E_1948_Zeitung_Nr.003
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6 AUTOMOBIL-REVUE MITTWOCH, 21. JAMJAR 19*8 - Nr. 3<br />
Die Aufgaben der Medizin<br />
bei der Verhütung von Verkehrsunfällen<br />
Von Prof. Dr. Fritz Schwarz, Direktor des gerichtärztlichen Instituts der Universität Zürich<br />
Leichte Angetrunkenheit.<br />
Zur Diskussion geben nun jene Fälle Veranlassung,<br />
in denen grobe Störungen nicht fassbar<br />
sind, da also lediglich von einer Angetrunkenheit<br />
die Rede sein könnte. Sie liegen in der Konzentrationsbreite<br />
zwischen 1,0 und 1,5 Promille. Die Alkoholwirkung<br />
offenbart sich in diesem Stadium<br />
hauptsächlich in einer mehr oder weniger ausgeprägten<br />
Fälschung der Beziehungen<br />
zur Umwelt. Der leicht Alkoholisierte hat den<br />
realen Kontakt zur Umgebung verloren. Selbstkontrolle<br />
und Selbstkritik sind' vermindert. Er<br />
überschätzt auf der einen Seite seine Geschicklichkeit,<br />
sein Können, er glaubt sich in bester körperlicher<br />
und geistiger Verfassung. Er unterschätzt auf<br />
der andern Seite die Schwierigkeiten der Strasse<br />
und des Verkehrs. Diese Verfälschung vermindert<br />
seine Fähigkeit, die Fahrart objektiv den äussern<br />
Umständen anzupassen, in entscheidender Weise.<br />
Aus diesem für den leicht Alkoholisierten recht<br />
charakteristischen Verhalten leitet sich eine grosse<br />
Zahl von Verkehrsdelikten bzw. Gefährdungen ab.<br />
In der Regel handelt es sich um übersetzte Geschwindigkeit,<br />
um Erzwängen des Vortrittsrechtes,<br />
um unüberlegtes Vorfahren oder um zu knappes<br />
Bemessen der Abstände.<br />
Unsere Erfahrung zeigt nun aber des weitern,<br />
dass es in der Breite von 1,0—1,5 Promille eine<br />
ganze Reihe von Leuten gibt, die nicht nur die erwähnten<br />
Störungen aufweisen, sondern ausgesprochen<br />
betrunken sind und schwerste Funktionsausfälle<br />
darbieten. Je näher wir der obern Grenze<br />
kommen, um so mehr häufen sich derartige Fälle.<br />
Diese « Streuung » zeigt uns die individuellen Reaktionsverschiedenheiten,<br />
wobei die Dauer der<br />
Alkoholwirkung eine grosse und viel zu wenig gewürdigte<br />
Rolle spielt. Der Blutwert von 1 Promille<br />
wird viel geringere Störungen hervorrufen, wenn<br />
er, Folge einer einmaligen Zufuhr, nur als kurz anhaltender<br />
Spitzenwert wirken kann, als wenn er<br />
durch fortgesetzten Konsum während Stunden auf<br />
gleicher Höhe blieb. Das nämliche gilt, falls das<br />
festgestellte Promille den Restwert einer ursprünglich<br />
viel höhern Konzentration darstellt. Im ersten<br />
Fall sehen wir vielleicht nur eine alkoholisch bedingte<br />
Enthemmung und Euphorie mit' raschem<br />
Rückgang zur Norm; im zweiten Fall dagegen werden<br />
wir Ermüdung, Schwerbesinnlichkeit, Trägheit<br />
der Reaktionen und ähnlichen Lähmungserscheinungen<br />
begegnen, auch wenn der Blutspiegel<br />
bereits unter 1 Promille gesunken ist.<br />
Eine wertvolle Ergänzung findet die nur die<br />
offensichtlichen Störungen erfassende klinische<br />
Methode in den Ergebnissen psychologischer<br />
und psychotethnischer Untersuchungen<br />
über die Alkoholwirkung in den uns<br />
interessierenden Konzentrationsbreiten, wozu<br />
