />
Schon von weitem meldet das Heulen der Kompressoren<br />
die aus der ersten Runde zurückkommenden<br />
Fahrer. Wer wird an der Spitze liegen?<br />
Jetzt braust das Feld in dichtem Rudel vorbei!<br />
Dutzende von Stoppuhren 'werden gleichzeitig gedrückt;<br />
der «Regisseur> überprüft die Lage seiner<br />
Fahrer. Und nun beginnt seine wichtigste Arbeit:<br />
die unmittelbare Beeinflussung der Entscheidung.<br />
Die Fahrer, die da mit 200 und mehr Stundenkilometer<br />
dahinfegen, wissen ja nicht, wie weit sie vom<br />
Spitzenreiter entfernt sind, in welchem Abschnitt<br />
ihnen der nächste Wagen folgt und von welcher<br />
Seite Gefährt droht. Oft sind sie sich gar nicht bewusst,<br />
an welcher Stelle des Rennens sie überhaupt<br />
liegen! Ihre Aufmerksamkeit gilt der Maschine, den<br />
Instrumenten und der Fahrbahn! Durch Schwenken<br />
von Flaggen, durch Zeigen von Tafeln mit<br />
geheimnisvollen Zeichen, Buchstaben und Zahlengruppen,<br />
gibt der Rennleiter deshalb den Fahrern<br />
von der Boxe aus ihre Position an. Denn das ist<br />
die Kunst der Regie,<br />
den Fahrer zu schonen und das Material<br />
immer nur gerade soweit, als es die Lage<br />
erfordert, zu beanspruchen.<br />
Die ständig wechselnden Situationen im Rennen<br />
erfordern eine blitzschnelle Anpassung des Regisseurs,<br />
der seine Entschlüsse in fliegender Eile und<br />
dennoch in kalter Ruhe fassen muss.' Ein Versäumen<br />
des rechten Augenblicks zum Reifenwechsel<br />
kann noch in der letzten Runde den Sieg kosten.<br />
Gehorsam werden die Anweisungen des Rennleiters<br />
befolgt, nur er kann ja das Rennen übersehen.<br />
Runde um Runde wirft daher jeder Rennfahrer<br />
einen Blick auf seine Boxe, um zu sehen, ob man<br />
ihm Zeichen gibt, ob er zum Tanken oder Reifenwechseln<br />
anhalten soll. Man hat schon versucht,<br />
durch Kurzwellensender mit den Rennfahrern ständig<br />
in Verbindung zu bleiben, vorläufig sind die<br />
Ergebnisse jedoch unbefriedigend, so dass man zu<br />
den Zeichen zurückgekehrt ist. Jeder Rennstall hat<br />
seine «Geheimsprache», die streng gehütet und von<br />
Rennen zu Rennen geändert wird^ So dirigiert der<br />
Rennleiter seine Fahrer Runde für Runde, bis endlich<br />
der Sieg — oder die Niederlage — den Kampf<br />
beendet. — Nach dem Rennen werden die Zelte<br />
schnell abgebrochen, die Wagen verladen, in die<br />
Fabrik zur Untersuchung geschickt, wenn sie nicht<br />
mit dem «Rennzirkus» sofort wieder in ein anderes<br />
Land rollen, um am nächsten Sonntag, Tausende<br />
von Kilometern entfernt, von neuem in das Gefecht<br />
geschickt zu werden.<br />
Die Leistung der Maschinen und Reifen, Glück<br />
und Fahrkunst der Meister am Lenkrad — und<br />
eine gute Regie entscheiden den Sieg.<br />
Buchoviisch<br />
Autorennen mit Mercedes-Benz. Von G. Monkhouse.<br />
Zum erstenmal wird in diesem Werk des<br />
englischen Sportmannes das Gesamterlebnis einer<br />
Rennsaison, ja des Rennbetriebes überhaupt, vermittelt.<br />
Der Verfasser hat die Mercedes-Benz-Rennfahrer<br />
durch alle bedeutenden Rennen einer Saison<br />
