E_1949_Zeitung_Nr.024
E_1949_Zeitung_Nr.024
E_1949_Zeitung_Nr.024
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Nr. 24 - MITTWOCH, 25. MAI<br />
AUTOMOBIL REVUE<br />
Der Tagessieger Emmanuel de Graffenried (Fribourg) auf Maserati in der Spitzkurve von Riedt.<br />
Hier saust Jean Sluder (Bern) auf 2,9-Liter-Alfa-Romeo über die Zielgerade, dem Sieg im Rennen der Sportwagengruppe<br />
über 1500 cm 1 entgegen.<br />
Grosser Preis der Ostschweiz in Erlen<br />
de Graffenried (Maserati) und Noverraz (Gisitalia) bei den Rennwagen erfolgreich<br />
Studer (Alfa Romeo) und Hirt (AFM) Sieger in den Rennen der Sportwagen<br />
.Es passt ins Bild unserer verworrenen und<br />
an Widersprüchen reichen Zeit, dass auf einen<br />
an Ostern « abgehaltenen » Hochsommer ein kalter<br />
und verwässerter Wonnemonat folgt. Und<br />
man begreift schon, wenn recht gemischte Gefühle<br />
die Organisatoren und vorab den Finanzminister<br />
des zweiten nationalen Rundrennens für<br />
Automobile in Erlen beschlichen, als es in der<br />
letzten Woche aller gegenteiligen Voraussagen<br />
der eidgenössischen Wetterpropheten zum Trotz<br />
fast unaufhörlich aus weit geöffneten Himmelsschleusen<br />
herniederplätscherte. Ja, der Regen,<br />
der regnete jeglichen Tag... Wer zwar von der<br />
am Freitagnachmittag eingeräumten ersten Trainingsmöglichkeit<br />
profitierte, der hatte Glück,<br />
eine maustrockene Piste vorzufinden. Ueber<br />
Nacht aber wehte wieder ein anderer Wind. Die<br />
Strecke präsentierte sich am Morgen in nassem<br />
Zustand, am Nachmittag schlug das Wetterbarometer<br />
beinahe auf Sturm um, und auf Sturm<br />
drohte auch das Stimmungsbarometer zu sinken.<br />
Es waren nicht nur einzelne Tropfen, die auf<br />
die Helme der gegen Abend ihr Rennen austragenden<br />
Konkurrenten der Motorradklassen<br />
125 und 250 cm' klopften, sondern zeitweise<br />
richtiggehende Sturzbäche, gegen die sie anzukämpfen<br />
hatten, und auch die Fahrer der Rennwagenkategorie,<br />
für die .das Schwänzen (man<br />
entschuldige den Ausdruck, aber anders können<br />
wir das Kind beim besten Willen nicht benennen)<br />
der ersten Trainingssitzung unabänderliches Gesetz<br />
zu sein scheint, absolvierten ihre Pflichtrunden<br />
in einem ergiebigen Gewitterregen. Der<br />
feuchte Segen hörte nimmer auf, und es verwunderte<br />
nicht, dass das Gelände inner- und<br />
ausserhalb der Strecke sich allgemach in einen<br />
Sumpf verwandelte, aus dem Offizielle und Konkurrenten<br />
wie die Stehplatzzuschauer in des<br />
Wortes wahrstem Sinne einen, nein, manchen<br />
gehörigen Schuh voll herauszogen. Als dann<br />
aber am Sonntag früh, da es in Erlen noch Bindfaden<br />
regnete, vor allem aus Richtung Winterthur-Zürich,<br />
wo man sich trockenen Wetters<br />
erfreute, ungeahnte Heerscharen herbeiströmten<br />
und zu guter Letzt vom Rennbeginn um 9 Uhr<br />
hinweg auch der Schauplatz der motorsportlichen<br />
Veranstaltung von weitern himmlischen<br />
Ergüssen dieser unerwünschten Sorte verschont<br />
blieb, da löste sich die etwas drückende Stimmung<br />
in schönstem Wohlgefallen auf. Nach unsern<br />
beim Finanzminister bei Redaktionsschluss<br />
eingeholten Informationen haben dem Rennen<br />
20—21 000 zahlende Besucher beigewohnt, wobei<br />
als besonders interessantes Detail erwähnt zu<br />
werden verdient, dass auf den offiziellen. Parkplätzen<br />
2300 Automobile gegen 900 im Vorjahr<br />
abgestellt waren. Dieser unerwartet gute Besuch<br />
lässt in materieller Hinsicht erfreulicherweise<br />
einen zufriedenstellenden Abschluss als gesichert<br />
erscheinen, was die Organisatoren hoffentlich<br />
