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E_1949_Zeitung_Nr.020

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Nr. 20 - MITTWOCH, 27. APRIL 19«<br />

AUTOMOBIL REVUE<br />

liondeth (Ferrari 2 Liter), der die Mille Miglia zum viertenmal gewann, wird in Brescia von Kennleiter Caslagnelo abgewunken.<br />

Der Kategoriensieger bei den Tourenwagen, I. Healey iun. {Healey) bei der Passage in Rom.<br />

Biondetti (Ferrari 2000) zum viertenmal Sieger in den Tausend Meilen von Brescia<br />

Healey jun. (Healey 2500) gewinnt das Rennen der Tourenwagen<br />

Mehrere zum Teil schwere Unfälle<br />

Brescia stand am vergangenen Sonntag zum<br />

sechzehnten Male im Zeichen der Mille Miglia,<br />

die bei trockenem, idealem Rennwetter ausgetragen<br />

wurden, wenn auch — namentlich- in der<br />

lombardischen Ebene vor dem Aufstieg zum<br />

Passo della Cisa — stellenweise Nebel lagerte,<br />

der den Konkurrenten die Sicht etwas erschwerte.<br />

Von 367 gemeldeten Equipen stellten<br />

sich dem Starter nicht weniger als 302, was<br />

einem nie zuvor erreichten Teilnehmerrekord<br />

gleichkommt Einen Rekord und einen Beweis<br />

für das hervorragende Durch Stehvermögen von<br />

Mann und Maschine bedeutet es aber auch, dass<br />

182 Fahrer die überaus schwere Prüfung beendet<br />

haben und die Ausfallquote somit nur<br />

40 % beträgt gegen 64 % im Jahre 1948 und<br />

63 % im ersten Nachkriegsrennen.<br />

Das sonntägliche Rennen war vom Start weg<br />

gekennzeichnet durch das erbitterte Ringen zwischen<br />

den an keine Teamorder gebundenen<br />

Werkfahrern von Ferrari: Bonetto, Taruffi und<br />

Biondetti. In der ersten Phase lieferten sich besonders<br />

die ersten beiden einen garstigen<br />

Strauss, •wobei es nicht ausbleiben konnte, dass<br />

sie sich schliesslich gegenseitig zur Strecke<br />

brachten: Bonetto, indem er in den Abruzzen infolge<br />

eines Bremsdefektes die Führung an Taruffi<br />

abgeben musste, und dieser wiederum, indem<br />

er wegen eines Motorschadens in Ravenna<br />

auszusteigen gezwungen war. Als lachender<br />

Dritter ging aus diesem Kampfe der 51jährige<br />

Clemente Biondetti hervor, dieser gewiegte<br />

Taktiker und routinierte Könner mit seinen unvergleichlichen<br />

Fahrerqualitäten und seiner unbezahlbaren<br />

Langstreckenerfahrung, der damit<br />

den vierten Mille- Miglia-Sieg an seine Fahne<br />

heftete. Sein Erfolg, der gleichzeitig auch ein<br />

verdienter Erfolg Ferraris ist,, wird noch dadurch<br />

unterstrichen, dass Biondetti mit dem<br />

kompressorlosen 2-Liter-Ferrari eine Durchschnittsgeschwindigkeit<br />

von 131,456 km/h erreichte,<br />

womit er nur um 4,5 km/h unter dem<br />

Mittel blieb, das er 1938 mit dem 3-Liter-Alfa-<br />

Romeo mit Kompressor vom Typ 308 erzielte.<br />

Einen vorzüglichen Eindruck hinterliess auch<br />

Rol auf einem 2,5-Liter-AlfaRomeo, für den alle<br />

Aussicht bestand, den zweiten Platz Bonettos<br />

ernstlich in Frage zu stellen, hätte ihn nicht in<br />

Pescara das Schicksal in Gestalt eines Oelkühlerdefekts<br />

erwischt, den er unweit des Zieles nochmals<br />

notdürftig beheben musste. Die vier Sportund<br />

Tourenwagengruppen bis 750 cm 1 und bis<br />

1100 cm' sahen ohne Ausnahme die Marke Fiat<br />

im ersten Rang. Die Scuderia Scagliarini,<br />

die die Farben von Cisitalia verteidigte, hatte<br />

nicht den allerbesten Tag, fiel doch der in Führung<br />

liegende Bernabei in der Nähe Roms aus,<br />

•während es anderseits Scagliarini selbst zu keinem<br />