begleitet, wobei er auch die moderne Grand-Prix-<br />
Renntechnik selbst in den bedeutendsten Rennen<br />
der letzten Jahre studieren konnte. Aus seinen<br />
Kenntnissen und Beobachtungen heraus schildert er<br />
bis ins einzelne Organisation, Durchbildung und Zusammenhalt<br />
einer Rennmannschaft und schliesslich<br />
die Rennen selbst mit allen aufregenden Zwischenfällen.<br />
Das Wort wird aufs ^glücklichste ergänzt<br />
durch 114 vortreffliche Aufnahmen des Verfassers.<br />
(Verlag Knorr & Hirth, München.)<br />
Der Kompressor<br />
Ein Beitrag zu seiner Entstehung<br />
Von Baitrat Paul Daimler.<br />
Alle technischen Selbstverständlichkeiten<br />
der heutigen Zeit entstanden aus den schöpferischen<br />
Gedanken einiger weniger Männer,<br />
die den Mut zur Erkenntnis und die Zähigkeit<br />
zur Ausdauer besassen, um aus ihnen<br />
Wirklichkeit werden zu lassen. Ein richtiger<br />
technischer Gedanke aber setzt sich immer<br />
durch, auch wenn manchmal von der ersten<br />
praktischen Ausführung bis zur selbstverständlichen<br />
Verwendung im täglichen Bedarf<br />
ein Menschenleben oder noch mehr dahingeht<br />
Genau so ist es mit dem heutigen «Kompressor<br />
» der Verbrennungsmotoren. Die Idee,<br />
zu''-den vom Kolben angesaugten Brennstoff-<br />
Luftgemisch noch weitere Verbrennungsluft<br />
zuzuladen, um die Verarbeitung erhöhter<br />
Brennstoffmengen und damit eine Leistungssteigerung<br />
der Motoren zu ermöglichen, entstand<br />
bei meinem Vater Gottlieb Daimlei<br />
schon im Anfang seiner Versuche in Cannstatt,<br />
wie seine in den 80er Jahren gebauten<br />
Fig. 1. Ein Platfenkolben-Kompressor, System Zoller,<br />
teilweise zerlegt. (Links unten im Querschnitt.) Die<br />
beiden Plattenkolben durchdringen einander kreuzweise.<br />
Ihre Enden ragen aus einem mitlaufenden,<br />
exzentrisch zum Kompressorgehäuse gelagerten<br />
Rotor vor. Als Führung dienen an den Gehäusedeckeln<br />
sitzende und mit dem Gehäuse konzentrische<br />
Führungsnocken. Infolgedessen gleiten die äusseren<br />
Kanten der Platten, im Gegensatz zu älteren Ausführungen<br />
von Plattenkolben-Kompressoren, nicht<br />
auf der Innenfläche des Kompressorgehäuses und<br />
können demzufolge auch nicht anfressen. Sie besitzen<br />
vielmehr ein ganz geringes Spiel gegenüber der Gehäuse-Innenfläche. Der sichelförmige Raum<br />
zwischen dem exzentrischen Rotor und dem Gehäuse wird durch die Platten in vier Kammern aufgeteilt,<br />
deren Inhalt bei jeder Umdrehung von einem Minimum zu einem Maximum zunimmt (Saugseite)<br />
und darauf wieder im gleichen Mass abnimmt (Druckseite des Kompressors).<br />
Motoren zeigen. Durch in die Kolbenböden<br />
eingesetzte Ventile wurde in dem Zeitpunkt,<br />
da sich der Kolben dem untern Totpunkt<br />
näherte, zusätzlich© Luft in den Verbrennungsraum<br />
gedrückt. Die Ventile, welche<br />
durch eine Feder am Kolbenboden festgehalten<br />
wurden, sassen beim Niedergang des<br />
Kolbens auf seitlichen Augen der Kolben-<br />
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