schweizerische Untersucher wertvolle Beiträge geleistet<br />
haben, (An dieser Stelle zitiert Prof.<br />
Schwarz aus den wissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />
der letzten Jahre eine grosse Zahl<br />
von vorwiegend den Mediziner interessierenden<br />
Untersuchungsresultaten, deren Sinn und Kerngehalt<br />
er in den nachstehend wiedergegebenen<br />
Schlussbetrachtungen zusammenfasst:)<br />
Die medizinischen Erfahrungen — empirische<br />
und experimentelle — zeigen uns übereinstimmend<br />
und mit aller Eindringlichkeit, dass<br />
mit einer Blutkonzentration von. ungeiähr<br />
1 Promille an Störungen eintreten, welche auch<br />
beim Trinkgewohnten der sicheren Führung<br />
eines Motorfahrzeuges Abbruch tun.<br />
Jeder Untersuoher, der über ein grösseres Beobachtungsmaterial<br />
an praktischen, Fällen verfügt<br />
und der Alkoholbestimmungen mit unter sich vergleichbaren<br />
Methoden durchführte, ist zu' dieser<br />
Schlussfolgerung gezwungen worden. Die experimentellen<br />
Untersuchungen zeigten u. a„ wie wir<br />
unter Alkoholwirkung mit plötzlichem Versagen<br />
rechnen müssen, d. h. wie die Leistungen des Alkoholisierten<br />
ungleichmässig und damit unzuverlässig<br />
werden. Als ebenso wichtiges Resultat<br />
brachten 6ie uns die Erkenntnis, dass für den Ablauf<br />
von Einzelreaktionen und von Reaktionsketten<br />
die individuellen Verschiedenheiten auffällig gering<br />
sind. »<br />
Gegen die Uebernahme medizinischer Erfahrungen<br />
über die Alkoholwirkung beim Fahren be6te J<br />
hen immer noch Widerstände; Die Einwendungen^<br />
die man hört, sind. die gleichen wie vor Jahren:<br />
die individuelle • Reaktionsvenschiedenheit auf Alkohol<br />
sei doch sehr gross; es gäbe eine Reihe von<br />
Menschen, die mit 1 Promille und mehr ein Fahrzeug<br />
führen könnten, ohne dass dabei etwas Be--<br />
sonderes auffalle. Der Staat müsse eben im Einzelfall<br />
beweisen, dass im kritischen Zeitpunkt die<br />
sichere Führung nicht mehr möglich gewesen sei.<br />
Solchen Argumenten gegenüber lässt sich vom medizinischen<br />
Standpunkt aus etwa folgendes entgegenhalten:<br />
Die empirisch und experimentell gewonnenen<br />
Erfahrungen haben tatsächlich gezeigt,<br />
dass eingeübte ^Leistungen beim Alkoholisierten<br />
längere Zeit ordentlich spielen können, dass sie<br />
aber plötzlich, ohne fassbaren Grund, in ihrer Präzision<br />
bedenklich absinken. Eine andere, ebenso<br />
bedeutsame Erfahrung ist die, dass der Alkoholisierte<br />
versagt, sobald er nicht mehr mit automati :<br />
schem Handeln auskommt, sondern aus einer unerwartet<br />
sich einstellenden Konstellation heraus<br />
zweckmässige Entscheidungen treffen sollte. Die<br />
Führung eines Fahrzeuges auf einer verkehrsarmen<br />
oder übersichtlichen Strasse mag deshalb dem<br />
wenig oder massig Alkoholisierten, ja unter Um-<br />
*) Vgl. «Ä.-R.» Nr. 2/<strong>1948</strong>; der Aufsatz stellt<br />
einen Auszug aus einer Arbeit dar, welche der Verfasser<br />
kürzlich in den «Aerztlichen Monatsheften»,<br />
GBS-Verlag Schwarzenburg, erscheinen Hess.<br />
II.*)<br />
ständen sogar dem Berauschten häufig noch möglich<br />
sein. Sobald aber Leistungen nötig werden,<br />