ermuntert, grundsätzlich eine weitere Auflage<br />
der Rennen ins Auge zu fassen.<br />
*<br />
Leider wurden die Hoffnungen, die wir in<br />
sportlicher Beziehung an die ersten nationalen<br />
Rennen des Jahres knüpften, weitgehend enttäuscht.<br />
Einmal hatten die Fahrer mehrerer mit<br />
Spannung erwarteter Wagen aus verschiedenen<br />
Gründen Forfait erklärt, und zum andern krankten<br />
alle drei Wagenrennen daran, dass sie im<br />
Zeichen der eindeutigen Ueberlegenheit eines<br />
einzigen Mannes standen, da die Entscheidung<br />
über deren Ausgang überall schon in den ersten<br />
Runden fiel. Diese Feststellung schmälert in keiner<br />
Weise die hervorragenden Leistungen der Erstklassierten.<br />
Bei den Sportwagen bis 1,5 1 Hubvolumen<br />
stand der Sieg von P. Hirt (Zollikon)<br />
schon nach dem ersten Drittel des Rennens ausser<br />
Diskussion, als sein hartnäckigster Widersacher,<br />
Baer auf M. G., die Fahrt einstellen<br />
musste, und bei den grossen Kalibern dieser<br />
Kategorie begann das Interesse ganz beträchtlich<br />
zu erlahmen, als Glausers Alfa Romeo bereits<br />
nach der 7. Runde aus Abschied und Traktanden<br />
fiel und J. Studer (Bern) auf seinem neuen<br />
2,9 - 1 - Alfa - Romeo völlig ungefährdet dem<br />
Erfolg entgegeneilte. Dazu kam ferner, dass im<br />
Kampf um den zweiten Platz Halter auf B. M. W.<br />
ebenfalls frühzeitig ausschied, weshalb dieser<br />
Lauf hinfort beinahe jeden kämpferischen Moments<br />
entbehrte. Bei den Rennwagen endlich<br />
wagten wir den Triumph de Graffenrieds<br />
(Fribourg) in keinem Augenblick je in Zweifel<br />
zu ziehen, aber es hatte doch die Wirkung einer<br />
kalten Dusche, als Branca, den wir immerhin<br />
einer bemerkenswerten fahrerischen Leistung<br />
für fähig hielten, mit Motorschaden schon in<br />
der 2. Runde von der Bühne abtrat. Einigermassen<br />
spannend verlief im Grunde der Dinge lediglich<br />
das Duell zwischen L. Noverraz (Genf)<br />
und Joly bei den kleinen Rennwagen, nur wurde<br />
ihm im Rahmen des Rennens der « Grosses»<br />
naturgemäss geringe Beachtung geschenkt.<br />
Die Tatsache, dass erstmals an einem Rundrennen<br />
hierzulande einem Unternehmen des<br />
Automobilhandels die Möglichkeit geboten wurde,<br />
unter der sportlichen Kontrolle des ACS<br />
ein kurzes Privatrennen auszutragen, bietet uns<br />
willkommene Gelegenheit, einige grundsätzliche<br />
Ueberlegungen anzustellen. Es besteht ein NSK-<br />
Beschluss, der den Start von Tourenwagen an<br />
Rundrennen verbietet, weil man einen solchen<br />
als gefährlich erachtet. Nun hat man die Organisationsbewilligung<br />
für dieses Tourenwagenrennen<br />
in Erlen mit dem Hinweis zu rechtfertigen<br />
versucht, es handle sich um eine geschlossene<br />
Veranstaltung, bei der die betreffende Firma die<br />
Wagen und Fahrer gestellt und ausserdem zur<br />
Deckung etwaiger Schadensfälle auf Verlangen<br />
eine Dritthaftpflichtversicherung im gleichen<br />
Umfange abgeschlossen habe wie dies die Erlener<br />
Organisatoren für das nationale Rennen zu<br />
tun verpflichtet waren. Soweit ist alles in bester<br />
Ordnung, und wir glauben, den Standpunkt der<br />
Sportbehörde in diesem Falle — wenn auch<br />
nicht restlos guten Gewissens — auch zum unsrigen<br />
machen zu dürfen. Aber: wir sehen nicht<br />
recht ein, weshalb unsem lizenzierten Tourenwagenfahrern,<br />
wenigstens soweit sie sich am<br />
Berg bereits als qualifizierte Konkurrenten mit<br />
entsprechenden Leistungen ausgewiesen haben,<br />
in Zukunft nicht ebenfalls gestattet werden soll,<br />
ein Rundrennen zu fahren, und wäre es auch<br />
