E_1949_Zeitung_Nr.003
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Nur scheinbar günstiges Bild.<br />
Wenn auch die endgültigen Ziffern der französischen<br />
Automobilproduktion des vergangenen<br />
Jahres zur Zeit noch nicht vorliegen, so ist doch<br />
als sicher anzusehen, dass der Voranschlag von<br />
200 000 Fahrzeugen nahezu erreicht und damit<br />
der Ausstoss des Jahres 1947 um mehr als 60 000<br />
Wagen überschritten werden wird. Man schätzt<br />
die Dezember-Produktion auf rund 20 000 Fahrzeuge,<br />
so dass sich also für die vergangenen vier<br />
Jahre folgende Entwicklung der Automobilerzeugung<br />
ergibt:<br />
Vergleichsweise sei hinzugefügt, dass die<br />
französische Automobilindustrie im Jahre 1938<br />
im ganzen 227 000 Fahrzeuge herstellte, davon<br />
über 80 % Personenwagen. Dieses nicht ungünstige<br />
Fazit der Produktion des vergangenen Jahres<br />
wird dadurch ergänzt, dass ca. 58 000 Personenwagen<br />
(1947 = Si5 000) und 18 400 Camions<br />
(23 500) exportiert wurden und dass die französische<br />
Automobilhandelsbilanz für 1948 mit<br />
einem Devisenüberschuss abschliesst, der (zum<br />
Kurs von ungefähr 314) einen Betrag von etwa<br />
70 Mill. Dollar ausmacht. Und doch ist das Bild,<br />
wenn man es genau betrachtet, trügerisch. Die<br />
Zuteilungen an Stahlblech, dem wichtigsten<br />
Halbfabrikat für die Automobilindustrie, sollen<br />
im laufenden Jahr nur 123 000 t (pro Monat<br />
etwa 1500 t mehr als 1948) betragen. Diese<br />
Mengen reichen zur Not für die Herstellung von<br />
170 000 Personenwagen, anstatt der im Vorprogramm<br />
vorgesehenen 207 000, während statt der<br />
veranschlagten 93 000 Nutzfahrzeuge höchstens<br />
78 500 fabriziert werden könnten. Aber selbst<br />
wenn die Stahl- und Eisenzuteilungen im Laufe<br />
der nächsten Monate wesentlich erhöht werden<br />
könnten, würde der notorische Pneumangel jede<br />
Intensivierung der Automobilproduktion hemmen,<br />
wurden doch 1948 lediglich 4 Millionen<br />
Decken und 3,96 Millionen Schläuche fabriziert.<br />
FRANKREICH<br />
Die französische Automobilindustrie an der Jahreswende<br />
(Von unserem Pariser Korrespondenten)<br />
Jahr Gesamtproduktion davon Pers wagen<br />
1945 34 625 S<br />
194« 96 062 32<br />
1947 137,377 48<br />
1948 T98 000 *) SO<br />
•) Vorläufig geschätzt.<br />
Exportstruktur und ausländische Konkurrenz.<br />
Den Kern des Problems bildet nach wie vor<br />
die Divergenz zwischen französischem Export<br />
und der Versorgung des Binnenmarktes. Die<br />
französische Automobilindustrie ist gezwungen,<br />
ihre Exporte zu forcieren, um als eine der wichtigsten<br />
Ausfuhrindustrien dem Stabilisierungsfonds<br />
der Bank von Frankreich möglichst viele<br />
Devisen zuzuführen. Aber die Verkaufspreise<br />
sind infolge der Preiserhöhungen der letzten 12<br />
Monate an der Grenze des exportpolitisch Möglichen<br />
angelangt Der Absatz französischer Wagen<br />
im Ausland wird mit ganz wenigen Ausnahmen<br />
dadurch erschwert, dass aus verschiedenen<br />
Gründen eine wesentliche Steigerung der Qualität<br />
ausgeschlossen war und die Konkurrenz des<br />
Auslandes sich stärker bemerkbar macht. Der<br />
Mangel an modernen Werkzeugmaschinen und<br />
die Knappheit an Edelstahlen wirken sich unvorteilhaft<br />
auf die Qualität der Produktion aus.<br />
Auch quantitativ ist Frankreich im Rückstand.<br />
England hat 1948 mehr als 500 000 Wagen, d. h.<br />
150 % mehr als Frankreich, produziert, und<br />
selbstverständlich auch ein entsprechend höheres<br />
Kontingent an modernen Wagen exportiert.<br />
Die wiedererstarkende Leistungsfähigkeit Italiens<br />
und neuerdings auch Deutschlands macht<br />
sich am Weltmarkt Insbesondere im Absatz jener<br />
Kleinwagen bemerkbar, auf deren Förderung<br />