Zeitpunkt glückte, den Ausgang des Rennens<br />

seiner Gruppe entscheidend zu beeinflussen.<br />

Berechtigte Freude wird man über den Ausgang<br />

des Tourenwagenrennens jenseits des Kanals<br />

empfinden, ist es doch I. Healey juii. zusammen<br />

mit Wisdom auf dem 2;5-Liter-Fabrikwagen<br />

in einem achtunggebietenden Rennen gelungen,<br />

an der Adria- der in Front liegenden<br />

Equipe Venturi/Sanesi auf Alfa Romeo 2,5 Liter<br />

die Führung zu entreissen und damit den von<br />

der Marke Healey letztes Jahr schon errungenen<br />

Erfolg zu wiederholen. Durch die Belegung<br />

des dritten Platzes (mit Lurani/Aldington auf<br />

Bristol) sowie des vierten Ranges (mit Donald<br />

Healey sen./Price auf Healey) wird dieser Sieg<br />

der englischen Industrie noch gebührend untermauert.<br />

Bedauerlicherweise wurde der grosse sportliche<br />

Erfolg der Mille Miglia durch einige Unfälle<br />

beeinträchtigt, von denen jener der englischen<br />

Privatfahrerequipe Cohen/Hignett auf<br />

Healey leider einen tragischen Ausgang genommen<br />

hat. Ganz offenbar haben sich diese Sportleute,<br />

deren Namen im britischen wie im internationalen<br />

Automobilsport unseres Wissens zum<br />

erstenmal genannt wurden, zuviel zugemutet<br />

und ihr Draufgängertum im einen Falle.mit dem<br />

Tode, im andern mit schweren Verletzungen<br />

bezahlt.<br />

Die wichtigsten Phasen des Rennens<br />

Das Hauptinteresse konzentriert sich verständlicherweise<br />

von Anbeginn weg auf das<br />

Rennen der grossen Sportwagen, an deren Steuer<br />

die Anwärter auf die Tagesbestzeit sitzen. Mit<br />

einer imposanten Kampfgruppe ist hier Enzo<br />

Ferrari vertreten, der seinen kompressorlosen<br />

Zweiliter auch heuer wieder siegreich im Ziel<br />

zu sehen hofft. Taruffi, Bonetto und Biondetti<br />

sind die wichtigsten Eisen, die er im Feuer<br />

hat, und weitere Exemplare des gleichen Wagentyps<br />

sind Bracco, Cortese, Vallone, Bianchetti<br />

und Mosters anvertraut. Für sie alle gibt es —<br />

Die 16. Mille Miglia<br />

wenn überhaupt — nur einen einzigen ernst zu<br />

nehmenden Gegner: Rol auf einem AlfasRomeo<br />

2500, dessen Einsatz Versuchszwecken dient<br />

Trauriger Auftakt.<br />

Noch harren Bonetto und" Taruffi des Startzeichens,<br />

wie im Hauptquartier des Rennens<br />

eine Hiobsbotschaft eintrifft, die tiefste Bestürzung<br />

auslöst Rund 20 km südlich von Brescia<br />

haben die wenige Minuten zuvor —,am genau<br />

6.25 Uhr — abgegangenen Engländer Cohen und<br />

Hignett auf einem Healey-Sportwagen in einer<br />

Kurve, die bei Manerbio in die Brücke über den<br />

Mella einmündet, mit übersetzter Geschwindigkeit<br />

den Trottoirrand berührt" und sind hernach<br />

ans gusseiserne Geländer geprallt, wobei<br />

Hignett aus dem Wagen geschleudert und sofort<br />

getötet wurde und der am Volant sitzende Cohen<br />

durch die Wucht des Zusammenstosses<br />

schwere Oberkörper- und Wirbelsäulenverletzungen<br />

erlitt. Der Zustand des in das Spital<br />

eingelieferten Fahrers wird ernst beurteilt.<br />

Die traurige Kunde von diesem betrüblichen<br />

Zwischenfall vermag die Tempi der Spitzenreiter<br />

freilich in keiner Weise zu beeinflussen.<br />

Wie regelmässig die Boliden des Werkes von<br />

Maranello im Rennen liegen, das bezeugen schon<br />

die ersten Meldungen aus Parma (141 km),<br />

Wärmebereich<br />

Fabrik für Firestone-Produkte AG. Pratteln<br />

wo Bonetto den Reigen mit 168 km/h anführt<br />

und Taruffi, Cortese und Biondetti einen Rückstand<br />