nur über eine kurze Distanz. Wir sehen dies<br />
um so weniger ein in einem Zeitpunkt, wo man es<br />
scheinbar durchaus normal findet, wenn Leute,<br />
Für Strassenbau-Maschinen<br />
mit griffigem, breit aufliegendem Profil<br />
und extra widerstandsfähiger<br />
Gewebekarkasse<br />
Besonders<br />
wirtschaftlich<br />
im Gebrauch<br />
denen im Rennsport jede Erfahrung abgeht, ihre<br />
Laufbahn oben auf der Leiter beginnen, indem sie<br />
sich kurzerhand ans Lenkrad eines Maserati<br />
schwingen. Entweder ist das NSK-Verbot betr.<br />
den angeblich gefährlichen Tourenwagenstart an<br />
Rundrennen überholt oder dann ist solchen<br />
Praktiken wie den geschilderten, die jedenfalls<br />
nicht weniger gefährlich sind, entschieden der<br />
Riegel zu schieben.<br />
Noch etwas anderes muss bei dieser Gelegenheit<br />
einmal gesagt sein. Es ist nicht erst heute<br />
unsere Auffassung, dass gewisse Rennwagenfahrer<br />
ihr Metier an nationalen Veranstaltungen<br />
mit einer Nonchalance betreiben, die den<br />
Anspruch auf das übliche, für ein nationales<br />
Rennen sicher nicht allzuknappe Startgeld als<br />
fragwürdig erscheinen lässt. Sie tauchen mit<br />
gemieteten Wagen und schlecht vorbereitet in<br />
letzter Stunde am Training auf, um ihre Pflichtrunden<br />
zu fahren, und legen im Rennen selbst,<br />
wenn's hoch kommt, fünf bis zehn Runden zurück,<br />
um dann « ins Glied zurückzutreten •, nicht<br />
ohne den Organisatoren wenigstens einen Tausender<br />
als Startprämie abgenommen und beim<br />
Publikum einen schlechten Eindruck hinterlassen<br />
zu haben. Ob eine Vorschrift, wonach die vollen<br />
Startprämien nur nach erfolgter Bewältigung von<br />
mindestens der halben Distanz und 50 % nach<br />
Zurücklegung z. B. eines Drittels der Distanz zur<br />
Auszahlung fällig werden, bei gewissen Fahrern<br />
vielleicht nicht doch Wunder wirken würde? Die<br />
Prüfung dieses Vorschlages schiene uns jedenfalls<br />
der Mühe wert.<br />
Nach diesem Exkurs nun aber zurück zum<br />
Rundrennen von Erlen, das glücklicherweise<br />
auch diesmal völlig unfallfrei verlief. Die Strecke<br />
FABRIK FÜR FIRESTONE-PRODUKTE AG., PRATTELN<br />
ist durch Betonierung des Abschnittes Riedtkurve—Aachbrücke<br />
gegenüber dem Vorjahr um<br />
einiges schneller geworden, und es bleibt nur<br />
zu hoffen, dass es dem Rundstreckenverein Erlen<br />
auf eine dritte Auflage hin gelingen wird, auch<br />
eine Verbesserung der teilweise stark bombierten<br />
und holprigen Zielgeraden zu erwirken.<br />
Wenn im übrigen der Veranstaltung — vom<br />
sportlichen Erfolg der Wagenrennen, der zu<br />
wünschen übrig liess, abgesehen — summa summarum<br />
wiederum ein durchschlagender Gesamterfolg<br />
beschieden war, so ist dies nicht zuletzt<br />
ein Verdienst der bis in die Einzelheiten harmonisch<br />
spielenden Organisation sowie der straffen<br />
Rennleitung, die in den bewährten Händen<br />
des Chefs der thurgauischen Automobilkontrolle,<br />
H. Bischof, lag.<br />
Sieger bei den kleinen Sportwagen<br />
Kaum dass der Gewinner des 350-cm'-Motorradrennens<br />
aus der Ehrenrunde zurückgekehrt<br />
ist, besammelt Rennleiter Bischof die Konkurrenten<br />
der Sportwagen bis 1500 cm' am Start,<br />
wo sie nach Massgabe der Trainingszeiten wie<br />
folgt Aufstellung nehmen:<br />
Baer (MG 1250)*<br />
1' 46,3"<br />
P.Hirt (AFM 1500),<br />
Seiler (MG 1250)*<br />
1' 43,5"<br />
P. Hirt (AFM 1492)<br />
1' 46,5"<br />
Besannen (MG 1250)* « Herve » (MG 1087)*<br />
1* 49,5" X" 47,2"<br />
Zoller (MG 1250)»<br />
1" 49,8"<br />
Roos (Fiat 1089) Wüst (Clsitalia 1089)<br />