welche die rasche Erfassung einer komplizierteren<br />
oder unerwartet eintretenden Verkehrssituation,<br />
die ungesäumte Entschlussfassung und die prompte<br />
und präzise Durchführung des gefassten Entschlusses<br />
erfordern, wird der Alkoholisierte versagen.<br />
Praktisch ist nach unseren Erfahrungen die<br />
Sachlage übrigens so, dass in der überwiegenden<br />
Mehrzahl ! der Fälle nur jener Fahrer angehalten<br />
und der Blutentnahme zugeführt wird,<br />
bei dem etwas auffällt (sei es im Verhalten<br />
ausserhalb des Fahrzeuges, d. h. vor Antritt<br />
oder Beendigung der Fahrt, sei es im Verhalten<br />
während der Fahrt) oder der 6ich ein Delikt<br />
hat zuschulden kommen lassen. Der 6ich korrekt<br />
bewegende Fahrer bleibt unbehelligt. Das ist auch<br />
der Grund dafür, warum die Mehrzahl der Blutanalysen<br />
positiv, d.h. belastend ausfällt.<br />
Entscheidend ist die Interpretation des Begriffs<br />
« Angetrunkenheit».<br />
Das im Jahre 1942 unter Leitung des eidgenössischen<br />
Oberbauinspektorates aufgestellte und vom<br />
Bundesrat am 3. Dezember 1943 genehmigte Programm<br />
für den Ausbau eines Teiles des Haupt-<br />
6lrassennetzes umfasst namentlich die grossen<br />
Nord—Süd- und Ost—West-Transversalen sowie<br />
einige Querverbindungen und Zufahrten zum Alpengebiet.<br />
Das ausgewählte Netz misst 1700 km,<br />
d. h. ein Zehntel aller kantonalen Staatsstrassen<br />
von zusammen 16 773 km Ausdehnung und ungefähr<br />
28 % der Hauptstrassen mit Vortrittsrecht,<br />
die eine Länge von 6200 km haben.<br />
Dieser Plan bezweckt, die wichtigsten Strassenverbindungen<br />
durch einen systematischen und einheitlichen<br />
Ausbau für einen gesteigerten Verkehr<br />
leistungsfähiger und zugleich sicherer zu machen.<br />
Neben dieser unbestrittenen Notwendigkeit hat<br />
sich während der Kriegsjahre sozusagen einr^na»"<br />
türlicher Nachholbedarf im Strassenbau aufgestaut,<br />
weil die früher stückweise vorgenommenen Verbesserungen<br />
grösstenteils sistiert worden waren.<br />
Auf diesem Gebiet stellt die Anbringung von Belägen<br />
eine Primäraufgabe dar. Zu Beginn der dreisßiger<br />
Jahre besassen erst 4800 km oder 30 % sämtlicher<br />
Kantonsstrassen staubfreie Beläge. Bis<br />
Kriegsausbruch wurden dann die Oberflächen von<br />
weiteren 2700 km behandelt, 6O dass Ende 19,39<br />
etwas über 7500 ..km oder 46% mit Belägen versehen<br />
wären. In den folgenden sechs Jahren, d. h.<br />
bis 1945, wurden lediglich noch auf 370 km Beläge<br />
angebracht, 60 dass heute noch die Hälfte der<br />
Kantonsstrassen für die Staubfreimachung übrig<br />
bleibt.<br />
Innerhalb dieses Netzes genossen natürlich die<br />
Hauptstrassen mit Vortrittsrecht eine bevorzugte<br />
Behandlung. Von ihnen hatten bis zum Herbst 1939<br />
gegen 5000 km oder 81 % Hartbeläge erhalten. Dieser<br />
Zustand blieb aber während der Mobilisationsdauer<br />
stationär, so dass jetzt noch 1200 km ohne<br />
Beläge sind.<br />
Welchen Umfang die Zurückhaltung im Sektor<br />
«Verbesserungen» angenommen hat, lässt sich<br />
deutlich au6 einem Vergleich der verschiedenen<br />
Faktoren für die Aufwendungen im Strassenwesen<br />
erkennen:<br />
Mittel 1930/39<br />
