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WestseitStories - Stadtteilzeitung für den Rosenheimer Westen

Ausgabe Dezember 2017

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›Kinderlachen ist schön‹<br />

Ein Interview mit einer Bereitschaftspflegefamilie<br />

Herr und Frau X. haben sich vor einigen<br />

Jahren dazu entschlossen, sich als Bereitschaftspflegefamilie<br />

zur Verfügung zu stellen<br />

und Kinder aus akuten Notsituationen<br />

sofort <strong>für</strong> einen Zeitraum von null bis sechs<br />

Monaten aufzunehmen.<br />

Um Ihnen einen Einblick in die Aufgaben<br />

und <strong>den</strong> Werdegang einer Bereitschaftspflegefamilie<br />

zu geben, haben sich Herr und<br />

Frau X bereit erklärt, dem Pflegekinderteam<br />

der Stadt Rosenheim ein paar Fragen<br />

zu beantworten. Im Folgen<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> die<br />

Bereitschaftspflegemutter als BPM und der<br />

Bereitschaftspflegevater als BPV abgekürzt.<br />

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Bereitschaftspflegeeltern<br />

zu wer<strong>den</strong> und fremde<br />

Kinder bei sich aufzunehmen?<br />

BPM: Unsere eigenen vier Kinder sind mittlerweile,<br />

bis auf einen, erwachsen und haben<br />

zu teil das Haus verlassen. Trotz meiner ehrenamtlichen<br />

Tätigkeiten wollte ich mein<br />

Leben als Hausfrau und Mutter bereichern<br />

und etwas Sinnvolles <strong>für</strong> die Gesellschaft<br />

tun. Da unsere eigenen Kinder alle auf einem<br />

guten Weg sind, habe ich mir überlegt,<br />

Kinder aufzunehmen. Gemeinsam mit meinem<br />

Mann haben wir uns dann entschie<strong>den</strong>,<br />

diesen Weg zu gehen.<br />

BPV: Ebenso haben wir Ressourcen, Zeit und<br />

Räumlichkeiten, die frei wer<strong>den</strong> und wollten<br />

diese in <strong>den</strong> Dienst der Gesellschaft stellen.<br />

Wie haben Ihre eigenen Kinder auf die<br />

Entscheidung, Bereitschaftspflegeeltern zu<br />

wer<strong>den</strong> und ein weiteres Kind bzw. Kinder<br />

in ihrer Familie aufzunehmen, reagiert?<br />

BPM: Sie haben positiv auf unsere Entscheidung<br />

reagiert. Keiner hat gesagt, das will<br />

ich nicht. Unse-re Große ist ja schon außer<br />

Haus und unser Kleiner ist viel unterwegs<br />

und hat eigene Interessen.<br />

BPV: Unsere bei<strong>den</strong> mittleren Kinder sind<br />

sehr kindervernarrt, arbeiten als Babysitter<br />

oder Trainer beim Sportverein. Auch beruflich<br />

wollen sie etwas mit Kindern machen.<br />

Die waren begeistert von der Idee.<br />

Wie sind Sie auf die Aufnahme eines Pflegekindes<br />

vorbereitet wor<strong>den</strong>? Welche Unterstüt-zung<br />

haben Sie hierbei bekommen?<br />

BPM: Als wir uns dazu entschie<strong>den</strong> hatten,<br />

Kinder bei uns aufzunehmen, habe ich mich<br />

vorab über das Internet informiert. Dann<br />

bin ich mit dem Gedanken zum Jugendamt<br />

gegangen. Dort haben wir gemeinsame Gespräche<br />

geführt: über unsere Beweggründe<br />

und die Familiengeschichte. Anschlie-ßend<br />

wur<strong>den</strong> wir zu einem Seminar <strong>für</strong> Interessenten<br />

