Taxi Times Berlin - Februar 2018
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TARIF<br />
ZWEI VORSCHRIFTEN IM KONFLIKT<br />
Die <strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>tarifordnung verlangt einen Kreditkartenzuschlag, ein<br />
neuer Paragraph im BGB verbietet ihn seit 13. Januar <strong>2018</strong>. Was tun?<br />
GRAFIK: Stanislav Statsenko / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
Wenn zwei sich streiten, freut<br />
sich der Dritte, lautet ein altes<br />
Sprichwort. Im aktuellen Fall<br />
ist der dritte der <strong>Taxi</strong>unternehmer bzw. Fahrer,<br />
und dem dürfte eher zum Weinen zumute<br />
sein. Die Diskussion um die Rechtmäßigkeit<br />
des Kreditkartenzuschlags schadet aktuell<br />
dem Ruf des <strong>Taxi</strong>gewerbes und kann mittelfristig<br />
teuer werden. Zu ersterem: Die<br />
Schlagzeilen der letzten Wochen waren nicht<br />
gerade sehr positiv: <strong>Taxi</strong>fahrer würden die<br />
Fahrgäste abzocken, titelte die Bild auf ihre<br />
übliche, polemische Art und Weise – und wie<br />
so oft an der Wahrheit vorbei. „<strong>Taxi</strong>s missachten<br />
eine EU-Verordnung“ präzisierten manche<br />
Medien mit höherem Anspruch. Letztere<br />
bemühten sich wenigstens darum, die Sachlage<br />
einigermaßen ausgewogen zu schildern.<br />
Leider auch nur mit mäßigen Erfolg, denn<br />
wie bei vielen typischen <strong>Taxi</strong>themen ist auch<br />
die Sache mit dem Kreditkartenzuschlag viel<br />
komplexer, als eine simple Anzeige auf dem<br />
Taxameter vermuten lassen mag.<br />
Es geht um eine Regelung der <strong>Taxi</strong>tarifordnung,<br />
die einen Zuschlag nicht nur erlaubt,<br />
sondern sogar vorschreibt, wenn der Fahrgast<br />
den Fahrpreis bargeldlos, also beispielsweise<br />
mit Kreditkarte, begleicht. Der große<br />
mediale Aufschrei der letzten Wochen hängt<br />
mit dem neu definierten § 270a des Bürgerlichen<br />
Gesetzbuches (BGB) zusammen. Darin<br />
heißt es unter anderem, dass eine Vereinbarung,<br />
durch die der Schuldner verpflichtet<br />
wird, ein Entgelt für die Nutzung unter<br />
anderem einer Zahlungskarte (Kreditkarte)<br />
zu entrichten, unwirksam ist.<br />
Mit diesem Verbot, Gebühren auf<br />
bestimmte Zahlungsarten zu verlangen,<br />
setzte die Bundesregierung eine Vorgabe<br />
der zweiten EU-Zahlungsdienstrichtlinie<br />
in nationales Recht um. Doch gilt das auch<br />
für tariflich festgelegte Kreditkartengebühren?<br />
Darüber herrscht Rechtsunsicherheit.<br />
Der <strong>Taxi</strong>-Bundesverband BZP verritt die<br />
Auffassung, dass jenes Verbot nur für zivilrechtliche<br />
Vereinbarungen gilt, die <strong>Berlin</strong>er<br />
Senatsverwaltung argumentiert in dieselbe<br />
Richtung.<br />
Im Klartext heißt das: <strong>Taxi</strong>unternehmen<br />
haben Betriebspfl icht, und wer keinen<br />
Zuschlag bei Kreditkartenzahlung erhebt,<br />
verstößt gegen die <strong>Taxi</strong>tarifordnung und<br />
kann sogar bestraft werden. Die <strong>Taxi</strong>verantwortlichen<br />
haben genau so gegenüber<br />
Medien und Kunden auf deren Nachfragen<br />
hin argumentiert. Gebracht hat es wenig.<br />
Die negative Berichterstattung in der Presse<br />
war nicht aufzuhalten – was weder im Sinne<br />
der <strong>Taxi</strong>branche noch der verantwortlichen<br />