Mittel 1940/45<br />
Administration<br />
Mill. Fr.<br />
2,5 = 100 %<br />
3,0 = 120%<br />
Unierhalt<br />
Mill. Fr.<br />
28,1 = 100 '<br />
28,4 = 100 \<br />
Für Korrektionen, Verbreiterungen, Eritwässerungen;Walzarbeiten<br />
und Oberflächenbehandlungen sind<br />
während der Kriegsiahre trotz; der Teuerung nur<br />
ein Drittel der Summe bereitgestellt worden, die<br />
dafür im Durchschnitt der Jähre 1930/39 verwendet<br />
worden waren. Ungeachtet der Geldentwertung<br />
haben die Kantone au! dem Konto Verbesserungen<br />
in sechs Jahren mindestens 200 Mill. Fr.<br />
eingespart.<br />
Es kommt bei der Diskussion um den. Art. 59<br />
bzw. 13 MFG und um deren prophylaktische Auswirkung<br />
schliesslich darauf an, wie die Behörden<br />
den Begriff «Angetrunkenheit » umschreiben. Damit<br />
etossen wir zum Kern des Problems vor. Wer<br />
diesen Begriff aus « alter Ueberlieferung » heraus<br />
definiert, wer ihn etwa an bestimmte Symptome<br />
wie feucht-fröhliches Verhalten, Geschwätzigkeit,<br />
Ueberheblichkeit, läppisches Benehmen und ähnliche<br />
Manifestationen binden möchte, wird am Wesentlichen<br />
vorbeigehen. Er würde die Art. 59 und<br />
13 MFG ihres prophylaktischen Wertes in einer<br />
Reihe von Fällen berauben. Nur wenn wir den Begriff<br />
der Angetrunkenheit einerseits aus den Ansprüchen,<br />
welche die Führung eines Motorfahrzeuges<br />
an den Fahrer stellt, anderseits aus den durch<br />
die Alkoholwirkung bedingten einzigartigen Funktionsausfällen<br />
entwickeln, werden wir zu einer<br />
sinnvollen, der Vorsorge dienenden Lösung gelangen.<br />
Mit diesen Ausführungen versuchten wir zu<br />
zeigen, was die Medizin zur Prophylaxe des Verkehrsunfalles<br />
beitragen kann. Ihre Mitarbeit muss<br />
sich auf zwei ihr vorgezeichnete Gebiete beschränken,<br />
nämlich auf die Begutachtung von Bewerbern<br />
bzw. "Fahrern, bei denen Zweifel in bezug auf die<br />
Fahrtüchtigkeit bestehen und auf die Untersuchung<br />
und Begutachtung alkoholisierter Fahrer. Bei der<br />
Lösung der ersten Aufgabe ergeben sich im allgemeinen<br />
keine Schwierigkeiten. Die zweite Aufgabe<br />
dagegen führt deshalb in einer Reihe von Fällen<br />
zu Meinungsverschiedenheiten, weil die Umschreibung<br />
des Begriffes « Angetrunkenheit» (« pris de<br />
boisson », «stato di ebrietä ») auf Seiten der Behörden<br />
immer noch in verschiedener Weise erfolgt.<br />
Mögen unsere Ausführungen dazu beitragen, eine<br />
sinnvolle, der Prophylaxe dienende Interpretation<br />
anzubahnen auch dort, wo dies bis heute noch<br />
nicht der Fall war.<br />
Der Nachholbedarf im Strassenbau<br />
In den dreissiger Jahren hatten die Ausgaben für<br />
Verbesserungen die Gesamtkosten ausschlaggebend<br />
beejnilusst, waren sie doch an den totalen<br />
Auslagen mit 60 % beteiligt gewesen. Darin trat<br />
vorübergehend eine radikale Umwälzung ein, indem<br />
die Verbesserungen nur noch einen Bruchteil<br />
der Mittel beanspruchten, die periodisch für den<br />
«Unterhalt » erforderlich sind. Schon früher und<br />
wiederholt hatten wir darauf aufmerksam gemacht,<br />
dass der Aufwand für die Pflege und Wartung als<br />
eine konstante Grosse erscheint. Und die Gegenüberstellung<br />