die französische Industrie besonderen Wert<br />
legt. Nicht zuletzt aber hängt über dem Absatz<br />
der gesamten französischen Autoindustrie das<br />
Damoklesschwert der USA-Konkurrenz. Die<br />
französische Produktion ist und bleibt dagegen<br />
so lange gehemmt, als man ihr nicht die Freiheit<br />
zurückgibt, so viele Wagen wie sie produziert,<br />
auch am Inlandsmarkt abzusetzen.<br />
So zwingt denn eine irregeleitete dirigierte<br />
Wirtschaft seit über vier Jahren den inländischen<br />
Strassenbenützer dazu, seinen ' Bedarf am<br />
« Occasionsmarkt» zu decken, der nichts anderes<br />
ist als ein offiziell geduldeter Schwarzhandel<br />
in mehr oder weniger gebrauchsfähigen Fahrzeugen.<br />
Wer sich in Frankreich einen neuen<br />
Wagen kaufen will, muss ein umständliches<br />
Verfahren über sich ergehen lassen, und dieses<br />
Repartierungs- und Kontingentierungssystem<br />
gibt ständig Anlass zu Reklamationen. Wir haben<br />
bereits früher einmal darauf hingewiesen,<br />
dass über 80 ausländische Journalisten, die bei<br />
der französischen Regierung akkreditiert sind<br />
(darunter auch ihr Korrespondent) seit zwei<br />
Jahren vergeblich auf die Gewährung eines solchen<br />
Bezugsscheins warten, wiewohl sie offiziell<br />
zu der bevorzugten Klasse der «Prioritäre •<br />
zählen. Nicht besser ergeht es den Aerzten und<br />
den Anwälten. Das Gros der im Inland verfügbaren<br />
Wagen geht an die Staatsverwaltungen.<br />
Der auch im Ausland Aufsehen erregende Bericht<br />
des französischen • Obersten Rechnungshofes»<br />
A' IW "OBIL REVUE<br />
HITTWOCH, 19. JANUAR <strong>1949</strong> - Nr. 3<br />
rOr dl« Jahn 1946 und 1S47 hat gezeigt, welcher<br />
unglaubliche und sinnlose Aufwand an neuen<br />
Automobilen in den verschiedenen Zivil- und<br />
Militärbehörden getrieben wurde. Vergebens<br />
wehren sich die Strassenbenützer gegen diese<br />
Irrwege einer überlebten Planwirtschaft, vergebens<br />
protestierten bisher auch die Abgeordneten<br />
im Parlament oder vor dem « Conseil Sup6rieur<br />
des Transports » gegen die Unzulänglichkeiten<br />
eines Systems, das nicht mehr in die moderne<br />
Wirtschaft passt. Der französische Binnenmarkt<br />
wäre längst wieder frei, wenn nicht<br />
immer wieder durch neue Rückfälle in den Dirigismus<br />
die Bewegungsfreiheit der Industrie<br />
und damit auch des Strassenverkehrs eingeengt<br />
hätte. So aber wurde der gesamte Automobilverkehr<br />
durch das Bezugscheinsystem und die Rationierung<br />
der Pneu- und Treibstoffzuteilungen,<br />
mit allen ihren bekannten Folgen, methodisch<br />
heruntergewirtschaftet<br />
Was nützt unter diesen Umständen der Entwurf<br />
neuer Prototypen, was nützt die Veranstaltung<br />
repräsentativer Autosalons, die nur zum<br />
« Sehen » und nicht zum « Kaufen » bestimmt<br />
sind? Glaubt man wirklich, dass neue Kleinwagen,<br />
die zwischen 200 000 und 300 000 fFr.<br />
kosten, als das «Fahrzeug des kleinen Mannes »<br />
USA<br />
Im Anschluss an die kürzlich in der « AR »<br />
veröffentlichten Stellungnahmen zum Abblendeproblem<br />
wird uns aus New York geschrieben:<br />
Drei grosse amerikanische Organisationen<br />
(der Automobile Club of New York, der National<br />
Safety Council und der National Highway Research<br />
Board) haben übereinstimmend festgestellt,<br />
dass rund 60 % der amerikanischen Autofahrer<br />
nicht daran denken, beim Begegnen eines<br />
anderen Fahrzeugs ihre Scheinwerfer abzublenden.<br />
Die absolut und relativ hohe Zahl von tödlichen<br />
Unfällen während der Nachtstunden wird<br />
in erster Linie auf diesen Mißstand zurückgeführt.<br />
Als vor einigen Monaten die Versicherungsgesellschaften<br />
gezwungen waren, ihre Prämien<br />
zu erhöhen, taten sie das ausdrücklich unter<br />