von nur 1—2 Minuten aufweisen. Bei den<br />

Tourenwagen haben Venturi/Sanesi auf Alfa<br />

Romeo 2,5 Liter mit dem respektablen Durchschnitt<br />

von 125 km/h vor dem von Lurani und<br />

dem Engländer Aldington gesteuerten Bristol die<br />

Rolle der Leader übernommen.<br />

Die Serpentinen am Passo della Cisa, den es<br />

nunmehr zu bezwingen gilt, drücken merklich<br />

auf das Tempo, das bis hinunter nach Livorno<br />

um rund 40 km/h sinkt. Inzwischen sind auch<br />

bereits mehrere Ausfälle zu verzeichnen. Fuso/<br />

Facetti (Fiat 1100) beendeten das Rennen im<br />

Strassengraben, Vallone blieb mit einem Hinterachsdefekt,<br />

Bertone (Fiat 1100) mit einem Kolbenschaden<br />

auf der Strecke, und die Mannschaft<br />

Fiorio/Avalle wurde bei der Passfahrt im Verlaufe<br />

einer Kollision mit einem andern Fahrzeug<br />

verletzt In Livorno (348 km) finden wir<br />

nach wie vor<br />

vier Ferrari in Front,<br />

nämlich Bonetto mit der Zeit von 2'h 42'43" =<br />

128,293 km/h vor Taruffi (2' zurück), Cortese<br />

(5'33" zurück) und Biondetti (5'35" zurück),<br />

denen Rol in 8' 55" Abstand sowie Bracco und<br />

Serafini auf Frazer/Nash folgen.<br />

In der Sportwagenklasse 1100 cm* geben<br />

Bernabei/Macchieraldo auf Cisitalia, bei den<br />

Kleinstfahrzeugen dieser Kategorie Sammarco/<br />

Boldrini (Fiat) einstweilen den Ton an. Bei den<br />

kleinen Tourenwagen dagegen marschieren Zanetti/Zunica<br />

(Fiat) vorderhand unangefochten<br />

voran, dieweil Alquati/Ghisolfi (Fiat) bei den<br />

HOO-cm'-Tourenwagen durch Marini/Zuccato 1<br />

(Fiat) von der Spitze verdrängt und gleich auf<br />

Sen siebenten Platz zurückgeworfen wurden.<br />

H? 11 voraus<br />

Erste Bresche ins Ferrari-Team.<br />

Auf der Fahrt nach der ewigen Stadt schnellt<br />

der Durchschnitt wieder in die Höhe, wobei Bonetto<br />

den Vorsprung auf Taruffi um weitere zwei<br />

Minuten vergrössert Serafini streicht unerwartet<br />

die SegeL Ausgezeichnet dagegen schlägt sich<br />

Rol, der sich vor den etwas zurückgefallenen<br />

Cortese hinzusetzen vermag, so dass sich bei der<br />

Passage in Rom (676 km) folgende Bilanz ziehen<br />

lässt: Erster Bonetto mit einem Mittel von<br />

132,368 km/h vor Taruffi (4' zurück), Biondetti<br />

(7' zurück), Rol (14' zurück) und Cortese.<br />

Bernabei/Macchieraldo sind bei den Sportwagen<br />

der llOO-cm'-Gruppe von der Bildfläche<br />

verschwunden und haben das Kommando an die<br />

Gebrüder Montanari (Fiat) abgegeben. Das Bild<br />

der Lage bei den 750-cm*-Wagen beider Fahrzeugkategorien<br />

hat seit Livomo keine Aenderung<br />

erfahren, wiewohl hier wie dort scharfe<br />

Positionsgefechte im Gange sind. Bei den 1100-<br />

cm'-Tourenwagen hat die Führung abermals<br />

gewechselt, und zwar ist sie an Della Beffa/Borgonuovo<br />

(Fiat) übergegangen. Im Kampf um die<br />

beste Tageszeit der Tourenwagen haben Venturi/Sanesi<br />

der Equipe Lurani/Aldington bereits<br />

sieben Minuten abgenommen.<br />

Bonettos Schwierigkeiten mit den Bremsen.<br />

Aufs neue findet man das ungeschriebene<br />

Gesetz bestätigt, wonach der Mann, der die Kavalkade<br />

in Rom anführt, mit dem Sieger des<br />

Tages nicht identisch ist Bonetto muss bei der<br />

Traversierung der Abruzzen enttäuscht feststellen,<br />

dass die Bremsen seines Ferrari nicht<br />

mehr einwandfrei funktionieren, so dass er sich<br />

wohl oder übel gezwungen sieht das Tempo beträchtlich<br />

zu verlangsamen. So notiert er in<br />

Aquila auf Taruffi, der vehement voranstürmt<br />