der Mittelwerte von 1930/39 und<br />
1940/45 erhärtet diese Feststellung. Wird in Zukunft<br />
der bisherige Betrag auf 28—30 Mill. Fr. anwachsen,<br />
so dürfte der Grund für den allfälligen<br />
Mehrbedarf in der Teuerung zu erblicken sein.<br />
Der Posten « Neubauten » wird in der Berichtsperiode<br />
1940/45 gänzlich durch die Erstellung des<br />
Sustenpasses beherrscht. Es ist.in der Geschichte<br />
der Strassenrechnungen ein einmaliges Ereignis,<br />
dass innert 6echs Jahren von den Gesamtaufwen-<br />
düngen von ca. 330 Mill. Fr, ein Zehntel auf ein<br />
einziges Bauwerk entfallen ist. Die dominierende<br />
Rolle, welche die Anlage des Sustens während der<br />
Kriegszeit gespielt hat, kommt noch in mehreren<br />
andern Faktoren dieser Zwischenbilanz zum AusdTuck.<br />
Vor allem hat Uri als einer der beiden Bauherren<br />
mit einem Jahresdurchschnitt von 2,3 Mill. Fr.<br />
gut zweieinhalbmal mehr als 1930/39 auslegen<br />
müssen. Bern brachte jährlich 9,7 Mill. Fr. oder<br />
83 % des Vorkriegsniveaus auf. Infolge der Fortsetzung<br />
des Alpenstrassenprogramms Verausgabte<br />
das Wallis im Jahr 2,4 Mill. Fr. oder 93 % der für<br />
1930/39 errechneten Mittelwerte. Weitaus am<br />
stärksten hat Luzern seine Aufwendungen reduziert;<br />
.66 dotierte das Strassenwesen jährlich nur<br />
iSoch mit knapp 800 000 Fr. oder 28 % der früheren<br />
Budgetsumme. Die übrigen Kantone haben mehr<br />
öder {Weniger in Uebereinstimmung mit dem<br />
Schweizerischen Durchschnitt von 64 % eine lineare<br />
Entlastung erzielt.<br />
ist durch zwei Merkmale charakterisiert. Zum<br />
einen haben sich die Einnahmen absolut und relativ<br />
etwas stärker vermindert als sich die Ausgaben<br />
reduzieren Hessen. Zweitens erlangten die<br />
Bundesbeiträge für die Finanzierung eine grössere<br />
Bedeutung:<br />
Mittel 1930/39<br />
Mittel 1940/45<br />
Yerkehrssteviem<br />
Mill. Fr.<br />
29,5 = 100%<br />
13,2 = 45 %<br />
Nach einer am 30. September 1944 vorgenommenen<br />
Zählung befanden sich damals noch 42 600<br />
Motorfahrzeuge oder genau ein Drittel des Vorkriegsbestandes<br />
im Verkehr. Die Erträgnisse aus<br />
den Verkehrssteuern gingen aber nicht im gleichen<br />
Ausaiass zurück, da sie durchschnittlich noch 45 %<br />
der einstigen Summen lieferten. Die Erklärung<br />
liegt darin, dass unter dem Regime der Treibstoffrationierung<br />
in erster Linie Motorräder und Personenwagen<br />
stillgelegt werden mussten, während<br />
die Nutzfahrzeuge, welche eine hohe Quote der<br />
Verbesserungen<br />
Mill. Fr.<br />
50,0 = 100 %<br />
17,0 = 34 %<br />
Die Aktivseite<br />
Neubauten<br />
Mill. Fr.<br />
«,3 = 100 %<br />
6,8 = 108 %<br />
Total<br />
Mill. Fr.<br />
8Ä,8 = 100 «<br />
552 = 64*<br />
Pauschalsteuern aufbringen, zunahmen. Mit ihrem<br />
relativ hohen Anteil an Motorfahrzeugen für Personenbeförderung<br />
erlitten die Städtekantone weitaus<br />
die empfindlichsten Einbußsen. So schrumpften<br />
die durchschnittlichen Bezüge von Baselstadt auf<br />
ein Viertel des Standes 1930/39 zusammen, und<br />
Genfs Einkünfte verminderten sich um zwei Drittel.<br />
Ganz erheblich machte sich sodann für die<br />
Kantone indirekt der Mangel an Treibstoffen bemerkbar,<br />