eingela<strong>den</strong>. Dort ging es viel um<br />

längerfristig angelegte Pflegeverhältnisse,<br />

aber auch <strong>für</strong> uns war es gut. Wir konnten<br />

dort viele Fragen stellen. Anschließend gab<br />

es erneut Gespräche mit dem Pflegekinderteam<br />

und wir wur<strong>den</strong> auch zu Hause besucht,<br />

damit sich das Pflegekinderteam ein<br />

Bild von der Umgebung und <strong>den</strong> Räumlichkeiten<br />

ma-chen konnte. Und dann konnte<br />

es auch schon losgehen.<br />

BPV: Ich fand die Vorbereitung sehr gut,<br />

das Seminar und die praktischen Fallbeispiele,<br />

die dort bearbeitet wur<strong>den</strong>. Auch<br />

der Kontakt zu anderen Paaren, die bereits<br />

Erfahrungen hatten. Wir wur<strong>den</strong> sehr ehrlich<br />

aufgeklärt, was auf uns zukommt. Die<br />

Jugendamtsmitarbeiter stan<strong>den</strong> uns ebenfalls<br />

als Ansprechpartner und <strong>für</strong> Nachfragen<br />

zur Seite. Ebenso haben wir einen<br />

Ansprechpartner vom freien Träger bekommen,<br />

also eine Fallbetreuung, mit der<br />

wir regelmäßigen Kontakt hatten und auch<br />

noch haben.<br />

Als Bereitschaftspflegefamilie kann es passieren,<br />

dass Sie sehr schnell ein Kind bei sich<br />

auf-nehmen. Wie haben Sie das bei ihrem<br />

jetzigen Geschwisterkinder Paar erlebt?<br />

BPM: Wir haben vormittags einen Anruf<br />

bekommen und abends kamen die Kinder.<br />

Wir mussten uns zwischendurch noch mal<br />

absprechen, ob wir wirklich zwei Kinder<br />

nehmen wollen. Aber wir wollten die Geschwister<br />

nicht auseinanderreißen und haben<br />

uns da<strong>für</strong> entschie<strong>den</strong>.<br />

BPV: Wobei die Frage, ob wir uns vorstellen<br />

könnten, mehr als ein Kind aufzunehmen,<br />

bereits bei der vorherigen Erfassung abgeklärt<br />

wurde.<br />

BPM: Ja, während der Vorgespräche wird<br />

sehr genau geschaut, welche Kinder zu einem<br />

passen, was man sich vorstellen kann<br />

und was nicht. Diese Fragen sind sehr umfangreich.<br />

BPV: Es wird sehr detailliert abgeklärt, was<br />

man sich vorstellen kann, beispielsweise<br />

die Religionszu-gehörigkeit oder Sprachkenntnisse,<br />

dürfen es beispielsweise auch<br />

Flüchtlingskinder sein. Es wird sehr genau<br />

geprüft, zu was man als Bereitschaftspflege-<br />

familie bereit ist und dass diese nicht überfordert<br />

wird. Uns war durchaus bewusst,<br />

dass nachts um drei das Telefon klingeln<br />

kann und innerhalb kür-zester Zeit Kinder<br />

gebracht wer<strong>den</strong> können. Darauf wur<strong>den</strong><br />

wir vorbereitet.<br />

Wie ging es <strong>den</strong> Kindern, als Sie zu Ihnen<br />

gekommen sind? Wie haben Ihre eigenen<br />

Kinder auf die neuen Familienmitglieder<br />

reagiert?<br />

BPM: Ich <strong>den</strong>ke, wir hatten Glück mit <strong>den</strong><br />

Kindern. Sie sind sehr aufgeweckt und offen.<br />

Sie waren nicht ängstlich und wollten<br />

gleich hereinkommen. Die zuständigen<br />

Mitarbeiterinnen haben die Übergabe sehr<br />

gut gestaltet.<br />

BPV: Wir wissen nicht, in wieweit die Kinder<br />

vorbereitet waren, aber es lief alles sehr<br />

reibungslos. Wir wur<strong>den</strong> ja im Seminar<br />

schon darauf vorbereitet. Auch, dass es in so<br />

einem Prozess seitens der Kinder verschie<strong>den</strong>e<br />

Phasen gibt, die sie durchleben und es<br />

anfangs oft problemlos läuft. Die Kinder<br />

versuchen, sich zu integrieren und nicht<br />

anzuecken. Nach einiger Zeit testen sie<br />

dann natürlich ihre Grenzen aus. Was wir<br />

im Seminar gelernt und in der Praxis erlebt<br />

haben, stimmt ziemlich überein.<br />

Wie war es <strong>für</strong> ihre Kinder als die zwei<br />

dann da waren?<br />

BPM: Unsere eigenen Kinder fan<strong>den</strong> es gut.<br />

Die Großen fan<strong>den</strong> es toll, „kleine Geschwister“<br />

zu ha-ben und die aufgenommenen Kinder<br />

fan<strong>den</strong> es gut, einen großen Bruder zu<br />

haben. Unser großer Sohn hat viel mit ihnen<br />

getobt und gespielt. Das tut er auch heute<br />

noch. Wir hatten einen guten Start.<br />

Wie haben Ihre Nachbarn und Ihre Freunde<br />

auf die Aufnahme der Kinder reagiert?<br />

BPM: In der Nachbarschaft wur<strong>den</strong> die<br />

Kinder sehr gut aufgenommen, genauso wie<br />

unsere eigenen. Wir haben ein gutes Verhältnis<br />

zu ihnen, wir machen gemeinsame<br />

Unternehmungen oder die Kinder gehen<br />

alleine zu ihnen. Sie sind wie Ersatzgroßeltern.<br />

Lediglich eine Freundin war etwas<br />

skeptisch. Aber die Kinder sind sehr gut bei<br />

uns und in unserem Umfeld angekommen.<br />

Welche Herausforderungen und Schwierigkeiten<br />

gab es bisher? Wie habe Sie diese gemeistert<br />

und wer hat Ihnen dabei geholfen?<br />

BPM: Man erkennt seine eigenen Grenzen.

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