einen Rückstand von drei Minuten. In Pescara<br />

drängt sich für Bonetto ein Zwischenhalt zur<br />

Ueberprüfung und Reparatur der Bremsen, der<br />

volle 20 Minuten dauert und ihm auch den zweiten<br />

Platz kostet gebieterisch auf.<br />

Biondetti«» erosse Chance.<br />

Hier nun fühlt Biondetti, der kluge Taktiker,<br />

der bislang das von Bonetto und Taruffi diktierte<br />

Tempo zwar mühelos mitgehalten, sich<br />

aber doch einige Reserven auferlegt und seinen<br />

Motor nicht mehr als absolut nötig unter Dampf<br />

gesetzt hat den Moment gekommen, um zum<br />

entscheidenden Angriff auf Taruffi überzugehen,<br />

dessen Ferrari durch das vorausgegangene,<br />

kräfteverzehrende Duell mit Bonetto schon<br />

ziemlich stark verausgabt ist — Von der Abruzzen-Etappe<br />

ist bei den Tourenwagen als wichtigstes<br />

Ereignis die fulminante, erfolgreiche<br />

Attacke der britischen Mannschaft Healey jun./<br />

Wisdom (Healey) auf Lurani/Aldington festzuhalten.<br />

Ein Traum zerrinnt<br />

Nachdem Bonetto für den Tagessieg praktisch<br />

nicht mehr in Frage kommt scheint Taruffi entschlossen,<br />

sich den Lorbeer dies einemal nicht<br />

entgehen zu lassen und seinen Namen ins goldene<br />

Buch dieses grössten Langstreckenrennens<br />

unseres Kontinents einzutragen. Allein, mit des<br />

Geschickes Mächten...* Zwischen Ancona und<br />

Ravenna steht Biondetti im Begriffe, Taruffi die<br />

volle Kraft seiner Offensive zum Bewusstsein<br />

zu bringen. Sechs Minuten, trennen ihn in Ravenna<br />

(1284 km) noch vom Leader, der hier an<br />

dem von Ferrari eingerichteten Verpflegungsposten<br />

vor Inangriffnahme der letzten 300 km<br />

unvermutet «einen Halt einschaltet weil mit<br />

dem Motor sehr zu seinem Leidwesen nicht<br />

mehr alles nach Wunsch klappt Ein Blick unter<br />

die Motorhaube liefert denn auch den Beweis<br />

dafür, dass an eine Weiterfahrt gar nicht zu<br />

denken ist So zerrinnt für Taruffi wohl einer<br />

der schönsten Träume seiner Rennfahrerlaufbahn,<br />

während Biondetti, nachdem sich seine<br />

beiden grössten Widersacher in einem mörderischen<br />

Duell gegenseitig aufgerieben haben, dem<br />

vierten, wohlverdienten Mille-Miglia-Sieg zustrebt<br />

Taruffis Ausscheiden bildete übrigens nicht<br />

die einzige Ueberraschung, die aus Ravenna von<br />

den Genietruppen der Armee auf radiotelegraphischem<br />

Wege nach Brescia übermittelt wurde<br />

und dort die Hochspannung beinahe zum Platzen<br />

brachte. Einem Theatercoup kam es auch gleich,<br />

dass Venturi/Sanesi auf Alfa Romeo, die als<br />

sichere Sieger des Tourenwagenrennens galten,<br />

zwischen Ancona und Ravenna vor Healey jun./<br />

Wisdom klein beigeben mussten und zudem<br />

nicht viel gefehlt hätte, das der Bristol an zweite:<br />

Stelle durchs Ziel gegangen wäre. Im Räume<br />

von Ravenna geschieht es auch, dass die Brüder<br />

Montanari bei den HOO-cm'-Sportwagen von<br />

der Bühne abtreten müssen und somit Auricchio<br />

(Fiat) zu Ehren kommt, der übrigens im Gesamtklassement<br />

einen schlechthin grossartigen<br />

4. Platz belegt Zum Abschluss des Tages wird<br />

aus Vicenza nochmals ein Unfall gemeldet indem<br />

sich dort an einer Strassenkreuzung der<br />

Topolino der Mannschaft Rosso/della Zonca<br />

überschlagen hat Die Besatzung erlitt hiebei<br />

ziemlich schwerwiegende Verletzungen. Ein<br />

Zwischenfall hatte sich .übrigens auch bei Cecina,<br />

südlich von Livorno, ereignet wo

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