indem ihr Betreffnis aus den Benzin- und<br />
Gasölzöllen von 11,1 auf 2,4 Mill. Fr. pro Jahr<br />
absank. Der zur Verteilung gelangende Betrag richtet<br />
sich eben nach der Einfuhrmenge, die beängstigend<br />
klein wurde.<br />
Die Vermehrung der übrigen Bundesbeiträge<br />
beruht auf dem Alpen6trassenprogramm. Da dieses<br />
erst 1936 in Kraft trat, vermochten die Jahrcßtranchen<br />
von 4 bzw. 7 Mill. Fr. für 1936—39 die<br />
Durchschnitte des ganzen Jahrzehnts 1930—39<br />
noch nicht nennenswert zu beeinflussen.<br />
Von 1940—45 sind den Kantonen aus der Bundeskasse<br />
mit 51 Mill. Fr. genau gleichviel ausgerichtet<br />
worden wie in den zehn vorangegangenen<br />
Jahren. Diese eidgenössischen Subsidien kamen zur<br />
Hälfte dem Susten zustatten, woraus es sich auch'<br />
erklärt, dass sich die Zuwendungen an Bern und<br />
Uri im Vergleich zu 1930/39 mehr als verdreifacht<br />
haben.<br />
Während im Zeitraum 1930/39 die direkte und<br />
indirekte Fiskalbelastung der motorischen Trak-<br />
tion fast 80 Mill. Fr. mehr aufgebracht hatte, als die<br />
Aufwendungen für die Strassen erforderten, hat<br />
sich in einem halben Dutzend Kriegsjahre in der<br />
Schlussabrechnung der einstige Ueberechuss in<br />
einen Passivsaldo verwandelt.<br />
Einnahmen-.<br />
Ausgaben:<br />
Treibstoffzölle<br />
Fahrzeugzölle<br />
Verkehrssteuern<br />
Zusammen<br />
Strassenkosten<br />
der Kantone<br />
Saldo<br />
1930/39<br />
Mill, Fr.<br />
494<br />
158<br />
v<br />
150<br />
331<br />
der Bund auch in diesen abnormalen Zeiten<br />
finanzieller Nutzniesser des Föderalismus im<br />
Strassenwesen blieb.<br />
Hatte die Eidgenossenschaft im Mittel der Jahre<br />
1930/39 nach Abzug der Beiträge an die Kantone<br />
aus den Motorfahrzeug- und Treibstoffzöllen pro<br />
Jahr netto gegen 50 Mill. Fr. einstreichen können,<br />
so blieben der Bundeskasse von 1940/45 insgesamt<br />
noch gut 5 Mill. Fr. zur freien Verfügung.<br />
Mit den effektiv zur Verfügung stehenden Mitteln<br />
konnten durchschnittlich 44 % der Kosten gegenüber<br />
53 % vor dem Kriege bestritten werden.<br />
Indessen- ergeben sich vpn Kanton zu Kanton sehr<br />
beträchtliche Abweichungen vom schweizerischen<br />
Deckungsverhältnis. Währenddem mehrere Stände<br />
ihre Relation ganz beträchtlich zu verbessern vermochten<br />
— Luzern z. B. konnte aus den drei<br />
Haupteinnahmenquellen .(Hubraumsteuern, Betreffnisse<br />
an Treibstoffzöllen und übrige Bundessubventionen)<br />
93 % der Kosten tilgen —, fiel anderseits<br />
der Quotient z.B. in Appenzell A.-Rh. von<br />
44 auf 17 %, in Genf von 61 auf 25 %.<br />
Die aussergewöhnlichen Verhältnisse während<br />
der Kriegsjahre haben die bemerkenswertesten Eigenheiten<br />
im Soll und Haben des Strassenwesens<br />
bestätigt und noch schärfer hervortreten lassen.<br />
Diese Merkmale bestehen darin, dass einige wenige<br />
Mittellandkantone mit relativ hohem Fahrzeugbestand<br />
aus den eigenen Verkehrssteuern einen<br />
Grossteil der Strassenkosten zu amortisieren in der<br />
Lage 6ind. Für die andern Stände, die längere<br />
Netze zu unterhalten haben, aber selbst nur geringe<br />
Steuereingänge, erwarten können, schaffen<br />