V 51,3" 1' 51,3"<br />
Hoffif er (MG 1250)<br />
V 51,6"<br />
Quadri<br />
Sommerhalder<br />
(ND-Maserati 149t) (MG 1250)*<br />
1" 53,7" r 52,3"<br />
Hamraerniek (BMW 1490)*<br />
1' 54,8"<br />
Dinichert (MG 10*7)*<br />
2' 01,2"<br />
Zweifel (MG 1250)*<br />
r 55,9"<br />
Helbllng NichtStarter (MG 1290)* sind Reyfer Febr (MG(Fiat-Fehr TC Midget), 1089)<br />
der das 3* Training 08,6" wegen Lagerschaden 2 1 08,2" abbrechen<br />
musste, * — Kompressor. Schuler, dessen Veritas in den Werkstätten<br />
von Messkirch nicht rechtzeitig fertig<br />
wurde, Notter, der ebenfalls mit einem Veritas<br />
auf der Startliste figurierte, welcher aber bei der<br />
Ueberführung in die Schweiz bei Stockach von<br />
einem Mechaniker in hohem Tempo an einen<br />
Baum gesteuert und schwer beschädigt wurde,<br />
wobei der Wagenlenker ziemlich schwere Verletzungen<br />
erlitt, sowie Hajek (MG TC Midget)<br />
und de Terra (BMW), während der mit Verspätung<br />
gemeldete Berner Dinichert mit dem MG<br />
Magnette von Massara in die Arena steigt. Sommerhaider<br />
erscheint mit seinem roten MG, nachdem<br />
das von Hardy Fortmann übernommene<br />
Fahrzeug im Training mit einem Ventildefekt<br />
ausschied.<br />
Um 10.35 Uhr geht die Fahne nieder, und die<br />
Meute kommt mit Hirt an der Spitze geschlossen<br />
in Fahrt, wenigstens soweit man von Hammernick<br />
absieht, dessen BMW am Ablauf mit einem<br />
Hinterachsbruch festliegt. Mit einem Vorsprung<br />
von einigen hundert Metern kommt nach 1' 50"<br />
der blaue AFM Hirts aus der Startrunde zurück<br />
und prescht auf der langsam auftrocknenden<br />
Piste mit einem imponierenden Tempo über die<br />
Zielgerade. Als nächste werden Baer, «Herve»<br />
(der Vorjahressieger dieses Laufes), Besancon,<br />
Seiler, Zoller, Quadri, Wüst, Roos, Helbling,<br />
Sommerhaider, Holliger, Zweifel und Dinichert<br />
notiert, dieweil Fehr den Reigen beschliesst.<br />
Schon zeichnen sich die ersten Platzgefechte ab:<br />
in der zweiten Runde geht Seiler an Besangon<br />
und Quadri an Zoller vorbei. Anderseits rollt<br />
Helbling, dessen MG nur noch auf drei Zylindern<br />
läuft, zu den Boxen und gibt mit Kolbenschaden<br />
auf. Der Vorsprung Hirts auf Baer, der<br />
schon nach der zweiten Runde 10 Sekunden betrug,<br />
vergrössert sich zusehends. Im Rücken<br />
Baers sieht sich «HervS» von Seiler bedrängt,<br />
während Quadri, Besancon und Zoller als geschlossene<br />
Dreiergruppe vorüberjagen. Weiter<br />
zurück liegen sich Roos, Sommerhaider und<br />
Zweifel in den Haaren. Dann werden aus Riedt<br />
verschiedene tete-ä-queue gemeldet, als deren<br />
Folge u. a. «Herve'» auf den siebenten Platz absteigt.<br />
Baer scheint fest entschlossen, dem Spitzenreiter,<br />
der Dinichert und Fehr bereits eine<br />
Runde abgenommen hat, einzuheizen, was sich<br />
darin offenbart, dass die Differenz zwischen ihm<br />
und Hirt bis zur 7. Runde auf vier Sekunden zusammenschmilzt.<br />
Inzwischen ist auch Fehr, an<br />
dessen Eigenbau mit Balillamotor sich im Samstagtraining<br />
infolge Achsschenkelbruch ein Rad<br />
abgemeldet hatte, wegen eines Hinterachsdefekts<br />
vom Schauplatz abgetreten, und Besancon lässt<br />
an der Boxe einen Kühlerdefekt beheben. Baers<br />
MG ist die Jagd auf den Leader nicht wohl bekommen,<br />
denn ausgangs der 8. Runde trudelt er<br />
langsam ans Ersatzteillager und fällt mit einem<br />
Kolbenschaden aus dem Kampf. Schade, denn<br />
durch sein Ausscheiden verliert das Rennen viel<br />
an sportlichem Reiz, weil die Ueberlegenheit des<br />
AFM allzu eklatant in Erscheinung tritt. Vorübergehend<br />
netzt feines Regengeriesel die