Genehmigungsbehörden war. Nun reagieren<br />
alle Beteiligten: In <strong>Berlin</strong> soll der<br />
Zuschlag aus der <strong>Taxi</strong>tarifordnung gestrichen<br />
werden, und die Verbände haben einen<br />
Antrag für eine Tariferhöhung angekündigt.<br />
Wann beides umgesetzt wird, steht noch<br />
nicht fest.<br />
jh<br />
DER TAXITARIF UND DIE TAGESPRESSE<br />
Unser Gewerbe in der Zeitung – das ist<br />
erst einmal gut so. Zeigt es uns doch, wie<br />
sehr es im öffentlichen Interesse steht.<br />
Immer noch scheint vielen der Berichterstatter<br />
aber zu entgehen, dass das<br />
<strong>Taxi</strong>gewerbe als Teil des ÖPNV öffentlich-rechtlichen<br />
Gesetzten unterliegt.<br />
Eine bemerkenswerte Ausnahme stellt der<br />
Artikel von Peter Neumann von der <strong>Berlin</strong>er<br />
Zeitung dar – sachlich klar, übersichtlich<br />
und elegant geschrieben:<br />
« Einzelhändler dürfen keinen Aufschlag<br />
mehr verlangen, wenn Kunden mit<br />
Kreditkarten bezahlen. Trotzdem kassieren<br />
<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>fahrer bei bargeldloser<br />
Zahlung weiterhin eine Gebühr – das sorgt<br />
in zunehmendem Maße für Unmut. Sehr<br />
lange wird es dieses Entgelt aber wohl<br />
nicht mehr geben. Es sei der politische<br />
Wille des Senats, die Gebühr abzuschaffen,<br />
sagte Matthias Tang, Sprecher von<br />
Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos,<br />
für Grüne).<br />
Seit dem 13. Januar ist es geltendes Recht:<br />
Für gängige bargeldlose Zahlungsmittel<br />
dürfen keine Gebühren mehr berechnet<br />
werden. [...] Klar, dass sich viele <strong>Taxi</strong>fahrgäste<br />
jetzt fragen, warum in <strong>Berlin</strong><br />
immer noch 1,50 Euro aufgeschlagen wird,<br />
wenn sie bargeldlos zahlen. [...] Kassieren<br />
<strong>Berlin</strong>er <strong>Taxi</strong>fahrer seither unrechtmäßig<br />
Geld? – „Nein“, entgegnet Detlev Freutel<br />
vom <strong>Taxi</strong>verband <strong>Berlin</strong> Brandenburg<br />
(TVB). Die Änderung betreffe ausschließlich<br />
das Zivilrecht – deshalb ist sie auch<br />
im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Es<br />
geht dort um den Kauf von Waren und<br />
privaten Dienstleistungen. <strong>Taxi</strong>-Entgelte<br />
fallen nicht darunter. „Denn bei den<br />
<strong>Taxi</strong>tarifen geht es um öffentliches Recht,<br />
also um ein anderes Rechtsgebiet“, so der<br />
TVB-Vorsitzende. Sie werden nicht privat<br />
ausgehandelt, sondern vom Staat per<br />
Verordnung festgesetzt. „<strong>Taxi</strong>betreiber<br />
sind verpflichtet, die jeweilige Verordnung<br />
anzuwenden und die Tarife, die darin aufgelistet<br />
sind, zu kassieren.“<br />
Der <strong>Taxi</strong>verkehr ist stark reguliert, weil<br />
es sich um Daseinsvorsorge handelt.<br />
Fahrgäste müssen sich darauf verlassen<br />
können, dass einheitliche Preise kassiert<br />
werden. »<br />
(Quelle: https://www.berliner-zeitung.<br />
de/29564150 © <strong>2018</strong>).<br />
Dass bald noch mehr Fahrgäste mit Karte<br />
bezahlen, und das gebührenfrei, wünscht<br />
Ihnen Detlev Freutel.<br />
GRAFIK: Stanislav Statsenko / <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />
TAXI FEBRUAR/MÄRZ <strong>2018</strong><br />
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