die unter verschiedenen Titeln gewährten Bundesbeiträge<br />
,nicht in allen Fällen einen genügenden<br />
Ausgleich. Das seit zwanzig Jähren angewandte<br />
Subventionssystem hat die ungleiche Lastenverteilung<br />
nicht beseitigt, höchstens etwas gemildert.<br />
Nach wie vor müssen einzelne Kantone zur Dekkung<br />
von 100 Fr. Strassenausgaben 70—80 Fr. aus<br />
allgemeinen Steuern heranziehen, während andere<br />
sich begnügen können, 10—20 Fr. auf die Staate'<br />
kasse zu überwälzen.<br />
u<br />
Dabei wäre es möglich, den gesamten Strassenbau<br />
ohne die Beanspruchung der ordentlichen<br />
Steuern allein mit den Erträgnissen der<br />
Sonderbesteuerung der Motorfahrzeuge zu finanzieren;<br />
aber dieses Problem lässt sich nur<br />
durch den Bund lösen, der ja die ergiebigsten<br />
Abgaben in Form von Zöllen erhebt.<br />
Treibsloffzoll-<br />
» anfeile<br />
Mill. Fr.<br />
11,1 = 100%<br />
24= 22$<br />
Bundessubventionen<br />
Mill. Fr.<br />
5,1 = 100 %<br />
8,5 = 165%<br />
1940/45<br />
Mill. Fr.<br />
Total<br />
Einnahmen<br />
Mill. Fr.<br />
457 = 100 %<br />
24,1 =53%<br />
Die Entwicklung der Verkehrsverhaltnisse<br />
in Winterthur<br />
Lx. In Beantwortung, einer von freisinniger<br />
Seite im Grossen Gemeinderat von Winterthur<br />
eingereichten Motion, lässt sich der Stadtrat<br />
über die künftige Stadtplanung und V e r -<br />
kehrsgcstaltung von Winterthur wie<br />
folgt vernehmen:<br />
Das Netz der Hauptverkehrsstrassen für die<br />
eigenen Verkehrsbedürfnisse ist in den Grundzügen<br />
weitgehend abgeklärt und wird mit Ausnahme von<br />
Verbreiterungen und Unterführungen keine wesentlichen<br />
Veränderungen erfahren. Eine besondere<br />
Regelung wird für den in Winterthur unnötigen<br />
und unerwünschten, ortsfremden Durchgangsverkehr<br />
gefunden werden müssen. Die Anlage einer<br />
besonderen UmgehungS6trasse für die<br />
Trennung des Durchgangsverkehrs vom lokalen<br />
Hauptverkehrs wurde studiert im Zusammenhang<br />
mit der von der kantonaipn Verwaltung projektierten<br />
Fernverkehrsstrasse Zürich-Winterthur. Das<br />
Trasse der Fernverkehrsstrasse ist noch nicht endgültig<br />
festgelegt. Das Projekt für die Umgehungsstrasse<br />
im Anschluss an diese Fernverkehrsstrasse<br />
konnte deshalb auch nicht als definitiver Vorschlag<br />
zur Genehmigung vorgelegt werden. Die<br />
wenigen Möglichkeiten für die Führung der Umgehungsstrassc<br />
sind abgeklärt. Das Bauamt wird<br />
dafür besorgt 6ein, dass sie offen gehalten werden.<br />
Zur genauen Ausscheidung des Anteils des<br />
ortsfremden Durchgangsverkehrs am Gesamtverkehr<br />
in den Strassen wurde im Laufe des Jahres<br />
1947 — unter verdankenswerter Mithilfe der Schüler<br />
des Technikums — eine umfassende Verkehrszählung<br />
durchgeführt, deren Resultate<br />
ausgewertet werden. Eine wesentliche Vereinfachung<br />
für die Verkehrsregelung auf den Hauptverkehrsstrassen<br />
wird erreicht durch die in Aussicht<br />
genommene vollständige Umstellung<br />
der öffentlichen Verkehrsmittel auf T r o 1 -<br />
leybusb etrieb.<br />
947<br />
RAR<br />
62<br />
9<br />
"7O<br />
+ 79 — 81<br />
Interessant ist nun die Fe6tstellung, dass<br />
STRASSEN UND VERKEHR