Hinweis auf die vielen Unfälle bei Nachtfahrten,<br />
die auf das rücksichtslose Verhalten von<br />
Fahrern zurückzuführen sind, die nicht abblenden.<br />
Als nahezu ebenso gefährlich wie diese<br />
Gruppe werden andere Fahrer angesehen, die<br />
erst mit abgeblendeten Lichtern fahren, dann<br />
aber, wenn der entgegenkommende Wagen nicht<br />
abblendet, Vergeltung üben wollen und nun<br />
ihrerseits auf Vollicht umschalten. Wenn beide<br />
Parteien geblendet werden, ist die Gefahr eines<br />
Unfalls natürlich entsprechend höher.<br />
Immer wieder taucht die Frage des polarisierten<br />
Lichtes auf. In einer öffentlichen Diskussion,<br />
die Mitte Dezember 1948 stattfand, standen<br />
sich die Ansichten der Industrie und der Fahrer<br />
xa Tausenden Im Inland abgesetzt werden können?<br />
Gibt man sich etwa der Illusion hin, das«<br />
Preise von 1000 Dollar oder 4000 Schweizer<br />
Franken für einen Kleinstwagen (ohne Transportkosten<br />
und Zolltaxen) auf die Dauer für den<br />
ausländischen Interessenten einen Anreiz bieten?<br />
Die grosse Ausnahme — der 4-PS-Renault-<br />
Heckwagen — bestätigt nur die Regel. Die Regie<br />
Renault hat mit staatlicher Unterstützung ihre<br />
Produktion konzentrieren und rationalisieren,<br />
ihre Gestehungskosten herabsetzen und ihren<br />
Absatz auch im Ausland steigern können. Auf<br />
lange Sicht kann aber auch dieses grösste französische<br />
Automobilwerk nur dann mit Gewinn<br />
arbeiten, wenn seine Wagen den gewaltig aufgestauten<br />
Inlandsbedarf zu decken vermögen.<br />
So kommen wir denn bei dieser Jahresbetrachtung<br />
zu dem logischen Schluss, dass sich<br />
Frankreich am Beginn einer Periode allgemeiner<br />
Preisdeflation, die notwendigerweise mit einer<br />
Schwächung der Kaufkraft der breiten Masse<br />
verbunden ist, auch im Automobilsektor, sobald<br />
als möglich zu einer planmässigen Steigerung<br />
seiner Produktion und damit seines Inlandangebots<br />
an neuen Wagen entschliessen muss, wenn<br />
es zur wirklichen Prosperität der Automobilindustrie<br />
gelangen will.<br />
Dr. W. Bg.<br />
Das Abblendproblem in den USA.<br />
nach wie vor diametral gegenüber. Tatsächlich<br />
hat die Industrie bisher nichts getan, um das<br />
Blendproblem aus der Welt zu schaffen. Gegen<br />
das polarisierte Licht setzt sie sich mit der Begründung<br />
zur Wehr, dass hierdurch Kosten entständen,<br />
die sich auf 30 bis 80 Dollar pro Auto<br />
belaufen. Demgegenüber wenden die Verbraucher<br />
ein, dass allein die Chromverzierungen an<br />
einem Wagen ebensoviel kosten, ohne die Sicherheit<br />
zu erhöhen. Ferner erklärt die Industrie,<br />
polarisiertes Licht nütze nur dann, wenn alle<br />
Fahrer es hätten. Das Gegenargument hierauf<br />
lautet, dass ähnliche Verbesserungen der Sicherheit<br />
stets allmählich durchgeführt worden seien.<br />
Als beispielsweise Sicherheitsglas für die Scheiben<br />
verlangt wurde, rüstete man zunächst alle<br />
neuen Wagen mit diesem Glas aus; erst Jahre<br />
später wurden Gesetze erlassen, die auch die Besitzer<br />
von Altwagen zwangen, zu diesem Glas<br />
überzugehen. (Anmerkung: Wahrscheinlich wird<br />
man ähnlich auch bei der obligatorischen Einführung<br />
von Richtungszeigern verfahren, die der<br />
Staat New York erst ab 1. Januar 1950 für obligatorisch<br />
erklärt, die heute aber schon bei einer<br />
steigenden Anzahl von neuen Modellen mitgeliefert<br />
werden.) Mr. J. R. Crossley, der Vizepräsident<br />
des New-Yorker Automobilclubs, hat jedenfalls<br />
angekündigt, dass er den Kampf für die<br />
allgemeine Einführung des polarisierten Lichtes<br />
trotz des unverminderten Widerstandes der In-<br />
I dustrie fortführen werde. Ernst Behrendt<br />
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